Mailüfterl

Wenn Sie jetzt glauben, dass ich auf das derzeitige Wetter Bezug nehme, irren Sie sich (es hat draußen immerhin 10°), wenn Sie glauben, dass ich den Frühling herbeisehne, stimmt das vielleicht irgendwie schon, das hat aber mit dem „Mailüfterl“, das ich meine, nichts zu tun. Das Mailüfterl war der erste volltransistorisierte Computer auf dem europäischen Festland, konzipiert und gebaut in Österreich. Gebaut hat ihn Heinz Zemanek (* 1. Jänner 1920; † 16. Juli 2014).  Am 1.1.2020 jährt sich somit sein hundertster Geburtstag.

Und warum ich jetzt darüber schreibe: weil wir, wenn das Wort Computerentwicklung fällt unseren Blick gleich ins Silicon Valley richten und die österreichischen Beiträge eher nicht wahrnehmen. Außerdem habe ich den Großteil meines Arbeitslebens mit Entwicklung von Computeranwendungen verbracht und daher interessiert mich vieles, was damit im näheren und weiteren Zusammenhang steht.

Der Name Mailüfterl (auch nur in Österreich möglich) ist ein Wortspiel und bezieht sich auf Whirlwind, einen Rechner, der in der Zeit von 1945 bis 1951 am Massachusetts Institute of Technology (MIT) entwickelt wurde. Das „Mailüfterl“ ist jetzt m Technischen Museum Wien zu sehen.

Der Computerpionier Heinz Zemanek studierte nach der Matura im Juni 1937 Nachrichtentechnik an der Technischen Hochschule in Wien (heute Technische Universität Wien). Ab 1943 arbeitete er unter der Aufsicht von einem Professor der Universität Stuttgart, an seiner Diplomarbeit zum Thema „Über die Erzeugung von kurzen Impulsen aus einer Sinusschwingung“, im Dezember 1944 graduierte er zum Diplom-Ingenieur. Im Juni 1951 wurde er mit der Arbeit Zeitteilverfahren in der Telegraphie zum Dr. techn. promoviert. 1958 habilitierte er sich, von 1947 bis 1961 war er Hochschulassistent an der TU Wien.

Seine bekannteste Leistung ist der Bau des „Mailüfterls“. Heinz Zemanek übersiedelte 1961 mit seiner Mailüfterl-Gruppe von der Technischen Hochschule zur Firma IBM, die ihm das Wiener IBM-Labor einrichtete. In dieser Zeit war IBM weltweit und somit auch in Österreich marktbeherrschend. Big Blue wurde die IBM genannt. Für die 1401 habe ich damals meine ersten Programme entwickelt.  Programme entwickelt. Nach der Verlegung des Wiener IBM-Labors nach Böblingen stieg Zemanek 1976 zum „IBM Fellow“ auf, dem höchsten Rang, den ein Techniker beim damaligen Computer-Weltmarktführer erreichen kann. Diese Position hielt er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1985.

Im Bereich der Programmiersprachen war Zemanek für die formale Definition der Programmiersprache PL/I der Firma IBM mitverantwortlich, geschrieben in der sogenannten Vienna Definition Language (VDL). In PL/I habe ich selbst noch Programme geschrieben – nachdem ich mich von COBOL getrennt hatte.

Ab Oktober 1964 war Zemanek außerordentlicher Professor an der Technischen Hochschule Wien, ab September 1984 ordentlicher Universitätsprofessor. Nach seiner Emeritierung im Jahr 1985 war er bis zum Wintersemester 2006 als Vortragender am Institut für Computertechnik der Technischen Universität Wien tätig und hielt jedes Jahr im Wintersemester Vorlesungen (Abstrakte Computer-Architektur, Menschliche Aspekte des Computers, Geschichte der Informatik und Geographische Geschichte des Computers).

Er erhielt viele Preise, er war auch langjähriges Mitglied der International Federation for Information Processing (IFIP) und von 1971 bis 1974 deren Präsident. Vielleicht kennen ihn andere aus der Österreichischen Pfadfinderbewegung.

Ich glaube, dass wir auf unseren Landsmann sehr stolz sein können!

Mailüfterl

„Meine EU“, 25 Jahre Österreich in der EU

Mir persönlich war es schon lange ein Herzensanliegen gewesen, dass Österreich der EU beitreten sollte, hatte ich doch an einer „europäischen Institution“ (in Frankreich) studiert, hatte ich sogar in den späten 50er Jahren meine Dissertation über die Vorteile geschrieben, die Österreich aus einem EU (damals EG) Beitritt erwachsen würden. Lange hatte ich warten müssen. Für einen Job, den ich anfangs bei der Behörde in Brüssel angestrebt hatte, wurde ich als Bürgerin einen Nicht-Mitgliedslandes abgelehnt. Um einen Job in einem verstaatlichten Betrieb in Österreich zu bekommen, hätte ich sogar den „Thesen“ in meiner Dissertation abschwören (und ein Parteibuch erwerben) müssen. Ich habe beides nicht getan, den Job nicht bekommen, allerdings auch aus anderen – persönlichen -Gründen (familienfreundlich wäre der nämlich nicht gewesen).

Vor 25 Jahren, 1995, ist Österreich (zusammen mit Finnland und Schweden) der EU beigetreten. Es war damals noch eine kleinere Gemeinschaft – die große politisch motivierte Beitrittswelle ist erst nach der Wende 1989 erfolgt. Und wesentliche „Vertiefungen“ sind auch erst später eingetreten: damals vor 25 Jahren gab es noch z.B. keinen EURO. Auch der Vertrag von Lissabon (moderne Institutionen und effizientere Arbeitsverfahren) ist erst später in Kraft getreten.

Vor dieser Abstimmung zum Beitritt war damals der gesamte „Familien-Clan“ zusammengekommen, um die Taufe eins neuen Mitgliedes der Familie zu feiern. Selbstverständlich war das Gespräch dabei auch von diesem Thema beherrscht. Zu meiner großen Überraschung meinten alle, und damals waren Schwarze, Rote und Grüne versammelt, dass sie für den Beitritt stimmen würden. Ich konnte also gar nicht wahlwerben, denn die Anwesenden waren alle „dafür“.

Wir alle, jeder einzelne von uns hat von der Mitgliedschaft der EU profitiert: durch den freien Personenverkehr, den freien Warenverkehr, den freien Dienstleistungsverkehr, den freien Kapitalverkehr.

Österreich ist zwar Nettozahler, aber Österreich profitiert als Volkswirtschaft enorm von der EU. So haben sich seit 1995 die Exporte auf 87 Mrd. EUR fast verdreifacht. Das durchschnittliche Wirtschaftswachstum wuchs um 0,9 Prozent des BIP. Die Gewinnquote der heimischen Unternehmen stieg von 26 auf 35 Prozent. Es wurde errechnet, dass dank der EU-Mitgliedschaft jährlich 17.000 Arbeitsplätze entstanden sind.

Aber denken wir auch an vieles andere, das unser Leben erleichtert: z.B. die Reisefreiheit, die wir nicht missen wollen, aber auch die Abschaffung von Roaming Gebühren,  das Erasmus-Projekt, das so vielen Jugendlichen die Möglichkeit gegeben hat, an verschiedenen Institutionen in Europa zu lernen und zu studieren. Aber auch die Förderung nachhaltiger Energieprojekte hat viel zum Schutz unserer Umwelt beigetragen.

Über die sogenannten Sanktionen haben mich damals mächtig gegiftet. Vierzehn Regierungen hatten 2000 beschlossen, die bilateralen Beziehungen zur österreichischen Bundesregierung auf Regierungs- und diplomatischer Ebene auf das notwendigste Mindestmaß zu reduzieren. Außer dieser ausdrücklich auf die Reduzierung der Kontakte mit der ÖVP-FPÖ-Regierung und ihre Vertreter beschränkten Maßnahmen gab es keinerlei Vorgehen gegen Österreich. Ausgelöst wurden diese Maßnahmen durch Befürchtungen, dass fremdenfeindliche und rassistische Aussagen führender FPÖ-Funktionäre auf die Regierungspolitik abfärben könnten. Wolfgang Schüssel und Benita Ferrero-Waldner haben heldenhaft für die Aufhebung dieser Sanktionen gekämpft. Nach Etablierung eines Weisenrates unter Martti Ahtisaari und dessen Bericht wurden sie im September 2000 beendet.

Ich will die Stimmen nicht verschweigen, die über die „Regulierungswut“ der EU motzen, manches stimmt, aber vieles ist dann bei näherer Betrachtung doch rechtsinnvoll. Einen wesentlichen Punkt sollten wir nicht übersehen, die Union hat dafür gesorgt, dass in Europa Frieden herrscht, jetzt wird nicht mehr am Schlachtfeld gekämpft, sondern am Verhandlungstisch gestritten, und das halte ich einen gewaltigen Fortschritt für uns alle, die wir da leben.

Natürlich bin ich traurig, dass ein so wichtiges Mitglied der EU, nämlich Großbritannien, entschieden hat, die EU zu verlassen.  Das wird nicht nur wirtschaftliche Konsequenzen sowohl für das Land selbst, sondern auch für uns alle, die wir in der EU bleiben, haben. Für wesentlich halte ich die sicherheitspolitischen Konsequenzen. Die EU hat keine wirklich schlagkräftige Marine und es darf auch nicht vergessen werden, dass Großbritannien eine Atommacht ist (bleibt nur mehr Frankreich mit atomarer Rüstung in der EU). Aber andererseits: die ewigen „Extrawürschte“, die sich Großbritannien bei jeder Änderung herausschlagen wollte und letztlich herausgeschlagen hat, waren der Entwicklung der EU auch nicht gerade förderlich.

Ich gehöre zu jener Gruppe von EU-Bürgern, die sich eine Vertiefung vor einer Erweiterung wünschen, wobei ich die politischen Erfordernisse, die bei manchen Kandidaten herrschen, durchaus berücksichtigt sehen möchte. Ich wünsche mir eine Änderung der Strukturen: wir haben zu viele Kommissare, die ein „Amt“ benötigen. Es herrscht in vielen Fällen noch ein Einstimmigkeitsprinzip, das für wenige Mitglieder durchaus sinnvoll war, aber bei jetzt 27 einfach zu leicht zu Blockierungen führen kann. Ich wünsche mir, dass jene, die schneller zusammenwachsen wollen, die Möglichkeit haben und andere, die „selbständiger“ bleiben möchten, davon ausgeschlossen bleiben können.  Ich wünsche mir eine zufriedenstellende Lösung der Zusammenarbeit mit der Türkei (ohne deren Beitritt) und letztendlich ein selbstbewussteres Auftreten Europas auf der Weltbühne (das seinem wirtschaftlichen Status entspricht).

Ich wünsche der Union viel Glück bei de r Verwirklichung der Klimaziele, die sie sich gesteckt hat.

Und ich gratuliere Österreich, dass es vor 25 Jahren beigetreten ist und seine Stimme in der EU doch Gewicht hat.

 

 

„Meine EU“, 25 Jahre Österreich in der EU

Der Erzbischof gegen den Papst: Ökologismus

Der Erzbischof von Krakau, Marek Jędraszewski – ein Nachfolger von Karol Józef Wojtyła, dem späteren Papst in dieser Funktion – zieht gegen den Ökologismus zu Felde.

Der Begriff Ökologismus bezeichnet als Fremdzuweisung im politischen Meinungskampf eine Ideologie oder Verhaltensweisen von Individuen, sie unterstellt, Belange der Umwelt sowie einer politischen Ökologie würden über andere wichtige menschliche Belange gestellt. Als ökologistisch werden auch Verhaltensweisen bezeichnet, bei denen der Wille „etwas zu tun“ im Vordergrund steht – und nicht der Nutzen im Sinne der Ökologie. Während der Umweltnutzen oft nur angenommen wird, oder andere Verhaltensweisen kompensieren soll, überwiegt der Wunsch nach einem „guten Gefühl“ und der moralischen Überlegenheit.

Damit stellt sich der Erzbischof aber gegen seinen Papst Franziskus, dessen Öko-Enzyklika  „laudato si“ vom 18. Juni 2015 meint,  dass die Welt vor grundlegenden Zukunftsfragen steht, die keinen Aufschub mehr dulden und die gemeinsames internationales solidarisches Handeln erfordern, denn mit den herrschenden Maximen eines rein technologischen Fortschrittsglaubens, gepaart mit einem rein auf Gewinn ausgelegten Wirtschaftssystem und Moralvorstellungen, wonach sich jeder selbst der Nächste ist, fährt die Menschheit die Welt und sich selbst an die Wand.

Der polnische Erzbischof hinwieder meint, dass Ökologismus ein sehr gefährliches Phänomen wäre, das der Bibel entgegensteht und eine Rückkehr zu den Lehren von Friedrich Engels – dem Marxismus – wäre. In einem Interview erwähnte er „den Teenager und die Umweltaktivistin“ Gerta Thunberg, die, so meint er, zu einem Orakel für alle politischen und gesellschaftlichen Kräfte geworden wäre, die mit allen christlichen Traditionen brechen würden.

Andererseits hat Papst Franziskus vor ca. einem Monat geäußert, eine „Sünde wider die Ökologie“ in die Lehre aufzunehmen. Der Heilige Vater dankte Greta Thunberg bei einer Generalaudienz für ihr Engagement zur Verteidigung der Umwelt und ermutigte sie, weiterzumachen. Anlässlich der weltweiten Streiks für den Klimaschutz unter dem Motto „Fridays for Future“ hatte Mitte März 2019 der Kurienbischof Marcelo Sanchez Sorondo die Einschätzung geäußert, der Papst stehe hinter den weltweiten Klima-Protesten von Schülern.

Aber für den Erzbischof von Krakau ist Ökologismus nicht das einzige Problem: Plötzlich wird alles in Frage gestellt, unsere gesamte Kultur wird in Frage gestellt. Die Weltordnung wird umgedreht, sogar die Existenz, des Schöpfers wird angezweifelt.  Die Rolle und die Würde jedes einzelnen Menschen wir in Frage gestellt. Das stellt eine Rückkehr zum Marxismus von Friedrich Engels dar, der behauptet, dass Ehe eine Form der Unterdrückung wäre, und dass jeder im Namen der Gleichberechtigung mit der gesamten christlichen Tradition brechen müsste. Er bezeichnet auch Multikulturalismus als Übel, eine systematisch programmierte und finanzierte Abkehr vom traditionellen Nationalstaat um eine Rassenmischung herbeizuführen, die schon großes Unglück in westlichen Staaten hervorgerufen hat. (Ähnliches kann unsereins ja von Viktor Orban zuweilen hören). Der Erzbischof warnt besonders davor, dass der Multikulturalismus die Menschen dazu bringt, „die Werte der Nation“ zurückzuweisen.

Jędraszewski äußert sich auch gegen die „LGBT Ideologie“ (Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender, also Lesbisch, Schwul, Bisexuell und Transgender), die er die „Regenbogen-Plage“ nennt, die Polen in der gleichen Form wie der Nationalsozialismus oder der Bolschewismus bedrohen.

Es scheint, als ob Fragen der Ökologie auch in der Katholischen Kirche kontrovers behandelt werden.

Der Erzbischof gegen den Papst: Ökologismus

Bin ich halt eine Umweltsau – na und?

Es scheint doch viele Menschen aufzuregen: Greta Thunberg hat gesagt: „Warum reden uns die Großeltern eigentlich immer noch jedes Jahr rein? Die sind doch eh bald nicht mehr dabei.“

Ein Standpunkt den wahrscheinlich viele Junge teilen, wenn sie ihn auch nicht notwendigerweise äußern. Greta hat das Asperger-Syndrom. Darüber lese ich, dass bei Menschen mit diesem Syndrom „das Kontakt- und Kommunikationsverhalten dadurch merkwürdig und ungeschickt erscheinen kann“. Und wir sollten alle nicht vergessen, das Mädchen ist 16 Jahre alt. Bei weniger in der Öffentlichkeit stehenden Kindern, würden wir das als pubertäre Äußerung abtun. Und sie hat es geschafft, dass wir ihr zuhören.

Ich selbst bin Großmutter und Urgroßmutter, also die betroffene Generation und ich weiß, dass ich „eh bald nicht mehr dabei sein werde“. Dieser Teil der Äußerung von Greta ist ja diesbezüglich inhaltlich richtig.  Allerdings finde ich durchaus, dass wir „dreinreden“ müssen, denn wenn wir etwas haben, dann ist es Erfahrung. Und die ist bei neuen Entwicklungen unerlässlich. Allerdings habe ich selbst an meinen Kindern und Kindeskindern erlebt, dass man Erfahrung nur in sehr beschränktem Umfang weitergeben kann.

Ich habe es mehrfach erlebt: viele Neuerungen werden nur mit ihren Vorteilen, selten aber mit ihren möglicherweise in der Zukunft liegenden Nachteilen wahrgenommen (und „verkauft“). In meiner Jugend waren wir von der Atomkraft schwer beeindruckt, selbstverständlich lehnten wir Atombomben ab, wie überhaupt Waffen, Krieg etc. Die zivile Nutzung? Da lagen doch die Vorteile auf der Hand. Wir, mein Mann und ich, wir haben für den Betrieb von Zwentendorf gestimmt, obwohl uns unsere Kinder damals sehr deutlich gemacht hatten, dass sie dagegen wären, und wir „ihre Zukunft“ nicht berücksichtigen würden. Unsere Argumentation: da steht ein sehr teures, fertiges Ding und nun soll es nicht genutzt werden?  „Sauberen“ Strom würde doch gebraucht, und man kann auch nicht jeden Fluss stauen. Dann aber kam Tschernobyl … Und wir sind mit der Tatsache vertraut geworden, dass im Grunde noch immer keine Lösung für die Endlagerung gefunden worden ist.

Ich bin in einer Zeit aufgewachsen, als noch alles repariert und möglichst wiederverwendet wurde. Als Kind bekam ich Kleider, die eine Schneiderin aus ziemlich kaputten Kleidern meiner Eltern zusammenstoppelte, Mäntel wurden „gewendet“, weil sie schäbig erschienen aber noch tragbar waren. Selbstverständlich wurden Schuhe „gedoppelt“ bzw. deren Absätze gerichtet. Und an den Spitzen und an den Absätzen wurden „Eiserln“ angebracht, um das Abnutzen des Leders hintanzuhalten.

Viele Maschinen hatten wir nicht im Haushalt, aber Fahrräder wurden selbstverständlich repariert, auch bei den „frühen“ Autos wurden bei leichten Blechschäden „ausgeklopft“, und nicht wie jetzt ganze Teile ausgetauscht. Möbel wurden „fürs ganze Leben“ gekauft und man hatte gehofft, dass sie die nächste Generation weiterverwenden würde. Alles musste „solide“ sein.

Natürlich haben wir die Vorteile der „Nylon“-Produkte begrüßt, vor allem der Strümpfe, sie waren schön, sie waren viel billiger als Seidenstrümpfe, dennoch haben wir sie repassieren (also reparieren) lassen, bis sie nicht mehr verwendbar waren, und ich habe immer Strümpfe – die schon sehr unansehnlich waren, unter Hosen getragen. Dass sie Probleme bei der Verrottung machen, wussten wir damals nicht. Ebenso haben wir Nylon-, Perlonhemden und -blusen freudig begrüßt. Kein Bügeln! Bei uns allerdings war die Freude nur kurzfristig, weil sich die Nachteile sehr bald herausgestellt haben, ihre Trageeigenschaften waren nicht gut, man schwitzte leicht in diesen Kleidern, also tauschten wir sie wieder gegen Baumwolle aus. Aber es war nicht „Unverrottbarkeit“, die dazu führte, denn darüber wussten wir nichts.

Wir sind auch von Plastikhandtaschen z.B. bald zu Ledertaschen zurückgekehrt, allerdings werden diese uns jetzt auch madig gemacht, da sie ja von den Tieren stammen, die die Umwelt angeblich so belasten.

Wir alle tragen keine Pelzmäntel mehr – auch diese wurden verunglimpft, und was ist die Alternative: Plastik – mit Daunen gefüttert. Leichter ,angenehmer zu tragen, aber ist das so viel besser?  Denn auch sie werden weggeworfen, während Pelzmäntel – früher zumindest – für’s ganze Leben – gekauft wurden.

Nylonsackerl waren wirklich praktisch, vor allem, weil man sie für allerhand andere Zwecke wiederverwenden konnten. Ich habe Laden voll, jetzt halt mit Papiersackerln, wir hoben halt auch Plastiksackerln auf, bis sie zerrissen waren, und für die Verpackung des Mülls zur Entsorgung waren sie allemal gut genug. Aber Plastikarbeitshandschuhe tragen wir noch immer, ist das denn nicht auch „pfui“?

Ich bin sehr spät „das erste Mal geflogen“, es war eine Dienstreise nach Genf, zu einer Konferenz. Ich möchte diesen Flug in meinem Leben nicht missen, ich bin auch auf Kreuzfahrtschiffen gefahren (nicht durch Venedig!), und die Kreuzfahrtschiffe waren früher eher klein. Aber damals lag die Vorstellung mit dem „ökologischen Fußabdruck“ noch in weiter Ferne. Ich gebe zu, froh darüber zu sein, dass ich Sehenswürdigkeiten vor Einsetzen des Massentourismus besichtigen konnte.

Vieles, das heute als verwerflich gilt, haben wir früher aus Unwissenheit getan, manches hätten wir vielleicht hinterfragen können, aber es war halt „selbstverständlich“.

So, und jetzt habe ich Ihnen gebeichtet, warum, ich eine Umweltsau sein könnte – oder doch nicht? Ich finde dieses Lied einfach unnötig und nicht wert, sich drüber aufzuregen. Auch ich habe als Jugendliche „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“ (und anderes, jetzt komplett politisch Unkorrektes gesungen) gesungen, und dabei sicher nicht an meine geliebte Großmama gedacht.

 

Bin ich halt eine Umweltsau – na und?

Zu NGOs

NGOs über großen Einfluss aus, besonders in Umweltfragen sind sie schon lange aktiv. Und die Flüchtlingsproblematik wäre ohne ihre Hilfe nicht lösbar. Dennoch meinen manche, dass ihr Einfluss zu groß ist.

Nun was sind die Fakten?

Für manche sind es die christlichen Kirchen, die manche der Aktivitäten ausgeübt haben, die derzeit von NGOs wahrgenommen werden die ersten NGOs. Später waren es die im 6. Jahrhundert entstehenden religiösen Orden und dann die religiösen und säkularen Orden, die diese Aufgaben ausgeführt haben. Als Vorläufer der heutigen Nichtregierungsorganisationen im humanitären Bereich wird die Antisklaverei-Bewegung der Quäker im 17. Jahrhundert angesehen. Im 19. Jahrhundert vermehrte sich die Zahl der Nichtregierungsorganisationen rasch, wobei neben die zunächst humanitär ausgerichteten Organisationen auch solche mit politischen, wirtschaftlichen, gewerkschaftlichen aber auch wissenschaftlichen Zielen traten. Internationale Organisationen wie World Evangelical Alliance (1846), Alliance Israélite Universelle (1860), Komitee vom Roten Kreuz (1863), Die Erste Internationale (1864), International Law Association (1873) und International Association of Geodesy entstanden.

Nach dem Ersten Weltkrieg entstanden wichtige internationale Nichtregierungsorganisationen wie die Internationale Handelskammer und der Internationale Gewerkschaftsbund (IFTU) auf dem wirtschaftlichen und sozialen Gebiet. Durch das Flüchtlingselend und die Migrationsprobleme entstanden zahlreiche Nichtregierungsorganisationen, die unter Führung des Roten Kreuzes zur Berufung eines Hohen Kommissars für Flüchtlinge beim Völkerbund beitrugen. In der Praxis des Völkerbundes entwickelte sich eine rege Zusammenarbeit gerade mit internationalen Nichtregierungsorganisationen, die Rederechte erhielten, Beratungsvorschläge einbringen konnten und in Ausschüssen tätig wurden.

Seit den 1990er Jahren wurde aufgrund von steigenden Anforderungen an die Kompetenz und Spezialisierung der Mitarbeiter das Ehrenamt zu Gunsten von hauptamtlichen (professionellen) Mitarbeitern im Kerngeschäft zurückgedrängt. Es entstand eine Konkurrenz um Spenden- und Projektgelder. Aufgrund der Globalisierung entstanden viele neue NGOs, da viele der auftretenden heutigen Probleme nicht an den Grenzen der Nationalstaaten Halt machen, dazu gehören zweifelsohne die Umwelt- und Klimabedrohungen, weltweiter Migrationsströme u. ä. Die weltweite Vernetzung – nicht zuletzt durch das Internet – betrifft nun auch Bereiche Politik, Recht und Gesellschaft.

Daneben fand ein Prozess der „Entstaatlichung“ statt, indem im Inneren staatliche Aufgaben an Private und im Äußeren an nichtstaatliche überstaatliche Institutionen mit Hoheitsgewalt übertragen wurden. So entstanden selbsternannte Anwälte des öffentlichen Interesses wie Greenpeace oder Amnesty International.

Nichtstaatliche Organisationen werden nur dann von internationalen Institutionen – wie der UNO, der UNESCO, dem Europarat oder der EU-Kommission – als solche anerkannt werden, wenn sie:

  • von einer Bürgerschaft mit gleichen Interessen gegründet wurden, die sich für gemeinsam anerkannte Ziele zusammengeschlossen haben und damit den assoziierten kompetenten Bürger repräsentieren,
  • demokratisch strukturiert sind und folglich ihre Vorstände wählen und
  • bei aller für die Erreichung der Vereinsziele erforderlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nicht gewinnorientiert arbeiten.

Größere Nichtregierungsorganisationen weisen mitunter Jahresbudgets von mehr als einer Milliarde Euro auf. Einnahmequellen sind neben den Mitgliedsbeiträgen vor allem Spenden, Erlöse aus dem Verkauf von Waren sowie Einnahmen aus Aufträgen von privaten oder öffentlichen Stellen, etwa Honorare für soziale Dienste oder Flüchtlingsbetreuung. Daneben hängen auch viele Nichtregierungsorganisationen in erheblichem Maße von staatlichen Mitteln ab.

Die Abhängigkeit von Spenden und staatlichen Mitteln kann im Widerspruch zur Glaubwürdigkeit von Nichtregierungsorganisationen stehen. Nichtregierungsorganisation sind nicht gewählt, können aber, ähnlich politischen Parteien, mitunter in die politische Debatte und in die Meinungsbildung der Bevölkerung eingreifen.

Eingewendet gegen NGOs wird:

  • Nichtregierungsorganisation sind nicht gewählt,
  • Sie sind auch intern nicht immer demokratisch strukturiert.
  • Sorgen und Ängste der Menschen würden, als „moralischen Empörung“ von Medienspezialisten der NGOs benutzt
  • Im Gegensatz zu Lobbyisten, die wirtschaftliche Interessen verfolgen, treten solche, die ökologische und soziale Interessen verfolgen, als Nichtregierungsorganisationen auf und werden als solche in der Öffentlichkeit wahrgenommen.
  • Bestimmte Nichtregierungsorganisationen versuchen die Freiheit der Wissenschaft zu beschränken und sie ihren moralischen Vorstellungen entsprechend zu formen. Mitteln des shaming and blaming werden eingesetzt.
  • Erhebliche Vorwürfe werden gegen manche NGOs bei der Flüchtlingsrettung im Mittelmeer erhoben.

Andererseits haben gerade NGOs auch den Friedensnobelpreis erhalten: besonders verschiedene Organisationen in Verbindung mit dem Roten Kreuz.

Manche, meist autoritäre Regierungen werfen NGOs politische Intervention vor: z.B. Die russische Regierung warf dem Ausland mehrfach vor, etwa die Aufstände in der Ukraine (Orange Revolution) und Georgien (Rosenrevolution) unterstützt zu haben und hat mit dieser Begründung ab Jahre 2005 selbst strenge Gesetze für Nichtregierungsorganisationen in Russland erlassen.

Bei großen Hilfseinsätzen kann es zuweilen zu unkoordiniertem Nebeneinander und geringer Effizienz der Hilfe kommen. Von manchen wird davon ausgegangen, dass sich die Menschenschmuggler bei ihrem Geschäft auf die steigende Anzahl von Nichtregierungsorganisationen z.B. vor der libyschen Küste verlassen würden. Es wird auch vorgeworfen, dass sich durch private Helfer nach Europa ein der Pull-Faktor entwickelt, der Anreize zur Migration schafft oder vergrößert.

NGOs lassen sich aus unserer heutigen Gesellschaft nicht wegdenken, viel Gutes würde ohne ihre Hilfe nicht geschehen, selbst wenn sie manchen Menschen zu mächtig erscheinen.

 

Zu NGOs

Wie eine Terror Organisation in einem gescheiterten Staat wütet:

Der Anschlag in Mogadischu, die Lage in Somalia und die al-Schabaab

Heute bin ich traurig bis empört. Der Angriff auf orthodoxe Juden beim Chanukka-Fest in New York, die russischen Angriffe au Idlib, gefordert von Assad, der gegen sein eigenes Volk kämpft, das Eingreifen der Türkei in Libyen, die hungernden und frierendem Menschen und verlassenen Kindern in Flüchtlingslagern in Griechenland aber auch in Bosnien …  Und:

Der Anschlag in Mogadischu

Die Zahl der Toten in Mogadishu ist noch nicht endgültig bekannt. Nach dem schweren Autobombenanschlag in der somalischen Hauptstadt Mogadischu ist die Zahl der Toten auf derzeit mindestens 79 gestiegen, teilte die Polizei mit. Insgesamt soll es rund 100 Verletzte geben. Ein mutmaßlicher Selbstmordattentäter hatte seinen mit Sprengstoff beladenen Lastwagen in einem belebten Viertel der Stadt explodieren lassen. Durch die schwere Explosion am frühen Morgen wurden auch zwei Minibusse mit Schulkindern an Bord schwer beschädigt.

Wer für den Anschlag verantwortlich ist, ist noch nicht klar. Die radikalislamische Al-Shabaab-Miliz hat wiederholt Sprengstoffanschläge verübt. Die sunnitischen Fundamentalisten beherrschen große Gebiete im Süden und Zentrum Somalias und verüben immer wieder Anschläge. Sie bekämpfen die von den Vereinten Nationen unterstützte Regierung Somalias und wollen in dem ostafrikanischen Land ein islamistisches Regime errichten. Die mit der Extremistenorganisation al-Qaida verbündete al-Shabaab hat nicht nur in Somalia, sondern auch in Kenia und Uganda mehrfach Attentate verübt.

Somalia entstand aus dem Zusammenschluss der Kolonialgebiete Britisch- und Italienisch-Somaliland, die 1960 gemeinsam unabhängig wurden. Nach dem Sturz der autoritären Regierung unter Siad Barre 1991 existierte aufgrund des noch andauernden Bürgerkrieges mehr als 20 Jahre lang keine funktionierende Zentralregierung mehr. Die ab dem Jahr 2000 unter dem Schutz der internationalen Staatengemeinschaft gebildeten Übergangsregierungen blieben weitgehend erfolglos; sie vermochten zeitweise kaum die Hauptstadt unter ihrer Kontrolle zu halten. Weite Teile des Landes fielen in die Hände lokaler Clans, Warlords, radikal-islamistischer Gruppen oder Piraten.

Auf dem Staatsgebiet haben sich verschiedene De-facto-Regimes gebildet. Von diesen strebt jedoch nur Somaliland im Nordwesten seit 1991 nach internationaler Anerkennung als eigenständige Nation. Die übrigen, darunter Puntland, Galmudug und Azania, beanspruchten zwar Autonomie als selbstverwaltete Teilstaaten, haben die Idee des gemeinsamen somalischen Staates aber nicht aufgegeben. Mit Inkrafttreten der neuen Verfassung am 1. August 2012 sind diese autonomen Teilstaaten nun Mitglieder der neuen Bundesrepublik Somalia. Erfolge gegen die radikal-islamistischen Milizen im Jahr 2012 ermöglichten es, im August 2012 erstmals auch wieder eine gemeinsame somalische Regierung zu wählen und mit der Reorganisation staatlicher Strukturen zu beauftragen, die zunehmend von anderen Staaten und internationalen Organisationen als Vertretung Somalias anerkannt wird. Von großer Bedeutung für Gesellschaft und Politik Somalias ist das Clansystem der Somali, das wahrscheinlich von der Stammesgesellschaft der Araber beeinflusst wurde. Jeder Somali gehört über seine väterliche Abstammungslinie einem Stamm oder Clan an. Dieses System verschafft dem einzelnen Somali traditionell Schutz für Leben und Eigentum, führt jedoch auch zu Blutfehden, die sich nicht nur auf einzelne Verbrechen beziehen, sondern auch Auseinandersetzungen um Wasser- und Weiderechte und um die politische Macht umfassen. Auf dem Korruptionswahrnehmungsindex 2016 von Transparency International liegt Somalia auf dem letzten Platz; gemäß Mo Ibrahim Foundation ist es das am schlechtesten regierte Land Afrikas.

Schätzungsweise nur 13 % der Jungen und 7 % der Mädchen besuchen eine Schule. Unterricht findet heute in Abwesenheit eines offiziellen Bildungssystems hauptsächlich in Koranschulen und privaten Einrichtungen statt. Im faktisch autonomen Somaliland wurde das Bildungswesen seit der Unabhängigkeitserklärung ausgebaut. Mangelernährung und Infektionskrankheiten sind verbreitet. 70 % der Bevölkerung haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und medizinischer Versorgung. Die Kinderzahl pro Frau liegt bei durchschnittlich 6,1. Die Müttersterblichkeit liegt bei 12 von 1000 Geburten. Die Kindersterblichkeit ist hoch.

Somalia ist eines der Länder mit der weltweit größten Bevölkerung an Flüchtlingen und intern Vertriebenen. 2016 gibt es ungefähr 977.000 somalische Flüchtlinge, die sich bei der UNHCR registriert haben. Trotz allem ist Somalia aber auch ein Land, das selbst Flüchtlinge aufnimmt: viele Äthiopier, die vor Dürre und Verfolgung flohen, und viele Flüchtlinge aus Jemen. Häufig zeigt sich, dass diese in Somalia unerwünscht sind.

Somalia wird oft als „gescheiterter Staat“ bezeichnet. Die Sicherheitslage in Somalia ist aufgrund des anhaltenden Bürgerkrieges und der Piratenüberfälle vor der Küste schlecht.

Die Harakat al-Shabaab al-Mujahideen (Bewegung der Mudschahedin-Jugend‘) – kurz al-Shabaab (‚die Jugend‘) ist eine militante islamistische Bewegung in Somalia. Sie ging aus dem radikalen und militanten Flügel der Union islamischer Gerichte hervor, die Ende 2006 entmachtet wurde. Sie kämpfte im somalischen Bürgerkrieg gegen die bis Anfang 2009 im Land stationierten äthiopischen Truppen und bekämpfte die Übergangsregierung Somalias sowie seit deren Auflösung im August 2012 den somalischen Staat. Al-Shabaab kontrolliert Teile Südsomalias und setzt dort die Scharia in strenger Form durch. Die Gruppierung ist wahhabitisch beeinflusst. Ihr Ziel ist die Errichtung eines islamischen Staates am Horn von Afrika und die Beteiligung an einem weltweiten Dschihad. Seit spätestens 2009 bemühte sich al-Shabaab um die Aufnahme in das Netzwerk von al-Qaida, was Osama bin Laden bis zu dessen Tod wegen al-Schabaab Inkaufnahme der Tötung von Muslimen verweigerte. Im Februar 2012 schwor Al-Shabaab Aiman az-Zawahiri, dem neuen Anführer von al-Qaida, die Gefolgschaft und gilt seitdem als regionaler al-Qaida-Ableger. Die zur al-Qaida in Konkurrenz stehende Organisation Islamischer Staat bemüht sich in groß angelegten Social-Media-Kampagnen somalische Dschihadisten dazu zu bewegen, ihre Allianz von der al-Qaida zum IS zu wechseln, jedoch bis dato ohne Erfolg.

Ein Leben unter diesen Umständen scheint für uns unvorstellbar – wundern wir uns nicht übe Flüchtlinge, die von dort kommen!

Wie eine Terror Organisation in einem gescheiterten Staat wütet:

„Kripperl-Schauen“ mit Enkelin und Urenkelin

Es ist zwar kalt, aber die Sonne scheint – und um 10:30 war die Stadt auch noch fast leer. Denn – wenn ich jenen Spaziergang nachvollziehen will, den mein Mann am liebsten gemacht hat, nämlich Kärntner Straße, Graben, Kohlmarkt Augustinerstraße, kann ich das fast nicht mehr tun – ich wurde mehrmals ordentlich gerempelt, man schaut – bestenfalls auf das Handy (Stadtplan?, Neueste Nachrichten?), man photographiert – rückwärtsgehend ohne zu schauen .. Lustig ist das nicht mehr!

Aber heute früh war das noch anders, ich war mit meiner Enkeltochter und deren Tochter – meine Urenkelin – verabredet, wir wollten einen Alt-Wiener Brauch fortsetzen, nämlich „Kripperl -Schauen“. Wir waren in der Minoritenkirche verabredet, besser gesagt unter den Arkaden dieser Kirche „Maria Schnee“. Denn dort gibt es die „belebteste“ Krippe; dort sind nicht nur Josef, Maria und das Jesuskind, der Engel und die vielen Hirten mit deren Schafen vertreten, sondern auch alle möglichen Handwerker (die sich bewegen), Marktstände mit Fischen, die gerade im fließendem Wasser gefangen worden sind, Obst und Gemüse. Auch die Herberge ist zu sehen, in die die Heilige Familie nicht eingelassen worden war. Ich bin wirklich fasziniert von dieser Darstellung und für kleine Kinder einfach abwechslungsreich.  Irgendwann waren die Erklärungen auch für meine kleine Urenkelin zu viel, sie betrachtete noch das aus Mosaiksteinen nachgebildete „Abendmahl“, wäre gerne auf die Kanzel geklettert – aber dann ließ das Interesse schon schlagartig nach.

Also – auf zur nächsten Krippe: jene in der Michaelerkirche. Diese unterscheidet sich grundlegend von er ersteren. Hier sind die Figuren fast mannsgroß , es gibt nicht viel Beiwerk, als jenes, das in der Bibel genannt wird; also das Jesuskind, seine Mutter, Josef, beide mit Heiligenschein, außerbiblisch: Ochs und Esel, ein paar staunende Hirten und der Engel, der “fürchtet Euch nicht“ verkündet. Wie kommen eigentlich Ochs und Esel dazu, so prominent in allen Krippen (Futterkrippen!) aufzuscheinen: damit wird der Prophet Jesaja zitiert: „Der Ochse kennt seinen Besitzer und der Esel die Krippe seines Herrn; Israel aber hat keine Erkenntnis, mein Volk hat keine Einsicht“. Die Krippe verbindet die Geburtsgeschichte des Evangelisten Lukas und das Prophetenwort. Da Jesaja als der Prophet gilt, der auf Jesus Christus den Messias vorausdeutet, bezieht sich seine Allegorie auch auf die Menschen, die Jesus begegnen. Die Tiere stehen an der Krippe für die Völker, die den Messias erkennen. Ochs und Esel sind die verlässlichen Haustiere, die intuitiv wissen, wo ihr Herr ist. Israel scheint Jesaja zufolge dieses natürliche Wissen verloren zu haben, obwohl es sogar von Gott wie sein eigenes Kind großgezogen worden sei. Ein weiteres Prophetenwort, Habakuk, bezieht sich ebenfalls auf das intuitive Wissen der Tiere: „Inmitten zweier Tiere (Lebewesen) wirst du ihn erkennen.“ Die wenig bekannte Prophezeiung ist nicht in der hebräischen Bibel, sondern nur in der Septuaginta und ihren Übersetzungen überliefert. Origenes (185–254) legt das folgendermaßen aus: „Die Hirten fanden Jesus in der Krippe liegen. So hatte bereits der Prophet geweissagt: Der Ochse kennt seinen Besitzer und der Esel die Krippe seines Herrn.“ Daraus wird eine allegorische Deutung abgeleitet, die spätere Interpreten übernahmen: „Der Ochse ist ein reines Tier, der Esel dagegen ein unreines; der Ochs versinnbildet das Volk der Juden, der Esel das Volk der Heiden. Nicht das Volk Israel erkennt seinen Herrn, sondern das unreine Tier, nämlich die Heiden.“ Ochs und Esel beschützen also heute noch zu Recht das Jesuskind in der Krippe und müssten wegen ihrer Klugheit sogar ein wenig mehr in den Vordergrund gerückt werden.

Der Urenkelin hat diese Krippe jedenfalls besser gefallen, als die in der Minoritenkirche. Vielleicht waren es auch die vielen Christbäume rundherum, die den Ausschlag gegeben haben.

Nun sollen noch rasch Schuhe für meine Urenkelin gekauft werden. Zuerst musste noch der „Neue Markt“ umgangen werden, ob der dort befindlichen riesigen Baustelle, und dann war das Kinderschuhgeschäft einfach voll, mit Familien mit Kindern. Die Verkäuferinnen entsprechend gestresst und wenig kooperativ – „Jetzt gibt es keine Schuhe ohne Futter“. Na dann, heute keine neuen Schuhe.

Aber noch war die Peterskirche nicht besichtigt. Der Weg dahin war mühsam, dicht gedrängt strebten meist Touristen durch die Stadt. Wir wichen in Nebengassen aus, aber selbst da sah man die Taferln der Schiffe, auf denen die Besucher gekommen waren. Und in die Peterskirche kamen wir fast nicht hinein und dann die große Enttäuschung – es gab nur eine kleine, nicht sehr ansehnliche Krippe – im Gegensatz zum vorigen Jahr, als bei jedem Seitenaltar eine Krippe (mit Kulissen etc.) aufgestellt gewesen war. Schade!

Aber jetzt meldeten sich Kälte, Hunger und Durst, durch die Seitengassen begaben mir uns „zum Aki“, also ins Sole in der Annagasse, wo schon meine Enkeltochter als kleines Mäderl hergekommen ist und jetzt wieder mit ihrer Tochter da ist. Es geht nichts über Familientraditionen.

 

 

„Kripperl-Schauen“ mit Enkelin und Urenkelin

Zum weihnachtlichen Lesen

Also, so ein Fenster- (Brücken-, Zwickel-)Tag hat es in sich. Ich habe vergessen, den Wecker einzustellen. Und habe daher lang und gut geschlafen, und weder gehört, dass man bei mir angeläutet hat, noch, dass ich angerufen wurde (Handy hängt am Ladegerät). Das beunruhigte nicht nur jene, die an der Tür läutete, bzw. die Nachbarin, die mich auf deren Begehr anrief. Und dann wurde noch mein Sohn mobilisiert.

Es dauerte noch eine Weile, bis ich die Unruhe, die ich damit verursacht hatte, dämpfen könnte – aber ich entschuldige mich bei allen, denen ich Sorgen gemacht habe. Alles wieder gut?

Ansonsten möchte ich über meine Lesegewohnheiten berichten (ja, ich lese oft lange, in der Nacht). Derzeit stehen historische Romane auf meiner Leseliste. Da ist einmal eine Medici-Trilogie (bisher habe ich nur das erste Buch gelesen, über die Anfänge der Medici in Florenz), dann musste ich unbedingt über jene Zeit lesen, die mich wirklich besonders interessiert, über die Anfänge unseres heutigen Europa, bedroht von dem Muslimen: im Osten durch ihr Anrennen an Konstantinopel und im Westen durch ihre Überwindung der Visigoten in Spanien und ihr Vordringen nach Aquitanien und in das sich eben konstituierende Frankenreich (damals unter Karl Martell), nicht dass Europa geeint den Muslimen widerstanden hat.   Und dann war da noch ein Buch über die Zeit von Oliver Cromwell und Karl I., Stuart. Auch eine Zeit der religiösen Unruhe und des immer wieder drohenden Bürgerkrieges. Derzeit ist es ein Buch über Francis Drake, das mich fasziniert.

Alle diese Bücher sind Romane, mit fiktiven Hauptpersonen, aber von guten, belesenen meist Historikern geschrieben, womit die Fakten und „echten“ Personen sehr wohl eine große Rolle spielen. Wir – besonders meine Generation – können schon dankbar sein, dass wir in einer Zeit leben durften und dürfen, die nicht von (Religions-)Kriegen geprägt war.

Man hat einander schon aus fast nichtigen Gründen ´über die Jahrhunderte die Schädel eingeschlagen. Und man lebte sicher nicht so bequem wie wir heute, schon allein das Reisen, und man ist immer gereist, war mühevoll, ob zu Fuß, zu Pferd oder ein einer Kutsche. Auf Straßen, die nach heutiger Definition kaum diesen Namen verdienen, beleuchtet nur von Kerzen und Fackeln. Immer wieder waren große Hungersnöte zu erwarten, besonders wenn unbekannte Schädlinge – oder die Feinde – die Ernte selbst zerstört hatten. Und es waren nicht nur die Feinde, die die Ernten zerstörten, es waren auch die eigenen Herrscher und Feldherren, die es dem Feind unmöglich machen sollen sich von dem Land zu ernähren. Man verschanzte sich in Burgen, und letztlich wurde man ausgehungert. Und Intrigen und Spione gab es allezeit. Immer schon sollten die Mächtigen beseitigt werden – andere kamen an die Macht und machten es dann auch nicht besser – ich denke da z.B. an Karl I. und Cromwell. Immer sollten jene, die „an etwas anderes glaubten“ ausgerottet werden, und meist war man selbst auch nicht viel besser – Kampf zwischen Muslimen und Christen oder Katholiken und Protestanten. Nie ist nach erfolgreichen Kämpfen der „ewige Friede“ oder ein Goldenes Zeitalter ausgebrochen.

Ich gebe zu, ich lese kaum noch „physische“ Bücher, obwohl ich sie gerne kaufe – ich liebe Buchhandlungen – ich bekomme sie auch geschenkt, in der Familie die Lieblingsbücher der anderen, aber die Mehrzahl lese ich „elektronisch“, weil es wirklich praktisch ist, das Gerät in die Tasche zu stecken, in der Straßenbahn zu lesen (wenn ich halt einen Sitzplatz habe, das ist heutzutage nicht mehr ganz so selbstverständlich wie früher. Wir sind früher dazu erzogen worden, aufzustehen, wenn ältere Leute kamen – das hat sich heute noch nicht bei allen schon immer hier gewesenen und zugewanderten herumgesprochen). Man kann ohne Licht lesen und schwer zu halten ist das Gerät auch nicht, wenn man im Bett liest – was ich wirklich gerne tue.

Und falls es sie Interessiert:

die Medici Serie hat Matteo Strukul, Jahrgang 1973, geschrieben.

Mac. P. Lorne hat das Buch „Der Herzog von Aquitanien verfasster wurde 1975 im damaligen Ostdeutschland geboren.

„Der Spion des Königs“ stammt von Magnus Forster, in der Nähe der deutsch-französischen Grenze aufgewachsen, hat lange Zeit in England gelebt. Dort studierte er auch Literaturwissenschaften. Arbeitete er zunächst mehrere Jahre als Journalist und Übersetzer, aber auch als Ghostwriter.

So und jetzt gehe ich spazieren, denn Beide, die mich heute besuchen wollten haben es auf morgen verschoben und ich muss mich bewegen, schon allein um die vielen Kekse und den Weihnachtsstollen „abzuarbeiten“.

Zum weihnachtlichen Lesen

Informationssplitter zu den USA, zur Türkei und dem Iran.

Wenn ich so die Zeitungen lese und Nachrichten höre und sehe, fällt mir so einiges auf:

Der amerikanische Wahlkampf

Wahlkampf ist in den Vereinigten Staaten. Auf Seiten der Demokraten ringen noch einige Kandidaten um dann letztlich gegen Trump in die Wahlschlacht zu ziehen. Einer aus dieser Gruppe ist Pete Buttigieg (für unsereinen schwer auszusprechen, dieser Name). Er ist 38 Jahre alt, seit 2012 ist er der 32. Bürgermeister seiner Heimatstadt South Bend (100 000 Einwohner) im Staat Indiana, im so genannten „Rust-Belt“. Abschluss in Harvard. Rhodes-Stipendium in Oxford. Drei Jahre bei McKinsey. Sechs Monate als Soldat in Afghanistan. Sieben Sprachen mächtig. Er ist der erste offen homosexuelle Kandidat der Demokraten in einem Präsidentschaftswahlkampf. Er ist Mitglied der Episkopal-Kirche.

Je nach Umfrage steht Buttigieg zwischen Platz drei und sechs, einzig Joe Biden und Bernie Sanders sind ernstzunehmende Rivalen.

Und nun hat Buttigieg eine Weihnachtsbotschaft geschrieben: „Jesus kam nicht in Reichtum, sondern in Armut in diese Welt, nicht als ein Bürger, sondern als ein Flüchtling“. Dazu ist zu bemerken, dass dieser Kandidat für einen Einwanderungsplan eintritt, der die Anzahl von Flüchtlingen, die in die USA aufgenommen werden sollen, erhöhen will.

Jetzt wird ihm vorgeworfen, dass die Familie von Jesus nicht arm war, und Jesus sehr wohl als Bürger auf die Welt gekommen ist. Dass er nachher sehr wohl zum Flüchtling in Ägypten geworden ist, spielt in dieser Argumentation halt keine Rolle.

Aber im Grunde ist das ohnedies für Europäer relativ unbedeutend, denn wie es scheint, wird Buttigieg nicht der Kandidat der Demokraten und Trump hat die besseren Chancen, neuerlich Präsident der USA zu werden, das damit weiterhin gespalten und hasserfüllt bleiben wird. Traurig!

Will Erdogan das Osmanische Reich wiedererrichten?

Erdogan hat Verbündete zu Gegnern gemacht. Da ist einmal die USA, mit diesem Land und vielen Europäern ist die Türkei im NATO-Bündnis zusammengeschlossen. Mit Russland paktiert er, um Einflussgebiete in Syrien zu erobern, halten und auszuweiten.  Und jetzt will er in den libyschen Bürgerkrieg eingreifen, womit er aber mit Russland in Konflikt gerät? Mir entferntem Beobachter erscheint es so, als ob Erdogan sich zwischen ein paar Sesseln setzen wollte.  Der türkische Präsidenten hat sich damit weitgehend isoliert. Mit Ägypten hat man sich überworfen, mit Israel auch, mit Griechenland und Zypern sowieso. Libyen ist der letzte Verbündete, der der Türkei bleibt, in dieser geostrategisch wichtigen Region. Es geht der Türkei unter Erdogan seit längerem darum, eine eigenständige Außenpolitik zu betreiben, Eigeninteressen zu verfolgen und eine Regionalmacht zu werden. Da hat man zum Beispiel in Ägypten auf Kräfte gesetzt, die den Muslimbrüdern nahestehen. Auch in Libyen geht es genau darum: einen natürlichen Verbündeten Ankaras zu stützen und dadurch den Einfluss der Türkei zu wahren oder auszubauen.

In Idlib, der letzten Rebellenhochburg im Nordwesten Syriens, sind türkische Militärposten in starke Bedrängnis geraten durch die Offensive Assad-treuer Kräfte. In Syrien hat Erdogan mit der Militäroperation im Oktober 2019 den eigenen Einfluss vergrößert. Dennoch scheint man nicht in der Lage zu sein, darüber zu wachen, dass die letzte Rebellenhochburg Idlib unter die Kontrolle des Regimes gerät.

Ob nun Ankara in Libyen erfolgreich sein wird? Viele unterschiedliche Länder und Mächte sind in diesem Libyen Konflikt bereits involviert. General Haftar (der durch Erdogan jetzt bekämpft werden soll) wird nicht nur von Russland unterstützt, sondern auch von den Golfstaaten, also regionalen Konkurrenten der Türkei. Der Konflikt ist bereits internationalisiert – und wenn jetzt die Türkei Truppen oder andere bewaffnete Einheiten schickt, welchen Einfluss wird das wohl haben – vor allem auf die umliegenden und involvierten Staaten. Ich sehe eher eine Eskalation als eine Befriedung.

Ein Erdbeben im Iran

Ein Erdbeben der Stärke 4,9 hat am frühen Morgen des 27. Dezember 2019 die südiranischen Provinz Buschehr erschüttert. In der Provinz Buschehr befindet sich auch ein Atomkraftwerk. Erst vor wenigen Wochen hat dort der Bau eines zweiten Atomkraftwerks begonnen. Ein drittes Werk ist zudem geplant. Diesmal scheint es noch gut gegangen zu sein!

Das ist aber wahrscheinlich nicht das größte Problem, das der Iran derzeit hat. Der Iran verfolgt aggressiv seine Interessen in der Region und unterstützt verschiedene Milizen und Parteien, um in Syrien, Irak, Libanon und Jemen seinen Einfluss auszuweiten. Allerdings ist er mit dieser Politik keineswegs allein. Vielmehr gleicht er darin Saudi-Arabien, den Emiraten, Qatar und der Türkei, die selbst direkt oder indirekt in den Konflikten der Region involviert sind, um ihre Interessen zu verteidigen und ihren Einfluss zu erweitern. Dass es ihnen dabei zuvorderst um die Verwirklichung von Demokratie, Bürgerrechten und einer gerechten Ordnung in Syrien ging, darf bezweifelt werden. Der Iran ist also keineswegs allein darin, sich in fremden Ländern einzumischen. Vielmehr versuchen fast alle Staaten der Region, durch Geld, Waffen und eigene Truppen die Konflikte in den Nachbarländern zu beeinflussen. Gerade Riad ist bei der Verfolgung seiner Interessen kaum weniger aggressiv und rücksichtslos als der Iran. Vielleicht klingt es zynisch, aber das Verhalten Teherans im Mittleren Osten könnte als durchaus „normal“ bezeichnet werden.

Zweifellos ist der Iran keine Kraft des Friedens und der Stabilität. In Saudi-Arabien und Bahrain unterstützt er die schiitische Opposition, um die Königshäuser zu destabilisieren. Mit der Hamas und der Hisbollah protegiert er zwei Bewegungen, deren erklärtes Ziel die Beseitigung des Staates Israel ist. In Syrien und dem Irak hat er durch die Förderung schiitischer Parteien wesentlich dazu beigetragen, die inter-konfessionellen Konflikte anzuheizen.

Eine friedliche Basis für das 2020 wurde mit all diesen Aktionen jedenfalls nicht geschaffen.

 

Informationssplitter zu den USA, zur Türkei und dem Iran.

Die Flucht nach Ägypten – in koptischen Schriften/Legenden

Mit dem Tode Kleopatras VII. im Jahre 30 v. Chr. endete die ptolemäische Zeit Altägyptens. Von nun an war Ägypten kaiserlich-römische Provinz. Dorthin flohen – auch nach koptischen Legenden – Josef und Maria mit dem Jesuskind, nachdem sie vor den Schergen des Herodes gewarnt worden waren, die alle kleinen Buben in Bethlehem umbringen würden.

Im heutigen Ägypten leben immer noch 10 – 12% Christen, aber dort sind sie schon seit dem Ersten Jahrhundert heimisch.  Das Christentum war im Gebiet des heutigen Ägyptens vor der Islamisierung im 7. Jahrhundert die dominierende Religion. Der Evangelist Markus soll innerhalb der Bevölkerung Ägyptens schon um das Jahr 50 missioniert haben. Die Mehrheit der ägyptischen Christen trug allerdings die Beschlüsse des Konzils von Chalcedon 451 nicht mit, es kam schließlich zur Bildung der Koptisch-Orthodoxen Kirche. Besonders die griechisch-orthodoxe Oberschicht in Ägypten folgte jedoch den Beschlüssen des Konzils von Chalcedon. Nach der islamischen Eroberung sank die Zahl der koptischen Christen, die noch heute die mit Abstand größte christliche Kirche Ägyptens ist, jedoch rapide. Die Christen erhielten den Status von Dhimmis, durch den ihnen steuerliche Benachteiligungen auferlegt wurden und sie von zahlreichen Berufen ausgeschlossen wurden, andererseits aber auch vom Militärdienst verschont blieben.

Heute leben die Kopten in Ägypten unruhig, während die fundamentalistischen Moslembrüder innerhalb des muslimischen Teils der Gesellschaft einen guten Ruf genießen, sind Christen zusätzlich von Seiten der muslimischen Bevölkerung sowie der Schariatgerichte mit Vorurteilen und einer Diskriminierung innerhalb der Arbeitswelt konfrontiert, ebenso wie die Moslembrüder innerhalb eines Großteils der christlichen Gemeinden auf Ablehnung stoßen. Kirchenbau ist nur eingeschränkt möglich, und muslimische Geistliche rufen wiederholt zum Mord an Konvertiten zum Christentum auf. Oft kommt es zu gewalttätigen Zwischenfällen zwischen Christen und Muslimen, die Todesopfer auf beiden Seiten fordern und bei denen auch koptisches Kulturgut zerstört wird.

Der Aufenthalt der Heiligen Familie in Ägypten spielt im religiösen Leben der Kopten eine bedeutende Rolle, und sie begreifen dies als ihr historisches Erbe. Viele von ihnen begeben sich alljährlich zu großen Festen, den Mulids („Geburtsfest“), zu Ehren der hl. Jungfrau an die Etappen der Flucht der Heiligen Familie, auch um ihre neugeborenen Kinder taufen zu lassen. Und auch Muslime begegnen diesem Andenken mit großem Respekt.

Diese Flucht begann etwas überstürzt in Bethlehem, dort stillte Maria noch ihr kleines Kind, damit es nicht durch lautes Weinen die Wachen auf sich aufmerksam machen würde, heute zeugte die sogenannte Milchgrotte dort davon, ein Tropfen von Marias Milch ist auf den Boden gefallen und hat den Stein weiß gefärbt. Wiederum diente der Esel als Reittier für Maria mit dem Kind.  Die erste Station war Aschkelon, damals eine hellenistisch geprägte Hafenstadt, heute an der südlichen Mittelmeerküste Israels. 6 Monate sollen die Flüchtlinge dort geblieben sein. Nun wird vermutet, dass die hl. Familie entlang der bekannten Karawanenroute gereist ist. Sie durchquerten das heutige Gaza und dann den Sinai. (Beides heute von schweren Unruhen heimgesuchte Gebiete). Der  Weg der Heiligen Familie führte sie weiter nach Westen nahe der Mittelmeerküste nach Pelusium (el-Faramā), wo die hl. Familie mehrere Tage blieb. An der Landenge von el-Qanṭara gelangten sie zum ägyptischen Festland. Es wird berichtet, dass auf ihrem Wege durch Goschen (zwischen östlichem Nildelta und dem heutigen Suezkanal) die Heilige Familie Unterschlupf in einer Höhle suchte. Ein Drache, der aus der Höhle kam, schrie beim Anblick des Jesus-Kindes auf, fiel zu Boden und betete das Kind an. Da Jesus in der Lage war, wilde Tiere zu befrieden, schlossen sich in der Folgezeit viele wilde Tiere der hl. Familie an. Nach koptischen Aufzeichnungen war Bubastis (heute Zagazig) die erste Stadt auf ihrer Reise durch das Nildelta. Darüber wird berichtet, dass deren Einwohner aber mitleidlos der dürstenden Familie das Wasser verwehrten. Nach erfolgloser Suche nach einer Wasserquelle zeichnete Jesus ein Kreuz auf die Erde, worauf sich alsbald eine Quelle auftat. Das Wasser ist für alle heilsam – nur nicht für die Bevölkerung von Bubastis. Nördlich von Kairo grub Jesus nach einer Quelle und steckte einen Stock in die Erde, aus dem eine Palme hervorging, unter der Maria Rast machte und sich von den Früchten nährte. Heute stehen große Kirchen an diesen Stätten. Bereits in Mittelägypten befindet sich ein Kloster, wo Jesus verhinderte, dass ein großer Felsbrocken auf das Boot fallen konnte, indem die Familie nilaufwärts reiste.   Einer mündlichen Überlieferung zufolge ist die südlichste Station dieser Flüchtlinge ca. 10 km südlich von Asyut (ca. 370 km südlich von Kairo) an der Stelle des heutigen Klosters Durunka, an der die Familie in einer Höhle übernachtete.

Mittlerweile war Herodes gestorben, wiederum teilte ein Engel des Herrn Josef im Traum mit, dass sie in das Land Israel zurückkehren könnten. Im Wesentlichen folgten sie der Route ihrer Hinfahrt. In Alt-Kairo übernachteten sie in einer Höhle, an deren Stelle sich heute die Krypta der St. Sergius-Kirche befindet.

Wovon sie während ihrer Flucht gelebt haben, darüber wird in den Schriften nichts berichtet- vielleicht von dem Gold, dass die Weisen aus dem Morgenlande mitgebracht haben, oder vielleicht hat Josef, der ja Tischler war, in den Orten, in denen sich die Heilige Familie länger aufgehalten hat, gearbeitet, um den Lebensunterhalt seiner Familie aufzukommen.

Nun siedelten sich Josef, Maria und das inzwischen größer gewordenen Jesuskind wieder in Nazareth an – ob in demselben Haus, das sie vor ihrer Reise nah Bethlehem verlassen hatten, ist nicht überliefert.

Die Flucht nach Ägypten – in koptischen Schriften/Legenden