Und jetzt wieder Bosnien

Die Region war im römischen Reich Teil Dalmatiens, wurde um 600 slawisch besiedelt. 1463 wurde Bosnien von den Osmanen erobert. Damit entstanden viele Moscheen und es kam vermehrt zu Konversionen der christlichen Bevölkerung zum Islam. 1878 stellte der Berliner Kongress nach dem Sieg der Russen über die Osmanen die osmanischen Provinzen Bosnien und Herzegowina unter österreichisch-ungarische Verwaltung. Die formale Annexion durch die Habsburger Doppelmonarchie erfolgte im Jahre 1908. Aus der nun folgenden Zeit stammte z.B. auch das österreichische Islamgesetz (1912). Das bosnisch-herzegowinische Infanterieregiment Nr. 2 galt als eine der Elitetruppen der k.u.k. Armee.

Das Attentat auf den österreichisch-ungarischen Thronfolger Franz Ferdinand 1914 in Sarajevo durch den bosnisch-serbischen Studenten Gavrilo Princip  wird als ein wesentlicher Auslöser des Ersten Weltkrieges angesehen. Viele Österreicher haben die letzte Fahrt des Autos des Thronfolgers in den Straßen Sarajevos verfolgt.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Land Bestandteil des Königreichs der Serben, kroaten und Slowenen (Jugoslawien). In dem neu gegründeten südslawischen Vielvölkerstaat herrschte der aus Serbien stammende König Petar I.(Petar Karađorđević). In dem Gesamtstaat selbst war die Stimmung der Bevölkerung angespannt, weil vor allem Slowenien und Kroatien nach einer eigenen politischen Unabhängigkeit strebten und die Serben den neu gegründeten Staat ausschließlich serbisch prägen wollten. In Bosnien-Herzegowina war die Situation ähnlich, allerdings zwischen den Bosniaken, Kroaten und Serben. Im Frühjahr 1941, während des Zweiten Weltkrieges, wurde das Land von Truppen des Deutschen Reiches und Italiens besetzt. Bosnien-Herzegowina wurde mit Kroatien zu einem faschistischen Vasallenstaat namens Unabhängiger Staat Kroatien  erklärt.

Der erfolgreiche Widerstand der von Josip Brz Tito  geführten jugoslawischen Partisanen  gegen die Besatzer und ihre Verbündeten gipfelte in den Beschlüssen vom 29. November 1943 in Jaice, in denen der Grundstein für eine neue Föderation südslawischer Völker unter der Führung der Kommunistischen Partei Jugoslawiens gelegt wurde. Somit entstand nach dem Zweiten Weltkrieg mit der Gründung der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien ein Bundesstaat mit den sechs Teilrepubliken Slowenien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Mazedonien und Serbien mit den Autonomen Provinzen Kosovo und Vojvodina.

Am 29. Februar/1. März 1992 stimmten in Bosnien und Herzegowina bei einem von Serben weitgehend boykottierten Referendum, bei einer Wahlbeteiligung von 63 %, 99,4 % für eine staatliche Souveränität. So erklärte das Land am 2. März 1992 seinen Austritt aus dem Staatsverband Jugoslawien und war zunächst eine Republik unter dem offiziellen Namen Republik Bosnien und Herzegowina. Die internationale Anerkennung erfolgte am 17. April 1992. Es folgten drei Jahre Krieg zwischen serbischen, kroatischen und bosniakischen Einheiten. Am Ende des Bosnienkreiges  stand der 1995 auch unterzeichnete Dayton-Vertrag, der aus einer einheitlichen die föderale Republik Bosnien und Herzegowina schuf. Zwar bestehen keine Konflikte zwischen den bosnischen Normalbürgern, allerdings steckt das Land weiterhin in einer politischen Krise, da die bosniakischen Politiker den Gesamtstaat nach den EU-Forderungen zentralisieren möchten, die kroatischen Politiker sich für ein neues Wahlrecht einsetzen und die Serben eine weitere Dezentralisierung des Staates fordern oder gar mit der Abspaltung der Republika Srpska drohen.

Seit diesem Dayton-Vertrag besteht Bosnien und Herzegowina aus zwei Entitäten: der Föderation Bosnien und Herzegowina mit 62,55 % und der Republika Srpska mit 35 % der Einwohner. Beide Entitäten verfügen jeweils über eine eigene Exekutive und Legislative. Der Distrikt Brcko um die gleichnamige nordbosnische Stadt mit 2,45 % der Einwohner untersteht als Kondominium beider Entitäten direkt dem Gesamtstaat. Die Föderation Bosnien und Herzegowina setzt sich aus zehn Kantonen zusammen, die über eigene Zuständigkeiten verfügen. Ein komplexes Gebilde, das mit erheblichem Aufwand entstanden ist und dessen Verwaltung sehr teuer kommt.

Im serbischen Teil des Landes wurde nun ein verbotenes Referendum zum Nationalfeiertag abgehalten. Die Verfassungsrichter hatten geurteilt, dass das Datum alle nicht-serbischen Einwohner diskriminiere und deshalb nicht verfassungskonform sei. 1992 hatten die bosnischen Serben am 9. Januar, einem serbisch-orthodoxen Feiertag, ihren eigenen Staat innerhalb Bosniens ausgerufen. Das löste den Krieg aus, der mindestens 100.000 Menschen das Leben kostete und Millionen aus ihren Häusern vertrieb. Ungeachtet eines Verfassungsgerichtsverbots haben die Serben in Bosnien-Herzegowina offenbar fast einstimmig für das Beibehalten ihres umstrittenen Nationalfeiertags am 9. Januar gestimmt. Für die Serben ist es der Nationalfeiertag – für Bosnier und Kroaten steht der 9. Januar für ihre Vertreibung und den Beginn eines Jugoslawienkrieges.

Die serbische Regierung unter Ministerpräsident Aleksandar Vučić teilte im Vorfeld mit, sie unterstütze das Referendum der bosnischen Serben nicht. Milorad Dodik, Präsident der Republika Srpska, bekräftigte aber seinen Plan, 2018 über die Unabhängigkeit von Bosnien ein Referendum abzuhalten. Die Volksbefragung über den „Nationalfeiertag“ erfolgt eine Woche vor den Kommunalwahlen, bei denen Dodik seine Machtposition festigen will. Dodik, ein Sozialdemokrat, ist heute in Moskau eingetroffen und sollte sich mit Präsident Wladimir Putin treffen. Ob das Treffen stattgefunden hat, ist bislang jedoch nicht bekannt.

Der Hohe Repräsentant der internationalen Gemeinschaft, Valentin Inzko, ein Österreicher, warnte im Vorfeld, das „unnötige“ Referendum werde „keine rechtlichen Konsequenzen“ haben. Es habe viele Spannungen provoziert, kritisierte er, versicherte zugleich aber, dass es keinen Krieg zwischen den Volksgruppen des Landes geben werde. Die USA und die EU hatten vergeblich versucht, das Referendum zu unterbinden und nicht näher bezeichnete Sanktionen angedroht. Sie sehen darin einen weiteren Schritt zur immer wieder angedrohten Abspaltung des serbischen Landesteils von Bosnien-Herzegowina.

Doch aus Sicht der muslimischen Bosnier ist die Volksbefragung noch mehr als ein Angriff auf Recht und Ordnung: Sie befürchten, dass sie Vorbote sein könnte für ein Unabhängigkeitsreferendum in zwei Jahren. Und dies würde nicht friedlich verlaufen, warnen politische Führer in Sarajevo. „Niemand ist mehr als wir bereit, dieses Land bis zum Ende zu verteidigen“, sagte der bosniakische Führer Bakir Izetbegovic. „Niemand sollte die Menschen, die dieses Land lieben, zwingen, das erneut unter Beweis zu stellen.“

Und jetzt wieder Bosnien

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