diesen Beitrag habe ich vor ein paar Jahren geschrieben
Ich wurde also aufgefordert, über meine Silvestererinnerungen zu schreiben. Als ich nachdachte, fiel mir gar nicht so besonders viel dazu ein. Silvester war in meiner Kindheit und Jugend eher kein so großes Fest. Woran ich mich erinnere, war das Umschreiben des Kalenders. Es gab damals weitgehend nur kleine Büchlein, die den Kalender enthielten, darin gab es „Formulare“ für „persönliche Daten“ und vor allem das Adressbuch. Das musste übertragen werden. Etwas später gab es dann herausnehmbare Teile für das Adressbuch, damit man nicht mehr alles übertragen musste. Heute führe ich z.B. meinen Kalender am Computer (nicht immer schlau), aber jedenfalls „rollt er weiter“ und es gibt keinen Bruch am Jahresende. Die Adressdaten (meist Telephonnummern) hat man heute am Handy gespeichert und braucht kein „papierenes Adressbuch“. Auch die Adressen haben sich geändert, waren es früher Orte, Straßen und Hausnummern, speichert man heute primär Mailadressen – wer schreibt noch Briefe, Karten oder gar Korrespondenzkarten oder schickt Telegramme?
Und was Trinken anlangt: in meiner Familie wurde in meiner Kindheit und Jugend nur in Ausnahmefällen Alkohol getrunken. Ich weiß noch von einer Flasche Champagner im Keller, der anfangs für den „Endsieg“ aufgehoben wurde. Als meine Mutter ihn einmal suchte, griff sie im Dunkeln auf etwas Haariges, erschrak fürchterlich, da sie eine Ratte vermutete, zerbrach den lang gelagerten Champagner. Das haarige Ding stellte sich dann später als Bartwisch heraus, der einmal beim Kelleraufräumen dort vergessen worden war. Naja, und zum Endsieg ist es für uns ohnedies nicht gekommen.
Aufgeblieben sind wir schon, etwas Besonderes gegessen haben wir jedenfalls nicht, außer zu Mitternacht die Biskuitfischerln, wobei ich nicht mehr oder noch immer nicht weiß ob man sie von hinten oder von vorne anbeißen muss, um im folgenden Jahr Glück zu haben.
Wichtig war es jedenfalls, die Fenster zu Mitternacht aufzumachen, um „das Neue Jahr hereinzulassen“. Bei uns wurde auch darauf geachtet, dass keine Wäsche übers in der Silvesternacht an einer Leine hing, denn das bedeutete den Tod eines Familienmitglieds. (Konnte ich nicht verifizieren). Und an Feuerwerke kann ich mich in dieser Zeit überhaupt nicht erinnern.
Einmal, es muss in den frühen Fünfziger Jahren gewesen sein, war ich bei einer Schulkollegin zu Silvester eingeladen. Sie hatte einen Zwillingsbruder und somit waren auch ein paar Burschen anwesend. Die Mutter dort hatte für uns Brote hergerichtet, mit Liptauer und sonstigen Aufstrichen. Ich glaube auch, dass wir dort keinen Alkohol getrunken haben. An Bleigießen kann ich mich auch nicht erinnern. Ein paar von den Jugendlichen hatten ihre Platten mitgebracht und dazu haben wir getanzt. Um Mitternacht, als wir über unsere Wünsche für das kommende Jahr sprachen, stand an oberster Stelle bei allen von uns, der Wunsch nach Freiheit für Österreich.
In meiner Jugend war ich auch Mitglied des Alpenvereins, Sektion Austria. Die Jugendgruppe fuhr oft schon am 26. Dezember zum Schifahren auf eine Hütte. Zurück kamen wir dann am 6. Jänner. Konkret kann ich mich einmal an die Austria- Hütte am Dachstein erinnern, wir waren im Matratzenlager untergebracht. Um bis Mitternacht aufzubleiben wurde Karten gespielt. Um Mitternacht waren wir jedenfalls alle im Freien, aber nicht schifahrend. Wir wurden mit einem herrlichen Sternenhimmel belohnt, ein Feuerwerk ging uns daher gar nicht ab.
Aber was ist eigentlich so besonders an Silvester? Als Silvester (regional auch Altjahrstag oder Altjahrestag) wird in einigen europäischen Sprachen der 31. Dezember, der letzte Tag des Jahres im westlichen Kulturraum, bezeichnet. Nach dem Heiligenkalender der römisch-katholischen Kirche ist dies der Gedenktag des heiligen Papstes Silvester I. Er starb am 31. Dezember 335. Weil er als Heiliger verehrt wird, wurde sein Todestag zugleich sein Namenstag. Herrschte zur Zeit seiner Priesterweihe noch Christenverfolgung, so wurde durch das 313 erlassene Toleranzedikt der Beginn einer Wende zur christlichen Staatsreligion vollzogen. Von historischer Bedeutung wurde die Beziehung des Papstes zum damaligen Kaiser Konstantin durch die sogenannte „Konstantinische Schenkung“. Dabei handelte es sich um eine gefälschte Urkunde, wonach Kaiser Konstantin angeblich den Vorrang Roms über alle Kirchen anerkannte, dem Papst kaiserliche Abzeichen und den Lateran-Palast in Rom verlieh, sowie die Herrschaft über die Stadt, Italien und die römischen Provinzen im östlichen Mittelmeerraum.
Das Jahresendfest hatten bereits die Römer gefeiert, erstmals im Januar zu Beginn des Jahres 153 v. Chr., als der Jahresbeginn vom 1. März auf den 1. Januar verschoben wurde. Die Feuer-Feste am Jahresende haben alte germanische Wurzeln.
Die Assoziation des Jahresendes mit dem Namen Silvester („Waldmensch“, von silva ‚Wald) geht auf das Jahr 1582 zurück. Damals verlegte die Gregorianische Kalenderreform den letzten Tag des Jahres vom 24. Dezember auf den 31. Dezember, den Todestag des Papstes Silvester I.
Das jetzt übliche Feuerwerk sollte im vorchristlich-animistischen Glauben früher „böse Geister“ vertreiben und drückt heute vielleicht bei manchen auch Vorfreude auf das neue Jahr aus. Um 12 Uhr nachts wird von vielen Kirchen das neue Jahr eingeläutet. Je nach örtlicher Tradition dauert das Geläut zwischen zehn Minuten und einer Stunde. Bei uns in Wien läutet die Pummerin – nur leider ist sie aufgrund des Getöses der Böller und Feuerwerkskörper kaum zu hören – außer im Radio.
Das österreichische Pyrotechnikgesetz von 2010 verbietet in § 38 Abs 1 „die Verwendung pyrotechnischer Gegenstände […] im Ortsgebiet“ auch zu Silvester. Um die private Verwendung von Feuerwerk – etwa zu Silvester – zu ermöglichen, kann die Gemeinde unter Vorgabe eines Zeitrahmens „bestimmte Teile des Ortsgebietes von diesem Verbot ausnehmen, sofern nach Maßgabe der örtlichen Gegebenheiten durch die Verwendung Gefährdungen von Leben, Gesundheit und Eigentum von Menschen oder der öffentlichen Sicherheit sowie unzumutbare Lärmbelästigungen nicht zu besorgen sind“. Davon ausgenommen ist der Umkreis von „Kirchen, Gotteshäusern, Krankenanstalten, Kinder-, Alters- und Erholungsheimen sowie Tierheimen und Tiergärten“ (§ 38 Abs 2). Nur wenige österreichische Gemeinden haben eine solche Verordnung erlassen, und nur ein Bruchteil der Feuerwerker hält sich an den darin vorgegebenen zeitlichen Rahmen. In der Mehrzahl der Gemeinden ist die private Verwendung von Feuerwerk auch zu Silvester generell verboten. Hilft aber nicht viel!
Seit dem Jahreswechsel 1990/91 veranstaltet die Stadt Wien mit anderen Organisationen den Wiener Silvesterpfad. Mittlerweile ist es das größte Silvesterevent Europas. Heute am Vormittag war schon ein großer Teil der „Standln“ aufgestellt (während noch jene der Christkindlmärkte weggeräumt wurden). Mit tut es nur leid, dass nicht schönere Produkte, die vielleicht in Österreich hergestellt werden, dort verkauft werden.
Ich teile noch immer nicht die hektische Lustigkeit, die viele Menschen zu Silvester verspüren. Vielleicht bin ich auch jetzt schon zu alt dafür!