Ja es passiert viel in der Welt, vieles könnte kommentiert werden. Um Ostaleppo wird noch immer erbittert gekämpft, ebenso um Mosul, dort werden „menschliche Schutzschilde“ vorbereitet. Von beiden Städten werden Flüchtlinge erwartet, in diesen Trecks können Terroristen nicht ausgeschlossen werden. Der Wahlkampf in den USA wird auch immer erbitterter und schmutziger. Erdogan verlängert neuerlich den Ausnahmezustand und will nun die Todesstrafe wieder einführen – eine Provokation für Europa? In Italien kommt die Erde nicht zur Ruhe…. Naja, und dass CETA jetzt einmal feierlich unterschrieben ist, verringert die europäische Blamage über das wallonische Debakel auch nicht wirklich, es ist klar, die EU gehört gründlich reformiert, aber sie ist gleichzeitig zerstritten – wie soll das gehen?
Also wende ich mich lieber vorläufig meiner Wiener Umgebung zu. Gar nicht weit voneinander entfernt: Zwei Straßen, die mit Textilien zu tun haben – die Wollzeile und die Tuchlauben, diese jetzt ein Teil des „Goldenen Quartiers“. Die Tuchlauben war schon immer eine der vornehmsten Straßen der Stadt, wie auch die Zunft der Tuchmacher eine der ältesten und wohlhabendsten gewesen ist und schon unter den Babenbergern mit Rechten und Freiheiten ausgestattet war.
Der Name Tuchlauben leitet sich von den hier ansässigen Tuchhändlern und Tuchschneidern ab, die in Lauben ihre Waren feilboten. Die Lauben waren ebenerdige Arkadengänge, von denen aus die sogenannten Gewandkeller zugänglich waren; ihr Bestand lässt sich bis 1289 zurückverfolgen, manche waren schon im Mittelalter besitzmäßig vom Haus getrennt und wurden gesondert im Grundbuch eingetragen.
In der Tuchlauben wohnten z.B. Wolfgang Amadeus Mozart, Alban Berg, Franz Schubert. Als „besondere Bauwerke“ können des Taxsche Bierhaus, das ehemalige Vizedomamt, der Hochholzerhof, der Tuchlaubenhof und der Seitzerhof bezeichnet werden. Taxsches Bierhaus (Tuchlauben 2), das kleine Häuschen verschwand mit dem Ausbau der Ersten österreichischen Spar-Casse; es trug seinen Namen nach dem bürgerlichen Bierwirt Franz Tax, der 1822-1837 auch Besitzer des Hauses war.
Das älteste bekannte Haus, das an der Stelle nunmehrigen Hochholzerhofs stand, trug bereits im 13. Jahrhundert den Namen „Zum langen Keller“. Immer wieder kam auch die Politik in den Streitigkeiten vor: Ein Günstling des ungarischen Königs Matthias Corvinus schalte und walte in diesem seinen Haus recht rücksichtslos. 1511 wurde das Gebäude in drei selbständige Häuser geteilt. Das vordere kam in den Besitz des Fleischhauers Leonhard Hochholzer. Nach der Schlacht am Weissen Berge (9. November 1620) wurde der Besitzer des Hochholzerhofes, Wolf Parth – wie auch die anderen Parteigänger des Winterkönigs Friedrich von der Pfalz – geächtet und seines Besitzes für verlustig erklärt. Es kam jedoch zu keinem Verkauf, da sich auch kein Käufer fand. 1770-1775 befand sich hier die Kunsthandlung „Zum König von Dänemark“ der Firma „Artaria & Comp.“, 1840 „Mathias Artaria Witwe & Comp.“.
Die Fassade wurde 1949 renoviert. Die BAWAG, die den Hochholzerhof zur Erweiterung ihres Stammhauses in der Seitzergasse erwarb, ließ ihn 1984-1986 unter Erhaltung (und denkmalpflegeischer Restaurierung) der Fassade im Inneren völlig neu gestalten. BAWAG P.S.K. (Bank für Arbeit und Wirtschaft und Österreichische Postsparkasse AG) entstand im Jahr 2005 und befindet sich mit ca. 52 % im Mehrheits-Eigentum des US-Fonds Cerberus. Das Bankgebäude Tuchlauben 5, also der Hochholzerhof, wurde neben anderen BAWAG-Immobilien, u.a. dem Tuchlaubenhof in der Tuchlauben 7 und 7a, an ein Konsortium um den Immobilieninvestor Rene Benko verkauft.
Da denkt man unwillkürlich an die BAWAG Affäre, an die Karibik Geschäfte, und die betroffenen Personen, Elsner, Flöttl, die Auswirkungen auf den ÖGB und die dort handelnden Personen, wie z.B. Fritz Verzetnitsch. Und natürlich überlegt man auch, wer wohl in den „Penthouses“ dieser handelnden Personen jetzt wohl wohnt.
Und es ist nur ein Katzensprung hinüber in die Wollzeile. benannt nach den dort sesshaft gewesenen Wollwebern und Wollhändlern; urkundlich erwähnt 1158. Zur Zeit Herinrichs II. Jasomirgott lag die Wollzeile noch außerhalb des ummauerten babenbergischen Stadtgebiets, reichte einst bis zum Wienfluss und ging in die nach Ungarn führende Fernhandelsstraße über (Ungargasse).
Auch in dieser Straße gibt es bemerkenswerte Häuser wie z.B. das Erzbischöfliche Palais, oder der Schmeckende-Wurm-Hof. Daran knüpft sich ein „G’schichtl“: Der Materialwarenhändler Thomas Racher hatte im Jahr 1700 seinen Laden hatte. Ober der Gewölbetür, zwischen dem Erdgeschoß und einem Fenster des ersten Stockwerks, war ein blechernes, lindwurmartiges Ungeheuer befestigt. An diesem Fenster saß oft ein schönes blondlockiges Mädchen. Sie soll eine Waise gewesen sein, die hier im Universitätsviertel unter den Studenten recht bald einen Verehrer fand. Dieser steckte dem „Wurm“ in der Nacht vor dem Geburtstag seiner Verehrten einen prächtigen Blumenstrauß in den Rachen. Das Mädchen nahm den Strauß nicht an, sondern ließ ihn verwelken, so dass die Wiener einige Tage hindurch sahen, wie der Wurm an den Blumen „schmeckte“ (roch). Die Sache wurde zum Gespött der Leute und das Haus fortan „Zum schmeckenden Wurm“ genannt. Auf Nummer 11 befand sich Mitte des 18. Jahrhunderts die letzte Badstube. Das Simpl auf Nummer 36 ist uns allen noch ein Begriff – als dort die Großen der Nachkriegszeit auftraten.
Aber die Wollzeile ist auch ein Einzugsgebiet von Fremdem, die die Stadt besichtigen wollen, eine Einkaufsstraße, aber da treten dann leider „Lücken“ auf: wie z.B. das Turczynski. Franz Turczynski, kam aus Polen und hat das Geschäft 1882 gegründet, stattete Aristokraten aus, schickte diesen Jagd- und Safari-Kleidung in alle Welt nach. Dieses Lokal hat allerdings ein hübsches Papierwarengeschäft besetzt. Auch der auch Kirchenbedarfshändler Janauschek hat nun zugesperrt. Der geht mir allerdings etwas weniger ab. Das große Geschäft von Kreps Lederwaren steht ebenfalls seit Kurzem leer. Nun hat auch der Feinkostladen Böhle „den Rollbalken“ heruntergelassen. Der Böhle hat die Wiener seit Jahrzehnten mit Delikatessen aus aller Welt versorgt. Allerdings benötigte man Geduld, um in diesem Geschäft bedient zu werden, und grad billig war’s auch nicht.
Aber wenigstens bleiben die großen und kleineren Buchläden in der Wollzeile offen.