Zur Geschichte der Reichsbrücke

(Das habe ich noch in meinem Archiv zur Reichsbrücke gefunden. Quelle – damit unbekannt)

Die heutige Reichsbrücke wurde im Jahr 1980 eröffnet, – sie ist der dritte Donauübergang in derselben Achse, der den Namen Reichsbrücke trägt.

Einige Jahre nach dem schweren Hochwasser des Jahres 1830 erwog schon Kaiser Ferdinand I. die Donau zu regulieren und gleichzeitig mehrere Brücken über das dadurch entstehende Strombett zu errichten. Geplant war unter anderem eine Kettenbrücke etwa am Ort der heutigen Reichsbrücke, deren Errichtungskosten auf zwei bis drei Millionen Gulden geschätzt wurden. Diese Pläne kamen jedoch ebenso wie spätere Absichten, stabile Brücken über die unregulierte Donau zu schlagen, vor der Wiener Donauregulierung nicht zur Ausführung; die Projekte kamen über die Planungsphase nicht hinaus. Sämtliche Donaubrücken, ob für den Straßenverkehr oder seit 1838 für die Nordbahn , hatten damals eher provisorischen Charakter: sie wurden regelmäßig von Überschwemmungen oder Eisstößen weggerissen und anschließend neu errichtet.

1868 ordnete schließlich Kaiser Franz Joseph I., der Neffe und Nachfolger Ferdinands, die Regulierung der Donau an. Gleichzeitig sollten endlich „stabile Brücken“ errichtet werden. Mit der Wahl dieses Standortes sollte eine zentrale städtebauliche Achse fortgesetzt werden, die von der Gloriette in Schönbrunn über den Stephansdom und den Praterstern bis zur Donau reichte. Sie sollte  zu einer wichtigen Verkehrsverbindung in die nordöstlichen Gebiete der Monarchie werden. Der Name der Brücke wurde dementsprechend auf „Reichsstraßenbrücke“ festgelegt. Sie wurde mehrmals umbenannt: Während der Bauzeit hatte sie den vorläufigen Namen Reichsstraßenbrücke, nach ihrer Eröffnung hieß sie Kronprinz-Rudolf-Brücke. Die Bezeichnung „Reichsbrücke“ setzte sich aber schon bald im allgemeinen Sprachgebrauch durch. Es war eine eiserne Strombrücke auf fünf Pfeilern, sie bestand von 1876 bis 1937. Nach dem Selbstmord Kronprinz Rudolfs im Jahr 1889 erhielt die Brücke im Volksmund den Namen „Selbstmörderbrücke“. Sie war in den ersten Jahren ihres Betriebs noch kein besonders beliebter Donauübergang: Industrie und Gewerbe siedelten sich nur langsam jenseits der Donau an. Außerdem gab es noch keine nennenswerten Handelswege ins nördlich gelegene Marchfeld: Über die Alte Donau, die dafür hätte überquert werden müssen, führte bis etwa 1900 lediglich eine wackelige Holzbrücke. In den ersten 28 Jahren ihres Betriebs war die Überquerung der Reichsbrücke kostenpflichtig. Ab dem 26.Juni 1898 wurde die Brücke von der Straßenbahn befahren. Anlass dafür war das 50. Regierungsjubiläum von Kaiser Franz Joseph.

Um 1910 erreichte die Einwohnerzahl Wiens die Zwei-Millionen-Grenze. Dies erhöhte zugleich die Bedeutung und die Verkehrsbelastung der Reichsbrücke. Weder die Gesamtlast noch die Fahrbahnbreite von weniger als acht Meter waren für diese Mehrbelastung ausreichend. 1930 wurden Schäden an der Brücke entdeckt, die in absehbarer Zeit eine Generalsanierung notwendig gemacht hätten. In den letzten Jahren ihres Bestandes wurden Gewichtsbeschränkungen verfügt, um die Brücke zu schonen. Die Wiener Stadtregierung plante zunächst einen Umbau der alten Reichsbrücke. 1933 wurde unter der Regierung Dollfuß ein Neubau verfügt.

Während der drei Jahre dauernden Bauarbeiten musste die alte Brücke benutzbar bleiben, – also wurde die bestehende 340 Meter lange und 4.900 Tonnen schwere Strombrücke im September 1934 um 26 Meter stromabwärts verschoben und dort mit den Ufern verbunden. Der Verschiebevorgang dauerte nur sechs Stunden, die Verkehrsunterbrechung bis zur Wiederbenutzbarkeit dauerte insgesamt drei Tage. Die verschobene Brücke war daraufhin noch drei Jahre lang in Betrieb. Direkt nach der Eröffnung ihrer Nachfolgerbrücke wurde sie demontiert.

Die zweite Reichsbrücke war beim Bau die drittgrößte Kettenbrücke Europas. Sie besaß zwei Pylonne aus Stahl mit einer Höhe von 30 Meter über Fahrbahnoberkante, die auf zwei Strompfeilern standen und zwei Stahlketten mit den Brückenüberbaulasten trugen. Die Brücke war als Symbol für den Reichtum und die Größe Wiens inszeniert. So wurde sie noch in den späten 1930er Jahren neben Stephansdom und Riesenrad zum dritten Stadtemblem Wiens erklärt. Da die  Arbeitslosigkeit Ende 1933 bei 38,5 Prozent lag, konnte der Bau der zweiten Reichsbrücke auch als Arbeitsbeschaffungsprojekt gesehen werden, ähnlich wie die Errichtung der Großglockner-Hochalpenstraße oder der iener Höhenstraße.

 Im Juni 1936 wurde der Bau von einem Schiffsunglück überschattet: Der Personendampfer „Wien“ der DDSG wurde an einen Pfeiler getrieben. Das Schiff zerbrach und sank sofort. Sechs Menschen kamen dabei ums Leben.

Während des Zweiten Weltkriegs setzte die deutsche Wehrmacht zwei Unterstützungspfeiler aus Eisenbeton unter der Reichsbrücke in die Donau, damit das Bauwerk bei einem Treffer nicht vollständig ins Wasser fallen würde, sondern wieder repariert werden könnte. Außerdem wurden an jedem der beiden Pylonen Plattformen für Flugabwehrkanonen errichtet.

Anfang April 1945, in den letzten Tagen des Krieges, sprengten die flüchtenden Einheiten der SS  nach und nach alle Wiener Donaubrücken. Auch an der Reichsbrücke wurden  Sprengladungen angebracht. Zwar lag für die Reichsbrücke bereits ein Sprengbefehl vor, aber die Brücke wurde nicht gesprengt.

Am 11. April, am Höhepunkt der Schlacht um Wien, rückten die russischen Armeen mit Panzerbooten auf der Donau, bis zur Reichsbrücke (von den Russen offiziell „Objekt 56“ genannt) vor und vernebelten das Gebiet. Endgültig von der Roten Armee eingenommen wurde die Brücke am 13. April 1945. Sie war damals der einzige intakte Donauübergang zwischen Wien und Linz. Der Reichsbrücke wurde dadurch ein Symbolstatus zuteil, sie stand als Zeichen für die Widerstandskraft Österreichs. Die Stadtverwaltung benannte die Reichsbrücke 1946 zu Ehren der Befreier der Stadt in „Brücke der Roten Armee“ um.

In der Nachkriegszeit  entwickelte sie sich zum meistbefahrenen Straßenstück Österreichs. Obwohl sie nicht gesprengt wurde, erlitt sie dennoch zahlreiche Schäden, in erster Linie durch Granattreffer. 1946 erfolgte die erste Sanierung der Kriegsschäden der Brücke, ab Mai 1947 erfolgten Arbeiten in größerem Umfang. Die Arbeiten wurden 1952 beendet. Auf der Reichsbrücke war ursprünglich Holzstöckelpflaster verlegt, dieses wurde 1958–1960 durch Granitsteinpflaster ersetzt, wodurch sich für jedes Pylonlager eine zusätzliche Auflast von 4688 kN ergab. Der enorm angestiegene Individualverkehr führte immer öfter zur Behinderung des Straßenbahnverkehrs auf der Brücke; daher wurden die Gleise in den sechziger Jahren durch Sperrlinien zu für den Individualverkehr nicht zugelassenen Fahrbahnteilen erklärt. Nun waren Staus des Autoverkehrs die Folge.

Am 1. August 1976 gab es zwei Ereignisse, die den Österreichern bis heute im Gedächtnis geblieben sind: Der Einsturz der Reichsbrücke knapp vor fünf Uhr früh und der Feuerunfall von Niki Lauda auf dem Nürburgring, den er schwer verletzt überlebte.

Am Sonntag, dem 1. August 1976, stürzte die Brücke in den frühen Morgenstunden auf beinahe voller Länge der Strombrücke ins Wasser. Ein Augenzeuge beschrieb den Einsturz so: „Die ganze Brücke hat sich plötzlich einen halben Meter gehoben und ist dann laut krachend auf der gesamten Länge abgesackt.“ Bei dem Unglück, das mit dem damaligen Stand der Technik nicht vorhersehbar gewesen war, kam ein Mensch ums Leben. Die Bedeutung und emotionale Aufladung, welche die Brücke durch ihre bewegte Vergangenheit bei der Wiener Bevölkerung erhalten hatte, steigerte sich durch den Einsturz weiter.

Die Strombrücke selbst brach in drei Teile, wobei der Mittelteil als Ganzes ins Wasser fiel und die beiden Außenteile schräg ins Wasser hingen. Der südseitige Pylon fiel stromabwärts und beschädigte dabei das Heck eines rumänischen Passagierschiffes schwer, auch das DDSG-Schiff „Passau“ wurde durch herabfallende Trümer beschädigt. Der nordseitige Pylon stürzte in die andere Richtung auf das Überschwemmungsgebiet. An einem Durchschnittstag von etwa 18.000 Fahrzeugen pro Stunde frequentiert, befanden sich zu diesem Zeitpunkt gerade vier – im Brückenbereich. Ein Personenauto stürzte mit ab, dessen 22-jähriger Lenker verunglückte tödlich. Ein passagierloser Autobus der Wiener Verkehrsbetriebe stürzte mit der einbrechenden Brücke ab. Der Lenker konnte unverletzt vom Dach des Busses geborgen werden. Die Bergung des Busses gelang erst nach mehreren vergeblichen Versuchen am 9. August. Ein Pannenfahrzeug und ein VW blieben in Schräglage auf der Brücke hängen. Binnen einer Stunde war ein Viertel aller in Wien verfügbaren Fahrzeuge der Feuerwehr am Einsturzort. Auch Polizei, Rettung und Bundesheer waren mit großen Aufgeboten am Unglücksort. Die auf der Brücke befindlichen Wasserleitungen, die den Norden Wiens mit Trinkwasser versorgten, setzten den Handelskai unter Wasser. Zudem wurden Explosionen befürchtet, weil die über die Brücke geführten Gasleitungen gebrochen waren. Zunächst waren zahlreiche Menschen nördlich der Donau ohne Gas, Strom, Wasser und Telefon. Die Telefonleitungen waren zum Teil unterbrochen Schon am 2. August war die Versorgung jedoch wiederhergestellt.

Bereits um 6.30 Uhr trat unter dem Vorsitz von Bürgermeister Leopold Gratz im Wiener Rathaus ein Krisenstab zusammen. Bürgermeister Gratz nahm sofort Kontakt mit Bautenminister Moser wegen des Baus einer Behelfsbrücke auf.

 Am 5. August meldete sich Planungsstadtrat Ing. Fritz Hofmann telefonisch im Wiener Rathaus. Hofmann befand sich im Urlaub und war telefonisch nicht erreichbar gewesen. Bürgermeister Leopold Gratz bot am 6. August in einer Sitzung des Wiener Ausschusses der SPÖ seinen Rücktritt an. Der Ausschuss fasste den einstimmigen Beschluss, Gratz aufzufordern, die Verantwortung für Wien weiter zu tragen.

Am 6. August begann das Bundesheer mit der Räumung der Brückentrümmer. Am 6. August legte Stadtrat Hofmann legte seine Funktion als Amtsführender Stadtrat nieder. In den folgenden Tagen wurde von Stadtbaudirektor Dipl.-Ing. Anton Seda eine zentrale Koordinationsstelle für die Einsatzarbeiten in der Baukanzlei des Bundesstrombauamtes eingerichtet.

Fremdverschulden konnte nicht festgestellt werden, die Brücke wäre vorher auch ordnungsgemäß überprüft worden. Aber ihr Einsturz wirkte sich sowohl auf den Straßen- wie auf den Schiffsverkehr aus. es wurden dann zwei Ersatzbrücken errichtet: eine für die Straßenbahn sowie eine für den Autoverkehr. Entgegen den Befürchtungen kam es in Wien zu keinem Verkehrschaos. Am 9. August entschied die Stadtregierung, dass kleine und mit ungefährlichen Gütern beladene Schiffe die Einsturzstelle durch den Donauskanal umschiffen durften. Tanker wurden in dem schmalen Gewässer, das am Stadtzentrum vorbeifließt, jedoch nicht zugelassen. Am 20. September befuhr das hundertste Schiff den Donaukanal.Am 26. September durchfuhr erstmals wieder ein Schiff die Donau auf Höhe der Reichsbrücke, am 30. September wurde die Strecke Regensburg-Schwarzes Meer offiziell wiedereröffnet.

Schon Tage nach dem Einsturz gab es ein reges Geschäft rund um die Brücke, das an einen Devotinonalienhandel erinnerte. So wurden etwa Schrauben und Nieten eingesammelt und an Ort und Stelle um 20 Schilling verkauft.

Die Bergung der geborstenen Brücke erwies sich allerdings als schwierig und aufwändig.

Die dritte Reichsbrücke wurde am 8. November 1980 eröffnet. Es handelt sich um eine zweigeschoßige Spannbetonbrücke, die aus drei Abschnitten besteht: der Strombrücke über die Donauländebahn, die Donau und die Donauinsel, der Brücke über die Neue Donau sowie der Brücke über die Donauuferautobahn parallel zum Hubertusdamm. Auf dem Oberdeck befinden sich sechs Fahrstreifen für den Straßenverkehr. Auf dem Unterdeck der Brücke verläuft die Wiener U-Bahn mit der U-Bahn-Station-Donauinsel. An beiden Seiten des Unterdecks sind überdachte Fahrrad- und Fußwege angelegt. Wie schon bei der Vorgängerbrücke laufen auch über die dritte Reichsbrücke Rohrstränge für Gas-, Wasser- und Fernwärmeversorgung und Kabeltrassen für Starkstrom und Telefon. Die Brücke ist inzwischen bereits mehrmals generalsaniert worden.

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