Brexit Status, August 2018

Derzeit gibt es vieles, das mich bekümmert, darunter die derzeitigen Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Brexit:

Der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union ist für März 2019 angekündigt. Der anvisierte Vertrag soll unter anderem eine milliardenschwere Schlussrechnung für Großbritannien und die Rechte von EU-Bürgern auf der Insel sowie von Briten auf dem Kontinent regeln. Ziel ist zudem eine Übergangsphase bis Ende 2020, in der sich kaum etwas ändert. Darüber hinaus sollen Eckpunkte für eine künftige Partnerschaft vereinbart werden.

Derzeit, noch weniger als acht Monate vor dem geplanten EU-Austritt, hat Premierministerin Theresa May noch immer keinen Vorschlag gefunden, der sowohl in ihrer Partei, sowie von den Briten als auch von der EU akzeptiert wird. Deshalb könnte ein Brexit ohne Vertrag mit der EU drohen. Das britische Pfund war daher zuletzt stark unter Druck geraten.

London präsentiert nun Notfallpläne für den Brexit, britische Bürger und Firmen können jetzt nachlesen, was ihnen bei einem Scheitern der Brexit-Gespräche droht. Gerade kleine Unternehmen sind kaum auf einen „No Deal“ vorbereitet. Sollte kein Abkommen über die Neuordnung der Beziehungen zustande kommen, werde Großbritannien in einigen Fällen unilateral EU-Regeln übernehmen, um die Verwerfungen möglichst klein zu halten.

Nun gibt es dazu „Anleitungen“: Beispielsweise plant die Regierung beim Import von Medikamenten, Zulassungen aus der EU anzuerkennen, um die Versorgung Großbritanniens nicht zu gefährden. Im Gegenzug hofft London, dass Brüssel auch britische Zulassungen von Arzneimitteln akzeptieren wird – kann das aber nicht garantieren.

Ohne ein neues Handelsabkommen könnte das Vereinigte Königreich im Austausch mit der EU auf Zölle und Herkunftsregeln für Waren gemäß den Standards der Welthandelsorganisation (WTO) zurückfallen, falls es Ende März 2019 die Zollunion und den Binnenmarkt verlässt. Im Gegensatz zu Konzernen und großen Firmen haben sich kleine und mittlere Unternehmen aus Mangel an Ressourcen und Informationen nicht vorbereiten können. Man schätzt, dass 150 000 britische Firmen, die mit EU Ländern Handel treiben, über keine Systeme zur Bewältigung von Zollformalitäten verfügen. Aber die über mehr als 40 Jahre gewachsene EU-Integration tangiert nahezu jeden Bereich des britischen Wirtschaftslebens. Für einige Felder lassen sich allerdings selbst im Fall eines «No Deal» keine abschließenden Handlungsempfehlungen treffen.

Besonders gravierend ist die Situation auf dem für Großbritannien so wichtigen Finanzsektor: Banken und Finanzdienstleister werden höchstwahrscheinlich den sogenannten EU-Pass verlieren, der ihnen den reibungslosen Zugang zum Markt der Union ermöglicht – und umgekehrt Instituten vom Kontinent den Weg nach Großbritannien. London ist bereit, EU-Anbieter nach dem Brexit vorerst im Königreich weiterarbeiten zu lassen. Wie britische Banken allerdings in der EU operieren können und wie Kunden aus der EU britische Finanzangebote wahrnehmen dürfen, hängt entscheidend von der Brüsseler Regulierung ab. Beim «No Deal» droht im schlimmsten Fall ein Ausschluss britischer Finanzdienstleister von Tätigkeiten für Kunden aus dem EU-Raum, sei es beim Zugang zu Bankkonten, bei der Abwicklung von Börsentransaktionen oder der Fortführung von bestehenden Verträgen.

Um das Ärgste zu verhindern, wurde eine Arbeitsgruppe aufgestellt, die im April 2018 von der Bank of England und der Europäischen Zentralbank (EZB) eingerichtet wurde, um Verwerfungen bei der Entflechtung der Finanzmärkte zu verhindern.

Es geht nicht nur um Handel und Finanzen, britische Bauern fürchten nach dem EU-Austritt um ihre Existenz. Sie werfen der britischen Regierung schlechte Verhandlungen vor und möchten erneut abstimmen. Besonders Nordirlands Farmer sehen schwarz in die Brexit-Zukunft: Sie befürchten Barrieren zu dem EU-Staat Irland. Noch rollen Milchwagen und Viehtransporter zollfrei über die Grenze.

Angeblich dürften nach Vorstellungen der britischen Regierung EU-Einwanderer auch bei einem Brexit ohne Abkommen in Großbritannien bleiben. Die 3,8 Millionen Migranten behielten demnach auch Zugang zum Gesundheitsdienst NHS und zu staatlicher Unterstützung – selbst wenn Briten in der EU nicht vergleichbare Rechte zugesichert bekämen.

Aber trotz großer Unsicherheiten wegen des Brexit hat die britische Wirtschaft im vergangenen Quartal (2/18) stärker zugelegt als die der Euro-Zone. Haben das gute Wetter und die Fußball-Nationalmannschaft dabei geholfen?

Die EU hat bereits 68 Erläuterungen für Firmen aus dem Gemeinschaftsraum veröffentlicht, die von der Sicherheit in Kommunikationsnetzen über den Energiemarkt bis zur Anerkennung der Berufsausbildung von Seeleuten reichen.

Wenn ich bedenke, wie lange z.B. Vorkehrungen für die Jahrtausendwende oder die EURO- Einführung gedauert haben, sehe ich da gewaltige Probleme auf uns alle zukommen.

Der größte Streitpunkt bleibt immer noch die Rückfalllösung für die innerirische Grenze im Fall eines «No Deal» –die Notfallplanung für ein Szenario, das niemand möchte, auf die man sich aber einigen will, bevor man über die Abwendung dieses Szenarios spricht. Klingt ziemlich skurril!

Zwischen der Republik Irland und dem zum Vereinigten Königreich zählenden Nordirland sollen sichtbare Grenzkontrollen nach dem Brexit vermieden werden, um den Friedensprozess auf der Insel nicht zu gefährden. Es erscheint bereits zunehmend unwahrscheinlich, dass bis zu einem im Oktober 2018 anstehenden Gipfel der Staats- und Regierungschefs der EU ein Durchbruch in den Verhandlungen erreicht wird.

Die Hälfte der Briten will einer Umfrage zufolge ein weiteres Brexit-Referendum, sollten die Austrittsverhandlungen mit der EU ohne Einigung bleiben. Regierungschefin May hat aber ein zweites Brexit-Referendum wiederholt abgelehnt. Selbst wenn es zu diesem neuerlichen Votum kommen könnte, ist dessen Ausgang höchst ungewiss, tief gespalten ist die britische Bevölkerung in dieser Frage.

Ich würde mir auch wünschen, dass der Brexit nicht stattfindet!

 

Brexit Status, August 2018

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