Vom Kochen und vom Essen

Ich gebe es ja zu: ich esse gerne und ich koche gerne. Gern gegessen habe ich schon immer. Und das Kochen hat sich außerordentlich gewandelt – aber auch das Essverhalten. Einen Teil meiner Kindheit verbrachte ich auf dem Land. Da gab es noch die großen Herde. Oben, auf der Kochfläche waren Öffnungen, die mit diversen Ringen abgedeckt werden konnten, um Speisen in Töpfen verschiedener Größen kochen zu können. Diese Oberfläche  wies auch verschiedene Wärmegrade auf. Direkt über dem Feuer war es heiß, gegen die Ränder zu wurde es kühler. Also ein optimales Umfeld zu gleichzeitigen Kochen von Speisen mit unterschiedlichen Wärmeanforderung.

Geheizt wurde mit Holz, das vorher in Scheite gehackt werden musste, zum Entzünden des Feuers benötigte man eher ganz dünne Späne und Papier, das Holz lagerte in einer Kiste beim Herd und es war Aufgabe der Kinder, diese Kiste immer wohl gefüllt zu halten. In diesem Herd gab es auch ein Backrohr, und einen Wasserbehälter aus Kupfer, wo man schnell warmes Wasser ablassen konnte. Unter glücklichen Umständen lag eine schnurrende Katze neben dem Stockerl für jene, die das Feuer zu entfachen hatten. Und entfacht wurde es neu für jede Mahlzeit. Bis der Herd dann die richtige Temperatur hatte, dauerte es ein Weilchen. Nach dem Mittagessen musste der Herd wieder geputzt werden, d.h. die Asche musste ausgeleert, die Kochplatte und die Ringe gereinigt werden, sollte etwas übergangen sein. Der Rand musste geschmirgelt werden, bis er glänzte. Aufwändig, alles das. In der Stadt gab es zu dieser Zeit natürlich schon die Gasherde, die in etwa jenen entsprechen, die heute verwendet werden.

Dazu gab es zwar „Eiskästen“: aber das Eis wurde in Blöcken von Männern ins Haus geliefert, die offene Säcke über Kopf und Schultern trugen. Sobald das Eis geschmolzen war, musste dann das Wasser wieder entsorgt werden. Geschirrwaschmaschinen gab’s nicht, es gab zwei Schaffeln, die mit heißem Wasser gefüllt waren, in dem einen  wurde abgewaschen, in dem anderen geschwemmt und das Geschirr auf Gestelle gestellt – zum Abtropfen. Das Geschirr mit den Geschirrtüchern zu trocknen war meist die ungeliebte Aufgabe der größeren Kinder.

In meiner Kinderzeit musste aus frischer Ware selbst verfertigt werden, das heute selbstverständlich gekauft wird. Heutige Selbstverständlichkeiten, wie gefrorenes Gemüse gab nicht. Wann dieses Gemüse reif und am Markt war, mussten die Erbsen z.B. selbst ausgelöst werden, Spinat geputzt, gekocht und gehackt oder passiert werden. Dazu benützte man die so genannte „Flotte Lotte“, die hinterher auseinandergenommen und gewaschen werden musste. Und all das wurde nicht in einem Supermarkt gekauft, sondern in verschiedenen Geschäften, z.B. beim Fleischhauer, im Gemüsegeschäft oder bei einem Pracker, einem Wanderhändler, der auf einem Karren die Ware vor sich herschob. Die Milch, Butter konnte bei der Milchfrau besorgt werden, wozu man allerdings die gewaschenen Flaschen mitbringen musste, auf diese wurden als Verschluss ein Pappendeckel-Blatterl gesetzt. Das Henderl besorgte man in der Geflügelhandlung – wo man auch rechtzeitig z.B. die Weihnachtsgans bestellte, dort wurde auch Wild verkauft. Fische standen ja nicht so oft auf dem Speiseplan und wenn, dann waren es meist einheimische Süßwasserfische wie Forellen oder Karpfen, und die wurden in der Fischhandlung angeboten.

All das war mit Berufstätigkeit – die für Frauen damals ohnedies viel seltener als heute war – kaum zu vereinbaren. Allerdings waren Haushaltshilfen auch selbstverständlicher als sie heute sind.

Am Land wurde vieles selbst gemacht, Tiere wurden selbst geschlachtet. Ich  erlebte als Kind, als meine Tante einem fürwitzigen Hahn den Kopf auf dem Hackstock mit einer großen Hacke abhackte. Als der Hahn dann noch kurz kopflos herumlief, war’s um meine Fassung geschehen. Hühner, oder auch geschossene Rebhühner mussten gerupft werden, geschlachtete Hasen abgezogen werden. All das war die Arbeit der Frauen und Kinder. Bei größeren Tieren musste das Blut aufgefangen werden, um die Blunzen zu produzieren, Würste vorbereitet und Fleisch portioniert werden, um es dann haltbar zu machen, durch Suren, Räuchern, „Einwecken“, kochen etc.

Am Land gab es auch den Gemüsegarten, der gepflanzt,  gegossen, gejätet und geerntet werden musste. Dort wuchsen auch die Kräuter, die entweder frisch verwendet wurden oder später getrocknet wurden , um auch im Winter würzen zu können.

Die Küchen hatten somit wenig Ähnlichkeit mit unseren heutigen: keine Induktionsfelder, keine Dampfgarer, keine Fritteusen, keine Brotschneidemaschinen, keine Griller (gegrillt wurde im Freien auf Spießen), keine Küchenmaschinen, der Schnee oder das Schlagobers wurde mit der Schneerute geschlagen ….. Der Speiseplan hat sich auch gewandelt. Damals gab’s oft Suppen und dann Mehlspeisen, die aber auch vollständig selbst gemacht werden mussten: so z.B. der Teig für den Apfelstrudel, wenn er „Ausgezogen“ wurde, durfte er ja keine Löcher bekommen und er musste so dünn sein, dass man eine Zeitung darunter lesen können musste. Selbstverständlich wurden alle Knödelarten selbst gemacht: von den Germknödeln über die Zwetschgen- und Marillenknödel. Heute sind die Kühlregale in den Supermärkten voll davon, da gibt’s auch noch Kaiserschmarrn und vieles mehr. Meine Mutter machte auch noch die Suppennudeln selbst. Bröseln wurden nicht gekauft, sondern aus altem Brot gerieben.

Wenn ich heute Rezepte lese (und das tu ich gerne) scheitere ich oft schon an den Zutaten. Ich weiß nicht, was sie sind und schon gar nicht, wo ich sie bekommen könnte. Aber das kommt wahrscheinlich aus der Fusion-Küche. Eine Weile, da  hab‘ ich Kochbücher gesammelt; dann aber festgestellt, dass ich aus den meisten nur wenige Rezepte regelmäßig nachkoche – und somit reicht mein Kochbuchvorrat auf Lebenszeit.  Ich experimentiere ja  gerne beim Kochen, ich mache auch noch das Erdäpfelpüree aus Erdäpfeln und nicht aus dem Packerl, aber für gefrorene Erbsen oder Spinat bin ich schon dankbar. Aber allzu lange darf die Kocherei auch nicht dauern, es gibt ja so viel anderes zu tun!

 

 

Vom Kochen und vom Essen

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s