Manchmal fahre ich lieber mit der Straßenbahn, auch wenn’s u.U. länger dauert, als mit der U-Bahn. Ich schaue gerne aus dem Fenster und schwelge in Erinnerungen an die Plätze, die so an mir vorüberziehen. Leut, die hier laut telephonieren, essen, trinken, stören mich dann nur sehr am Rande. Diesmal stieg ich bei der Oper in den D-Wagen. Mein Sitz erlaubte mir, stadtseitig hinauszuschauen. Besonders aufgefallen sind mir diesmal die Opernbrunnen, der linke Brunnen zeigt unter der bekrönenden Allegorie der Musik allegorische Gestalten der Freude, des Tanzes und des Leichtsinns, der rechte Brunnen unter der bekrönenden Lorelei allegorische Gestalten der Trauer, Liebe und Rache. Und schon ist man beim Goethe-Denkmal, und denkt an die Dramen, die man in der Schule gelesen, teilweise sogar gespielt hat. Ich glaube, dass sich Goethe im Grab umgedreht hätte, wenn er ein paar Mädchen gesehen hätte, die alle Rollen im Faust übernommen hatten. Für eine Hauptrolle kam ich nie in Frage, aber im Chor war ich dann dabei – ob wir damals verstanden haben, was wir gesprochen haben – es war der „Prolog im Himmel“? Verstehen wir’s heute?
Vorbei am Burggarten – wie schade doch, dass die Kastanienbäume der Allee schon alle so braun sind. Ein Blick auf den Heldenplatz, noch Baustelle aber „Weltmuseum Wien“ ist schon angeschrieben. Wie oft bin ich am damaligen Völkermuseum vorbeigegangen, um in die Nationalbibliothek zu kommen. Schön finde ich ja das Burgtor nicht gerade, kontroversiell ist es auch. Naja, aber das Gitter an der Seite ist schon bemerkenswert – rot und gold: prächtig, aber das Geld hat dann doch nicht gereicht, um das weiterlaufende Gitter auch so zu bemalen.
Hier ist dann schon der Volksgarten, zuerst die Club-Diskothek; wir ich jung war sind wir hier zum Fünf-Uhr -Tee tanzen gegangen. Damit konnte man dann um 10 zu Hause sein. Damals begleitete uns Glenn Miller Musik. Beim Vorbeifahren am Volksgarten blitzen noch immer die Rosen hervor!
Und das Burgtheater, wie viel interessante, aufregende Vorstellungen habe ich hier gesehen, wie viele Schauspieler bewundert. Wenn man später dann einmal dasselbe Stück sieht, kann man nicht umhin an die jeweils frühere Aufführung zu denken und das geht dann meist zugunsten der früheren Aufführung aus.
Das Landtmann ist nicht jenes Café, das ich am häufigsten frequentiere, aber früher war ich öfter im Theater – „Tribüne“ hier im Keller. Und mein Buch „Fressen die Alten den Kuchen weg“ ist zum Teil hier entstanden.
Das Schottentor war eigentlich immer schon im Zentrum meines Lebens; als ich noch in der Währinger Straße wohnte war es das Einfallstor „in die Stadt“, der Platz, wo ich die Straßenbahnen erwischte, um fast überall hinzukommen. Ja und hier an der Ecke stand die Zentrale der Creditanstalt, für die ich lange gearbeitet habe, bevor sie dann Bank Austria wurde. Fasziniert war ich immer vom Paternoster, vom Oktogon, in dem wichtige Ereignisse kundgetan wurden. Im obersten Stockwerk habe ich jahrelang mittaggegessen, immer am selben Tisch mit denselben Kollegen. Gearbeitet habe ich damals in der Hessgasse, gleich dahinter. Auch in den Gebäuden den Schottenring entlang befanden sich früher verschiedenen Ableitungen, womit man auch diese Gebäude kennen lernte. Das hat sich alles geändert.
Bei dem imposanten Gebäude der früheren Börse biegt der D-Wagen ab. Und schon steht man vor der Rossauer Kaserne. Dort legt man früher die Führerscheinprüfungen ab. An meine eigene kann ich mich kaum mehr erinnern, ich weiß nur, dass man in engen Gassen umkehren können musste – auf Einparken wurde damals – leider – noch nicht so viel Wert gelegt. Sehr gut kann ich mich an die Prüfungen meiner Kinder erinnern, bei denen ich als „Fahrlehrer“ fungierte. Mein Sohn ist einmal beim Fahren durchgefallen, und daran war wohl ich schuld. Ich hatte ihm vorher gesagt, er solle nicht wild „fetzen“ (er fuhr eigentlich schon sehr gut). Also fuhr er eher langsam und vorsichtig, was den Fahrlehrer veranlasste ihm zu sagen, er benötige noch mehr Übung. Bei der Prüfung meiner Tochter war ich wohl aufgeregter als sie, das merkte auch der Fahrlehrer. Außerdem war er von beachtlicher Körpergröße und musste hinten damals in meinem „2CV“ (also einer so genannten Ente) sitzen. Das war extrem eng und ungemütlich für ihn, damit fiel die eigentliche Fahrprüfung nur sehr kurz aus. Meine Tochter bestand beim ersten Mal.
Von der Porzellangasse aus, fiel mein Blick auf die Serviten Kirche, wo ich getauft worden war (aber daran erinnere ich mich wirklich nicht). In der Serviten Gasse hab‘ ich einerseits lange handgemachte Nudeln (und ich koche sehr gerne Nudeln) gekauft andererseits ist dort der Sitz des Braumüller Verlages. Als ich mein Buch „Wessen Heiliges Land“ geschrieben habe, traf ich dort meine Lektorin.
Gleich gegenüber in der Porzellangasse haben lange Zeit mein Großvater und meine Tante Maria gewohnt. Nach dem Tod meines Großvaters blieb meine Tante dort und wurde sehr liebevoll und aufopferungsvoll von ihren Nachbarn fast bis zu ihrem Tode gepflegt.
Gleich im nächsten Block befindet sich das Schauspielhaus, auch hier haben wir viele kurzweilige interessante Aufführungen gesehen. Ja, und schon war ich bei der Station „Bauernfeldplatz“, wohin ich eigentlich wollte. Die Zeit, voll mit Erinnerungen, ist sehr rasch vergangen.