Zeit für mich zurück zu blicken, auf die Firmungen, die ich erlebt habe: die eigene, die meiner Kinder (in der Schottenkirche und St. Ursula, in Mauer). Eine Enkeltochter verweigerte leider die Firmung, drei weitere wurden in Ober St. Veit gefirmt. Jetzt steht die nächste Firmung in derselben Kirche bevor. Ich freu mich drauf, und auf das darauf folgende Familienfest!
Auch Firmungs-„Rituale“ während der Zeremonie und rundherum haben sich geändert. Da meine Firmpatin, eine Cousine meines Vaters, in Salzburg lebte, fand meine Feier in dieser herrlichen Stadt und diesem wunderschönen Dom statt. Begleitet wurde ich von meiner Tante, Schwester meines Vaters, die auch meine Taufpatin war. Es war noch „Nachkriegszeit“, also gegen Ende der 1940er Jahre. Soweit zur zeitlichen und räumlichen Einordnung dieses Ereignisses.
Ich stellte mir natürlich ein großartiges Fest vor: Z.B. die Fahrt mit einem Fiaker zum oder vom Domplatz. Ich hatte natürlich die Wiener Firmungen im Auge, jene im Stephansdom, wohin man damals mit einem Fiaker oder auch einem geschmückten Auto auch über die Kärntnerstraße oder den Graben fahren konnte. Und hinterher über die Hauptallee – fast obligatorisch in den Wurstlprater. Eine eventuelle Jause im Lusthaus war damals noch nicht möglich, nach Bombentreffern im Krieg wurde der Wiederaufbau erst 1949 abgeschlossen.
Soweit meine Vorstellungen. Meine Mutter bemühte sich nach Kräften mich entsprechend unseren und den damaligen Möglichkeiten herauszuputzen. Ich bekam neue Schuhe (die waren aber ohnedies – aufgrund des Wachstums meiner Füße – jedes halbe Jahr notwendig) und die Hausschneiderin nähte aus einem aus besseren Zeiten herübergeretteten rosa Organza ein Kleidchen für mich.
An einen Firmunterricht, wie er heute selbstverständlich und erforderlich ist, kann ich mich nicht erinnern. Da wir in unserer Klasse alle ziemlich gleichzeitig gefirmt wurden, hat uns unser lieber Religionslehrer, selbstverständlich ein Priester damals, den Sinn der Firmung nahe gebracht. Ich gebe zu, besonders neugierig auf den „Backenstreich“ gewesen zu sein, der damals noch Teil der Firmzeremonie war.
Meine Tante Maria und ich setzten uns also in den Zug nach Salzburg – immerhin musste die Zonengrenze an der Enns überquert werden, um aus dem russisch besetzten Niederösterreich in das teilweise amerikanisch besetzte Oberösterreich und dann ins ganz in der amerikanischen Zone liegende Salzburg zu gelangen. Die Salzburger Verwandtschaft hatte eine recht hübsche Wohnung in der Nähe der Pferdeschwemme. Dort übernachteten wir. Diese Salzburger Verwandtschaft bestand aus der Schwester meiner Großmutter, deren zwei Töchtern und einem Sohn. Eine dieser Töchter war nun meine Firmpatin, die Tante Mizzi.
Besonders in Erinnerung bleib mir vom Frühstück im Hause der Tanten, dass die zuerst auf das Brot aufgetragene Butter, hinterher wieder weitgehend abgekratzt wurde, um für das nächste Brot verwendet zu werden.
Mit den Tanten Maria und Mizzi machten wir uns also auf in den Dom. Es war prächtiges Wetter, kein Regen immerhin. Wir gingen zu Fuß, es war ja eigentlich nicht sehr weit. Dass kein Fiaker oder wenigstens ein Auto im Blumenschmuck im Einsatz war, enttäuschte mich schon ein bissel. Dann der überwältigende Dom: Allerdings war am 16. Oktober 1944, beim ersten Luftangriff auf Salzburg die Domkuppel eingestürzt. Von 1945 bis 1959 wurde der Dom saniert und die Kuppel rekonstruiert. In meiner Erinnerung schien der Dom bei meiner Firmung bereits vollkommen in Ordnung, aber vielleicht war es die Aufregung, die die Sicht auf die Kuppel im Bau trübte.
Die eigentliche Firmung wurde von damals noch Fürsterzbischof (er verzichtete später auf das „Fürst“) Andreas Rohracher durchgeführt. Die Firmung ist eines der sieben Sakramente. Wir Firmlinge waren entlang der Bänke aufgestellt. Nach der Erneuerung des Taufversprechens schritt der Erzbischof mit Mitra und Bischofsstab langsam durch die Reihen. Wenn er bei einem der Jugendlichen vorbeikam, knieten wir nieder, die Patin legte die Hand auf die Schulter ihre Schützlings, der Bischof legte seine Hände auf die Köpfe der Firmlinge, dann wurden wir mit dem Chrisam-Öl gesalbt. Der Heilige Geist wurde als Beschützter des Firmlings angerufen. Zuletzt wurde ein Kreuzzeichen auf die Stirne des Jugendlichen gemacht. Der Backenstreich war dann doch keine Watschn, sondern wurde nur angedeutet. Es war schon sehr feierlich. Man fühlte sich am Beginn des Erwachsenenseins.
Nachher ging’s zum Mittagessen nach Hause. Ich bekam mein Firmgeschenk: keine Uhr, die ich eigentlich den damaligen Gebräuchen entsprechend erwartet hatte, sondern eine grüne Dose aus Keramik, die nicht gerade mein Herz höher schlagen ließ aber auch eine sehr hübsche Kette aus weißen Korallen, die ich dann später sehr gerne trug.
Dann befanden meine Tanten, dass ich mich doch ausruhen müsse, nach all den Aufregungen, und selbst gingen sie ausgestattet mit feschen Hüten und Handschuhen – auf den Trabrennplatz. Ich blieb mit meiner Großtante, die sich bald zur Ruhe begab, ziemlich enttäuscht zurück. Sie hatten halt selber keine Kinder, die Tanten, und wussten nichts von deren Vorstellungen. Selbst wenn ich etwas gesagt hätte, hätten sie ihre Trabrennplatzpläne nicht geändert.
Ich wünsche besonders meinem lieben Enkelsohn, und allen anderen, die jetzt gefirmt werden, dass der Heilige Geist sie weiterhin leiten wird und dass deren Firmung etwas mehr nach ihren Vorstellungen verlaufen wird.