Wiener Gassen und Gasserln

Ich hatte jenseits des Donaukanals zu tun und bin quer „durch de Stadt“ gegangen. Am Hinweg – auf der „Direttissima“, also Kärntnerstraße, Stephansplatz, Rotenturmstraße. Die Kärntnerstraß ist immer ziemlich voll von Touristen, ebenso wie der Stephansplatz. Und die Rotenturmstraße ist zwar schon „fast“ fertig, aber halt nur fast, und die dortige Maschine, die den Asphalt im Mittelteil aufbringt, war von Neugierigen umlagert.

Der Rückweg wurde anders angelegt, und zwar über kleinere Gassen. Da kam ich zuerst einmal, vom Donaukanal   hinauf, über den Laurenzerberg,  benannt nach dem ehemaligen Laurenzinerinnenkloster.  Zwischen 1942 und 1945 befand sich auf Nummer 1 ein Zwangsarbeiterlager. Früher hatten hier – nicht grad auf Nummer 1, liebe Freunde gewohnt, die beide schon von uns gegangen sind, ich denke gerne an die fröhlichen gemeinsamen Zeiten …

Schräg gegenüber geht vom Fleischmarkt, in den der Laurenzerberg mündet, die Drachengasse weg: sie ist nach einem Hausschild „Zum goldenen Drachen“ benannt. Nachgewiesen ist sie bereits im Jahre 1437, hatte aber damals noch keinen eigenen Namen. 1656 erscheint erstmals der Name Drachengässl, denn auf Nr. 2 lebte der Hausbesitzer Martin Drach (1629–1683), mit dem das Hausschild Zum goldenen Drachen in Zusammenhang steht, das 1701 schon bestand. Die Drachengasse ist eine Sackgasse, die vom Heiligenkreuzerhof (auch ein Objekt, das ich ein andermal beschreiben werde) begrenzt wird. Sie besitzt nur die Breite eines Gehweges. Weithin berühmt ist das Theater in der Drachengasse, so auch der Name. Das Hotel Post, dessen Eingang am Fleischmarkt liegt, beherbergt auch die Wiener Kammeroper. Die Foyers, das Stiegenhaus und der Zuschauerraum sind secessionistisch und mit reichem Stuckdekor versehen. Der rechteckige Zuschauerraum besitzt ein Spiegelgewölbe und eine rundum laufende balkonartige Empore. Die Kammeroper hat sich auf Opernraritäten, die auf keinen anderen Spielplänen stehen, spezialisiert, führt darüber hinaus aber auch zeitgenössische Werke und Altwiener Singspiele auf. Ein Auftragswerk war die Rockoper Carmen negra.

Anlässlich eines Festes, das ein Verlag, bei dem sowohl mein Mann als auch ich Bücher veröffentlicht hatten, veranstaltete, kamen wir (damals schon mit dem Rollstuhl) in die Drachengasse. Nun stellte sich das Problem, das wir mit dem Rollstuhl nicht in den Lift passten. Der Verlag verlegte einen Teil der Feier einfach in die Drachengasse, wo wir mit fast allen ankommenden und weggehenden Gästen zusammenkamen, die Verlegerin kam mit einer Flasche Sekt und Gläsern und ein Tablett mit Brötchen wurde auch hierher gebracht – es war für uns ein sehr fröhliches Fest – in der Drchengasse.

Über den Fleischmarkt kam ich dann in die Postgasse, von hier geht wiederum die Barbaragasse ab. Sie wurde 1862 nach der nahegelegenen Barbarakirche benannt. Die Verbauung der kurzen Gasse ist einheitlich frühhistoristisch. Da es sich bei den Gebäuden jeweils um Seitenfronten handelt und dort keine Geschäfte oder Lokale zu finden sind, besitzt die Barbaragasse den Charakter einer ruhigen und unbedeutenden Seitengasse, in der auch wenige Fußgänger unterwegs sind. Auf Nummer 1 befindet sich die Hauptpost (Hauptadresse Postgasse 8–10). Seit 1423 befand sich an dieser Stelle eine Burse, die 1470 Burse zur roten Rose und seit 1507 Rosenburse genannt wurde (die Universität befand sich in unmittelbarer Nähe). 1623 ging sie in den Besitz der Jesuiten über, die dort 1654 eine Barbarakapelle einrichteten. Nach der Aufhebung des Ordens übergab Maria Theresia 1775 die Kirche und das anschließende Gebäude der griechisch-katholischen Kirche. Das Barbareum genannte Seminar sollte der Ausbildung der griechisch-katholischen Geistlichkeit im Habsburgerreich dienen. Schon 1784 wurde das Seminar wieder aufgehoben und eine Pfarre errichtet. 1849–1854 wurde das nördlich der Kirche gelegene und 1767–1773 erbaute Hauptmautgebäude mit der Kirche und dem Barbarastift zu einem großen zusammenhängenden Baukomplex der Hauptpost zusammengefasst.

1852 schufen Eduard van der Nüll und August Sicard von Sicardsburg (die beiden hatten die Wiener Staatsoper am Ring erbaut) das heutige frühhistoristische Eckhaus zwischen Dominikanerbastei, Barbaragasse und Postgasse (Hauptadresse Postgasse 6). 1867 wohnte hier Johannes Brahms.

Parallel dazu befindet sich gleich die Predigergasse, eröffnet 1854, benannt 1862, vorher Dominikanergasse; an der Stelle des nördlich der Dominikanerkirche bestandenen Predigerfreithofs bauten die Jesuiten 1652 ein Schulgebäude und ein Miethaus. Hierher bringe ich jene Kleidungsstücke, die gestopft werden müssen, denn hier gibt es eine Kunststopferei!

Wenn man nun die Postgasse weiterverfolgt, trifft man – auf der anderen Seite – sogleich auf die Bäckerstraße. Sie geht auf einen frühmittelalterlichen Marktplatz zurück und besitzt heute die besterhaltenen Renaissance-Bürgerhäuser der Wiener Innenstadt.

Im 11. Jahrhundert entstand knapp nördlich der Verlängerung der ehemaligen Via principalis dextra vor den Mauern des alten Römerlagers bzw. der babenbergerzeitlichen Stadtmauer Wiens ein linsenangerförmiger Marktplatz. Hier siedelten sich auswärtige Kaufleute an, wie aus den Bezeichnungen Kölner Hof oder Regensburger Hof heute noch ablesbar ist. Sie brachten Waren aus dem Westen über die heutige Mariahilfer Straße und den Kohlmarkt hierher, um sie zu lagern und zu verkaufen. Möglicherweise fand damals auch schon ein Weiterverkauf nach Osten statt, obwohl das Stapelrecht erst ab 1221 bestand. Ende des 12. Jahrhunderts wurde der Marktplatz von der neuen Stadtmauer eingeschlossen und lag nun innerhalb Wiens. Da von hier aus aber kein direkter Zugang zu einem Stadttor bestand, war die Gegend gegenüber der benachbarten Wollzeile, die zum Stubentor führte, benachteiligt und verlor allmählich ihre wirtschaftliche Bedeutung. Infolge dieser Umstände benötigte man bald keinen Marktplatz in der ursprünglichen Größe mehr und baute deshalb in seiner Mitte sukzessive eine Häuserzeile ein, die mit dem Regensburger Hof beginnt. Dadurch entstanden aus dem ehemaligen Platz zwei parallel verlaufende Straßen, die seit dem beginnenden 14. Jahrhundert als Obere und Untere oder Vordere und Hintere Peckenstraße bezeichnet wurden, da in dem Gebiet einige Bäcker ihr Gewerbe ausübten. Der ehemalige nördliche Teil des Marktplatzes, die Untere Bäckerstraße, heißt heute Sonnenfelsgasse.

Nun war es schon spät geworden, ich musste noch zu meinem Fleischhauer in der Postgasse, daher kann ich für Sie Renaissancehäuser in der Bäckerstraße nicht mehr einzeln beschreiben. Vielleicht ein andermal, bei einem weitern Spaziergang durch mein Wien.

Wiener Gassen und Gasserln

Da zünd ich mir ein kleines Zigaretterl an

Das Rauchen wird in diesem Lied als probates Mittel beschrieben, um seelisches Unglück besser ertragen zu können. Geschrieben wurde dieses Lied von Bruno Granichstaedten. * 1. September 1879 Wien, † 30. Mai 1944 New York, Operettenkomponist. Ursprünglich Operettentenor, trat er später mit eigenen Brettl-Liedern in Kabaretts auf, komponierte Operetten; Auf Befehl der Kaiserin, 1915; Der Orlow 1925), aber auch Lieder und Filmmusik (beispielsweise „Zuschaun kann i net“ als Einlage für „Im Weißen Rößl“) sowie Libretti (für Oscar Straus). Emigrierte 1938 nach Luxemburg und weiter in die USA.

Dieses Raucher-Lebensgefühl ist jetzt endgültig zu Ende! Einst galt Rauchen als weltmännisch. Sänger wie Dean Martin und Frank Sinatra zeigten sich lässig mit einer Zigarette im Mundwinkel und Marlene Dietrich machte das Rauchen zu einem reizvollen, mysteriösen Wesen. Zigarettenmarken wurden im Fernsehen und Radio beworben, das Rauchen war in Restaurants und auch sonst überall  erlaubt.

Ich selbst hab‘ nie geraucht – das kam wohl daher, dass meine ältere Cousine und ihre Freundinnen es einmal ausprobierten – im Dachkammerl in deren Haus in Pernitz. Ich war meiner Cousine zugeteilt, sie musste auch mich aufpassen. Also war ich dabei, als sie das Rauchen ausprobierten (womit, das weiß ich nicht), und um mein Stillschweigen zu erkaufen, durfte ich auch ein paar Züge machen, ich fand es absolut grässlich, mir war ziemlich schlecht hinterher, daher wollte ich auch später nicht rauchen. In manchen Gesellschaften kam ich mir dann doch als Außenseiter vor, aber die Erinnerung an dieses erste Erlebnis mit Rauchen hat mich davon abgehalten.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Österreich begann die Zigarette (die von der Tabakregie erstmals 1843 erfolglos angeboten worden war, von der aber bei einem zweiten Versuch 1866 bereits 16 Millionen Stück abgesetzt wurden) als Zeichen einer schnelllebigen Zeit die Zigarre zu überflügeln; man ging von der Füllung mit Pfeifentabak ab und kreierte zahlreiche Sorten aus feingeschnittenen Tabakpflanzen, die mit verheißungsvollen Namen angeboten wurden. Der Verkauf stieg sprunghaft an. Der erste öffentliche Zigarettenautomat wurde in Wien am 19. April 1899 aufgestellt. Bis in die 20er und 30er Jahre dominierten Orientzigaretten (1937 Anteil 70%), ich kann mich nur an eine Sorte erinnern: sie hieß „Nil“. Nach dem Zweiten Weltkrieg sank der Orientanteil auf unter 10% des Konsums; die erste Sorte mit amerikanischem Tabak war die „Jonny“, besonders beliebt war damals die „Austria 2″ beziehungsweise ab 1949 die „Donau“ (1953 3 Milliarden, 1959 nur noch 574 Millionen Stück), die von der „Austria Drei“ und der „Austria C“ abgelöst wurde.

Der früh verstorbene Großvater hatte Pfeife und zuweilen Virginias geraucht, man anderer Großpapa war meist (Zeitung) lesend, mit Zigarette und Kaffee anzutreffen. Mein Vater hat geraucht, meine Mutter hasste es, da er ein schweres Lungenleiden hatte. Er hat teilweise seine Zigaretten selbst „gewuzelt“, er hatte dazu eine Art „Maschine“, in den man den Tabak einfüllte, sie abschloss, den Tabak herausschob und dann in ein Papier wickelte. Das war besonders wichtig, als es während des Krieges kaum Zigaretten gab (sie dienten wohl während als auch nach dem Kreig quasi als Währung). Also wurde (da wir damals am Land lebten) Tabak angepflanzt, nach der Ernte wurden die Blätter getrocknet und dann wurden sie fein geschnitten und man verfügte über Tabak. Später, als wir wieder in Wien leben ersetzten dann die „ausgeweideten Tschiks“, die meist von den US-Soldaten weggeworfenen Zigarettenstummel, den selbstgezogenen Tabak.

Ich verfüge noch über eine wunderschöne Tabatiere, aus Silber, graviert mit Initialen, die meine Mutter meinem Vater in frühen Jahren geschenkt hatte. Jetzt belässt man die Zigaretten im Packerl, denn aufgrund der Filter sind sie viel zu lang für eine ältere Tabatiere (leider weiß ich nicht, wofür man dieses schicke Ding sonst noch verwenden könnte, außer es in der Vitrine liegen zu lassen).

Damen, die rauchten, verwendeten oft einen so genannte Zigarettenspitz. Ich fand das damals sexy, aber das sagte man nicht, eigentlich galt es als „verrucht“. Zigarettennamen an die ich mich erinnere waren die „Chesterfield“ und natürlich die „Malboro“, denn uns Älteren ist der Malboro Man aus der Werbung (anfänglich nur im Kino zu sehen, später selbstverständlich ein Teil der Fernsehwerbung) noch ein Begriff.

Aber auch französische Marken wurden durch Filme berühmt, Gauloises, Gitanes: Yves Montand, Alain Delon  und Gian Maria Volonté, etc. rauchten sie. Heutzutage kann man bei Filmen davon ausgehen, dass jene, die rauchen dann letztendlich die „Bösen“ sind.

Ich kann mich auch an endlose Debatten im Büro erinnern, in der Raucher und (militante) Nichtraucher wirklich fast auf Mord und Brand gestritten haben, die einen die Fenster aufgerissen haben (das konnte man früher auch in Büros) die anderen protestiert haben, weil ihnen kalt war. Ich erinnere mich an die Prozesse, die in den USA lange erfolglos gegen Zigarettenfirmen geführt wurden.

Mein Mann rauchte nicht, aber sein Bruder. Wir beide, mein Mann und ich, waren in Bezug auf Rauchen eher Anhänger der „Laisser-faire“ Partie, bei uns durfte auch zu Hause geraucht werden (ich war zwar nicht glücklich damit, weil dann tagelang der Geruch hängen blieb). Als dann die Raucherbereiche eingeführt wurden und wir bei Einladungen meines Schwagers in diesem Abteilen sitzen mussten, war ich dann schon sehr unzufrieden. Ich war auch etwas weniger tolerant gegenüber Rauchern geworden, nachdem eine Schwiegertochter, die geraucht hatte, einem Lungenkrebs erlegen war.

Da wir oft in die USA fuhren, wunderten wir uns anfangs bei einer Reise, warum so viele Leute auf der Straße standen und rauchten, bis uns das Rauchverbot in Lokalen klar wurde. Ich fand das eine unfreundliche Geste – jetzt ist es auch bei uns selbstverständlich geworden.

Adieu – blauer Dunst!

Da zünd ich mir ein kleines Zigaretterl an

Hurra, das erste Ganslessen

Mit einer lieben Freundin hatte ich eine Mittagsverabredung, sie war „dran“, um ein Lokal in ihrer Umgebung auszusuchen. Sie wohnt im Achten Bezirk, in der Josefstadt. Heute rief sie mich an und schlug vor, uns in der „Frommen Helene“ zu treffen – in der Josefstädter Straße Ecke Lange Gasse.

Gut, ich kannte das Lokal von früher, eigentlich ist es von mir aus auch zu Fuß zu erreichen, aber ich war spät dran, zu spät kommen wollte ich nicht, also fuhr ich mit dem Zweier, direkt. Dieser war ziemlich voll, dennoch ergatterte ich einen Sitzplatz. Ich komm‘ mir immer schlecht vor, wenn ich in einer vollen Straßenbahnsitze und „ältere Menschen“ steigen ein, oft bin ich versucht, selber aufzustehen, wenn es andere nicht tun. Manchmal mache ich es auch. Jedenfalls kam ich neben einer sehr feschen jungen Frau zu sitzen, die sogleich – telephonierte, eher schon ein bisserl laut. Aber eigentlich stört ich das nicht mehr besonders. Ich versuchte, die Sprache irgendwo zu zuordnen, aber es gelang mir gar nicht, ich hörte nur mehrmals das Wort“ Tablette“ und ging davon aus, dass es sich dabei um ein Gespräch mit einem Kranken handelte, da darf man schon ein bisserl laut werden, wenn man besorgt und aufgeregt ist. Nach Beendigung des Telefonates entschuldigte sich diese junge Frau in tadellosem Deutsch bei mir für ihre Lautstärke. Ich war verblüfft. Und da sie mich schon angesprochen hatte, fragte ich Sie, neugierig, wie ich schon bin, welche Sprache sie gesprochen habe. Sie antwortete: Aramäisch! Das erstaunte mich, ich fragte sie, ob sie aus Syrien käme, sie bejahte das. Ich kenne nur einen Ort in Syrien, wo Aramäisch gesprochen wurde, und das war Maalula. Wir kamen ins Gespräch, sie belehrte mich, dass es noch zwei weitere Orte gäbe, wo diese Sprache gesprochen würde, und dass es auch heute noch, nach 8 Jahren Kreig Aramäer in Syrien gäbe. Aber zufrieden meinte sie auch, dass es in Wien jetzt drei aramäische Gemeinden gäbe. Dann musste sie leider aussteigen.

Aramäisch – die Sprache, die Jesus wahrscheinlich gesprochen hat. Als wir vor vielen Jahren noch im friedlichen Syrien gewesen sind, besuchten wir auch Maalula, damals unzerstört. Ein Priester des Klosters des Sergius und des Bachus betete das Vater Unser für uns in Aramäisch. (Dieses Kloster wurde nach den beiden römischen Offizieren, die wegen ihres christlichen Glaubens in der syrischen Wüste enthauptet wurden, benannt. Die Kirche wurde aus einem römischen Tempel erbaut, Teile der Decke sind über 2000 Jahre alt. Damit soll die Kirche eine der ältesten Kirchen der Welt sein.) Was von diesem Kloster und dem zunächst Gelegenen der Heiligen Thekla noch übrig ist, kann ich nur vermuten.

Jetzt hatte ich aber schon die „Fromme Helene“ erreicht. Die namengebende Fromme Helene ist aber eine Bildergeschichte des satirischen Zeichners und Dichters Wilhelm Busch. Die Geschichte erschien 1872.  Oft zitiert daraus wird z.B. „Es ist ein Brauch von Alters her, wer Sorgen hat, hat auch Likör …“ oder das Ende: „Das Gute – dieser Satz steht fest – Ist stets das Böse, was man läßt!“

Aber jetzt zum Restaurant: nicht nur die Straßenbahn, auch das Restaurant war ziemlich voll, man sitzt gemütlich, nicht ganz so eng, dass man alles vom Nachbartisch hören kann. Das Personal ist freundlich und gut aufgelegt und reagiert prompt (ich glaube in Restaurantkritikerdeutsch sagt man dazu „flink“). Es gibt eine Tageskarte, es gibt eine Wochenkarte und zusätzlich eine normale Speisekarte -also wirklich viel Auswahl. Mir ist halt das Gansl gleich ins Auge gestochen. Jetzt ist ja Martiniganslzeit.

Der Gedenktag von Martin (* 316/317 (oder um 336) in Savaria, heute Steinamanger; † 8. November 397 (?) in Tours) ist der 11. November. Und wie kamen nun die Gänse zu Martin: er sollte Bischof von Tours, aber gegen seinen Willen werden. Daher versteckte er sich in einem Stall, doch die Gänse hätten ihn durch ihr Schnattern verraten. Eine andere Legende allerdings berichtet: als Martin als Bischof predigte, wurde er durch eine Schar schnatternder Gänse, welche in die Kirche watschelten, unterbrochen. Sie wurden gefangen genommen und zu einer Mahlzeit verarbeitet. (Näheres zum Heiligen Martin finden Sie unter „Martini- und sonstige Gänse“ geschrieben am 11.11.2018 in meinem Blog)

Zum Gansl in der Frommen Helene wurde mir entweder Rotkraut oder Krautsalat angeboten, sowie Semmelknödel oder Erdäpfelknödel. Ich wählte den warmen Krautsalat und den  Erdäpfelknödel. Preiselbeeren waren dann auch dabei. Die Viertelgans war knusprig gebraten aber weich, nicht allzu fett und schmeckte ganz ausgezeichnet. Vorher oder nachher noch etwas zu essen, wäre unmöglich gewesen. Wir tranken jeder ein Glas Wien, meine Freundin zu ihrem gekochten Rindfleisch – mit seinen traditionellen Beilagen, mit dem sie auch sehr zufrieden war.

Ein starker Espresso rundete die köstliche Mahlzeit ab. Also: ich kann das Lokal nur wärmstens empfehlen!

Hurra, das erste Ganslessen

Jeder von uns wird einmal pflegebedürftig – hoffentlich gibt’s dann genug Pfleger!

Pflege, die geht uns alle an. Besonders allerdings uns Alte, die wir schon oft „alleinstehend“ sind. Und Pflege kann nicht nur von der Familie geleistet werden, denn die Jüngeren sind berufstätig, haben Kinder, leben wo anders … Und aufgrund vieler Umstände werden wir alle miteinander älter denn je!

Aber Pflege benötigen Menschen aller Altersklassen, denn krank kann jeder werden, und gepflegt will jeder auch werden, bis er/sie dann wieder gesund ist.

Und täglich hören und lesen wir vom Pflegenotstand. Wir hören und lesen auch vom herausfordernden Pflegeberuf, der sehr leicht zu einem Burnout und möglichen Berufswechsel führen kann. Und – ein erheblicher Teil des heutigen Pflegepersonals (meist jene in den Spitälern) gehen in der nächsten Zukunft in den – in diesem Falle wirklich – wohlverdienten Ruhestand.

Staatlicherseits hat man versucht, den Pflegeberuf aufzuwerten, immer mehr Frauen ergreifen das Bachelorstudium Gesundheits- und Krankenpflege und kombinieren Pflegewissenschaft mit der Berufsberechtigung für den gehobenen Dienst der Gesundheits- und Krankenpflege. Das bewährt sich derzeit schon und bei diesen Studien gibt es regen Zulauf. Aber damit wird der steigende Bedarf nicht ausreichend gedeckt.

Zwischenzeitlich kommen immer mehr Pflegerinnen aus dem Ausland, die meist rasch (und mit unterschiedlicher Ausbildung) einspringen. Ihr Kenntnisse der deutschen Sprache sind anfangs oft sehr mangelhaft, ein Faktum, das die Pflege oft ungeduldiger Alter nicht wirklich erleichtert.

Das ist grob gesprochen die derzeitige Situation. Nun wird staatlicherseits überlegt – bzw. auch schon implementiert – die Pflegeausbildung mit Matura. Schüler können dann nicht nur mit Matura, sondern auch mit dem Diplom der Pflegefachassistenz bzw. der Sozialbetreuung abschließen. Dass man, als die Pflege universitäres Fach implementiert worden war, die anderen Ausbildungen für Pflegeassistenz „heruntergefahren“ hat, sei hier nur am Rande erwähnt. Nun belebt man die Idee bedarfsbedingt halt wieder. Langfristige Ausbildungsplanung – so scheint mir – war noch nie eine Stärke des Staates – man denkt auch auf diesen Gebieten nur „innerhalb der Legislaturperiode“ und das führt zu den berüchtigten „Schweinezyklus“, z.B. bei Lehrern, Ärzten und nun auch beim Pflegeberuf.

Ein weiteres Manko (nicht nur) bezüglich Pflege ist, dass sie als „weiblich“ gilt – auch im gesellschaftlichen Denken, daher geringer bezahlt wird. Sehr wenige Männer streben diesen Beruf an, dabei wäre es oft der Einsatz von Männern, die manche emotionalen Probleme bei der Pflege lösen könnte. Das gilt auch für manche andere so genannte Frauenberufe, wie z.B. Kindergärtnerinnen.

Und wenn wir schon bei „Emotion“ und Bezahlung sind: ein Pflegeberuf wird ergriffen, weil junge Menschen anderen beistehen wollen, weil sie sich verantwortlich für das Wohl von anderen fühlen. Pflegerin oder Pfleger wird man sicher nicht um reich zu werden, oder weil man keine anderen Möglichkeiten für sein Leben sieht. Wenn man diesen Beruf ergreift, möchte man nahe am Menschen sein, auf ihn oder sie eingehen können … Und das ist aufgrund des Pflegenotstandes schwierig geworden. Jenen, mit der Bachelor Ausbildung wird, weil das heute in Spitälern halt so notwendig ist, sehr viel „Büroarbeit“ umgehängt, das heißt, alles was sie über Zuwendung emotionale Unterstützung der kranken oder pflegebedürftigen gelernt haben, können sie, einfach aus Zeitmangel, nicht zur Anwendung bringen. Die „Arbeit“ am Patienten, wird den Pflegeassistenten zugewiesen, die halt nicht die tiefer gehende Ausbildung haben, auf den Patienten eingehen zu können, ihn oder sie emotional zu unterstützen, sondern „nur“ das dringend Notwendige machen; für Gespräche, die so wichtig wären, hat somit keiner mehr Zeit. Das tut aber jenen weh, die es gerne täten, auch ausgebildet dazu sind. Und den Patienten fehlt dann diese Zuwendung, mit Hilfe derer sie vielleicht schneller heilen oder vielleicht eher selbstständig würden. Das ist leider ein Teufelskreis, der nur durch mehr, gut ausgebildetes Personal gelöst werden kann – und das geht derzeit leider gar nicht schnell! Die Situation wird auch dadurch verschärft, dass Ärzte fehlen, und auch dadurch fällt mehr der „Beziehungsarbeit“ auf die Pflegenden.

Und jetzt noch kurz zur Bezahlung: Pflegeberufe sind nicht „gut bezahlt“. Das kommt aber auch daher, dass Krankenschwestern oder Pfleger nicht streiken, einfach weil sie es nicht über sich bringen, die Patienten allein, sich selbst, zu überlassen. Können Sie sich an einen Streik erinnern, wenn, dann hat er bestenfalls in der Freizeit der Pfleger und Pflegerinnen stattgefunden. Ein Spital muss 24 Stunden, sieben Tage die Woche „funktionieren“, dazu bedarf es besonders der Pfleger und Pflegerinnen. Aber auch in der Hauspflege kann ein Pflegebedürftiger oder alter Mensch nicht alleine gelassen werden, wenn er z.B. nicht selbstständig aufstehen kann. Da kann keiner sage, sorry, heute streike ich, schauen Sie, wie sie alleine zurechtkommen.

Es ist eine schwierige Situation. Kurzfristig wird wahrscheinlich ein immer größerer Prozentsatz der Pflegenden aus dem immer weiter entfernten Ausland kommen. Längerfristig sollten junge Menschen, Frauen und Männer, ermutigt werden, diesen so wichtigen und erfüllenden Beruf zu ergreifen. Vielleicht kann auch etwas mehr Unterstützung von Freiwilligen kommen, die z.B. in Altersheimen, alte alleinstehende Menschen besuchen (das geschieht ja ohnedies schon).

Und wir (besonders Alte) müssen uns halt bemühen, möglichst lang gesund und „rüstig“ zu bleiben, um ohne rundum Pflege auskommen zu können.  Und wenn’s dann wirklich notwendig sein sollte: möglichst geduldig und freundlich zu bleiben (und Verständnis für überlastete Pfleger und Pflegerinnen aufbringen).

Und meine Bitte an Politiker: vielleicht auf diesem Sektor (und nicht nur diesen) etwas längerfristig zu denken und zu planen.

 

Jeder von uns wird einmal pflegebedürftig – hoffentlich gibt’s dann genug Pfleger!

Wir sind eine verwöhnte Generation

Ein großer österreichischer Politiker (nicht mehr im Amt) hat in einem Interview für eine Zeitung darauf hingewiesen, wie gut es uns im Vergleich zu früheren Generationen geht. Er meint: “Selbst einfache Leute leben wie Fürsten“ früherer Tage. Es sagte dazu auch. „wir leben länger, wir leiden weniger, wir wissen mehr“.

Ich meine, dass wir wohl die verwöhnteste Generation sind, die es je gegeben hat. Wenn man alte Burgen besucht – wie viele Stufen hat man z.B. dort zu bewältigen? Viele von uns leben in Häusern mit einem Aufzug, manche von uns meiden diesen Lift – aus Gesundheitsgründen, und gehen halt dann die Stufen hinauf. Selbst für jene von uns, die in Eigenheimen wohnen, gibt es einen Treppenlift, den man problemlos einbauen lassen kann.

Und wenn Sie diese stattlichen Burgen besucht haben: haben sie vielleicht Badzimmer gesehen? Baden, das war schon ein besonderer Luxus, den man sich selten gönnte und der eigentlich höchsten Herrschaften zustand. Da wurde dann ein Zuber ins Schlafzimmer gebracht, heißes Wasser musste herbeigekarrt werden …  Und das fand sicher nicht täglich statt.

Ich selbst habe am Land erlebt, dass einmal in der Woche gebadet wurde, in der – im Winter eiskalten – Waschküche. Wenn mehrere Kinder da waren, wurde für sie dasselbe Wasser verwendet. An die Möglichkeit eines täglichen Duschens mit heißem Wasser (im Sommer sogar zwei Mal am Tag) dachte damals noch kaum jemand. Wahrscheinlich rochen die Menschen früher auch anders, aber wahrscheinlich störte das niemanden.

Auch Ungeziefer spielte früher noch eine Rolle, Bettwanzen waren nicht so ungewöhnlich. Meine Großmama zeigte mir einmal einen „antiken“ Flohbeutel; der wurde früher unter dem Gewand getragen, war mit einer Flüssigkeit gefüllt, die Flöhe anzog…

Und nicht zu vergessen: wir bleiben weitgehend von den ganz großen Seuchen früherer Zeiten verschont, wie z.B. Pest, Cholera Aussatz.

Von einer hygienischen Toilette war man in den Burgen auch recht weit entfernt, bestenfalls gab es irgendeinen Balkon oder Söller, wo in Loch drinnen war, wodurch der Unrat dann ins Bodenlose – um die Burg – fiel. Bei Bauernhäusern gab es das etwas abseits gelegenen „Häusl“, mit einem Brett übe einer Senkgrube und altem Zeitungspapier – so auch meine Erinnerung als Kind am Land.

Ein eigenes Schlafzimmer hatten meist auch noch der Burgherr und seine Frau. Alle anderen schliefen auf aufgeschüttetem Stroh im großen Rittersaal, wo vorher und nachher dann die Malzeiten stattfanden.

Kochen erforderte sogar in nicht ganz so ferner Vergangenheit noch erheblichen Aufwand. Zuerst musste der Herd geheizt werden, wer machte dazu das Holz – meistens wurde es in großen Stücken geliefert, zuerst wurde es gestapelt, dann gesägt, dann gehackt und dann erst in die Küche gebracht. Dann konnte Feuer gemacht werden, indem die kleinen Stücke – meist in der Küche noch gespalten wurden und mit Papier und diesen kleinsten Holzstücken konnte dann endlich Feuer gemacht werden. Erst dann konnte das Wasser für den Kaffee aufgesetzt werden. Selbst der musste vorher gerieben worden sein, dann wurde er mehrmals aufgekocht, abgeseiht, naja -und die Menge, die nicht zum Frühstück getrunken wurde, wurde dann tagsüber aufgewärmt. Das Kaffeereiben das hat mein Vater immer in der Früh gemacht, auch als der Kaffee mit der Karlsbader „Maschine“ und kochendem Wasser (natürlich schon mit Gas erwärmt) aufgegossen wurde. Ein langsamer, beschaulicher Prozess. Naja, heute haben wir Kaffeemaschinen, entweder mit Kapseln oder für Bohnen, die dann automatisch gerieben werden, die Milch dazu wird selbstverständlich aufgeschäumt.

Wir haben ein hervorragendes öffentliches Verkehrsnetz. Überlegen Sie einmal: römische Soldaten marschierten z.B. von Gallien (Westfrankreich) bis Thrakien (östlicher Balkanhalbinsel) -also zu Fuß. Die Tagesmärsche waren lang, Gepäck musste getragen werden und bevor abends die Zelte errichtet wurden musste noch ein Graben um das Lager ausgehoben werden. Offiziere durften reiten. Jetzt wären das für uns zwei bis drei Flugstunden. Aber sehen wir nicht ganz soweit zurück: wir alle haben in Dokumentationen du Filmen gesehen, wie z.B. Mozart (1756 – 1791) gereist ist – durchgeschüttelt in einer Kutsche, auf schlechten Straßen quer durch Europa. Uns stehen Flugzeuge, Züge oder das Auto zu Verfügung, dieses Auto selbstverständlich geheizt oder gekühlt – je nach Wetterlage, ausgestattet mit einem GPS, damit wir den Weg nicht verfehlen, mit einer Servo-Lenkung, damit wir uns nicht anstrengen müssen, mit einer Automatik, damit wir nicht mehr Schalten müssen. Früher gab’s vielleicht auf jedem Flughafen bzw. Bahnhof Träger (Dienstmänner) die den betuchten Reisenden die Koffer abnahmen, heutzutage rollt jeder seinen Koffer quer durch Bahnhöfe, Flughäfen aber auch durch die Straßen.

Uns stehen grandiose Kommunikationsmöglichkeiten zur Verfügung. Es war ein langer Weg ab der Einführung der Post. Die moderne Postgeschichte beginnt in der Frühen Neuzeit mit der Einführung des Stafettensystems mit Reiter- und Pferdewechsel zur schnelleren Nachrichtenübermittlung und der Öffnung für die Allgemeinheit. Heute schicken wir bequem – von zu Hause – Mails in die ganze Welt. Wie hat es sich früher ohne Mobiltelephon gelebt? Wir wären (zumindest kurzfristig) recht hilflos ohne Radio, Fernsehen, Telephonie.

Ich hoffe zwar, dass wir in Zukunft ohne Kriege auskommen können, aber wie haben sich Kriege durch die technischen Möglichkeiten verändert? Oft werden nur mehr Drohnen losgeschickt, die von Menschen gesteuert werden, die sich sehr weit weg von der von ihnen ausgelösten Detonation befinden.

Es gäbe noch viele weitere Beispiele, aber ich glaube, Sie stimmen mir zu, dass wir eine verwöhnte Generation sind. Diejenigen jedenfalls, die in der Ersten Welt leben und nicht zu den Ärmsten gehören, die es hier aber auch gibt.

Wir sind eine verwöhnte Generation

Theresa May’s mögliche Gedanken zu Bojo: „dös hätt‘ i a no z’sammbracht“.

Nach der gestrigen neuerlichen Niederlage Boris Johnsons im Unterhaus habe ich an Theresa May denken müssen. Für sie trifft vielleicht der Spruch Kaiser Ferdinands I. („der Gütige“, 1793 – 1875, Kaiser von 1835 – 1848) zu, „dös hätt‘ i a no z’sammbracht“.

Wie war es zu dem Ausspruch gekommen?

In Beratungen mit den engsten Familienmitgliedern wurde dem kinderlosen Kaiser Ferdinand I.  empfohlen, die Regierung abzugeben. Er legte am 2. Dezember 1848 die Regierung zu Gunsten Franz Josephs nieder. Bei diesem Anlass soll Ferdinand zu seinem Neffen Franz Joseph gesagt haben: „Gott segne dich, sei brav, es ist gern geschehen.“

Wie war es zu dieser Abdankung gekommen?

Die Unruhen der Märzrevolution 1848 veranlassten Metternich, am 13. März 1848 zurückzutreten und das Land zu verlassen. Am 15. März hob Ferdinand I. die Zensur auf und setzte am 25. April weitere Schritte der Liberalisierung, die den Revolutionären aber nicht genügten. Vertreter der Nationalgarden, der Arbeiter und der Studenten Wiens übergaben am 15. Mai in der Wiener Hofburg, zu der sie sich Zutritt verschafft hatten, die „Sturmpetition“ mit wesentlich weiter gehenden Forderungen; Ferdinand und sein Hof zogen es daher am 17. Mai vor, in die Innsbrucker Hofburg zu übersiedeln. Zwar kehrte der Kaiser Mitte August 1848 in die Hauptstadt zurück, begab sich aber nach dem Ausbruch des Oktoberaufstandes nach Olmütz. Das Regieren war längst ein Reagieren auf Forderungen aus dem Volk geworden: Im Laufe des Jahres „verbrauchte“ der ratlose Kaiser nicht weniger als sechs Ministerpräsidenten.

Anlass für den Ausspruch Ferdinands:

Als dann Franz Josef einen persönlichen Tiefschlag erlitt: bei der Schlacht von Solferino 1859 hatte Franz Joseph persönlich das Oberkommando übernommen, und als die Schlacht für Österreich desaströs endete, galt die Unfähigkeit Franz Josephs als Heerführer als bewiesen. Österreich hatte in der Folge schwere Gebietsverluste hinzunehmen. Besonders hart war der Verlust der Lombardei – 1859, der reichsten Provinz des Reiches.

Anlässlich dieser Ereignisse meinte der abgetretene Kaiser Ferdinand I. dann: „dös hätt‘ i a no z’sammbracht“.

Theresa May’s mögliche Gedanken zu Bojo: „dös hätt‘ i a no z’sammbracht“.

Wie weit ist es von Thrillern bis zur Realität: von NEMP Schlägen und ihren Folgen

Wie ich schon öfter erwähnt habe, lese ich gerne Thriller, am liebsten Politthriller etc. Nun hat sich ein neuer Zweig dieser „Literatur“ etabliert, ich nenne ihn den „Weltuntergangszweig“. Dazu ist noch eines zu bemerken. Die Szenarien, die in diesem Büchern beschreiben werden, treten dann oft – in etwas geänderter Form etwas später – in der Realität auf.  Das war z.B. auch bei 9/11 so.

Die Apokalypse tritt in diesen Büchern derzeit durch einen EMP Schlag auf. Der elektromagnetische Impuls oder auch elektromagnetische Puls (englisch electromagnetic pulse, abgekürzt EMP) bezeichnet eine kurzzeitige breitbandige elektromagnetische Strahlung, die bei einem einmaligen, hochenergetischen Ausgleichsvorgang abgegeben wird. Ursache sind meist elektrostatische Aufladungsprozesse etwa durch Gewitter oder Kernwaffenexplosionen, aber auch in speziellen elektrischen Schaltungen. Im sichtbaren Spektrum kann dieser Prozess als Lichtblitz wahrgenommen werden. In nicht oder unzureichend abgeschirmten elektrischen Geräten kann dies zu Fehlfunktionen bis hin zum Totalausfall oder sogar zur Zerstörung einzelner elektronischer Bauteile führen.

Ein „natürlicher“ Anlass kann magnetisiertes Plasma aus einer Sonneneruption sein, das über Minuten bis Stunden niederfrequente Ströme in räumlich weitflächig ausgedehnten Energieversorgungsnetzen induzieren, welche beispielsweise zu Sättigungserscheinungen in Leistungstransformatoren führen kann. Die Folge können Stromausfälle sein.

Aber in diesen Büchern, die auf eine Apokalypse hinweisen, geht es um einem NEMP, einen nuklearen elektromagnetischen Impuls. Dazu bedarf es eine Nuklearexplosion in hoher Höhe. Ein solcher NEMP wird indirekt als Folge von intensiver Gammastrahlung in einigen 100 km Höhe über der Erdatmosphäre im Zusammenhang mit dem Erdmagnetfeld in der Atmosphäre durch den Compton-Effekt ausgelöst. Eine solch starke transiente Gammastrahlungsquelle ist derzeit nur durch eine Kernwaffenexplosion zu erzeugen. Elektromagnetische Impulse können elektrische und vor allem elektronische Bauteile im Wirkungsbereich zerstören und werden daher vom Militär auch in Form bodengebundener EMP-Waffen eingesetzt. Der EMP kann alle elektronisch gestützten Maschinen vom Flugzeug bis zum Herzschrittmacher stören oder zerstören, er gefährdet die zentralen Systeme von Rundfunk, Rettungswesen, Krankenhäusern, Internet, Energieversorgung und Bahntransport – mit entsprechender Gefahr für das Warnwesen, die Patientenversorgung und Evakuierungen.

Der Schutz vor EMP wird auch als EMP-Härtung bezeichnet. Vor allem räumlich weit ausgedehnte elektrische Leiter, wie Energieversorgungs- und Kupfer-Telekommunikationsnetze, sind durch NEMP gefährdet. NEMP gefährden auch metallene Rohrleitungen. Während Energieversorgungsnetze kaum geschützt werden können, kann man in Kommunikationsleitungen Trennübertrager oder -verstärker einbauen oder sie durch Glasfasernetze ersetzen.

Rohrleitungen kann man zum Schutz stellenweise oder ganz aus isolierenden Werkstoffen herstellen. Anlagen können durch einen Faradayschen Käfig und Schutzschaltungen (Galvanische Trennung, Überspannungsableiter) auf allen elektrischen Zuleitungen geschützt werden. Bei Funkanlagen lässt sich die Abschirmung allerdings nur teilweise erreichen, da deren Antennen nicht abgeschirmt werden dürfen, damit sie die elektromagnetischen Felder zum Detektor leiten können, was ihre primäre Aufgabe ist.

Flugzeuge sind durch ihre exponierte Lage während des Fluges in bestimmten Situationen, wie in der Nähe von starken Radaranlagen, auch in regulären und zivilen Anwendungsfällen stärkeren elektromagnetischen Impulsen ausgesetzt.

Nun, wenn Sie auch Leser von derartigen Romanen sind, können Sie sich vielleicht vorstellen, welche Auswirkungen ein derartiger NEMP Schlag auf unsere derzeitige Gesellschaft bewirken kann. Zuerst ist zu bemerken: sämtlich Autos neuerer Bauart fallen sofort aus und bleiben, wo immer sie sich gerade befinden, „hängen“. Flugzeuge stürzen sofort ab. Wenn man bedenkt, dass sich zur Spitzenzeit mehr als 19.000 Flugzeuge weltweit gleichzeitig in der Luft! Befinden, kann man sich die Katastrophe einigermaßen ausmalen.

Am Boden funktionieren keine Benzinpumpen, keine Supermarktkassen, aber auch keine Nachlieferung von z.B. Lebensmitteln und Medikamenten. Sämtliche Spitäler, wenn sie keine abgeschirmten Notstromanlagen haben, funktionieren nur noch zum Teil; Personen, die an Dialysegeräten hängen, aber auch solche mit Herzschrittmachern sind extrem gefährdet. Aber besonders prekär ist dann die Situation in Städten, wo die Lebensmittelversorgung ausfällt. Auch Wasserzufuhr ist nicht immer und überall gewährleistet – was dazu führt, dass die hygienischen Bedingungen sehr schnell ziemlich katastrophal werden (keine Klospülung, keine Duschen etc.) Abhängig von der Jahreszeit fallen Heizung oder Kühlung aus. Wer kann noch wo womit ein Feuer machen, um etwas zu kochen?

Wer transportiert die Toten auf die Friedhöfe, wer begräbt die vielen Toten, wenn es keine Bagger zum Ausheben von Gräbern gibt. Wie kann unter solchen Umständen die zivile Ordnung aufrechterhalten werde.  Vor allem, es gibt kein Kommunikationssystem, kein Radio, kein Fernsehen, kein Telephon – jeder tappt Im Dunkeln, hat Angst, hortet …. Wahrscheinlich ist in einem derartigen Fall jeder sich selbst der Nächste!

Ich sag’s gleich: ich fürchte mich nicht. Aber ich gebe zu, ich weiß es nicht, ob z.B. bei uns oder auch anderswo Vorkehrungen für einen derartigen Fall bestehen. Ich gehe aber davon aus, dass von einem derartigen Fall nur bestimmte Regionen von einem NEMP betroffen wären. Ich gehe aber auch davon aus, dass Atomwaffen schon in vielen Ländern vorhanden sind, denen ich eine derartige Aktion zutrauen würde.

Als Hauptgefährdeten sehe ich die USA, in zweiter Linie wohl aber dann schon auch „Europa“, aber Österreich läge vielleicht dann eher am Rande – oder halt auch nicht.

Aber vielleicht wäre es eine berechtigte Frage an die neue Regierung, bzw. die neue EU Kommission, welche Vorkehrungen gegen eine solche Katastrophe getroffen werden, zum Schutz gegen einen NEMP bzw. zur Organisation nach einer derartigen Katastrophe, bei der dann wohl auch die Sirenen nicht mehr funktionieren würden.

Möge uns der Liebe Gott vor einer derartigen Situation bewahren!

 

 

 

 

Wie weit ist es von Thrillern bis zur Realität: von NEMP Schlägen und ihren Folgen

Von der Phorushalle, einer nicht mehr bestehenden Synagoge zur Legende vom Klagbaum und der Geschichte vom Hiob

Gestern hatte ich auf der Wieden, dem vierten Wiener Gemeindebezirk, zu tun und nachdem das Wetter noch schön, warm und trocken, war beschloss ich nicht die verfügbaren Öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen, sondern zu Fuß nach Hause zu gehen. Ich nahm auch nicht den direkten Weg durch die (Wiedner) Hauptstraße, sondern schlängelte mich durch kleinere Gassen. Leider wird es jetzt aufgrund der Zeitumstellung schon so zeitig finster, dass man manche der schönen, teilweise sehr eleganten Fassaden nicht mehr so genau sehen konnte. Ich stellte fest, dass es nicht besonders viel „Grün“ in dieser Gegend gibt. Es gibt zwar vereinzelte, eher kleine Parks und an manchen Straßenerweiterung schöne alte Bäume, aber wirklich grün, das ist die Umgebung hier nicht.

So bin ich z.B. durch den Mittersteig gegangen. Mittersteig, geteilt zwischen 4. (Wieden) und 5. (Margareten), war Anfang 18. Jahrhundert ein Feldweg mit gewundenem Verlauf und hieß ab 1765 Mittlere Steiggasse, später auch Arme Schulgasse oder Kleine Neue Gaßen.

Ich schaue nicht nur die Hausfassaden an, sondern auch die Tafeln am Rand der Tore. Na, da bin ich bei einer Justizanstalt vorbeigekommen, da befand sich ehemals ein k. u. k. Bezirksgericht Wien-Margareten. Daneben (Siebenbrunnengasse) stand 1908-1938 der Kaiser-Franz-Joseph-Jubiläumstempel (Synagoge). Hier befand sich auch früher eine Markthalle, die Phorushalle erbaut 1880. Damals wurden mehrere dieser glasgedeckten Markthallen in verschiedenen Bezirken Wiens geplant, denn es wurde argumentiert, dass gedeckte Hallen große Vorteile gegenüber offenen Märkten hätten. Um klimatisch bedingte wärmetechnische Nachteile zu vermeiden, entwickelte das Wiener Stadtbauamt (Baurat Friedrich Paul) ein neues System.

Aber ich finde es auch immer wieder lustig, die Straßenschilder zu lesen und darüber nachzudenken, worauf die wohl beruhen. Und da bin ich gestern auf die Klagbaumgasse gestoßen. Diese, sie liegt im Vierten Bezirk, benannt nach der Legende vom Klagbaum und dem 1267 begründeten Siechenhaus „Zum Klagbaum“. Das erste Teilstück der Klagbaumgasse wurde nach der Auflösung des dortigen Siechenhauses Zum Klagbaum, das zum Bürgerspital gehörte, 1787 parzelliert.

Und gleich, nach dem ich dieses Straßenschild gelesen hatte, fiel mir ein, dass ich in meiner Kindheit von einer Sage „der Klagbaum“ gehört hatte. Zum Glück gibt es das Internet, und diese Legende fand ich dort:

DER KLAGBAUM

Vor fast siebenhundert Jahren brach in Wien eine schreckliche Seuche aus, die aus dem Morgenland eingeschleppt wurde und rasch um sich griff: der Aussatz, eine Krankheit, die den Menschen aufs höchste entstellte. Man wusste kein Mittel, die grässliche Seuche zu bannen.

Zur Versorgung der Menschen, die von der Krankheit befallen wurden, stiftete der Pfarrer Gerhard von St. Stephan im Jahre 1267 außerhalb der Stadt auf der heutigen Wieden ein Siechenhaus und eine Kapelle „Zum guten Sankt Hiob“, dem erhabenen Vorbild der Geduld.

Vor der Kapelle stand ein schöner, großer Lindenbaum, von dem manchmal bei Nacht seltsame Klageweisen ertönten. Die Gegend kam dadurch so in Verruf, dass niemand mehr zur Nachtzeit dort vorbeizugehen wagte. Einige Zeit setzten diese Weisen aus, um sich später umso deutlicher zu wiederholen. Nun baten die Bewohner der umliegenden Häuser mit dem Richter an der Spitze den Seelsorger des Spitals, diese „Wehklage“, die ihnen so große Angst einflößte, durch Gebet und Beschwörung zu bannen.

Der würdige Mann versprach ihnen, gegen Abend zum Lindenbaum zu kommen und zu sehen, welche Bewandtnis es mit der Klage habe. Bald nachdem die Dunkelheit hereingebrochen war, kam auch schon der Wächter, den man in der Nähe des Baums aufgestellt hatte, damit er dem Geistlichen das Ertönen der Klage melde, in höchster Erregung angestürzt und brachte die Botschaft, der Baum lasse wieder so seltsame Weisen erklingen, dass sich alle Leute zitternd in ihren Häusern verkröchen.

Der Pfarrer erhob sich, nahm Kreuz und Weihwedel und schritt mit Richtern und Räten zu der schaurigen Stätte. Fröstelnd und pochenden Herzens zog die kleine Schar durch die Nacht zu dem unheimlichen Baum. Als sie näherkamen, hörten sie es deutlich: wimmernde Töne erklangen; kein Zweifel, eine verwunschene Seele hielt hier ihre grausige Klage. Die Begleiter des Geistlichen stockten, allein schritt dieser zu dem spukhaften Baum. Immer lauter schlug der Klageton an sein Ohr, unheimlich fremd und doch wieder menschlich, dass er seine Schritte hemmte, um zu lauschen. Da drang ein Mondstrahl durch das Gewölk und warf sein unsicheres Licht auf eine schattengleiche Gestalt, die unter dem Baum hin und her zu wanken schien. Sogleich erhob der Pfarrer sein Kreuz, sprengte geweihtes Wasser vor sich hin und rief mit bebender Stimme seine Beschwörung: Da verstummte der Klageton, die dunkle Gestalt tauchte neben dem Beschwörenden auf, sie schien ihn zu fassen und verschwand mit ihm hinter dem Kirchlein.

Besorgt harrten die Bürger in sicherer Entfernung auf die Rückkehr des Priesters. Als aber geraume Zeit verstrich, ohne dass er wiederkam, gingen sie bedrückt wieder heim, in der sicheren Überzeugung, das Gespenst habe den Pfarrer mit sich genommen.

Am nächsten Morgen erschien der Geistliche lächelnd in ihrer Mitte und erzählte ihnen, nicht ein Gespenst habe die klagenden Weisen von sich gegeben, sondern ein wackerer Ritter und Sänger, dessen Namen er nicht nennen dürfe, habe unter dem Baum seine Klagelieder über die herrschende Krankheit ertönen lassen. Der Baum sei ihm wegen seiner Einsamkeit als der richtige Ort erschienen, seinen Schmerz über die Leiden seiner Vaterstadt zum Ausdruck zu bringen.

Doch die abergläubischen Leute glaubten den Worten des würdigen Pfarrherrn nicht. Sie meinten, dieser sei mit dem Gespenst im Bund, und nannten das Spital nach wie vor „Zum Klagbaum“, und dieser Name blieb, bis es später aufgelassen wurde.“

Und noch für alle die mit dem geduldigen Hiob nichts anfangen können (allerdings kennen wir alle die Hiobsbotschaft): Er lebte 1000 v.Chr. im Nordwestens Arabiens. Hiob ist die Hauptfigur der romanhaften Lehrdichtung des nach ihm benannten Buches im Alten Testament, das wohl im 5. oder 4. Jahrhundert v. Chr. in Israel entstanden ist. Erzählt wird im Hiobbuch zunächst von dem übergroßen Leid, das der zunächst fromme, rechtschaffene und mit Reichtum gesegnete Hiob erfahren musste: nach und nach kommen die Hiobsbotschaften über den Verlust seines gesamten Besitzes, dann sterben alle seine Kinder, schließlich wird er selbst todkrank, vom Aussatz befallen. Zuerst klagt er nur, erkennt nach längerer Zeit seine Sündhaftigkeit, anerkennt die Allmacht Gottes – und erhält letztlich alles doppelt zurück.

Nur noch ein Hinweis: auch der Koran kennt den Hiob, dort Eyyüp genannt. In Urfa verehren die Muslime seine Leidensstätte, den Brunnen, dessen Wasser ihn heilte.

Was einem so alles unterkommt, wenn man in Wien spazieren geht!

Von der Phorushalle, einer nicht mehr bestehenden Synagoge zur Legende vom Klagbaum und der Geschichte vom Hiob

Al-Baghdadi ist tot – ist Al-Baghdadi tot?

Denn Al-Bagdadi, der Kalif des Islamischen Staates  ist schon öfter für tot erklärt worden, und dann gab’s es ihn immer noch. Aber wer ist Al-Bagdadi?

Ibrahim Awad Ibrahim al-Badri (auch Ibrāhīm ʿAwād Ibrāhīm al-Badrī; Kunya Abu Bakr al-Baghdadi, Abū Bakr al-Baġdādī;) * 1. Juli 19711 in Samarra, Irak, ist ein irakischer Terrorist und seit Mai 2010 Anführer der dschihadistisch-salafistischen Terrororganisation Islamischer Staat (IS).

Er stammt aus einer Bauernfamilie und ist der drittälteste von vier Söhnen. Für die vom IS behauptete Abstammung vom Stamm der Quraisch des Propheten Mohammed gibt es keine Belege. Einer seiner Brüder ist als Soldat in Saddam Husseins Armee gefallen. 1991 bestand al-Baghdadi das Abitur mit 481 von 600 möglichen Punkten. Aus „medizinischen Gründen“ wurde er nicht zum Wehrdienst eingezogen. Zum Studium ging al-Baghdadi in die Hauptstadt Bagdad, wo er ab seinem 19. Lebensjahr für zehn Jahre in einem Zimmer, das zu einem privaten Moscheegebäude gehört, gelebt haben soll. Ursprünglich hatte er sich für ein Jurastudium beworben, doch war sein Schulabschluss dafür nicht gut genug. Er studierte an der „Universität für Islamisches Recht“ anfangs in der Abteilung für Islamische Rechtsprechung und wechselte später zur Koranwissenschaft. 1999 schloss er sein Magisterstudium ab, danach soll er als Moscheeverwalter gearbeitet haben.

Nach der US-Invasion des Irak im Jahr 2003 schloss sich al-Baghdadi der sunnitischen Widerstandsgruppe Ansar as-Sunna an. Im Februar 2004 wurde er verhaftet und bis Dezember 2004 im Camp Bucca der US-Streitkräfte im Irak interniert. Zuvor befand sich al-Baghdadi in dem berüchtigten Gefängnis in Abu Graib.

Im März 2007 legte er seine Dissertation mit dem Titel „Die einzigartigen Perlen bei der Erläuterung des Schatibi-Gedichts“ vor. Am 14. März 2007 verteidigte er seine Arbeit. Er erhielt bei 82 von 100 Punkten die Note „sehr gut“. Angeblich ist seine Doktorarbeit unauffindbar, alle drei Ausgaben seien gestohlen worden. Der Universitätsdirektor urteilte 2015 über den Werdegang al-Baghdadis: „Er hatte bescheidene Noten, war ein ruhiger Student. Er ist nicht qualifiziert für eine Führungsposition, wie er sie jetzt beansprucht. Er hat den Koran studiert: dabei geht es in erster Linie darum, auswendig zu lernen, nicht um Analysen oder Interpretationen.“ Al-Baghdadi hingegen rechtfertigt den Terror seines „Islamischen Staates“ mit seiner theologischen Expertise – und sieht seine Taten als gottgegeben an.

Camp Bucca wurde zum Wendepunkt in seinem Leben. In dem Gefangenenlager wurden alte Saddam-Gefährten, Generäle und Geheimdienstler gemeinsam mit Islamisten interniert. Im Mai 2010 wurde al-Baghdadi Nachfolger von ISIS-Führer Abu Abdullah ar-Raschid al-Baghdadi, der zusammen mit dem al-Qaida-Führer des Irak, Abu Ayyub al-Masri, bei Tikrit getötet wurde. Al-Baghdadi wurde zum Emir der Terrororganisation Islamischer Staat gewählt. Al-Baghdadi übernahm die Führung des Al-Kaida-Ablegers im Irak, der damals noch „Islamischer Staat im Irak“ hieß. Nach und nach begann die Gruppe, sich nach Syrien auszudehnen. Darüber brach Al-Baghdadi mit Al-Kaida, weil er nicht die Forderung der Führung des Terrornetzwerkes akzeptieren wollte, sich auf den Irak zu beschränken.

Mit der Ausrufung seines selbst erklärten Kalifats am 29. Juni 2014 auf syrischem und irakischem Gebiet ist er, nach Ansicht seiner Anhänger, als „Kalif Ibrahim“ fortan Befehlshaber der Muslime und oberster Führer des Islamischen Staates. Damit verbunden war der Anspruch, alle Muslime weltweit zu vereinen und zu führen. Nach und nach verlor der IS jedoch sein Herrschaftsgebiet im Irak und in Syrien wieder. Offiziell galt der IS mit dem Fall seines letztes Rückzugsorts im ostsyrischen Baghouz als besiegt.

Al-Baghdadi soll im Oktober 2015 eine Deutsche geheiratet haben; sie habe die Frauenabteilung des IS sowie ein Ausbildungscamp für Frauen in Kirkuk geleitet und sei Anfang 2016 aus dem vom IS kontrollierten Teil des Irak geflohen. Al-Baghdadi habe eine Eingreiftruppe entsandt, die seine entflohene Frau und ihre beiden Fluchthelferinnen festnehmen und zurückbringen sollte.

Am 3. November 2016 wurde erstmals seit Dezember 2015 eine Audiobotschaft al-Baghdadis veröffentlicht. Al-Baghdadi sprach von einem göttlichen Plan, nach dem der Krieg, in dem sich der IS derzeit befinde, ihn nur noch stärker machen würde, und dies sei ein Vorbote des Endsieges. Auch Durchhalteparolen wie „Wenn der Himmel auf die Erde stürzt, lässt Gott immer noch Raum für seine Soldaten“ äußerte er. Er forderte, erbitterten Widerstand zu leisten, und warnte sie davor, vom Schlachtfeld zu flüchten. Die Kämpfer sollten den Befehlen ihrer Kommandeure Folge leisten. Er erwähnte die Provinzen des IS in Libyen, auf dem Sinai, in Nigeria und dem Jemen. Er forderte Anhänger außerhalb des IS-Gebietes ausdrücklich auf, nach Libyen zu gehen und Anschläge in Saudi-Arabien und der Türkei durchzuführen.

Im August 2018 hielt er eine Rede, die weltweit verbreitet wurde und zum weiteren bewaffneten Kampf mit allen Mitteln aufrief. Ende April 2019 erschien ein IS-Propagandavideo mit einem sichtlich gealterten, jedoch körperlich unversehrt wirkenden al-Baghdadi.

Dieser Tage gab es einen streng geheimen Einsatz in der letzten von den Islamisten beherrschten Hochburg in Idlib, wobei sich Al-Baghdadi mit einem Sprengstoffgürtel selbst getötet haben soll.  Familienangehörige seien anwesend gewesen. Kinder seien nicht verletzt worden, aber zwei Frauen Al-Baghdadis seien getötet worden, möglicherweise durch die Explosion des Sprengstoffgürtels. Der Einsatz habe sich in der Nähe von Barisha nördlich von Idlib ereignet. In der Gegend seien Kämpfer der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) sowie der islamistischen Miliz Hurras al-Din aktiv. Mit dem von den USA ausgesetzten Kopfgeld von 25 Millionen Dollar ist oder war er einer der meistgesuchten Terroristen der Welt.

Aber dennoch gibt es noch zwischen 14.000 und 18.000 IS-Angehörige, die sich im früheren Herrschaftsgebiet der Islamisten zwischen Syrien und dem Irak aufhalten sollen. Mittlerweile sind IS-Ableger auch in zahlreichen Ländern aktiv.

Selbst wenn Al-Baghdadi wirklich getötet worden sein, den so genannten Islamischen Staat gibt es noch immer, besonders weil die gefangenen IS Kämpfer im Kurdengebiet jetzt freikommen können, und ich bin fast sicher, dass wir von dieser Terrororganisation oder einer umbenannten Nachfolgeorganisation wieder hören werden – Leider!

Al-Baghdadi ist tot – ist Al-Baghdadi tot?

Über (das Haarnetz) zum Einkaufsnetz zum Plastiksackerl und retour

Ja, ich bekenne: ich verwende Plastiksackerln. Gut: ich „wiederverwende“ auch Plastiksackerln, hauptsächlich für den Müll.

Aber ich habe mir überlegt, wie wir früher ohne Plastiksackerln ausgekommen sind? Also ich habe „Netze“ verwendet, geknüpft aus Spagat. Wikipedia meint dazu: Ein Einkaufsnetz ist ein Netz in Form eines Beutels und dient zum Tragen der Einkäufe. Es besteht meistens aus strapazierfähigem Nylon oder Naturfasern, wie Baumwolle. Die Griffe sind häufig aus Leder, Kunstleder oder verstärkten Fasern. Mit einem Gewicht von 30 bis 50 Gramm und einer Traglast von 15 bis 20 Kilogramm ist es belastbarer als ein Plastiksackerl. Leer lässt es sich sehr leicht und platzsparend verstauen. Einkaufsnetze von guter Qualität halten oft mehrere Jahre und sind durch ihre Langlebigkeit gute Alternativen zum Plastiksackerl. Sie können auch gewaschen werden. Neben den Tragenetzen gibt es spezielle Einkaufsnetze zur Befestigung an Kinderwagen oder Rollstühlen. Letztere waren mir eine große Hilfe, als ich meinen Mann noch im Rollstuhl führte, denn für Sackerln oder Taschen und Körbe hat man ja die Hände nicht frei.

Der tschechoslowakische Geschäftsmann Vavřín Krčil (1895–1968) erfand in den 1920er Jahren das Einkaufsnetz, indem er Haarnetze umfunktionierte. Letztere waren wegen der Haarmode jener Zeit (Bubikopf) nicht mehr gefragt. Haarnetze wurden von Frauen (oft) in Heimarbeit aus Kunstseidengarn gefertigt und an Krčil geliefert. Die Veränderung der Funktion von Netzen vom Haarhalten zum Transport war naheliegend und mit wenigen Materialänderungen zu erreichen. Durch den geringen Preis, das geringe Gewicht und die kompakte Form wurden sie schnell populär. Krčil fand bald weitere Ausgestaltungen zum Tragen am Ellbogen oder über die Schulter, es gab Netze zum Tragen der Sportsachen. Er ließ Ende der 1920er Jahre in der Schweiz und Italien produzieren und lieferte weltweit aus: so in die Schweiz, nach Deutschland und Österreich, nach Kanada, Frankreich und nordafrikanische Länder. Manche besonders Sparsame oder Handarbeitsaffine häkelten oder knüpften sich ihre Netze selber.

Wenn man wirklich einkaufen ging, tat man das mit einem Einkaufskorb. Aber: Da gab es noch keine Supermärkte, da ging man zur Milchfrau (mit mitgebrachter Flasche, die gefüllt und mit einem Pappendeckel verschlossen wurde), man ging zum Fleischhauer, man ging zur Gemüsefrau, man besuchte den Geflügelhändler, eventuell das Fischgeschäft (damals eher selten). Ich betone: man ging. Alle diese Geschäfte lagen in einem „begehbaren“ Umfeld, man brauchte kein Auto, in dem man seine Einkäufe verstauen konnte.  In bäuerlichen Haushalten wurde vieles selbst produziert, es musste nur wenig zugekauft werden. Man ging auch jeden Tag einkaufen, denn es gab zwar Kühlschränke, ab er die wurden mit Eisblöcken befüllt- der Eismann kam alle paar Tage vorbei und brachte frisches Eis. Wo kein Kühlschrank vorhanden war, stellte man die Lebensmittel – z.B. Milch – im Winter zwischen die Fenster. Im Sommer gab’s keine Alternativen, außer man brachte alles in den Keller und holte es dann später.

Apropos Keller: man lagerte früher auch ein: z.B. Obst (z.B. Äpfel). Erdäpfel, Zwiebel. Die manchmal recht schweren Säcke wurden ins Haus geliefert. Dieser Keller befand sich meist nächst dem Kohlenkeller, wo das Heizmaterial gelagert war. Da es nur selten Aufzüge gab, musste das Zeug bei Bedarf geholt und in die Wohnung geschleppt werden. Die gelagerten Äpfel waren mit fortschreitender Jahreszeit manchmal etwas verschrumpelt.

Es war überhaupt üblich, Nahrungsmittel haltbarer zu machen.  Ich kann mich noch an die großen Gläser erinnern, in denen „Eier in Kalk“ gelagert wurden, oder man kochte vieles ein, also man (frau) machte haltbare Kompotte oder Marmeladen, „eingelegt“ wurde Gemüse: Gurken, Paprika etc.

Verständlich, dass „eine Hausfrau“ sein, wesentlich mehr Aufwand bedeutete als heute, wo uns in jedem Supermarkt Fertiggerichte angeboten werden.

Wenn man berufstätig war, konnte man keinen Einkaufskorb mit sich herumführen, also hatte man sein Netz in der Handtasche, und abends, beim Nachhause Gehen, kaufte man halt schnell etwas „für’s Nachtmahl“ und wahrscheinlich das nächste Frühstück, wenn man keine Hilfe hatte, die in der Früh Milch und die frischen Semmerln mitbrachte. Für Berufstätige war das mitgeführte Netz unumgänglich, auch dann später, als es schon so genannte Supermärkte gab, die allerdings auf dem Weg liegen mussten.

Später, als man am Samstag nicht mehr (halbtags) arbeiten musste, konnte man dann auf den Markt gehen oder fahren, in Wien gab es immer schon größere oder kleinere Märkte in der näheren oder weiteren Umgebung. Man verfügte über ausreichende Kühlmöglichkeiten und man tätigte einen „Wocheneinkauf“.

In meiner Jugendzeit benötigte man keine Plastiksackerln zum Einpacken der Jause für die Kinder, die in die Schule gingen, dafür verwendet man Papiersackerln, die schon vorher für etwas anderes gedient hatten und für diese Zwecke aufgehoben worden waren. Unangenehm war nur, wenn sich noch Reste des Vorhergehenden im Sackerl befanden. In Erinnerung sind mir blaue Papiersackerln, die ursprünglich für Kristallzucker verwendet worden waren und in denen jetzt ein Schmalzbrot (mit Grammeln) steckte, leicht „angezuckert“.

Aber heutzutage sind es ja nicht nur die Plastiksackerln, in die man die so genannten „losen“ Stücke verpackt. Nein, es gibt auch Obst oder Gemüse auf Papierschalen, die dann mit Plastik überzogen sind. Manchmal frage ich wozu? Und dann gibt es noch die Plastikschalen, z.B. für Zwetschgen oder Weintrauben oder auch für Eier. Auch nicht ganz leicht zu entsorgen.

Ich fürchte, das Vermeiden – oder Wiederverwenden – der Plastiksackerln allein oder drei Cents für jedes Sackerl verrechnen wird nicht viel helfen, man müsste die Situation schon gründlicher überdenken.

Sicher wird jetzt jemand sagen, wir paar Österreicher „werden das Kraut nicht fett machen“ (das heißt nicht den Ausschlag geben), die großen Verursacher sitzen anderswo! Stimmt, aber ich finde jeder sollte nach seinen Möglichkeiten beitragen und warum sollen wir nicht auch einmal Vorbild sein, für die Plastiksackerlvermeidung?

Also: kaufen Sie jetzt umgehend ein Einkaufsnetz!

Über (das Haarnetz) zum Einkaufsnetz zum Plastiksackerl und retour