Ferien zwischen zwei Seen

Keutschacher- und Wörther See in der Nachkriegszeit

Bei der jetzigen Wetterlage denke ich halt häufiger an die Ferien meiner Kindheit und Jugend. Einen Sommer, ich weiß nicht einmal mehr ob es vier oder sechs Wochen waren, durfte ich mit der Familie meiner damaligen „besten Freundin“ – mit der aber der Kontakt bis heute besteht – „zwischen zwei Seen“ in Kärnten verbringen.

Ich kannte die Familie schon sehr gut, da der Vater meiner Freundin mit seiner Familie jeden Sonntag eine Wanderung im Wiener Wald machte. Die Mutter – so sehe ich das heute – drückte sich sehr gern von diesen Wanderungen. Sie war überhaupt nicht wie meine Mutter, was mich damals sehr erstaunte. Sie überließ sehr viel der Hausarbeit ihren Töchtern. Es gab drei Töchter und einen Sohn – den Stammhalter – in der Familie. Meine Freundin war die Älteste, ihrem Vater ähnlich, im Gegensatz zu ihren beiden jüngeren Schwestern. Sie übernahm viele häusliche Pflichten von ihrer Mutter.

Na jedenfalls, ich wurde eingeladen – wohl deshalb, weil meine Eltern sich keinen Urlaub leisten konnten, mit dieser Familie nach Kärnten zu fahren. Ich glaube, die Mutter der Familie hat von Anfang an – schon am Südbahnhof in Wien, bereut, dass sie mich mitgenommen hat, ich war furchtbar aufgeregt, hüpfte herum fragte ständig, wann wir denn endlich einstiegen würden … Ein quirliges Einzelkind! Naja. Wie üblich hatten wir „Proviant“ für die Bahnfahrt dabei, und außen in auch gleich, nach Beginn der Bahnfahrt.

In Kärnten wohnten wir auf einem Bauernhof zwischen dem Wörther See/Reifnitz und dem Keutschacher See. Der Wörthersee war damals – in den späten vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts – sehr „mondän“, besonders halt Pörtschach und Velden. Wer auf sich gesellschaftlich etwas hielt, war im Sommer dort zu finden.

Der Bauernhof war gar nicht mondän. Wir vier Mädchen hatten ein Zimmer, ich fand das sehr lustig, ich kann mich noch erinnern, dass wir in der Früh einander frisierten.  Verköstigt wurden wir auch auf diesem Bauernhof und genossen das sehr, da ja zu dieser Zeit in Wien noch immer Mangel herrschte, wenn auch nicht so arg, wie direkt nach dem Krieg. Das Essen war einfach, aber zum Glück viel!

Ich glaube nicht, dass dort slowenisch gesprochen wurde? Dass es einen slowenischen Bevölkerungsanteil gab, wusste ich auch nicht – und bekümmerte mich nicht. Über derartiges hatten wir in der Schule nichts gelernt, Zeitgeschichte scheuten unserer Lehrer, sie waren zu oft betroffen gewesen, von Regimewechseln, die sie um ihre Posten (damals sagte man noch nicht Jobs) gebracht hatten.

Am Weg zu den Seen ging es durch den Wald, dort waren noch Heidelbeeren zu finden, die Preiselbeeren waren noch nicht reif und ich genoss es, keine Beeren sammeln zu müssen, sondern sie nur unterwegs naschen zu können.

Wir, die Kinder wollten eigentlich hauptsächlich baden, in den See springen, schwimmen herumtollen. Es war meist der Keutschacher See, an einem frei zugänglichen Ufer des Sees. Von der 1864 entdeckten Pfahlbausiedlung aus der Jungsteinzeit merkten wir nichts, jetzt, seit 2011 gehört sie zum UNESCO-Welterbe Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen. Etwas, das mich damals auch nicht bekümmerte war, dass der See in Privatbesitz ist.

An Reifnitz kann ich mich nur dunkel erinnern. Ob wir dort in ein Bad gingen – ich kann es mir nicht vorstellen, vielleicht gab es auch dort noch frei zugängliche Badeplätze. An eines kann ich mich jedenfalls sicher erinnern, dass wir einmal (wirklich nur einmal) – die ganze Familie und ich – in Reifnitz in eine Konditorei Eis essen gegangen sind.

Der Vater der Familie schleppte uns auf Wanderungen, da war die Mama eher selten dabei. Es war nicht nur der Pyramidenkogel – damals noch nicht mit der großen Aussichtswarte – den wir bestiegen, auch viele andere Berge und Hügel in der Umgebung.  Selbstverständlich bewunderten wir die Burgruine Reifnitz, einst so mächtig, jetzt nur in Trümmern zu besichtigen. An der Stelle der ehemaligen Burgkapelle steht heute die Kirche St. Margarethen.

Sehr fasziniert hat uns der Hexenstein – schon der Name! Es ist eine heidnische Kultstätte unbestimmter Datierung. Er befindet sich verborgene Lage im einschichtigen Wald. Als in dieser Gegend bereits das Christentum gepredigt (9. Jahrhundert nach Christus) wurde, steckten die Bewohner dieser Region noch im Heidentum. Sie trafen sich an verborgenen Stellen zu verbotenen heidnischen Kulthandlungen und brachten ihren alten Göttern Tieropfer dar.

Über den alpinen Ausflug, den nur der Vater der Familie, meine Freundin und ich auf den Sonnblick unternahmen, ist gesondert zu berichten.

Ich kann mich im Zusammenhang mit diesen Ferien nur an Sonnenschein und Fröhlichkeit erinnern, ist es möglich, dass es in dieser Zeit wirklich nie geregnet hat?

Ferien zwischen zwei Seen

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