„Pfingsten, das liebliche Fest, war gekommen; es grünten und blühten Feld und Wald. Auf Hügeln und Höhn, in Büschen und Hecken übten ein fröhliches Lied die neuermunterten Vögel. Jede Wiese sproßte von Blumen in duftenden Gründen, festlich heiter glänzte der Himmel und farbig die Erde.“ Meinte schon Goethe.
Naja, heuer fällt es anders aus für uns, es gießt. Einerseits ist es nicht das erste Mal in meinem Leben, dass es zu Pfingsten gießt, andererseits ist es in unserer Gegend lange Zeit viel zu trocken gewesen, und ein ordentlicher Landregen schadet diesbezüglich kaum. Aber ich gebe zu, in der Post-Corona (hoffentlich – halten wir die Daumen) hätten wir (und die Touristikwirtschaft) ein besseres Wetter verdient.
So können wir aber gemütlich, zu Hause, darüber nachdenken, wofür Pfingsten in unserem Leben steht – oder auch nicht. Ich will’s für mich jedenfalls einmal versuchen. Ich tue das auch, weil wir – also diesmal alle Christen – zu Pfingsten aufgefordert sind, über unseren Glauben zu reden.
Das erste, was mir dazu einfällt, ist, dass Pfingsten die Aufhebung des Turmbaus von Babel darstellt. Wir alle waren doch bei dieser gedrängten Breughel-Schau im Kunsthistorischen Museum (hinterher konnte man dieses Bild ganz ohne Gedränge anschauen – bis zur Corona-Schließung). Sie kennen es jedenfalls. Die Bibel erzählt von einem Volk aus dem Osten, das die eine (heilige) Sprache spricht und sich in der Ebene in einem Land namens Schinar ansiedelt. Dort will es eine Stadt und einen Turm mit einer Spitze bis zum Himmel bauen. Da stieg der Herr herab, um sich Stadt und Turm anzusehen, die die Menschenkinder bauten. Nun befürchtet er, dass ihnen nichts mehr unerreichbar sein [wird], was sie sich auch vornehmen, das heißt, dass das Volk übermütig werden könnte und vor nichts zurückschreckt, was ihm in den Sinn kommt. Gott verwirrt ihre Sprache und vertreibt sie über die ganze Erde. Die Weiterarbeit am Turm endet gezwungenermaßen, weil die durch ein Wunder Gottes aufgetretene Sprachverwirrung die notwendige Verständigung der am Turm bauenden Menschen untereinander so gut wie unmöglich macht.
Und zu Pfingsten heißt es:
„Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie (die Apostel) waren. Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder.
Der Geist befähigte die Jünger, wie es in der Apostelgeschichte heißt, „in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab.“
Man kann auch einen weiteren Vergleich ziehen, zu der Verkündigung der Zehn Gebote am Sinai, wobei „zu Pfingsten“ kein in Stein garviertes Gesetz herabgekommen ist, sondern die Möglichkeit, ja die Begabung aller damals Anwesenden zum Reden „in fremden Sprachen“.
Aber dieses Vorgehen war schon im Alten Testament (Joe 3, 1-2) angekündigt worden: “Es wird geschehen, dass ich meinen Geist ausgieße über alles Fleisch. Eure Söhne und Töchter werden Propheten sein, eure Alten werden Träume haben, und eure jungen Männer haben Visionen. Auch über Knechte und Mägde werde ich meinen Geist ausgießen in jenen Tagen“.
Das erste Pfingstfest, also das oben beschriebene, fand an einem der großen jüdischen Wallfahrtsfeste, dem „Wochenfest“ (Schavuot), statt. Als Erntedank für die Weizenernte wurde dieser Tag später auch zur dankbaren Erinnerung an die Übergabe der Zehn Gebote am Sinai.
Während sich der Turmbau zu Babel wunderbar in Bildern darstellen lässt, wird es bei der Darstellung des Heiligen Geistes schon viel schwerer. Zu Pfingsten also feiert die Kirche das Kommen und Wirken des Heiligen Geistes. Dieser Heilige Geist wird oft als Taube, Feuer oder Wind dargestellt.
Bei der Taufe im Jordan kam der Geist Gottes in Form einer Taube auf Jesus herab. Und eine Stimme aus dem Himmel sprach: „Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe“. Bereits in der alttestamentlichen Geschichte der Sintflut spielt die Taube eine Rolle. Eine, die Noah von der Arche zu einem Erkundungsflug aussendet, kehrt mit einem frischen Olivenzweig im Schnabel zurück. Ein Zeichen für Noah, dass sich das Wasser allmählich zurückzieht. Die Taube – Sinnbild der Versöhnung mit Gott und ab dem 6. Jahrhundert nach Christus ein Zeichen für den Heiligen Geist – gilt bis heute als Symbol für Frieden.
Auf vielen Bildern der Pfingstgeschichte sind über den Köpfen der Jünger Feuerzungen zu sehen: ein Zeichen für die Erleuchtung durch den Heiligen Geist und für das innere Feuer, das damals in ihnen brannte und sie begeistert die Frohe Botschaft verkünden ließ. Das Feuer spielt auch in anderen Bibelgeschichten eine Rolle: Mose erkennt Gott im brennenden Dornbusch. Und Johannes der Täufer verkündet am Jordan: „Er (Jesus) wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen“. Jesus selbst sagte: „Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen. Wie froh wäre ich, es würde schon brennen!“
Bevor Gott Himmel und Erde schuf, schwebte sein Windhauch über dem Chaos. „Ruach“ nennt die hebräische Bibel den Atem Gottes, der oft als Geist Gottes beschrieben wird. Auch für Jesus galt der Wind als Symbol für den Heiligen Geist. „Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie (die Jünger) an und sprach zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist!“
Aus dem Windhauch wird am ersten Pfingstfest ein gewaltiges Brausen, das vom Himmel kommt und das Haus erfüllt, in dem die Jünger sich aufhalten.
Trotz schlechtem Wetter wünsche ich Ihnen ein besinnliches, dennoch fröhliches Pfingstfest.