Bei uns in Österreich gibt es ein Verhüllungsverbot, das jetzt gerade – zu Halloween – schwer zu exekutieren sein wird.
In Saudi-Arabien hinwieder gibt es ein Verhüllungsgebot für Frauen. In Saudi-Arabien ist das Verschleiern von Frauen in der Öffentlichkeit Pflicht. Dies geschieht in der Regel mit einer Abaya oder einem Hidschab. Eine Strafe ist bei Nichtachtung rechtlich nicht festgelegt, aber ins Ermessen des Richters gelegt. Zumeist muss mit einer „Aufforderung“ durch die Polizei gerechnet werden, drastischer wird es, wenn es zu einer Aufforderung durch die Mutawwa (islamische Religionspolizei) kommt. Auch Letzteren muss nicht zwingend gehorcht werden. Vielleicht erinnern sich noch manche daran, mich hat es damals verstört: 15 Schülerinnen starben im März 2002 beim Brand eines Schulgebäudes in Mekka, weil sie am Verlassen des brennenden Schulgebäudes durch Wächter der islamischen Religionspolizei mit Schlägen gehindert wurden, da die Mädchen keine Kopftücher und keine langen Gewänder trugen. Auf Grund dieses Vorfalls erging erst 8 Jahre später (!) ein Erlass des Erziehungsministeriums an alle Schulleiter und Wachpersonal, dass Rettern bei Notfällen unmittelbar Zugang zum Schulgelände gewährt werden muss.
Aber es ist nicht nur das Gewand, das Frauen in Saudi-Arabien einengt: Reisen dürfen Frauen nie gänzlich auf eigene Faust – ein Beschützer muss zumindest zustimmen, dass eine Frau eine Reise unternehmen darf. Frauen dürfen nicht heiraten, wen sie wollen. Auch hier ist immer die Zustimmung eines „Beschützers“ erforderlich. Auch eine Scheidung ist Frauen nur in engen Grenzen erlaubt – sie stoßen dabei in jedem Fall auf mehr Schwierigkeiten als Männer. Will eine Frau arbeiten, so reicht es nicht, dass sie eine offene Stelle findet. Der sogenannte Beschützer und sein Plazet sind auch in diesem Fall erforderlich. Noch immer muss ein männlicher Vormund – meistens der Vater, Ehemann oder Bruder – erlauben, dass eine Frau etwa studieren oder reisen darf. Zudem stehen Frauen nicht alle Berufe offen, es gibt hier zahlreiche Einschränkungen auf dem Arbeitsmarkt. Das Ausgehen mit Männern, die nicht der Verwandtschaft angehören, ist untersagt – auch in Restaurants herrscht strikte Abschottung. Erben dürfen Frauen nicht in beliebiger Höhe – sie erhalten stets weniger als Männer.
Aber jetzt versucht der junge Kronprinz, Salman b. ʿAbd al-Aziz Āl Saʿūd, * 31. August 1985, die bestehende Verbote für Frauen etwas zu lockern. Er hat eine Abkehr seines Landes von ultrakonservativen Religionsprinzipien angekündigt. Er will die 70 Prozent der Saudi-Araber ansprechen, die sind jünger als 30 Jahre sind. Er gilt als treibende Kraft bei der Entscheidung von König Salman, das Fahrverbot für Frauen aufzuheben, auch eine eigene Frauen-Fahrschule ist geplant. Bisher müssen Frauen entweder für viel Geld einen Privatchauffeur nehmen. Oder ihr Mann muss sie fahren. Frauen in Saudi-Arabien war das Betreten von Sportstadien bisher verboten. Das soll sich ab 2018 ändern – allerdings nur unter gewissen Bedingungen. Es kommen nur drei Sportstadien in Frage. Frauen dürfen nur in Begleitung ihrer Familien kommen.
Die angekündigten Lockerungen der vielen Einschränkungen für Saudi-Araberinnen sind Teil eines gigantischen Reformprojektes: Im Rahmen von „Vision 2030“ will Riad seine Wirtschaft und Gesellschaft umfassend modernisieren. Im Juli erlaubte das Bildungsministerium die Teilnahme von Mädchen am Sportunterricht staatlicher Schulen. Bei den Kommunalwahlen im Dezember 2015 durften Frauen zudem erstmals ihre Stimme abgeben und kandidieren.
Aber die wahhabitischen Geistlichen sind von diesen Vorhaben schockiert. Als Wahhabiten werden die Anhänger der puristisch-traditionalistischen Richtung Wahhābīya des neuzeitlichen sunnitischen Islams bezeichnet. Die Bewegung gründet sich auf die Lehren Muhammad ibn Abd al-Wahhabs. Muhammad ibn Abd al-Wahhab lebte im 18. Jh. und stammte aus der Oasenstadt Uyaina im Nadschd (Saudi-Arabien). Er studierte unter anderem in Bagdad. Im Gegensatz zu anderen islamischen Gruppen lehnte es Ibn Abd al-Wahhab ab, die Aussagen des islamischen Rechts, die sich aus dem Koran und der Überlieferung vom Lebenswandel des Propheten (Hadith) ableiten, fortzuentwickeln und mit Hilfe von Analogieschlüssen veränderten Zeiten und Umständen anzupassen. Die möglichst wortgetreue Umsetzung der islamischen Quellen hatte für ihn Vorrang vor der Frage nach der zugrundeliegenden Absicht (niya) der Rechtssätze, die Spielraum für zeitgemäße Veränderungen des Rechts gegeben hätte. Die Lehre ist gegenüber „Neuerungen“ (Bid’a) streng.
Gemäß wahhabitischer Lehre ist nicht nur alles verboten, was nach dem Koran oder anderen Überlieferungen verboten ist, sondern auch jede Handlung oder Situation, die zu einer solchen verbotenen Tat führen könnte. Diese Einstellung entspricht einer wortwörtlichen Auslegung des Koran und der Sunna, den Überlieferungen über das Leben, die Handlungen und Aussagen des Propheten Muhammed.
Die Wahhabiten folgen der hanbalitischen Rechtsschule und lehnen den Sufismus, den Kalām (arabischer Begriff, der allgemeinsprachlich die Bedeutung von „Rede“, „Gespräch“, „Worte“ hat, im spezifischen Sinn aber eine bestimmte Form des theologischen Streitgesprächs bezeichnet, das sich auf rationale Argumente stützt und insoweit der Systematischen Theologie entspricht) wie auch alle Formen des schiitischen Islams ab. Sie wenden sich darüber hinaus auch strikt gegen Heiligenverehrung, Wallfahrten zu Gräbern und die Feier des Prophetengeburtstags.
Die Anhänger Ibn Abd al-Wahhabs nehmen für sich in Anspruch, als einzige heute die islamische Lehre authentisch zu vertreten. Glaubensauffassungen, die mit dem Wahhabismus nicht vereinbar sind, werden von ihnen in der Regel als unislamisch deklariert. Die meisten Wahhabiten leben heute in Saudi-Arabien, wo ihre Lehre staatliche Förderung genießt und etwa durch die Islamische Weltliga global verbreitet werden soll. Daneben dominieren Anhänger der wahhabitischen Lehre auch in Katar, sie finden sich aber auch in Indien, Pakistan und Westafrika. Die Bezeichnung „Wahhabiten“ wird nur von Gegnern dieser Gruppierung verwendet. Sie selbst bezeichnen sich in der Regel nicht so, sondern als Salafis oder einfach als „Sunniten“.
Die in Asien verbreitete Gruppe der Ahl-i Hadith sowie das Al-Qaida-Netzwerk stehen den Wahhabiten nahe. Auch die Ideologie der Taliban weist Ähnlichkeiten mit dem Wahhabismus auf, allerdings sind die Taliban Anhänger der hanafitischen Rechtsschule.
In seinem Herrschaftsgebiet führte der Islamische Staat einen auf der Scharia und dem Wahhabismus basierenden 16-Punkte-Katalog ein, der das öffentliche und private Leben massiv normiert und einschränkt.
Kennzeichnend für den Einfluss der Wahhabiten sind unter anderem folgende Praktiken im öffentlichen Leben: Verbot des Autofahrens für Frauen; Verbot für Frauen, sich in der Öffentlichkeit mit fremden Männern zu zeigen; Öffentliche Scharia-Strafen wie Hinrichtungen und Auspeitschungen; Verbot der freien Religionsausübung; Lange Zeit waren Musik und Fernsehen uneingeschränkt verboten.
Ich kann nur hoffen, dass die österreichische Polizei nicht wie die Mutawwa nicht verkleidete Kinder anhält!