Ein bissel ätzen über den heute stattfindenden Opernball muss ich schon. Ich hab‘ ja schon mehrmals an dieser Stelle über diesen Ball geschrieben, jenen 1956 (Der (mein) erster Opernball), über „mein Rundherum“ bei späteren Opernbällen (unter „Opernballsplitter“) bzw. über einen, den ich im Fernsehen gesehen habe.
Heute möchte ich über Voraussetzungen und Vorbereitungen schreiben – „sehr kompetent“ natürlich, weil ich ja nicht dabei bin, aber ich habe einiges darüber vernommen. Gegenüber den früheren, und es war ja nicht nur der erste, bei dem ich dabei war, sondern auch jene, bei denen mein Mann berichten musste, scheint der heurige Opernball viel glamouröser zu werden als damals. Wir alle lebten „einfacher“ als heute (auch mittels Handys ist „Berichten“ für Journalisten einfacher geworden, als in ein eine freie Telephonzelle zu hetzen). Ich glaube wir würden mit unseren damaligen Kleidern ein bissel armselig wirken, gegenüber den heutigen. Etwas ist gleichgeblieben, und das sind die Würstel, die am Ball gegessen werden, aber die Verpflegung in den Logen und wahrscheinlich auch an den Tischen ist weitaus reichhaltiger, erlesener geworden, als bei jenen Bällen, an denen ich noch teilgenommen habe.
Neu ist auch, dass der Bundespräsident samt Gemahlin den Umbau der Oper zu einem Ballsaal besucht hat. Mir hat diese Geste gut gefallen, denn sie rückt einmal die präzisen, perfekt koordinierten in sehr kurzer Zeit zu erledigenden Arbeiten und ihre Ausführenden ins rechte Licht.
Besonders möchte ich diesmal auf den Kopfschmuck der Debütantinnen eingehen. Jener, den ich trug und dann lang aufgehoben habe, bis es zu schäbig geworden war und entsorgt wurde war aus vergoldetem Pappendeckel mit Tüll und Goldfäden. Und frisiert haben wir uns auch selber. Na heute ist das schon anders. Es wurde (angeblich) verfügt, dass nur jene Damen eröffnen durften, deren Haare lang genug zum Aufstecken wären. Bei uns waren nur gutes Walzertanzen und anständige Manieren erforderlich. Denn nur wenn alle Debütantinnen aufgesteckte Haare trügen, wäre das Eröffnungsbild (einheitlich) und damit schön. Ich hatte damals meine Haare selbst aufgesteckt, aber heute wird das einheitlich von einem sehr renommierten Friseur gemacht, der auch den Kopfschmuck fixiert. Er steht auch in einem kleinen Salon während der ganzen Ballnacht allen jenen – nicht nur Debütantinnen – zur Verfügung, deren Frisur in Unordnung geraten ist. Auch eine Schneidersalon gibt es, für herabgetretene Säume, geplatzte Corsagen und gerissenen Träger. Naja, früher hat man noch einander geholfen oder sich an die Garderobierinnen gewendet.
Ein Knusperhäuschen, wie es heute zur Verfügung steht, hat es früher auch nicht gegeben.
Nun zu dem Kopfschmuck: waren es anfänglich wirklich Krönchen, die schon bald von der Firma Swarovski hergestellt worden waren, wurden diese seit dem 50-Jahr Jubiläum der Oper zu Diademen. Heuer wurde der Kopfschmuck von Versace entworfen und wieder von Swarovski hergestellt, aber wurde weder zu einem Krönchen noch zu einem Diadem, sondern zu einer Tiara. Ich hatte Gelegenheit, sie ganz genau anzuschauen und ich finde, dass sie eher zu einer Königinwitwe (Dowager Queen) als zu einem jungen Mädchen passt. Für mich ist eine Tiara eigentlich die Papstkrone, die ihren Ursprung im byzantinischen Hofzeremoniell hat. Die Tiara war im Altertum eine Kopfbedeckung, die zur typischen Bekleidung der Herrscher in orientalischen Staaten, darunter im Perserreich und Achämenidenreich gehörte.
Die Opernball Tiara ist mehrfarbig: weiße, blaue und gelbe Steinchen bilden das Muster, ein großer schwerer brauner (die Farbe heißt in dem Zusammenhang: „Crystal Golden Shadow“) Kristall „schmückt“ die Mitte (wenigstens weist er kein V für Versace auf). Die Tiara ist angeblich inspiriert durch Wagners „Rheingold“, wenn ein plötzlicher Sonnenstrahl die Tiefe des Rheins durchdringt, um das Gold zu enthüllen, welches von den drei Rheintöchtern beschützt wird. Es erweckt die Aufmerksamkeit des Zwerges Alberich, der ihnen den Schatz daraufhin stiehlt. Dazu kann man lesen: „So wie in Wagners Oper tosen auch auf dem Diadem schillernde Wellen, bestehend aus Kristallen in unterschiedlichen Blautönen. Und genau wie die Sonnenstrahlen den Schatz der Rheintöchter zum Glänzen bringen, erweckt das Licht die 380 Kristalle jeder Swarovski-Tiara zum Leben.“ Frühere Namen der Krönchen/Diademe waren z. B. Electra, Supernature, out of the blue, auf den Schwingen der Poesie, snow storm, Sissis blue dream, fly by night, Swift, Rising Star, le beau Danube bleu, Giovani lieti – fiori spargete (Muntere Jugend, streue Blumen!),
Etwas, das jedenfalls gleichgeblieben ist, ist der Einzug der Jungdamen und Herren zur Fächerpolonaise. Das Ballett wird zum Morgenblätter Walzer tanzen, singen werden einzeln aber auch zusammen Anna Netrebko und Yusif Eyvazov aus Turandot und Boheme. Und schließlich werden die jungen Damen und Herren noch zum Kaiser Franz Josef I. Rettungs-Jubel-Marsch, von Johann Strauß (Sohn) tanzen.
Die Eröffnung abschließen wird traditionell der Donauwalzer – auch „wie immer“.
Ich werde mir das Spektakel wahrscheinlich heute abends im Fernsehen zumindest teilweise ansehen.