Was für ein Gewurl in meinem Kopf!

Wenn ich so durch die Straßen gehe – vieles heischt um meine Aufmerksamkeit – zu vieles, eines verdrängt das andere!

Da sind die Geschäfte, mehr oder minder gefüllt mit Waren, die mich auffordern, diese oder jene Produkte zu kaufen. Z.B. die Parfümerie: da sind es Düfte, die mich begehrenswert machen würden, oder Cremes und Lotions, die mich jünger erscheinen lassen, es ist alles „bio“, damit ich kein schlechtes Gewissen haben muss. Wer soll denn all diesen Versprechungen Glauben schenken? Da sind es Kleider, noch verbilligt – fast geschenkt – für den Sommer, oder schon für den Winter, Jacken, Mäntel, mit echtem oder Kunst-Pelzbesatz, Röcke, Hosen.. Alles den neuesten Moderichtlinien entsprechend. Wer ist denn für diese Richtlinien verantwortlich? Und warum sollte ich eine „Fashionista“ sein? Eigentlich sollte man sich den „Modefarben“ entsprechend kleiden, warum? Will man von mir, dass ich all meine alten geliebten Kleidungsstücke weggeben soll? Jedes Jahr, wenn sie wieder aus dem „Winterkasten“ ausgeräumt werden, freue ich mich darauf, sie wieder anzuziehen. Wahrscheinlich bin ich rettungslos altmodisch, wahrscheinlich komme ich aus einer Zeit, in der man gar nichts weggab, sondern „wendete“, oder wieder verwendete. Strickpullover trennte man auf, aus dieser Wolle und anderen Restln strickte man neue Kleidungsstücke. Naja, in denen kam man sich dann auch attraktiv vor!

Aber schon das nächste Geschäft – Schuhe! Warum müssen sie heuer eigentlich so hässlich sein? So scheußliche dicke Sohlen, möglichst in einer Kontrastfarbe zum Rest des Schuhs? Warum gibt es nur „high heels – möglichst mit Plateausohle“ und das, was Leute meiner Alterskategorie als Turnpatschen oder Tennisschuhe bezeichnen würden? Ich mag halt dezente Lederschuhe mit halbhohem Absatz – wahrscheinlich rettungslos altmodisch in den Augen der Jüngeren. Na, und die Taschen – aus verschiedenen Materialien, mit und ohne Aufdrucken … Unsereiner schaut auf: Fassungsvermögen und Sicherheit, und dass man nicht täglich seine Tasche tauschen und umräumen muss, damit sie zum Rest der Kleidung passt.

Jetzt rattert eine Bim vorbei, auch sie ist nicht mehr in einheitlichem Rot und Weiß, sondern auch hier suchen Texte und Bilder meine Aufmerksamkeit. Seit 1865 gibt es Straßenbahnen in Wien. Sie kommen immer häufiger auch als ULF -Niederflurwagen – daher! Die mobilen Werbeträger zeigen sich heute immer öfter in ausgefallenen Rund-um-Styles – des Total Looks an der gesamten Wagengarnitur. Ich erinnere mich noch gut an die kleinen Plakate in den Straßenbahnen nach dem Krieg: Der Selchermeister, der hinter einem Tisch voll der verführerischsten Würste stand, mit einem Papier in der Hand, während er mit der anderen eine Schnitte Extrawurst zeigte. „Darf’s ein bisserl mehr sein?“, fragte er. Und dazu: „Wenn Sie das noch erleben wollen, beachten Sie bitte die Gassperrzeiten.“ . (Gas war damals giftig!)

Vor vielen Straßenbahnhaltestellen stehen die Boxen mit den Gratiszeitungen, die wesentliche Information für viele Wiener, die öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Die Ära der Gratis-Tageszeitungen in Österreich begann in Wien im Jahre 2001. Als ein internationaler Konzern für Wien eine tägliche Gratis-Tageszeitung plante, warf der Verlag derKronen Zeitung, der reichweitenstärksten Zeitung Österreichs, selbst ein tägliches Gratisblatt auf den Markt, nämlich den in der Wiener-U-Bahn verteilten U-Express. Der U-Express wurde nach wenigen Jahren im März 2004 eingestellt. Nur wenige Monate später, im September 2004, erschien aber eine neue, kostenlose und etwas umfangreichere Zeitung für die U-Bahn namens Heute. In Wien wird seit 2006 eine Gratisausgabe der Tageszeitung Österreich  über Auslagekästen verteilt.

Aber auch diverse Plakate versuchen meine Aufmerksamkeit zu wecken. Es gibt sie noch, die alten Litfaßsäulen. Die Idee, Plakatsäulen aufzustellen, entstand, um der damals um sich greifenden Wildplakatierung  entgegenzuwirken. Litfaß schlug den Behörden vor, überall in der Stadt Säulen aufzustellen, an denen die Menschen ihre Plakate anhängen konnten. Nach jahrelangen Verhandlungen erteilte der Berliner Polizeipräsident Litfaß am 5. Dezember 1854 die erste Genehmigung für seine „Annoncier-Säulen“. Er bekam von der Stadt Berlin ein bis 1865 gültiges Monopol für die Aufstellung seiner Säulen. Dies geschah allerdings unter der Auflage, auch die neuesten Nachrichten zu publizieren. Im Jahre 1855 wurden die ersten 100 Litfaßsäulen in Berlin aufgestellt und dem Erfinder zu Ehren nach ihm benannt. In Wien existieren zahlreiche Litfaßsäulen im Bereich des gedeckt verlaufenden Wienflusses, um die dort als Notausstieg aus der Tiefe führenden steinernen Wendeltreppen zu überdachen und sie vor unbefugtem Betreten zu schützen. Die Litfaßsäulen sind mit einer Tür versehen, welche sich von außen nur mit einem Schlüssel, von innen jedoch auch ohne öffnen lässt. Wer erinnert sich da nicht an den Film „der dritte Mann“?

Aber das ist beileibe nicht alles, was es da zu sehen gibt, Mistkübel, die auf ihr Leeren warten, herausragen verbilligte unausgepackte weggeworfene Lebensmittel. Hat sich dieses „Schnäppchen“ gelohnt?

Sehr unterhaltend finde ich hinwieder Aufschriften auf fixen Mistkübel, für die die MA 48, die Abteilung für Abfallwirtschaft und Straßenreinigung, nach neuen Sprüchen sucht, wie „Hasta la Mista, Baby?“, „Feng Pfui“ oder „Allesfresser“.

Aber fast habe ich dabei die Kirchenglocken nicht wahrgenommen, die zu Mittag geläutet haben. Was für ein Gewurl in meinem Kopf!

Was für ein Gewurl in meinem Kopf!

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