Ja, Trump hat es bewiesen, eine große Nation mit der stärksten Militärmacht der Welt kann ein halbes Jahr ohne einen kompetenten Führer überleben. Aber sollte eine echte Krise auftreten, ist ein instabiler, impulsiver, eitler, unsicherer Mann an der Spitze dieses Staates ein echtes Risiko. Und nicht nur für die USA, sondern für uns alle, für die ganze Welt.
Ein kleiner Vorgeschmack dessen, was da kommen könnte: Die Präsidentenfamilie (vertreten durch Jared Kushner) gegen den Außenminister Rex Tillerson. Secretary of State -also der Außenminister der USA – drang auf eine rasche Aussöhnung in der Katar-Krise, am selben Tag gratulierte Trump den Saudis und den Emiraten zu ihrer harten – aber notwendigen Haltung.
Tillerson soll getobt haben. Man geht davon aus, dass der „wahre Autor“ von Trumps Aussage der Botschafter der Vereinigten Arabischen Emirate, Yousef Al Otaiba gewesen sein soll, ein enger Freund der Präsidentenschwiegersohns Jared Kushner. Kushner „ein nichts ahnendes Kind“ betreibt nun Außenpolitik aus dem Weißen Haus, polterte Tillerson. Otaiba ist ein Vertrauter Kushners, und Trump vertraut Kushner. Tillerson ist frustriert, sein primärer Job scheint es derzeit zu sein, Probleme, die der Präsident angerichtet hat, in Ordnung zu bringen. Und der außenpolitische Berater des Präsidenten ist ein 36jähriger Amateur: Kushner.
Ersichtlich wurde dies bei einem Treffen im Weißen Haus, als Tillerson „explodiert“ sein soll, weil er keine Leute fände, um die Posten, die das Außenministerium zu vergeben hätte, zu besetzen. Über diesen Ausbruch wären angeblich hohe Beamte im Weißen Haus einigermaßen fassungslos gewesen.
Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Trump Regierung werden diese verfahrene Situation nicht lösen können. Diese ausweglose Konfrontation wird Katar nur in die Arme Teherans treiben. Scheich al-Thani von Katar hat schon „neckisch“ vorgeschlagen, dass Trump gut beraten wäre, sich mit verschiedenen Flügeln seiner Regierung abzusprechen, besonders mit dem Außenministerium und dem Finanzministerium. Letzteres würde bereits die katarischen Bemühungen die Terrorfinanzierung einzuschränken, kontrollieren.
Gleichzeitig sind die Beschwerden der 4 Ländern, die die katarische Blockade ausführen – nämlich Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Ägypten und Bahrain – ernst gemeint und tief sitzend. Saudi-Arabien ist schon lange von Katar irritiert, da es riesige Gas-Reserven hat, die seine finanzielle Unabhängigkeit von dem Königreich gewährleisten. Die Vereinigten Emirate verübeln Katar die Unterstützung, die es der Muslim-Bruderschaft zukommen hat lassen, die gegen die herrschende Familie in Abu Dhabi konspiriert hat. Präsident Abdul Fattah al-Sisi hat die Regierung der Muslim Bruderschaft gestürzt, die sich allerdings zwei Jahre aufgrund der Zuwendungen aus Katar gehalten hatte. Und letztlich Bahrain, das schon lange Auseinandersetzungen um Land mit Katar hatte, die allerdings 1994 geregelt worden sind, hegt aber noch immer Groll gegen Katar, und wird von Riad diesbezüglich angefeuert.
Wie es derzeit aussieht, hat keine Seite vor in nächster Zeit nachzugeben. Und diese Krise führt zu einer Infragestellung der Zukunft des Golfkooperationsrates, meint der katarische Außenminister. Das hinwieder zerschmettert jegliche Träume einer sunnitisch-arabischen Einheit, die ein großes Anliegen Trumps zu sein scheint, wie er sie bei seinem Besuch in Saudi-Arabien angepriesen hat. Die Konsequenzen dieser Situation, die sich da gerade entwickelt, stellt große, aber unnötige Herausforderungen an Tillerson, Kushner oder sonst jemanden in der Trump Administration.
Jedenfalls fühlt sich der Präsident nicht so sehr betroffen, denn er hat entschieden, dass ihm Wahlkämpfen jedenfalls lieber ist, als ordnungsgemäß zu regieren. Schließlich will er ja wiedergewählt werden. Und mit dem Sammeln von Mitteln für diesen Wahlkampf hat er bereits begonnen. Donald Trump hält Reden, wie er sie vor dem 8. November 2016 auch schon gehalten hat: Das Versprechen amerikanischer Größe, die Rückkehr von Arbeitsplätzen, die Geißelung der Medien unter Buhrufen („extrem unehrlich“), das Lob einer „Graswurzelbewegung, wie sie die Welt nicht erlebt hat“.Trumps Botschaft „Amerika zuerst“ wird die kommenden Monate, wahrscheinlich Jahre, prägen. Am Abend gibt Trump den Volkstribun und Einheizer, am Vormittag spielt er den Retter.
Und Wahlkampf wird auch im Mar-a-Lago, dem Privatresort der Trumps, betrieben: Trumps Geschäfte mit dem Präsidenten-Bonus laufen besser denn je. Der Palast im spanischen Stil dient dem US-Präsidenten nicht nur als Winter-Residenz, er lädt dort auch zu Pressekonferenzen, empfängt Staatsbesuche und sammelt Spenden für seine Wiederwahl. Darüber hinaus ist das „Southern White House“ ein exklusiver Club für die Reichen und Schönen des Landes. Und diese freuen sich, dass sie hier seit diesem Jahr im Gegenzug für ihre stattlichen Mitgliedsbeiträge nicht nur im Luxus schwelgen dürfen, sondern auch die Chance haben, ab und an einen Blick auf den Club-Inhaber zu erhaschen, der niemand geringerer ist, als der Präsident der USA. Das hat seinen Preis. Mussten Interessenten im 2016 noch 100.000 Dollar allein für die Aufnahme in den Club berappen, ist es seit diesem Jahr das Doppelte. Nicht nur der Club profitiert und damit Inhaber Trump. Es freut auch die vielen Wohltätigkeitsvereine, die hier ihre Benefiz-Veranstaltungen ausrichten. Ihre Tickets sind viel gefragter, seitdem der Inhaber auch Präsident der USA ist – ein Pfund, mit dem die Veranstalter hemmungslos wuchern. Wer Glück hat, erwischt ein Benefizessen, bei dem der Präsident selbst spricht. Die bisherige Saison habe auch gezeigt, dass der Trump-Effekt ins Gegenteil umschlagen könne, wird berichtet. Einige Trump-Kritiker kauften zum Teil demonstrativ keine Tickets, um ihre Distanz zum Präsidenten auszudrücken. Der Anteil der Kritiker scheint jedoch deutlich kleiner als der jener, die sich durch eine potenzielle Begegnung mit dem Präsidenten angezogen fühlen.
Mar-a-Lago ist der beste Beweis, dass genau das eingetreten ist, was Wirtschaftsethiker befürchtet hatten: Donald Trumps Besitz birgt große Interessenkonflikte mit seinem Amt. Genau deshalb hatte die US-Ethikbehörde gefordert, der künftige Präsident möge sein Milliarden-Imperium verkaufen. Doch daran ist gar nicht mehr zu denken. Trump scheint im Gegenteil nichts lieber zu tun, als seinen Promi-Faktor in die Waagschale zu werfen und seinen Namen weiter zu vergolden.
Ganz klar ist mir nicht, wie die Amerikaner diesen Mann im Amt behalten wollen. Aber derzeit hat es den Anschein, dass die ihn gewählt haben, ihn noch immer lieben – selbst wenn er ihnen ihre Krankenversicherung wegnehmen will.