Es erschreckt mich; wo ich hinschaue verstärkt sich die Polarisierung.
Ich hatte zu Beginn einer Studienzeit ein Fulbright Stipendium in den USA. 1953/54. Ich kam also zu Beginn der Präsidentschaft Eisenhower/Vizepräsident Nixon nach Kalifornien. Eisenhower war Republikaner und hatte den Demokraten Truman abgelöst. Am College wurde von Politik kaum geredet, ich war nur so ein „sonderbares Wesen“, das aus einer „russischbesetzten Zone“ kam. Es hat mich viel Mühe gekostet, dieses Bild einigermaßen zurechtzurücken. Aber ob jemand Republikaner oder Demokrat war, war weniger wichtig, als ob er/sie z.B. weiß oder farbig oder vielleicht noch, ob jemand katholisch oder evangelisch war. Ausschlaggebend für die Karriere schien die Zugehörigkeit zur richtigen Fraternity oder Sorority oder vielleicht zum Fußball- oder Baseballclub zu sein. Gekämpft wurde beim Match am Rasen am Samstag abends.
Und heute: Unter Präsident Obama (Vizepräsident Biden) hat die Spaltung schon begonnen. Die Parteien arbeiteten nicht zusammen zum Wohl des Volkes, sondern gegen einander. Jeder Vorschlag des Anderen war schlecht, selbst wenn man ihn gutheißen könnte. Man ließ es drauf ankommen, dass der Staat nicht mehr seinen finanziellen Verpflichtungen nachkommen konnte. Jetzt beflegelt Trump z.B. Muslime, Frauen …. Und die Menschen laufen ihm zu – ja, meistens junge, wenig gebildete Männer, Verlierer im gesellschaftlichen Prozess. Er glaubt „unstoppable“ zu sein. Das werden wir bei den Parteitagen der Republikaner (18. – 21 Juli) bzw. bei der Wahl am 8.11.2016 sehen.
Zur Zeit meines Studiums in Wien war eigentlich unserer Hauptsorge der noch nicht abgeschlossene Staatsvertrag. Interessant waren für uns Studenten die Hochschulwahlen, keiner wurde wegen der Wahl irgendeines Kandidaten ausgegrenzt. Bei Nationalratswahlen hatten die beiden Koalitionspartner miteinander fast 90% der Stimmen. Da ging’s dann eher um Postenverteilung nach Parteibuch. Manche hatten Parteibücher beider Großparteien. Als ich begonnen hatte, mich um einen Arbeitsplatz zu bewerben, wurden mehrere Angebote mehr oder minder vom Beitritt zu einer oder der anderen Partei abhängig gemacht. Ich wählte dann die Arbeit bei einer Internationalen Behörde. Aber feindlich stand man einander nirgends gegenüber, man ging halt zum Betriebsrat der jeweiligen Gruppierung um seine Ziele zu erreichen. Kein optimales System, aber auch keine Polarisierung.
Die Polarisierung betrifft heute fast ganz Europa: Italien (Lega Nord) genauso wie Frankreich (die Le Pens), Niederlande (Wilders), Deutschland (AFD), Großbritannien (UKIP), Schweden, Belgien, Dänemark, Ungarn, Norwegen, Finnland, sogar die Schweiz. Sie geht sogar durch einzelne Parteien.
Nun werden wir in Österreich wohl einen so genannten Lagerwahlkampf haben. Aber zu gewinnen wird er kaum sein, wenn man den Anhängern eines Kandidaten den Zutritt zu einem Gasthaus verwehrt, indem man sich dem anderen Kandidaten verpflichtet fühlt. Das hat es meines Erachtens noch nie bei einer Bundespräsidentenwahl gegeben. Auch die sozialen Medien sprühen nur so von Hass!
Was ist da eigentlich geschehen? Warum ist das so? Wo ist die sprichwörtliche österreichische Toleranz geblieben? Sind es jetzt andere Themen, die zu mehr Intoleranz führen? z.B. Flüchtlinge, Religion? Aber Flüchtlinge gab’s ja auch schon früher in großen Massen. Die Nachkriegswelle, durch die Vertreibungen der ehemaligen Deutschen aus der Tschechoslowakei, aus Rumänien, aus Italien (Südtirol) etc. Da gab’s die berühmte Klassifizierung „displaced persons“. Dazu gehörten zwei Kandidaten dieser Bundespräsidentenwahl 2016: Andreas Khol und Alexander van der Bellen. Einer ist noch in der Stichwahl. Es kamen die Fluchtbewegungen aus Ungarn 1956 aus Tschechien 1968 …. All das polarisierte die Bevölkerung damals nicht.
Ist der Islam wirklich so gefährlich, wie er von den extremen Rechten dargestellt wird? Die meisten hier zugewanderten Muslime versuchen doch nur, ein Dach über den Kopf zu haben, arbeiten zu können um ihre Familien erhalten zu können. Sie möchten, dass ihre Kinder eine gute Ausbildung bekommen … Und ja, es gibt aggressive meist Jugendliche (das sind oft gar nicht die zuletzt zugewanderten – siehe Köln), und sicher sind bei der unkontrollierten Massenzuwanderung im vorigen Sommer auch Terroristen „durchgerutscht“. Viele fühlen sich von „Kopftuchträgerinnen“, über deren Motive man durchaus unterschiedlicher Ansicht sein kann, bedrängt.
Es ist schon richtig, dass die früheren Flüchtlinge meist „unserem Kulturkreis“ entstammten, die neueren halt nicht. Das hat aber schon mit den Gastarbeitern aus der Türkei begonnen. Da müssen wir uns wehren, dass der „Sultan am Bosporus“ sich nicht allzu sehr „bei seinen Türken“ in Österreich, Deutschland und der Schweiz einmischt. Und er ist auch nicht der Kalif, der über den Islam bestimmen kann. Meiner Erachtens sollte er lieber bei sich zu Hause aufräumen.
Aber in Österreich sollte es doch möglich sein, sich an der ersten Debatte der beiden Kandidaten im ORF Radio zu orientieren, das Gemeinsame zu suchen und einander zu respektieren.