die veränderte Stadt

Die Stadt, das Land, sie verändern sich so schnell, immer schneller werdend.

Kaum hat man sich an einen Anblick gewöhnt, ist er schon anders. Ich rede von verschwundenen Geschäften und sonstigen Lokalen. Da gibt es zwei Arten: es gibt Lokale, die einfach nicht florieren, egal welches Geschäft sich drinnen niederlässt. Und andere, die sich lange nicht mehr vermieten lassen. Die Plakatkleber sind immer am Werk, sie verpicken die Auslagen mit ihren Plakaten und wenn sich nicht ein Hausbesorger erbarmt, schaut das Geschäft, und damit die Gegend recht bald, wie ein Slum aus.

Dann gibt es solche, ich denke derzeit an das ehemalige Restaurant „die drei Husaren“, das sichtlich von einer Firma gemietet wurde, aber ein Umbau findet einfach nicht statt, es sind nur Planken herum, die diese neue Firma ankündigen. Dass es z.B. die Die Husaren nicht mehr gibt, ist für mich persönlich ein Verlust. Nicht, dass es nicht genug Restaurants in der Umgebung gäbe, aber die Vorspeisenwagerln der drei Husaren waren einfach legendär – wie überhaupt das Ambiente dort. Jetzt gibt’s dort gegenüber den „Rinderwahn“, im ehemaligen Restaurant Stadtkrug, das dann zwischenzeitlich verschiedene Betreiber fand, verschiedene Konzepte verwirklichte – jetzt werden dort Burger bereitet und angeboten.

Aber es sind auch andere Geschäfte, die mir abgehen: Leschka, Braun, Englische Flotte; sie sind längst alle Geschichte. Und dass in eines dieser Lokale am Graben ausgerechnet ein H&M eingezogen ist, hat mir eigentlich schon weh getan, auch wenn das Lokal eigentlich unverändert bleiben musste – aus denkmalschützerischen Gründen. Das Angebot hat sich doch dramatisch gewandelt.

Manche Geschäfte sind einfach umgesiedelt, vom Graben, in eine der Seitengassen. Dazu gehört „Augarten“. Das finde ich selbst nicht so schlimm, da ich ja sowohl die Kärntnerstraße als auch den Graben meide und viel lieber in den Seitengassen schlendere.

Ich weiß schon, für Gründerfamilienkinder ist es schwierig, Geschäfte weiterzuführen, einerseits wird bei Geschäftsübergabe meist die Miete drastisch erhöht – und zweitens ist es herausfordernd, sechs Tage in der Woche im Geschäft zu stehen. Nicht alle wünschen sich einen derartigen Berufsweg, wenn es andere Möglichkeiten gibt.

Um Lokale in „Bestlage“ bewerben sich dann auch große Ketten, um hier Geschäfte oder „Flagship-Stores“ zu eröffnen. Meist sind es elegante Geschäfte, aber der wienerische Flair, den es früher gab, geht ihnen halt ab. Sie könnten genausogut in eleganten Lagen in vielen Großstädten liegen.

Früher war die „Wiener Mode“ berühmt. Die Anfänge der Wiener Mode gehen auf die Zeit während des Wiener Kongresses  zurück. Grundlage für das Entstehen einer Wiener Mode war die Residenzstadt Wien mit ihrem Zentrum an ausgezeichneten Handwerkern, deren Kunst sich besonders im Barock entfaltet hatte und bis ins 20. Jahrhundert fortgeführt werden konnte. Beeinflusst wurde die Kleidung nicht nur von Hof und Adel (die bis ins 19. Jahrhundert Trendsetter in Sachen Mode waren), sondern auch von der ungeheuren Vielfalt an Volkstrachten und von den prächtigen Uniformen des Militärs. Gerade in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden gerne Uniformelemente in die Damenmode aufgenommen. Um die Jahrhundertwende erfuhr die Wiener Mode einen neuerlichen Aufschwung. Die Wiener Mode strahlte dank Verarbeitung und Material Eleganz und Verspieltheit, ohne jegliche Übertreibung, aus. Zu den Spezialitäten gehörten die Wiener Bluse (mit feinsten Handstickereien) und das Wiener Schneiderkostüm.

Fred Adlmüller hatte sein Geschäft in jenem Haus, indem jetzt das Casino residiert. Er übernahm die Firma „Stone & Blyth“ nach dem Zweiten Weltkrieg und eröffnete später ein großes Modehaus im Palais Esterhazy. Adlmüller stellte bereits im Herbst 1945 die erste Nachkriegskollektion vor, wurde Ausstatter vieler Opern- und Operetteninszenierungen und Filme, lieferte die Staatsfräcke für die Bundespräsidenten der Zweiten Republik, zählte Künstlerinnen des In- und Auslands sowie Gattinnen von in- und ausländischen Politikern zu seinen Kunden und machte sich auch durch seine Ballroben (Opernball) einen Namen. Heute gibt es keine „Wiener Mode“ mehr.

Auf der Kärntner Straße, auf der sich ein nimmerendender Strom von Touristen bewegt, Straßenkünstler agieren, Bettler mit und ohne Hunde in absonderlichen Posen die Passanten um  Geld bitten, gibt es nur mehr sehr wenige traditionelle Geschäfte. Dazu gehören noch z. B. Heiner und Gerstner, wo manche Touristen selbst in den Geschäften photographieren, ohne etwas zu kaufen. Zu den alteingesessenen Firmen gehört auch noch z.B. Rositta, dort kann man Dessous, Lingerie, Nachtwäsche, Blusen, etc. erstehen. Lobmeyr bietet Gläser, Porzellan, Luster ….  Nicht zu vergessen: die Wiener Werkstätten: mit Schmuck, Textilien, Kleinmöbel etc.

Aber zwischendurch finden sich leider Souvenirgeschäfte mit einem teilweise grauslichen Angebot. Den Wiener Stil erhalten haben teilweise noch der Graben und der Kohlmarkt, obwohl mir dort das Cafe Arabia und besonders die Buchhandlung Berger abgehen.

Das „Goldene Quartier“, die neue Luxus-Shoppingmeile in der Wiener Altstadt bietet exklusive Flagshipstores von internationalen Luxusmarken, ich habe sie noch nicht „angenommen“.

Dennoch, Wien ist immer noch schön und spätere Generationen werden vielleicht auch irgendwelchen Lokalitäten nachtrauern …

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