Früher, als es noch keine Handys gab – eigentlich unvorstellbar heute – benutzte man öffentliche Telephonzellen. Es gab sie fast überall in Gehweite. Der erste österreichische Telefonautomat war schon im Jahr 1903 im Wiener Südbahnhof in Betrieb gegangen.
In meiner Kindheit hatten wir zu Hause kein Telephon – wofür auch? Man besuchte Verwandte und Freunde, ohne sich vorher anzumelden und Termine wurden fix ausgemacht. Ich erinnere mich noch gut, um einen Termin mit meiner Freundin abzusagen, musste ich in die nächstgelegene Telephonzelle (ich wohnte damals in der Währinger Straße 26) bei dem Alten Chemischen Institut, auf Währinger Straße 10 gehen. Auch das entsprechende Kleingeld sollte mit dabei sein. Die Telephonnummer wusste man besser auswendig, denn sie im Telephonbuch zu suchen, war nicht immer erfolgreich – denn selbst wenn dieses angekettet war, waren manche Seiten herausgerissen. Leider wurden später die Telephonzellen zunehmend als Bedürfnisanstalten verwendet. Noch später wurden sie dann Unterlage für Graffiti verschiedenster Art.
Dennoch damals haben sie Leben gerettet, Beziehungen ermöglicht oder mitgeholfen Kriminelle zu überführen. Damals waren sie unverzichtbar!
Heute fallen sie fast nicht mehr auf, obwohl es in Österreich noch immer 14.000 öffentliche Sprechstellen gibt, davon sind 12.000 Telefonzellen, die anderen befinden sich meist innerhalb von Gebäuden, beispielsweise in Einkaufszentren oder Krankenhäusern. Für den Betrieb ist A1 zuständig. Häufig fallen sie gar nicht auf und werden von Passanten ignoriert, die ja ohnedies ihr Handy dabeihaben. Der Mindesteinwurf beträgt 30 Cent, damit kann man im Lokalnetz zwei Minuten telefonieren. Die Nutzer sind zum Beispiel Handybesitzer mit leerem oder defektem Akku, Menschen mit geringem Einkommen und sehr oft auch Touristen. Pro Tag wird jede Telefonzelle immerhin rund 2,5-mal benützt.
Trotz hoher Mobilfunkdichte gibt es in Wien noch 4.100 Telefonzellen. Aber auch die Telephonzelle muss mit der Zeit gehen, um bestehen bleiben zu können: 562 wurden zu Multimedia-Stationen mit Internetverbindung und vier zu Stromtankstellen aufgerüstet. Auch das gedruckte Telefonbuch wird noch immer produziert.
Die neueste Generation der Telefonzelle dient daher nicht nur zum Telefonieren, sondern auch als lokale Auskunftsstation. Sie ist mit einer „Multimedia-Station“ bestehend aus einem Computer, einem Touchscreen-Bildschirm aus Panzerglas, einer Webcam und einem Telefonhörer ausgestattet. Damit wird der Zugang zum Internet im öffentlichen Raum ermöglicht. Der Aufruf von Webseiten der öffentlichen Verwaltung – erkennbar am „.gv.“ in der Webadresse – ist an den Multimediastationen kostenlos. Die verschiedenen Services wie Surfen im Internet und E-Mail-Versand sind preislich gestaffelt. Ein weiterer Ausbau der Multimedia-Stationen ist nicht geplant. Denn im Wiener Stadtgebiet gibt es zahlreiche WLAN-Zugangspunkte, die auch im Stadtplan verlinkt sind.
Aber es soll künftig mehr Telefonzellen geben, die mit Stromtankstellen ausgerüstet sind. Diejenige, an der ich immer wieder vorbeigehe (in der Riemergasse), ist durchlaufend von Elektroautos besetzt. Hier können beispielsweise E-Fahrräder aufgeladen werden.
Und wer sorgt dafür, dass wir noch immer auch ohne Handy telephonieren können? Durch die Universaldienstverordnung (UDVO) ist die Telekom Austria als Nachfolger der Post- und Telegraphenverwaltung zur flächendeckenden Mindestversorgung mit Telefondienstleistungen in Österreich verpflichtet. Darin enthalten sind Vorgaben zur Versorgung entlegener Gebiete mit Telefonzellen sowie zur gebührenfreien Erreichbarkeit von Notrufdiensten.
Der Bedarf an Telefonzellen ist im Laufe der Jahre wegen der hohen Mobilfunkdichte zurückgegangen. Dennoch steht nach wie vor in fast jeder Gemeinde Österreichs zumindest eine Telefonzelle.
Um aber auch telephonieren zu können, sollten neben den neuen Möglichkeiten die Telefonzellen im besten Fall noch immer mit einem Telefonbuch aus Papier ausgestattet sein. Doch laut einem AK-Test waren 21 Prozent der Telefonzellen kaputt und von 16 Prozent konnten lediglich Notrufe getätigt werden, weil der Münzbehälter überfüllt war und daher das eingeworfene Geld nicht aufnehmen konnte. Dazu kam, dass Telefonzellen vielfach verschmutzt waren, keine Preisinformationen enthielten oder Telefonbücher fehlten. Dem widersprach die Telekom. Die Telefonzellen seien so angeschlossen, dass sofort angezeigt werde, wenn ein öffentlicher Fernsprecher nicht funktioniert. Und sobald es eine Störung gibt, wartet ein Mitarbeiter diese Telefonzelle. Und weil der Nutzer ja auch eine saubere Zelle erwartet, werden rund 70.000 Reinigungen österreichweit durchgeführt. Neben der Verschmutzung ist in den Telefonzellen vor allem Vandalismus, besonders zu Jahreswechsel, ein Problem. Alleine vergangenes Silvester wurden laut Telekom Austria rund 200 Apparate in Österreich von Feuerwerkskörpern gesprengt. Der dadurch entstandene Schaden ist erheblich.
In Wiener U-Bahnstationen machen nicht mehr notwendige Telefonzellen Automaten Platz, aus denen man nicht nur Smartphones, sondern auch Zubehör wie Akkupacks und Selfiesticks für die Mobiltelefone herausdrücken kann.
Verglichen mit Deutschland gibt es hierzulande noch sehr viele Telefonzellen. In dem Nachbarstaat sind derzeit nur 22.000 Telefonzellen noch in Betrieb.
Wir brauchen nicht nostalgisch zu werden, die gute alte Telephonzelle wird uns auch – mit erweiterten Funktionen – in Zukunft zur Verfügung stehen.