Über Gegenstrategien zum Terror Nachzudenken als Ersatz von Pokémon-Go?

Ist es Ihnen auch schon aufgefallen? Es dauert manchmal ein Weilchen, bis der sogenannte Islamische Staat die Verantwortung für die Terrorangriffe in Europa (Afghanistan, Irak, USA etc.) übernimmt? Kann das daher kommen, dass auch dort erst analysiert wird, ob diese Attacke vom sogenannten Islamischen Staat kommen könnte. Und erst wenn diese Analyse positiv verlaufen ist, wird die „Verantwortung“ dafür übernommen. Meist sind die Attentäter/Amokläufer tot und können sich dieser Vereinnahmung nicht entziehen. Eine billige, aber letztlich sehr effektive Methode. Natürlich gibt es auch solche Attentate, die vom IS „beauftragt“ wurden, da kommt dann die Bestätigung wesentlich prompter.

Schon 2013 hatte Scheich Abu Mohammed al-Adnani, der Sprecher der Terrormiliz IS, mit einer auf Englisch, Französisch und Hebräisch übersetzten Botschaft zu Anschlägen aufgerufen: „Töte einen ungläubigen Amerikaner oder Europäer, speziell die dreckigen Franzosen, oder einen Australier, oder einen Kanadier. Töte ihn, egal auf welche Art und Weise. Du brauchst niemanden um Rat oder Urteil zu fragen. Töte den Ungläubigen, egal, ob er Zivilist oder Soldat ist. Wenn Du dir keine Bombe oder Patrone beschaffen kannst, dann schlag ihm mit einem Stein den Schädel ein, oder erstich ihn mit einem Messer, oder überfahre ihn mit deinem Auto, oder stürze ihn irgendwo hinunter, oder erwürge ihn, oder vergifte ihn.“

Denn dem eigentlichen Staat, dem Kalifat, geht es nicht so gut, er hat auch heuer wieder an Territorium verloren. Z.B. Falludscha: Die Ende Mai gestartete Offensive auf die Hochburg der islamistischen Terrormiliz wurde von Luftangriffen der westlichen Koalitionstruppen unter US-Führung unterstützt. Die Offensive hat nach UN-Angaben mehr als 85.000 Menschen aus Falludscha und dem Umland in die Flucht getrieben. Eine große Zahl erschöpfter Flüchtlinge muss bei hohen Temperaturen in der Wüste zu versorgt werden, es fehlen dafür Geld, Wasser, Zelte und Medikamente. Es war nicht ganz einfach gewesen, den IS zu vertreiben, aber letztlich ist es gelungen; die Stadt ist nun vom IS befreit. Die Offensive gegen Falludscha hat jedoch die Spannungen zwischen Schiiten und Sunniten verschärft. An den Kämpfen im sunnitischen Kernland des Iraks sind auch mehrere berüchtigte schiitische Milizen beteiligt. Sunnitische Politiker und Menschenrechtler werfen ihnen Vergeltungsakte gegen Sunniten im Umland von Falludscha vor. Viele Sunniten im Irak sehen sich von der schiitischen Mehrheit diskriminiert, was als wichtige Ursache für die Stärke des IS gilt.

Auch im Nachbarland Syrien steht das von der Terrormiliz ausgerufene Kalifat unter Druck. Im Norden des Landes rückten kurdische Truppen mithilfe von Luftangriffen der US-geführten internationalen Koalition tiefer in die Stadt Manbidsch vor, wie das Militärbündnis mitteilte. Die Stadt nahe der türkischen Grenze wird seit 2014 von den Dschihadisten beherrscht und liegt an einer wichtigen Versorgungsroute des IS aus dem Nachbarland.

Manche spekulieren, dass der IS das gesamte Territorium in Syrien und im Irak verlieren könnte, das wäre aber sicher nicht das Ende des „Islamischen Staates“. Das heißt, dass man für das Überleben die Strategie ändern muss. Und ein Netzwerk ist dafür die ideale Organisationsform. Und so könnte der IS in „Ablegerstaaten“, wie z.B. Libyen, Nigeria weiterleben, aber auch nur durch seine Mitglieder weltweit, die weiterhin Terrorangriffe durchführen könnten.

Nicht nur militärisch ist der IS auf dem Rückzug, er hat auch das „tolerante Verhalten“ der Türkei verloren, die willigen Kämpfer aus Europa sind ihrer Wege beraubt und können (oder wollen nicht mehr) kommen. Bis zur Regierungsübernahme der islamisch-konservativen AKP im Jahr 2002 war die Türkei ein laizistischer Staat, oft nationalistisch, halbwegs demokratisch. Das hat den konservativen Muslimen in der Türkei wie in anderen Ländern nicht gefallen. Aber seitdem die AKP regiert, gibt es Bemühungen, die Türkei von innen zu islamisieren. Die heutige Türkei geht auf den Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk zurück, und damals, in den Zwanzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts, wurde das Kalifat abgeschafft und eine laizistischen Republik ausgerufen. Das galt jahrzehntelang als Ursünde, weshalb die Türkei unter radikalen Muslimen als Feind galt. Jedenfalls trauern die Islamisten dem untergangenen Kalifat nach und wollen es restaurieren. Den ersten Schritt dazu hat der IS in den Nachbarländern getan. Es zu erweitern auf die Türkei, führt zwangsläufig zum Konflikt. Vermutlich wird es künftig auch mehr Anschläge in der Türkei geben.

2014 ließ der NATO-Mitgliedsstaat Türkei lange Zeit dschihadistische Gruppen gewähren, möglicherweise um Baschar al-Assad zu schwächen. Die Türkei galt als wichtigstes Transitland für Angehörige des IS. Die Staatsspitze bezeichnete den IS zwar als „reaktionär“, vermied aber die direkte Verurteilung seiner Taten als Terrorismus. In türkischen Krankenhäusern wie dem städtischen Krankenhaus in der türkisch-syrischen Grenzstadt Kilis sollen radikalislamische Syrienkämpfer, bis zur Rückkehr ins Kriegsgebiet medizinisch behandelt worden sein, ohne festgenommen worden zu sein. Auch Waffen sollen durch die Türkei geliefert worden sein. Angeblich nahmen 60 % der IS-Kämpfer die Route ins Krisengebiet über die Türkei, welche eine knapp 1.000 km lange Grenze zu Syrien und dem Irak hat.

Durch diese „Lage“ im Nahen Osten bleibt Europa bedroht, sei es durch „angeordnete“ Terroranschläge, sei es durch Taten der so genannten „einsamen Wölfe“. Es wäre sinnvoll, Gegenstrategien in die Wege zu leiten, auf allen Ebenen. Darüber nachzudenken, wäre vielleicht ein Ersatz für das Pokemon-Go-Spielen?

Über Gegenstrategien zum Terror Nachzudenken als Ersatz von Pokémon-Go?

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