Austria Romana – der Limes – unser neues Welterbe

Schon immer bin ich gerne nach Carnuntum gefahren. Und immer wieder! Und jetzt wird der Limes in Deutschland, Österreich und Slowakei (leider nicht in Ungarn!) zum UNESO-Weltkulturerbe. (Na hoffentlich mit weniger „Bedrohungsszenarien“ als der diesbezügliche Wiener Status.)

Als Schülerin sind wir mit der Bahn nach Carnuntum gefahren, ich kann mich noch gut erinnern, vorbei an der Wallfahrtskirche Maria Ellend, die Kirche sah man von der Bahn aus.  Später war es ein Sonntagsausflug. Früher war noch nicht so viel ausgegraben, wie heute. Dennoch pilgerten wir von einem Amphitheater in das andere, betrachteten die Reste der Häuser, und zuletzt schauten wir noch beim Heidentor vorbei.   Nicht ausgelassen haben wir Petronell, wo wir den romanischen Karner bestaunten. Und dann gab’s noch das Römer-Museum in Hainburg. Nebst vielen Fundstücken erinnere ich mich besonders an eine Mithras-Gruppe.

Das letzte Mal war ich mit meinem Mann in Carnuntum, Gerhard Tötschinger, ein langjähriger aus Schulzeiten Bekannter meines Mannes, hat dort ein Treffen vorgeschlagen. Carnuntum war schon sehr verändert, man konnte das wieder errichtete Bad besuchen, es gab Standln mit römischen (?) Essen, einen Wandelgang. Tötschinger hatte bei seiner Donauserie auch einen Filmausschnitt bezüglich Carnuntum geplant, mehrere Herren saßen beieinander, tranken Wein – mit römischer Toga – und parlierten lateinisch (einer davon war mein Mann). Was aus diesen Aufnahmen wurde, weiß ich nicht – ich jedenfalls habe sie lebhaft in Erinnerung.

Dass Carnuntum bedeutender war als Vindobona bekümmert mich nicht sonderlich damals, dass Kaiser Trajan, unter dem das Römische Reich seine größte Ausdehnung erreichte, 98 n. Chr. Pannonien und vermutlich auch Vindobona besuchte, hat mich nicht besonders beeindruckt, viel mehr hat Kaiser Mark Aurel meine Phantasie angeregt, der 180 möglicherweise in Vindobona (oder Sirmium- also bitte, das geht gar nicht!) starb. Ich habe lange fälschlicherweise geglaubt, dass die Marc-Anton Gruppe neben der Sezession Mark Aurel darstellt.

193 wurde der Provinzstatthalter Septimius Severus auf heute österreichischem Boden von den pannonischen Truppen in Carnuntum zum Kaiser des römischen Reiches ausgerufen. Na, immerhin!

Natürlich waren wir auch bei der großen Römer-Ausstellung in Enns, Lauriacum. Und die römische Geschichte von Traismauer und Tulln ist mir auch noch vertraut – schließlich haben wir ja „Austria Romana“ in der Schule gelesen. Und den Limes, den hat es nicht nur an der Donau gegeben, auch am Rhein, aber auch im fernen England haben wir einer Reise Hadrians Wall gesucht.

Limes bezeichnet die vom Römischen Reich vom 1. bis 6. Jahrhundert n. Chr. angelegten Grenzwälle oder militärischen Grenzsicherungssysteme in Europa, Vorderasien und Nordafrika. Ab der Zeit Gaius Iulius Caesars wurden Heerwege mit befestigten Wachtposten und Marschlagern auf einer Waldschneise oder rasch angelegten Straßen im Feindesland als Limes bezeichnet. Er entwickelte sich im Laufe der Zeit von einer Marsch- und Patrouillenlinie zu einem Annäherungshindernis mit Kontrollfunktionen. Bei der Anlage ihrer Grenzen verfolgten die Römer keine reichsweite Gesamtstrategie, die über Jahrhunderte hin nachvollziehbar wäre; damit entstand im Lauf der Jahrhunderte ein vielgestaltiges Konglomerat aus festen, zum Teil aber auch sehr offenen Grenzen. Die römischen Grenzanlagen waren nicht zur Abwehr von größeren Angriffen gedacht und dazu auch meist nicht geeignet. Viele der heute bekannte römischen Grenzabschnitte waren gegen groß angelegte Angriffe nicht zu verteidigen, da ihre Garnisonen entlang einer Linie aufgereiht waren, die selbst eine kleine, entschlossene Kampftruppe mühelos durchbrechen hätte können. Die ersten Kastelle mit Gräben, Erdwällen, Holzbefestigungen und Holzinnenbauten wurden ab 100 n. Chr. durch Anlagen mit Steinmauern ersetzt.

Der jeweilige Limes sollte primär die Kontrolle bzw. Kanalisierung des täglichen Waren- und Personenverkehrs und eine schnelle Nachrichtenübermittlung zwischen den Wachposten gewährleisten. Der Limes war nicht nur eine militärische Markierung, sondern vor allem die Grenze des römischen Wirtschaftsgebietes. Neben der Funktion als militärisches „Frühwarnsystem“ dienten die limites als Zollgrenzen und ihre Grenzübergänge als „Marktplätze“ für den Außenhandel mit dem Barbaricum. Die Grenzanlagen prägten in ihrer fast fünfhundertjährigen Geschichte zahlreiche Kulturlandschaften und bildeten die Keimzellen vieler bedeutender Städte. Über den Limes hinweg erfolgte reger kultureller Austausch.

Der Ausbau der römischen Grenzverteidigung (Limes) an der Donau erfolgte erst ab der Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. In Carnuntum und Vindobona war je eine Legion mit 6000 Mann Fußtruppen stationiert, kleinere Kastelle für 500 oder 1000 Mann Fußtruppen oder Reiterei gab es in Linz, Wallsee, Mauer, Pöchlarn, Mautern, Traismauer, Zwentendorf, Tulln, Zeiselmauer, Klosterneuburg, Wien, Schwechat und Carnuntum. Dazu kamen noch Kleinkastelle und Wachttürme.

Rund 500 Jahre war das heutige Österreich ein Teil des Römischen Reichs. Im Jahre 15 v. Chr. unterwarfen die römischen Feldherren Drusus und Tiberius von Gallien und Italien aus die Räter der Ostschweiz, Tirols und des vorarlbergischen Rheintals. Zur gleichen Zeit wurde das keltische Königreich Noricum von den Römern besetzt. Im Jahr 15 v. Chr. wurde die Region schließlich unter Kaiser Augustus Teil des römischen Reichs. Der Einmarsch der Römer erfolgte hier allerdings friedlich und im Einverständnis mit den Norikern, denn schon lange pflegten sie enge wirtschaftliche und politische Beziehungen zu Rom. Zunächst behielt Noricum eine eingeschränkte Autonomie als tributpflichtiges Fürstentum, doch unter Kaiser Claudius (41–54 n. Chr.) wurde es endgültig eine römische Provinz. Die Hauptstadt war Virunum, nördlich des heutigen Klagenfurts. Nach und nach eroberten die Römer auch die weiteren Gebiete des heutigen Österreich. Letztendlich war das Gebiet des heutigen Österreich auf drei römische Provinzen verteilt. Vorarlberg und Nordtirol gehörten zur Provinz Raetien, dessen Hauptstadt war Augusta Vindelicorum (Augsburg). Osttirol, Kärnten, Salzburg, Steiermark, Oberösterreich und das westliche Niederösterreich bildeten die Provinz Noricum mit der Hauptstadt Virunum. Das Wiener Becken und das Burgenland gehörten zur Provinz Pannonien mit Savaria und später Carnuntum als Verwaltungssitz. Nördlich der Donau, das Wein-, Wald- und Mühlviertel hinwieder blieben „Barbaricum“.

Die einheimische Bevölkerung übernahm bereitwillig die römische Kultur. Die lange Friedensperiode als Zeit der wirtschaftlichen und kulturellen Blüte endete 167 n. Chr.: Markomannen und mit ihnen verbündete Germanen durchbrachen die römische Grenzverteidigung an der Donau und stießen bis Oberitalien vor.

Austria Romana – der Limes – unser neues Welterbe

Xenia Hausner – True Lies – in der Albertina

Gestern am Nachmittag war es schwül, heiß würde mich nicht besonders stören, aber schwül. Die Arbeit war getan, was mache ich mit dieser Freizeit – mich in den Burggarten setzen? Durch die Stadt spazieren gehen?

Nein, da hatte ich dann doch eine bessere Idee – ich bin in die Albertina gegangen. Denn dort läuft sehr bald (8. August 2021) die Xenia Hausner Ausstellung True Lies aus, und die wollte ich mir doch unbedingt anschauen.

Ich muss zugeben, ich war schwer beeindruckt. Ich habe vorher keine „Einführungen“ gelesen, ich lasse gerne Objekte, in diesem Fall Bilder „ohne Intervention“ auf mich wirken. Vielleich sieht man mehr, versteht mehr, wenn man zu einer Führung geht oder die Worte von Wissenden liest. Aber ich wollte einfach die Bilder auf mich wirken lassen. Und sie haben gewirkt! Warum?  Ich glaube, weil sie Beziehungen – Zuneigung, Sorge, Gleichgültigkeit, Interesse und vieles mehr – zwischen Menschen zeigen. Und „Mensch“ ist in Xenia Hausners Welt Frau. Nur ganz wenige Bilder zeigen AUCH Männer z.B. den Vater der Malerin. Es sind fast alle attraktive – nicht notwendigerweise schöne – Frauen, die auf den riesigen Bildern zu sehen sind. Langsam habe ich begriffen, was mit den True Lies gemeint ist. Es ist die Wirklichkeit, die dargestellt wird, die aber inszeniert wird. Für ihre großformatigen Gemälde konstruiert die Künstlerin vorab aufwendige räumliche Settings: Installationen, die sie als Vorlage für ihre Bilder zunächst fotografiert. Zerschnittene Autos oder Zugabteile aus Karton werden zu einem „Probenraum“, in dem die Figuren, wie Schauspieler Beziehungen ausloten. Es sind sehr intensive, kräftige Farben, die verwendet werden. Die Figuren sind extrem lebendig in der Haltung, im Ausdruck.

Besonders betroffen hat mich die Serie „Flucht“ gemacht. Dabei denken wir derzeit meist an Menschen aus dem Nahen und Mittleren Osten, aber die in Zugabteile gedrängten Menschen sind „wir“. Wir bleiben draußen und versuchen noch eine Hand festzuhalten, wir sind drinnen und drängen uns zum Fenster um was? Vielleicht noch einen letzten Blick auf unsere verlorene Heimat zu werfen. Hier – so finde ich – wird mit drinnen und draußen experimentiert. Auch die Frauen mit den schweren Werkzeugen in Zugabteilen? Wollen sie sich damit gegen aufdringliche Männer wehren oder wollen sie anderswo damit ein neues Leben beginnen. Viele Fragen tun sich auf, beim Betrachten dieser Bilder.

Ich war sehr betroffen und es haben sich viele Fragen aufgedrängt, zu Beziehungen im Allgemeinen aber auch im persönlichen Bereich!

Nur zur Information: Xenia Hausner, geboren 1951 in Wien, stammt aus einer Künstlerfamilie. Als Tochter des österreichischen Malers Rudolf Hausner war Kunst bereits von klein auf Teil ihres Alltags. Ihre Werke werden international in Galerien und Museen gezeigt. Sie lebt und arbeitet in Berlin und Wien.

Beim Herausgehen, das Museum schließt um 18 Uhr, habe ich noch einen Blick auf einen Statue beim Eingang  geworfen – in etwas lebensgroß, eine ganz junge – zwar schwer bewaffnete -aber sehr verwundbare Athene, nicht die „männergleich“ Pallas Athene, die wir vor dem Parlament kennen. Sie ist die Göttin der Weisheit, der Strategie und des Kampfes, der Kunst, des Handwerks und der Handarbeit. Diese Statue in der Albertina zeigt – für mich – die Athene, die für die Kunst „zuständig“ ist. Demnächst muss ich versuchen herauszufinden, wer ihr Schöpfer ist.

Lang haben Sie nicht mehr Zeit, diese Ausstellung anzusehen, gehen Sie hin um eine Reflexion unserer Zeit zu erleben.

Xenia Hausner – True Lies – in der Albertina

Meine Probleme mit der P.C. (ja, political correctness)

Manchmal bin ich dankbar, dass es nicht nur mir so geht. Ein Bekannter hat mir folgendes erzählt: bei einer Vorbereitung zu einer Modenschau hat er eines der Models gefragt, woher sie denn käme. Er hat diese Dame, schwarz, für besonders schön empfunden und wollte einfach wissen, woher eine solche Schönheit kommen könnte. Es kam anders, es kam zum Krach. Die wunderschöne Dame war wütend, fühlte sich verletzt, erklärte, dass sie aus Paris käme und selten so unverschämt angesprochen worden wäre.

Auch ich habe bis vor Kurzem, bis ich entsprechend aufgeklärt wurde, eigentlich fast immer z.B. Taxichauffeure gefragt, woher sie denn kämen (wenn sie nicht gerade ausgeprägtes breites Wienerisch gesprochen haben). Ich habe gemeint, diese Frage könnte mein Interesse an ihrer Person dokumentieren und dem Fahrer die Gelegenheit geben, von sich oder dem Land, aus dem er stammt, zu erzählen. Aber mir wurde erklärt, es wäre beleidigend, man mache diese Person zu einem „Außenseiter“, die sie nicht sein will, und woran sie nicht erinnert werden will.

Ich muss gestehen, dass ich z.B. Österreicher ebenso nach ihrer Herkunft frage – wenn es sich ergibt, wenn diese Person z.B. kärntnerisch oder tirolerisch spricht. Ich hoffe sehr, dass das nicht auch schon politisch inkorrekt ist? Oder doch?

Ich lese gerne Zeitungen. In einem Kommentar fand ich den Ausdruck das „N-Wort“. Kurz überlegte ich und kam dann zu dem Schluss, in Österreich stünde es für „Nazi“. Als ich den Artikel weiterlas, kam mir das Geschriebene komisch vor, bis ich dann draufkam (Blitzgneisserin, die ich schon bin), dass das N-Wort in diesem Fall „Neger“ bedeutete (ich bitte um Entschuldigung, dass ich dieses Unwort verwende und nicht „Farbiger“ verwende (ist das überhaupt politisch korrekt?), aber das Wort Farbiger fangt halt nicht mit N an.  Ich ersuche, dass in solchen Fällen, wenn man ein Wort aus political correctness abkürzen muss, es doch wenigstens einmal zu erläutern. Auch solche Menschen, die mit manchen Themen nicht so vertraut sind, möchten gerne wissen, was mit einem Artikel ausgesagt werden soll, ohne ihn zwei Mal lesen zu müssen.

Vieles in diesem Zusammenhang ist aus den USA zu uns herübergeschwappt. Aber bei uns sind die Gegebenheiten und Grundlagen ganz andere. Die Bevölkerungszusammensetzung ist und war in der Vergangenheit eine ganz andere. Bei uns gab’s keine „Nigger“, höchstens Mohren, ein Wort das ja eigentlich “Mauren“ (Bewohner von Mauretanien) ausdrückte. Aber ich seh‘ ein, das N-Wort, empfinden Farbige als beleidigend und verwende es daher nicht mehr.

Und wenn wir schon dabei sind, muss ich Ihnen noch etwas beichten: ich bin nicht dafür, dass die sogenannte Raubkunst (oder muss ich auch schon R-Kunst sagen?) vollständig zurückgegeben werden soll. Selbstverständlich alte Knochen und persönliche Objekte, da bin ich schon dafür. Aber es sollte dabei immer bedacht werden, dass in vielen Ländern die eigenen Kunstwerke von den Nachfahren vernachlässigt bis zerstört wurden, sei es von Personen, die aus religiösen Gründen daran Anstoß nahmen (die Taliban oder al Qaida z.B.), sei es durch kriegerische Handlungen – Bürgerkriege im eigenen Land oder Kriege aggressiver Nachbarn oder sonstiger Feinde. In unseren Museen wurden sie jedenfalls wohl bewahrt und hochgeschätzt.

In diesem Zusammenhang überlege ich mir auch, welche Folgen Umbenennungen haben, weil Worte die Gefühle von Menschen verletzen. Also jetzt sagen wir Novemberpogrom, früher sagten wir Reichskristallnacht. Aber sämtliche Dokumente in all den Bibliotheken in der gesamten Welt enthalten ja das „alte Wort“, spätere Forscher, werden es in der Zukunft schwer haben, wenn sie nur die neuen, politisch korrekten Worte gelernt haben, die alten Text zu entziffern!

Und dann begehe ich noch so einen faux-pas, denn ich verwende noch immer deutsche Ortsnamen. Interessanterweise ist das bei Prag ok, noch nie hat mich jemand   gerügt, nicht Praha gesagt zu haben. Aber bei Laibach oder Marburg ist das gleich ganz anders, da wird mir erklärt, ich hätte Ljubljana bzw. Maribor zu sagen – warum eigentlich? Ich reg mich ja auch nicht auf, wenn Fremde Wien als Vienna oder Vienne bezeichnen. Außerdem waren z.B. 1910 von 27.994 Einwohnern 22.653 Deutschsprachige (80,9 %), 3.828 Slowenen (13,7 %) in Marburg. Das ist jetzt selbstverständlich anders. Ich entschuldige mich im Voraus: für mich bleibt Opatje selbstverständlich mein Traumziel Abbazia (= Sankt Jakobi).

Und bitte, wer entscheidet, was nun politisch korrekt ist?

Bei Rhodesien sehe ich die Namensänderung hinwieder vollkommen ein – heute heißt es Simbabwe („Steinhäuser“ in der Sprache der Shona). Schließlich leitete sich der ursprüngliche Name sich von Cecil Rhodes ab, dem Gründer der Bergbaugesellschaft De Beers und der ehemaligen Kolonie. Ich verstehe auch, dass man als Namen der Hauptstadt nicht Salisbury belassen wollte und sie Harare nannte.

Wenn Sie mit dem Lesen überhaupt bis hierher gekommen sind teile ich Ihnen mit, dass ich genug gemotzt habe und mich jetzt ersprießlicheren Dingen zuwenden werde.

Meine Probleme mit der P.C. (ja, political correctness)

G’hört sich das?

Besonders zu Zeiten der Pandemie

Hat man früher des Öfteren von Eltern, Lehrern, Erziehern oder sonst wem gehört, der auf „law and order“ bedacht war: das gehört sich nicht!

Aber wenn man sich an diese „Benimm-Regeln“ gehalten hat, war man ziemlich sicher, richtig zu liegen. Natürlich hat das alles auch bei uns Jungen damals Widerspruch (manchmal sogar Gelächter) herausgefordert, aber besonders rebellisch bezüglich dieser Regeln waren eigentlich nur wenige, ich gehörte damals nicht unbedingt in allem dazu.

Benimm-Regeln im gesellschaftlichen Umfeld hat man in der Tanzschule gelernt. Daran hat man sich dann doch nicht immer gehalten, vieles schien schon damals absurd.

Historisch gesehen, gab es „den Knigge“: Über den Umgang mit Menschen ist das bekannteste Werk des deutschen Schriftstellers Adolph Freiherr Knigge (1752–1796). Es erschien erstmals im Jahre 1788. Das Buch beschäftigt sich mit „guten Umgangsformen“. Das Buch über den Umgang mit Menschen war schon zu Knigges Lebenszeit ein Erfolg. Nach seinem Tod wurde sein Buch wiederholt von Herausgebern umgeschrieben und in neuer Gestalt publiziert. Im Laufe der Zeit wurde es so immer mehr zu einer „Anstandsfibel“, einer Einführung in Anstandsregeln; der „moderne Knigge“ war geboren. So steht heutzutage der Name „Knigge“ für Benimmratgeber, und der Ausdruck „Knigge“ bedeutet zumeist so viel wie „gute Manieren“ oder auch „gutes Benehmen“, was viele als Übernehmen höfischen Benehmens verstanden. Doch dieser Gebrauch beruht weitgehend auf einem Irrtum. 2017 erschien in Zürich ein Original-Knigge in modernem Deutsch. Bei uns in Österreich übt diese Funktion der „Elmayer“ aus, Gutes Benehmen wieder gefragt.

Wenn man das jungen Menschen so sagt, dann – uijegerl, kommt unweigerlich: wer sagt das? Ist er/sie dazu befugt? Warum gehört sich das nicht? Heutzutage sagt man es daher besser nicht, es fordert nur endlose Diskussionen, weniger über das „was“ als das warum, hervor.

Heißt das jetzt, dass es keine „Standards“ mehr gibt?

Aus sehr aktueller Sicht beschäftigt sich der Autor Richard David Precht in seinem Buch „von der Pflicht“ mit diesem Thema. Richard David Precht (* 8. Dezember 1964 in Solingen) ist ein deutscher Philosoph, Schriftsteller, Publizist und Moderator.

In den Jahren 2020 und 2021, der Zeit der Covid-19-Pandemie, ereignete sich ein bemerkenswertes Schauspiel. Während der weitaus größte Teil der Menschen Empathie mit den Schwachen und besonders Gefährdeten zeigte, entpflichtete sich eine Minderheit davon und rebellierte gegen die staatlichen Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit aller Bürger. Eine Minderheit verhält uneinsichtig und rebellisch. Zunächst wurden das Maskentragen, Hygieneregeln und Rücksicht von vielen begrüßt. Markige Politiker zogen in Umfragen davon. Mittlerweile empfinden Menschen ein wachsendes Unbehagen gegenüber dem Staat und den Lockdown-Maßnahmen. Die Aufgabe des Staates ist – laut Precht – demnach nicht der Schutz des Menschen (und seines teils unvernünftigen Verhaltens) voreinander, sondern vor Ansteckung. Der Staat soll für Sicherheit und Gemeinwohl sorgen.

Für Richard David Precht ein Anlass, darüber nachzudenken, was eigentlich die Pflicht des Fürsorge- und Vorsorgestaates gegenüber seinen Bürgern ist und was die Pflicht seiner Bürger. Was schulden wir dem Staat und was sind die Rechte der Anderen auf uns? Die Frage führt ein Dilemma vor Augen: Auf der einen Seite sind wir darauf konditioniert, egoistische Konsumenten zu sein. Und auf der anderen Seite braucht der Staat zu seinem Funktionieren genau das Gegenteil, nämlich solidarische Staatsbürger.

Als ein „großes Erwachen“ aus selbstverständlichen Gewohnheiten und Sichtweisen erwägt Precht die Corona-Krise. Menschliche Anpassungsfähigkeit wisse unter diesen Umständen nicht mehr, woran sie sich anpassen solle. Viren nicht als Computerviren, sondern im biologischen Sinne wahrzunehmen, müsse erst wieder gelernt werden. Die Rückkehr der Biologie im Zeichen des Virus weise in eine andere Richtung als die der bedingungslosen technologischen Expansion. Die Globalisierung sieht Precht angesichts der Corona-Pandemie nicht am Ende, auch wenn diese deren Fragilität zeige. Nötig seien Korrekturen mit Rücksicht auf regionale und analoge Bedürfnisse. Eine verminderte Dynamik des „Schneller-Höher-Weiter-Mehr“ und Raumgewinn für das Miteinander erscheinen Precht zwar nicht sonderlich wahrscheinlich, doch hält er einen nachhaltigen Wiederaufbau immerhin für möglich. Aber Empathie, Gemeindewohl, Rücksicht – wie können solche Werte gefördert werden?

Precht ist nicht der erste Philosoph, der „Lebensregeln“ aufstellt. Schon in der Antike (Griechenland) richtete man sich nach den vier Kardinaltugenden aus:

  • verständig,
  • gerecht,
  • fromm (im Sinne von besonnen, klug)
  • tapfer (im Sinne von gut)

Man kann das jetzt über das Mittelalter (christlich geprägt) die Aufklärung hindurch verfolgen, man kann bei anderen Ländern überprüfen, in der Gegenwart analysieren: viel hat sich nicht geändert, an den Anforderungen an den Menschen. Nur beim Einhalten, da hapert’s, damals wie heute – besonders in Pandemiezeiten.

G’hört sich das?

Rund um Wachauer Marillen

Gestern hat mir eine liebe Freundin einen Korb Marillen aus der Wachau gebracht, frisch gepflückt – aus Dürnstein. Wachauer Marille ist eine geschützte Ursprungsbezeichnung für Marillen (Aprikosen) aus dem Gebiet der Wachau und einiger angrenzender Gemeinden Niederösterreichs. Wie haben sie mich doch angelacht, ich konnte nicht widerstehen, und habe umgehend einen Teil davon verzehrt (ja also besser: genossen). Der Name „Marille“ für Aprikosen ist bereits um das Jahr 1509 in der Wachau nachgewiesen. Ab 1890 erfolgte dort in großem Stil die Einführung der Marille als Ertragsobst. Seither ist der Marillenanbau ein traditionell wichtiger Erwerbszweig dieser Region. Bei der Wachauer Marille handelt es sich ausnahmslos um regionaltypische Sorten von Kegel-, Ananas- und Oval- bzw. Rosenmarillen. Hauptsächlich wird die Sorte „Klosterneuburger“ („Ungarische Beste“) angebaut.

Die Marille/Aprikose war in Armenien schon in der Antike bekannt und wird dort schon so lange angebaut, dass häufig angenommen wird, dass dies ihre ursprüngliche Heimat sei. Andere Quellen lokalisieren den genetischen Ursprung in China, und wiederum andere Quellen besagen, dass die Aprikose um 3.000 vor Christus zuerst in Indien kultiviert worden sei.

Traditionelles Anbaugebiet für Aprikosen ist unter anderem die ungarische Tiefebene. Die Türken besaßen zur Zeit ihrer Herrschaft über diese Ebene riesige Aprikosenplantagen, jedoch verödeten diese Gärten nach dem Abzug der Türken. Mit dem Obstanbau begann man in der Tiefebene erst wieder zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als sich diese Ebene aufgrund heftiger Sandstürme in eine einzige Sandwüste zu verwandeln drohte. Zum Binden des Flugsands erwiesen sich Aprikosenbäume als besonders geeignet, da sie nicht nur sandigen Boden, sondern auch Hitze und Trockenheit vertragen.

Das weltweit größte Anbaugebiet für Aprikosen liegt in der osttürkischen Provinz Malatya am Oberlauf des Euphrat. Dort werden die süßen Aprikosen entsteint und als ganze Frucht getrocknet. Mittlerweile stammen ca. 95 % der in Europa gehandelten getrockneten Aprikosen aus Malatya.

In Europa wurden Aprikosen lange Zeit für Aphrodisiaka gehalten. In diesem Zusammenhang tauchen sie auch z.B. in William Shakespeares Ein Sommernachtstraum auf. In China steht die Aprikose als Symbol sowohl für die weibliche Schönheit als auch für den Wunsch nach Kindern.

Bei uns isst man besonders gern Marillenknödel bzw. trinkt auch den guten Marillenlikör.  

Und dann gibt’s noch meine eigene Geschichte zu Wachauer Marillen und die stammt aus dem Jahr 1945. Wir – meine Mutter und ich – waren nach Kriegsende gleich nach Wien gekommen um nach unserer Wohnung und Habe zu sehen. Die Wohnung war nicht zerbombt, hatte nur Löcher in der Mauer und ausschließlich kaputte Fenster. Aber um unsere Nahrungsversorgung für den Winter zu sichern, fuhr meine Mutter zur Marillenerntezeit in die Wachau. Das sagt sich so leicht, war aber schwierig, denn Züge fuhren, wenn überhaupt, dann sehr unregelmäßig, waren total überfüllt. Also war es unmöglich, vorherzusagen, wann meine Mutter zurückkehren würde. Außerdem waren das Land und die Stadt von den Russen besetzt, deren Verhalten auch wenig vorhersehbar war. Die Reise meiner Mutter glich eher einer Expedition. Ich wurde einer Nachbarin anvertraut und fürchtete mich, ob und wann meine Mutter zurückkehren würde. Außerdem – ich war 10 Jahre alt – hörte ich in der Nacht ein Käuzchen rufen, und irgendwer hatte mir eingeredet, dass ein Käuzchenruf den baldigen Tod einer Person verkündete.

Also meine Mutter kam heil wieder zurück, beladen mit Koffern (und einem Rucksack) voll ziemlich reifer Marillen. Der Transport vom Bahnhof war schwierig, und nur gegen Überlassung von Marillen half ein Dienstmann meiner Mutter.

Ich kann mich gut erinnern, ich saß mitten im Vorzimmer und entkernte die süßen, reifen Marillen (wobei ein guter Teil „ins Kröpfchen und nicht ins Töpfchen“ ging). Die Kerne wurden sorgsam aufgehoben, später mit einem Hammer zerschlagen und die Kerne (die zwar eigentlich giftig sind – Blausäure ist enthalten) getrocknet und als Mandelersatz (für die wenigen weihnachtlichen Vanillekipferl) aufbewahrt. Meine Mutter verteilte inzwischen Marillen, an die Nachbarin, die auf mich aufgepasst hatte, an eine andere Nachbarin, die noch über einen beheizbaren Herd verfügte (Gas gab es nur stundenweise und war daher zum Einkochen ungeeignet), einer weiteren Person, die uns Holz zum Heizen des Herdes überließ. Jetzt wurde eingekocht, Zucker gab’s keinen, von Pektin oder Ähnlichem war nicht einmal die Rede.  Auch Gläser zum Abfüllen der Marmelade mussten zusammengeschnorrt werden, dafür wurde fertige Marillenmarmelade verlangt. Nur gut, dass meine Mutter so viele Marillen mitgebracht hatte – in den Koffern (!), im Rucksack etc.

Die Marmelade war natürlich nicht besonders haltbar, da der Zucker fehlte und auch kein Zellophanpapier zum Verschließen vorhanden war, aber sie war, genauso köstlich wie diese reifen Marillen und leider sehr bald aufgebraucht.

Marillenmarmelade zählt noch immer zu meinen Lieblingsmarmeladen!

Rund um Wachauer Marillen

Das Menetekel: der Aralsee

Nur ganz kurz zur Erläuterung: Als Menetekel bezeichnet man eine unheilverkündende Warnung, einen ernsten Mahnruf oder ein Vorzeichen drohenden Unheils. Der Begriff stammt aus dem Alten Testament, Gott soll dem König Belsazar als Ankündigung seines baldigen Todes und des Untergangs seines Königreiches die Schrift an der Wand gezeigt haben.

Jetzt zurück zum Aralsee: Der Aralsee (im Altertum Oxiana) war ein großer, abflussloser Salzsee in Zentralasien. Durch lang andauernde Austrocknung zerfiel der See um die Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert in mehrere erheblich kleinere Teile. Die seit etwa 1960 zunehmende Austrocknung des Sees stellt weltweit eine der größten vom Menschen verursachten Umweltkatastrophen dar. Mit ursprünglich rund 68.000 Quadratkilometern Ausdehnung (beinahe die Fläche Bayerns) war der Aralsee bis Anfang der 1960er-Jahre der viertgrößte Binnensee der Erde. Der See liegt in Turan, in dieser Region herrscht semiarides Klima. Sie ist Teil der Eurasischen Steppe, wobei der Bewuchs der einer Trockensteppe ist. Pro Jahr fallen zwischen 30 und 200 Millimeter Niederschlag, am See etwa 100 Millimeter.

Aufgrund natürlicher Klimaschwankungen und tektonischen Bewegungen war der Spiegel des Aralsees mehrmals großen Schwankungen unterworfen. In der Bronze- und der Eisenzeit (von 3000 bis 500 v. Chr.) lag der Wasserspiegel des Sees so tief, dass Menschen in 42 bis 46 Meter Höhe über dem Meeresspiegel siedelten. Rund 10 Meter höher wurden Siedlungen aus der Spätantike und dem frühen Mittelalter gefunden. Geologische Beobachtungen von Sedimentprofilen weisen darauf hin, dass der Seespiegel um 3000 und 1000 v. Chr. mit 65 bzw. 73 Metern deutlich höher als heute gelegen war. Vermutet wird, dass der Amudarja, der zuvor ins Kaspische Meer abgeflossen war, durch tektonische Bewegungen in den Aralsee umgeleitet wurde, sodass das Aralbecken vollständig gefüllt wurde. Vom 13. Jahrhundert bis Mitte des 16. Jahrhunderts dürfte der Amudarja erneut in das Kaspische Meer geflossen sein. Um das Jahr 1200 muss der See bereits einmal nahezu ausgetrocknet gewesen sein; eine Siedlung aus dem 13. Jahrhundert lag nur 32 Meter über dem Meeresspiegel.

Bis ins 17. Jahrhundert verlagerte der Amudarja sein Flussbett so weit nach Osten, dass er erneut in den Aralsee floss. Erst 1850 brachte die russische Marine eine erste genauere Karte heraus. Seit Beginn der Messungen Ende des 18. Jahrhunderts bis zu den sowjetischen Eingriffen in den Wasserhaushalt ab den 1960er-Jahren variierte die Höhe des Wasserspiegels über dem Meeresspiegel um 4,40 Meter.

Aus dem Jahr 1852 existieren Berichte, die vom Reichtum an Karpfen, Welsen, Stören, Pelikanen, Möwen, Igeln, Ziegen, Antilopen, Wölfen und Tigern im und um den See erzählen. Der See war damals schwach brackig (Salinität etwas über 1 ‰).

Die Hauptzuflüsse sind traditionell die Flüsse Amudarja (vom Süden herkommend) und Syrdarja (vom Osten). Ihnen werden seit der Stalinära (1929–1953) große Wassermengen für die künstliche Bewässerung riesiger Anbauflächen für Baumwolle in Kasachstan und Usbekistan entnommen. Durch den geringeren Zufluss sank seitdem der Wasserspiegel des Sees kontinuierlich. In diesen Gegenden sieht man noch heute die Baumwollblüte als Symbol auf öffentlichen Gebäuden. Seit den 1960er Jahren bis 1997 sank der Wasserspiegel um 18 Meter von 53 Meter auf 35 Meter und die Fläche des Sees ging um 44,3 Prozent auf 29.630 Quadratkilometer zurück. Das Wasservolumen reduzierte sich um 90 Prozent, gleichzeitig vervierfachte sich der Salzgehalt.

Die ehemals im See gelegene Insel der Wiedergeburt diente dem sowjetischen Militär und der sowjetischen Behörde Biopreparat von 1936 bis 1991 über viele Jahre als Testgelände von Biowaffen. Unter anderem wurden die Erreger von Milzbrand, Pest und Tularämie erprobt.

Zu Ende der Sowjetzeit zerfiel der Aralsee durch Verlandung in zwei Hauptteile: den südlichen Großen Aralsee und den nördlichen Kleinen Aralsee. Der Aibugirsee stellte vormals einen sich südwestlich des Großen Aralsees weit über 100 km nach Süden streckenden Teil des Aralsees dar, der sich allerdings schon vor 1960 abgetrennt hatte.

Der Wasserspiegel sank im Großen Aralsee schneller als vorausgesagt. Die starke landwirtschaftliche Nutzung und die sich beschleunigende Verlandung des abflusslosen Salzsees führten in den letzten 30 Jahren zur zunehmenden Versalzung des Sees, der Uferregionen und auch umgebender Bereiche. In den trocken gefallenen Gebieten rund um den See finden sich an vielen Stellen Dünen, bei denen es sich um eine Ansammlung vom Wind angewehter Salze handelt. Die früher östlich des Sees beginnende Kysylkum-Wüste reicht mittlerweile bis an den See heran, die sehr salzreichen Dünen teilweise bis in den See hinein. Die Wüste dehnt sich auch zunehmend in die fruchtbaren landwirtschaftlichen Bereiche südlich des Sees hin aus.

Gleichzeitig mit der Austrocknung stieg auch der Salzgehalt des Wassers an, was ein Fischsterben mit dem Niedergang von Fischerei nach sich zog. Nach dem Rückzug der Wasserlinie bleibt eine Salz- und Staubwüste, die durch jahrzehntelange hohe Einträge an künstlichen Düngemitteln, Herbiziden, Pestiziden und anderen Schadstoffen zudem sehr gesundheitsgefährdend ist. Im Staub in der Region um den Aralsee findet sich bis heute die chemisch sehr stabile und hochgiftige Verbindung TCDD, ein Nebenprodukt unsauber hergestellter Herbizide. Unter exzessiver Verwendung dieser verunreinigten Herbizide wurden vor der maschinellen Baumwollernte die durch die Umleitung der Flüsse bewässerten Plantagen entlaubt. Seit den 1970er Jahren stieg die Zahl der Magen- und Darmerkrankungen sowie die der Krankheiten der Atmungsorgane sprunghaft an. So breiteten sich Typhus, Paratyphus, Hepatitis und Tuberkulose aus. Die Kindersterblichkeit ist viermal höher als in Russland.

Um zumindest den kleineren (nördlichen) Teil des Aralsees zu retten, wurde in den 1990er Jahren von Kasachstan ein Deich gebaut, um das Wasser zurückzuhalten. Während seines Bestehens erhöhte sich der Wasserspiegel im Kleinen Aralsee, das Klima verbesserte sich und es konnten wieder mehr Fische gefangen werden. Aufgrund der unzulänglichen Bauweise brach dieser Damm jedoch nach kurzer Zeit.

Jetzt kommt es zu Zwistigkeiten zwischen den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion, da jeder versucht „seinen“ Teil des Aralsees zu verbessern.

Und was bedeutet das alles für uns hier und heute?

Das Menetekel: der Aralsee

Gedanken zur islamischen (Bau-)kultur – anhand von Bauten in Turkmenistan

Heute hat mir eine liebe Freundin faszinierende Bilder von ihrer Reise nach Turkmenistan gezeigt. Ich hatte leider nie die Gelegenheit, dorthin zu kommen – und jetzt ist es halt leider zu spät (schon allein deshalb, weil nahezu 95 % der Landfläche von der Wüste Karakum eingenommen werden, die sowohl aus Sand- als auch Geröllwüstengebieten besteht).

Dennoch haben mich diese Bilder angeregt, nachzudenken. Es ist schon faszinierend, dass alle diese alten Moscheen, Medresen und Karawansereien trotz Sowjetherrschaft noch immer vorhanden sind und jetzt langsam restauriert werden. Geld gibt es ja genug, das Land hat reiche Vorräte an Erdgas. Denn bis 1894 hatte das Russische Reich die Herrschaft über Turkmenistan erlangt. Die Oktoberrevolution von 1917 in Russland führte zu einer Phase der Instabilität. Nach einer britischen Militärintervention in den Jahren 1918/1919 folgte die Eingliederung Turkmenistans in die Turkestanische ASSR. Die Ausrufung der Turkmenischen Sozialistischen Sowjetrepublik als eine der Republiken der Sowjetunion erfolgte im Jahre 1925. Zu dieser Zeit wurden die heutigen Staatsgrenzen Turkmenistans gezogen.

Aber der Stil der vielen Gebäude, die ich da bewundern konnte, mit den grandiosen Fayencen dekoriert, oder einfach nur mit Mustern aus Ziegeln geschmückt, hat sich über die Jahrhunderte kaum geändert. Es ist fast unmöglich zu sagen, wann welches Gebäude wann errichtet worden ist. Woher kommt dieser „Stillstand“?  

War das in der Geschichte der Region begründet? Ich glaube, vieles was an frühem kulturellem Erbe vorhanden ist, wurde noch von Alexander dem Großen und seinen Truppen grundgelegt. Alexander der Große eroberte das Gebiet im 4. Jahrhundert v. Chr. auf seinem Weg nach Indien. 150 Jahre später errichtete das Partherreich seine Hauptstadt in Nisa, einem Gebiet um das heutige Aşgabat. In der Spätantike standen Teile des Gebiets unter Herrschaft des Sassanidenreichs und der iranischen Hunnen. Im frühen 8. Jahrhundert n. Chr. nahmen die Araber die Region ein, wodurch die Bevölkerung mit dem Islam und der Kultur des Nahen Ostens in Berührung kam. Um diese Zeit entwickelte sich die Seidenstraße zu einem wichtigen Handelsweg zwischen Asien und Europa. Schon bald wurde das Gebiet des heutigen Turkmenistans als Chorasan bekannt, als der Kalif der Abbasiden, al-Ma’mūn (geboren um 786; gestorben am 9. August 833), Merw (die Reste davon sind einfach großartig) zu seiner Hauptstadt erhob. Das war damals die hohe Zeit des Islam, indem Wissen (und Bücher) als höchstes Gut geschätzt wurden. Damals wurde dieser phänomenale Stil entwickelt, den wir heute noch so ansprechend empfinden.

Mitte des 11. Jahrhunderts versuchten die Seldschuken über Turkmenistan in Afghanistan einzufallen. Das Seldschukenreich zerfiel im späten 12. Jahrhundert und die Turkmenen verloren ihre Unabhängigkeit, als Dschingis Khan (* wahrscheinlich um 1155, 1162 oder 1167; † wahrscheinlich am 18. August 1227) auf seinem Zug nach Europa die Kontrolle über die Regionen östlich des Kaspischen Meeres erlangte. Tamerlan, oder Timur Lenk (* 8. April 1336; † 19. Februar 1405) wurde sogar in Turkmenistan begraben, Timurs Herrschaft ist gekennzeichnet durch Brutalität und Tyrannei. Gleichzeitig galt er als großzügiger Kunst- und Literaturförderer und erkannte durch Unterredungen mit Ibn Chaldūn (geboren am 27. Mai 1332; gestorben am 17. März 1406), die dieser in seiner Autobiographie beschrieb, die Bedeutung von Wissen. Die nächsten Jahrhunderte lang lebten die Turkmenen unter verschiedenen Herrschern und führten Stammeskriege untereinander. Über die turkmenische Geschichte vor der Besetzung durch Russland im 19. Jahrhundert ist wenig bekannt.

Lag also der Grund für diesen kulturellen Stillstand im Land selbst – Stammeskriege – oder war es der allgemeine Niedergang der islamischen Welt – vor allem im Vergleich mit der stürmischen Weiterentwicklung im Westen. Im elften oder zwölften Jahrhundert christlicher Zeitrechnung beziehungsweise im vierten oder fünften Jahrhundert islamischer Zeitrechnung erklärten immer mehr islamische Rechtsgelehrte die „Tore des Idschtihād“ für geschlossen, was dann auch zum allgemeinen Konsens wurde und unangefochten bis ins 19. Jahrhundert so blieb. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts traten Persönlichkeiten wie Dschamal ad-Din al-Afghani oder Muhammad Abduh hervor, die sich um eine Erneuerung der islamischen Glaubenspraxis und Rechtsprechung bemühten. Seitdem gab und gibt es immer wieder Versuche Einzelner oder bestimmter Gruppen, die „Tore des Idschtihād“ wieder zu öffnen, oder sie wurden sogar tatsächlich von einigen in der Praxis geöffnet, was aber weder der fundamentalistische noch der konservative Islam bisher anerkannt haben. Das Faktum, dass die „Tore des Idschtihād“ aber mindestens 600, wenn nicht gar 800 Jahre geschlossen waren, wird jedoch nie bestritten.

Und wirkte sich das wirklich auch auf die Baukultur aus?

Gedanken zur islamischen (Bau-)kultur – anhand von Bauten in Turkmenistan

Gedanken zu zwei Jahrestagen: Weltflüchtlingskonvention und Earth Overshoot Day

Die verursachenden Ereignisse hängen zusammen

70 Jahre ist es her, dass man sich auf die Genfer Flüchtlingskonvention geeinigt hatte. Ich weiß schon, das haben sie in der Zeitung Ihrer Wahl gelesen oder auch im Rundfunkt gehört und auch im Fernsehen gesehen. Jetzt, so meinen Sie wahrscheinlich, brauchen Sie nicht auch noch meinen Krenn dazu.

Vielleicht werden Sie auch sagen, wir haben schon genug Flüchtlinge bei uns, alle können wir ohnedies nicht nehmen, integrieren wir lieber die, die schon da sind. Sie wollen es vielleicht nicht mehr hören, wie viele bei ihrer Flucht im Mittelmeer ertrinken, von Schleppern betrogen werden etc. etc.

Und doch! Wir alle müssen darüber nachdenken und unserer Politiker anhalten, endlich sinnvolle Lösungen zu finden um Menschen zu helfen, die aus den unterschiedlichsten Gründen flüchten. Und es halt schwer, zu unterscheiden, aus welchen Gründen Menschen ihre Heimat verlassen, ob diese Gründe „legitim“ sind – und wir die Flüchtlinge behalten, oder ob es nicht valide Gründe sind – und wir sollten (wenn wir das können) die Flüchtlinge zurückschicken, woher sie kamen.  

Aber so einfach ist das nicht mehr. Die Flüchtlingskonvention wurde aus dem Zweiten Weltkrieg geboren. Da flohen Europäer, weil sie um ihr nacktes Leben fürchten mussten. Jenen, denen ein Grenzübertritt oder Aufnahme in andere Länder nicht geglückt sind, kamen meist ins KZ, wo sie ein grausames Schicksal erwartete. Auch damals, als diese Flüchtlinge des Dritten Reiches geflohen sind, wusste man nicht, was sie bei ihrer Zurückweisung erwartete. Das wusste man erst nachher, als die KZs befreit worden waren.

Auch heute weiß keiner genau, wohin man Flüchtlinge zurückweist, zurückschickt. Welches Schicksal wirklich dort auf sie wartet. Ich denke da z.B. an Afghanistan.

Die Flüchtlingskonvention, so scheint mir, ist vor 70 Jahren von weißen Männern für Europäer erdacht worden. Es ist hoch an der Zeit, sie gemeinsam, weltweit den heutigen Gegebenheiten anzupassen.

Und auf noch einen „Tag“ möchte ich verweisen. Normalerweise bin ich kein Freund dieser Tage, aber dieser, morgen am 29. Juli scheint mir doch wichtig zu sein – und im ursächlichen Zusammenhang mit den unzähligen umherirrenden Flüchtlingen zu stehen. Der Earth Overshoot Day. Der Earth Overshoot Day – oder Welterschöpfungstag – fällt 2021 auf den 29. Juli: Ab diesem Tag verbrauchen „wir“ mehr natürliche Ressourcen als nachwachsen können. Dieses Jahr liegt der Tag wieder extrem früh. Am Earth Overshoot Day – auch „Erdüberlastungstag“ oder „Welterschöpfungstag“ genannt – haben wir das Ressourcenbudget der Natur für das ganze Jahr aufgebraucht, d.h. die globale Nachfrage nach natürlichen Ressourcen überschreitet die Fähigkeit der Erde, diese Ressourcen auf nachhaltige Weise (also nachwachsend) zur Verfügung zu stellen.

Der Rückgang 2020 war – vor allem im Holzverbrauch und der Verbrennung fossiler Brennstoffe – eine direkte Folge der weltweiten COVID-19-Quarantänen und -Lockdowns. Doch 2021 zeigt: Von einer Trendwende kann noch keine Rede sein – der ökologische Fußabdruck der Menschheit ist nun wieder erschreckend groß.

Vor vierzig Jahren, im Jahr 1981 fiel der Erdüberlastungstag noch auf den 11. November, zehn Jahre später, 1991, auf den 9. Oktober. 2001 war er bereits auf den 21. September vorgerückt und vor zehn Jahren auf den 3. August. 2019 fiel er erstmalig schon auf den 29. Juli und 2021 wird es wieder der 29. Juli. Die zwischenzeitliche Verschiebung des Earth Overshoot Day nach hinten auf den 22. August bleibt aktuell (pandemiebedingt) eine Ausnahme. Das bedeutet: Um den gegenwärtigen Ressourcenverbrauch der Menschheit zu decken, bräuchten wir mittlerweile 1,7 Erden. So wird der Earth Overshoot Day ermittelt: Zunächst wird die Biokapazität der Erde berechnet. Damit ist die Fähigkeit der Erde gemeint, die vom Menschen verbrauchten Ressourcen zu erneuern und Schadstoffe – wie Treibhausgase – abzubauen. Die Biokapazität stellt man dem globalen ökologischen Fußabdruck gegenüber. Dieser misst, wie viele natürliche Ressourcen der Mensch verbraucht. Ist der Verbrauch dieser Ressourcen größer als der Nachschub, spricht man vom „Overshoot“ – der ökologischen Verschuldung. Den Faktor legt man dann auf die Skala eines Jahres an. Die Formel lautet stark vereinfacht: Biokapazität der Erde / Bioverbrauch der Erde * 365 Tage. Das Resultat der Berechnung für 2021 ist eine Zunahme des Carbon-Footprints von 6,6 Prozent im Vergleich zu 2020.

CO2-Emissionen machen 60% vom Overshoot aus, denn etwas 60 Prozent des ökologischen Fußabdrucks der Menschheit beruhen auf CO2-Emissionen.

Und vielleicht sollten wir darüber nachdenken, woher die Flüchtlinge kommen und wo der große Ressourcenverbracht stattfindet. Ja, es stimmt: die Industrienationen sind größtenteils schuld am Ressourcenverbrauch. Und dorthin wollen auch die Flüchtlinge!

Gedanken zu zwei Jahrestagen: Weltflüchtlingskonvention und Earth Overshoot Day

Summer in the City

Der Text dieses Songs beschreibt die Situation recht gut:

Hot town, summer in the city

Back of my neck gettin‘ dirt and gritty

Been down, isn’t it a pity?

Doesn’t seem to be a shadow in the city

All around people looking half-dead

Walking on the sidewalk, hotter than a matchhead

Manchmal, wenn ich so durch die Stadt gehe, stelle ich meine Überlegungen an … Der Neue Markt zeigt schon, wie er vielleicht aussehen wird. Ein Teil des Platzes ist schon „gepflastert“, Teile des Donner-Brunnenrandes schon zusammengestellt. Der “Steg“ in der Mitte, von dem man besonders gut den Baufortschritt beobachten konnte, ist schon abgebaut und man kann den Platz schon queren. Soweit – so sehr gut. Es wird schon noch dauern, bis das Ganze fertig sein wird.

Gestern habe ich also diesen Platz am Nachmittag gequert – er lag teilweise in der Sonne und der helle Stein gleiste und es war wirklich sehr heiß. Da habe ich mir überlegt, ob auf diesen Platz – über einer Garage – auch Bäume gepflanzt werden könne, und ob das vorgesehen ist?

Sie werden sagen, dass der Platz in der Stadt liegt, dass man versucht seinen früheren optischen Status wiederherzustellen. Schließlich gibt es in dieser Stadt den Dankmalschutz, – den wir uns manchmal, in anderen Fällen dringend wünschen.

Aber sollte beim Städtebau, beim Verbau des öffentlichen Raumes nicht bedacht werden, dass sich unser Klima radikal ändert, dass wir klimatische Verhältnisse fast wie im Süden, in Italien haben.  Dass wir sehr viel Boden komplett versigelt haben. Und dass wir – unter diesen Umständen -, nämlich wir die wir hier wohnen bzw. hier arbeiten oder vielleicht auch noch hier einkaufen, eine andere Art von Schutz brauchen, als das vielleicht früher notwendig gewesen wäre.  Ich meine halt, dass ein paar Palmen in Töpfen nicht das Klima auf großen Plätzen verbessern werden, da bedürfte es schon ein paar „handfester“ ordentlich belaubter Bäume. Den ebenso dringend benötigten Brunnen – den Donnerbrunnen gibt es ja dort schon. Aber es gibt auch andere heiße Plätze in Wien, und die paar „Duschen“, die bei den Trinkbrunnen angebaut sind, werden kaum die nötige Abkühlung schaffen.

Mir fällt da gleich der Michaelerplatz ein. Also schön ist das Loch in der Mitte nicht, und was es zu sehen gibt, ist wahrhaft nicht spektakulär. Die Pflasterung, die möglicherweise jener der vorigen Jahrhunderte entspricht, rüttelt jeden Fahrgast eines Autos durch, ist recht unangenehm für Fahrräder und für Rollstühle fast nicht geeignet, weil man da in den Rillen hängen bliebt, gar nicht behindertengerecht. Mit Kinderwägen habe ich es nicht ausprobiert. Und laut ist es außerdem! Ich habe gelesen, dass die Kaufleute des Platzes einen Umbau planen. Bitte bedenken Sie, dass auch dieser Platz ziemlich heiß wird, im Sommer, ja, es gibt zwei Brunnen an beiden Enden, aber der Rest ist wirklich verbesserungswürdig – und bitte nicht wieder den Vorwand vorbringen, „das Pflaster entspricht jenem vor xxx Jahren und daher den Wünschen des Denkmalamtes!“

Auch der Josephsplatz liegt lange Zeit im Sommer in der Sonne. Seit dort der Eingang zum Parlament liegt, hat man begonnen, einige Tröge mit Büschen und Blumen aufzustellen. Das ist zugegebenermaßen durchaus hübsch, aber für den Platz eindeutig zu wenig um ihn nicht nur zu „behübschen“, sondern gegebenen Falles auch zu kühlen.  

Und dann noch jener Ort, dessen Begrünung ich schon mehrmals moniert habe: der Schwarzenbergplatz, einer der heißesten der Stadt. In der Gegend des Hochstrahlbrunnens wurde so ein Sprühgerät aufgestellt: falscher Platz, denn wenn der Wind weht, werden die Tröpfchen ohnedies vertragen! Aber der vordere Teil des Platzes, zum Ring hin, ist glühend heiß (besonders die Straßenbahnhaltestelle). Und es gibt dort einen gepflasterten Mittelstreifen – der wirklich zu nichts dient, ist keine Verkehrsfläche für Autos oder Straßenbahn, dort fährt kein Radfahrer, dort geht kein Fußgänger. Nur kleine Pflastersteine – hügelig verlegt, ein Denkmal und ein Kunstobjekt. Also dieser Boden muss doch nicht versigelt sein. Dort könnte entweder Gras wachsen oder niedrige Büsche gepflanzt werden (wie z.B. beim Bundeskanzleramt, an der Seite).

Ich habe gehört, dass das der Platz nicht verändert werden sollte, da er doch von einem Architekten so geplant war. Schon möglich, aber was sollte in einer Stadt Vorrang haben: doch das Wohl der Bürger, die hier wohnen und aber auch jener Gäste, die die Stadt besuchen. Und „verschandeln“, das ist wohl ein recht subjektiver Begriff (ich finde auch die Leuchten am Schwarzenbergplatz ziemlich unhübsch).

Und noch etwas: es gibt so viele asphaltierte Höfe in Wien, selbst wenn sie als Parkraum verwendet werden, kann man doch dennoch kleine Pflastersteine locker verlegen und dazwischen Gras wachsen lassen, die Bewohner würden’s danken!

Also, dies ist eine Bitte an die Stadt- und Bezirksplanung und auch eine an das Denkmalamt. Springen Sie doch bitte über Ihren Schatten und tun Sie alles, um die Stadt NATÜRLICH, also durch Begrünung, durch Bepflanzung, kühler zu machen. Und das möglichst rasch!

Summer in the City

Wo ist Ihr Lieblings-Eissalon?

Gehen Sie auch gerne zuweilen in einen Eissalon – nicht nur um sich schnell ein Schleck-Eis zu holen, sondern sich dort niederzulassen, an einem der Marmortischchen, die Eiskarte studieren, und irgendeine Kombination aus verschiedenen Eissorten, Früchten, Schlagobers (viel) und eventuell Schokoladesauce mit einem Schirmchen obendrauf mit einem exotischen Namen bestellen? Haben Sie auch einen Lieblingseissalon, besser gesagt einen Lieblingsitaliener? Manches kann man nur in bestimmten Eisgeschäften „erobern“, da muss man dann aber auch hinfahren, z.B.um die Eismarillenknödel vom Tichy zu holen.

Angeblich erzeugte der Sizilianer Francesco Procopio, ein ehemaliger Koch des Sonnenkönigs Ludwig XIV., 1675 in Paris erstmalig „Gefrorenes“ in seiner heutigen, festen Form. In Wien wurde es erst nach der Zweiten Türkenbelagerung bekannt (Ende 17. Jahrhundert), blieb aber anfangs als Spezialität dem Adel vorbehalten. Mitte des 18. Jahrhunderts konnte man Frucht- und Schokoladeeis auch bereits in den Limonadehütten der Innenstadt konsumieren, doch behinderte der hohe Preis (12-30 Kreuzer pro Becher) eine weitere Verbreitung.

Die eigentlichen Erzeuger waren meist Italiener, drei Viertel stammen angeblich aus dem Val di Zoldo in der Provinz Belluno in den Dolomiten. Dies liegt hauptsächlich an der um 1850 herrschenden Armut der dortigen Bevölkerung, die sich daraufhin auf die Speiseeisproduktion spezialisierte. Viele gingen nach Österreich und in der Weimarer Zeit auch nach Deutschland, wo ab den späten 1920er-Jahren die „Eisdiele“ (im Gegensatz zum Eissalon oder Gelateria in Österreich) zum Bestandteil der gastronomischen Stadtkultur wurde. Sie waren es, die dazu übergingen, das Eis (das noch ohne Maschinen per Hand erzeugt wurde) im Straßenverkauf mit kleinen rot-weiß gestrichenen Wägelchen anzubieten und die Kunden mittels einer kleinen Glocke anzulocken. Einige Eissorten (meist Himbeer-, Vanille-, Zitronen- und Schokoladeeis) wurden in gekühlten Steingutgefäßen mitgeführt, aus denen das Eis mittels einer Hornspachtel herausgeholt und in „Stanitzeln“ verkauft wurde. Der größere Umsatz drückte die Preise je nach der Größe der Portion auf 2-5 Kreuzer. Solche Wagerln konnte man bis vor kurzem in der Kärntnerstraße, Ecke Stock-im-Eisen-Platz antreffen.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der die Straßen abfahrende Gefrorenesmann (nicht zuletzt aus hygienischen Gründen) allmählich, nach dem Zweiten Weltkrieg fast endgültig von den Eissalons verdrängt.

Zahlreiche Eissalons schlossen früher in den Wintermonaten oder wurden anderweitig genutzt, weil die Inhaber diese umsatzschwache Zeit in Italien verbrachten. Diese Tradition begann sich mit dem Generationenwechsel um die letzte Jahrhundertwende zu ändern. Zum einen übernahmen die Kinder der Betreiber das Geschäft, die keine so starken Bindungen nach Italien haben wie ihre Eltern. Weiterhin ist eine so lange Schließzeit betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll: Mieten und Nebenkosten sowie Löhne sind gegenüber früher deutlich höher, andererseits besuchen an milden Wintertagen durchaus viele Gäste ihre Lieblingseissalons, um eventuell hier ihren Espresso zu trinken oder auch in Wintermonaten einen Eiskaffee als Dessert zu sich zu nehmen.

Selbstverständlich kann man das Eis vom „Lieblingsitaliener“ auch in einer Box nach Hause nehmen, aber es ist halt dann doch nicht dasselbe, als wenn man es aus den meist sehr verschnörkelten Glasschalen oder Bechern im Salon selbst isst.

Eissalons könne zu Glaubensfragen werden. Ich kenne Menschen, denen Eis nur von einem bestimmten Italiener schmeckt und sie nehmen weite Wege auf sich, um dort Eis zu essen. Ich bin nicht ganz so rigoros. Ich favorisiere mehrere Eissalons, weil ich bestimmte Eissorten dort besser finde, als in anderen. Überhaupt mag ich das „fette“ Eis – bereits mit viel Schlagobers gemacht weniger gerne, als das „wässrige“, aber es darf dann doch nicht zu wässrig sein. Und ich brauche ganz eindeutig extra dazu einige Hohlhippen oder Waffeln, selbst wenn sie extra zu bezahlen sind.

Es gibt viele, viele Eissorten – vor allem wird Eis aus fast allen jeweils verfügbaren Früchten erstellt. Ich bin da recht konservativ, ich mag Vanilleeis aber nicht Schokoladeeis. Ein großer Teil meiner Familie schwört auf Nocciolaeis – vom Schwedenplatz. Ein anderer Teil der Familie mag nur das Eis aus der Tuchlauben. Gar nicht meiner Eisvorstellung entsprechen Kräutereis (Basilikum) oder Gemüseeis.

Aber so eine Schale „Banana-Split“ oder „Heiße Liebe“ genossen in einem meiner Eissalons (in der Annagasse oder Himmelpfortgasse) können mich schon locken. Eine erfreuliche Aussicht in diesen schwülen Tagen – bevor noch das Gewitter kommt.

Wo ist Ihr Lieblings-Eissalon?