Selbstverständlich habe ich mir heuer die Ausstellung auf der Schallaburg angesehen: Sehnsucht Ferne. Gut gemacht, sehr interessant. Ich habe darüber berichtet: https://christachorherr.wordpress.com/2021/08/11/empfehlung-die-ausstellung-sehnsucht-ferne/
Aber über Alma Karlin habe ich dort nichts gefunden, aber Alma war, ohne jede finanzielle Sicherheit, allein auf Weltreise, die von 1919 bis 1928 dauerte. Im Gegensatz zu den meisten Reisenden dieser Zeit verfügte sie über keine ausreichenden finanziellen Mittel und musste die acht Jahre dauernde Reise durch unterschiedliche Arbeiten unterwegs selbst finanzieren. Die von ihr während der Reise gesammelten Objekte, welche sich heute im Regionalmuseum Celje befinden, derzeit Weltmuseum, spiegeln diese wechselnden finanziellen Möglichkeiten wider. Sie hielt sich längere Zeit in Südamerika und vor allem in Asien auf. Sie besuchte unter anderem folgende Länder: USA, Panama, Neuseeland, Australien, Fidschi- und die Salomoninseln, Neuguinea, Borneo, Indonesien, Malaysia, Philippinen, Thailand, Burma, Singapur, Indien, Pakistan, China und Japan. Aber so ist es halt, das was Frauen tun, wird immer geringer geschätzt, als Taten von Männern. Und es wird weniger darüber berichtet.
Alma Karlin kam am 12. Oktober 1889 in Cilli (Celje) zur Welt. Vor dem Zerfall der Habsburgermonarchie war Cilli überwiegend deutschsprachig, wobei es einen hohen Anteil von Zweisprachigkeit (Deutsch/Slowenisch) gab. Die Stadt war durch die deutsch-slowenische Spaltung geprägt. Das Deutsche wurde immer weiter zurückgedrängt. Karlin versuchte ihr Leben lang dieser politischen Engstirnigkeit zu entfliehen.
Ihr Vater Jakob Karlin (geb. 1829) war (pensionierter) Major in der k.u.k. Armee und ihre Mutter Vilibalda Miheljak (geb. 1844), Lehrerin an einer Mädchenschule in Cilli. In der Familie sprach man deutsch. Unklar ist, ob sich ihre Familie als deutsch bzw. deutsch-österreichisch definierte oder als deutsch-slowenisch. Als Kind wurde Alma Karlin für missgebildet erklärt, da sie linksseitig leicht gelähmt und mit Wasserkopf zur Welt kam. Beide Eltern waren bei Geburt ihrer Tochter schon verhältnismäßig alt (Mutter 45, Vater 60). Die Mutter schämte sich für ihre hässliche Tochter, der Vater verstand sie besser und erzog sie eher wie einen Sohn. Er starb, als sie noch ein Kind war.
Alma studierte Sprachen in Graz, Paris und London. In London legte sie an der Chamber of Commerce (dort mit Bestnoten) und Society of Arts ihr Examen in acht Fremdsprachen ab. In dieser Zeit ist sie eine Verlobung mit einem chinesischen Offizier eingegangen. Ihm und ihrer gescheiterten Liebe widmete sie 1921 ihren ersten Roman, dem sie den Titel „Mein kleiner Chinese“ gab.
Nach ihrer Rückkehr ins Elternhaus ging sie zu Beginn des Ersten Weltkriegs wieder ins Ausland. Sie lebte einige Zeit in Norwegen und Schweden. Nach dem Zerfall der österreichisch-ungarischen Monarchie kehrte sie 1919 nach Celje zurück. Dann unternahm sie allein ihre große Weltreise, ein langgehegter Traum, aber wie wir wohl heute sagen würden „in der Holzklasse“ verschiedener Transportmittel.
Während ihrer Reisen veröffentlichte sie zahlreiche Beiträge in Zeitschriften, vor allem in Deutschland, Japan (wo sie einige Zeit in der Deutschen Botschaft in Tokio arbeitete) und China (wo sie in Peking tätig war). An die in ihrer Geburtsstadt Celje erscheinende Zeitung Cillier Zeitung lieferte sie regelmäßig Eindrücke von ihren Erlebnissen. Nach ihrer Rückkehr nach Jugoslawien, hatte sie auf einen grandiosen Empfang gehofft – wurde aber diesbezüglich schwer enttäuscht. In Celje, ihrer Geburtsstadt ließ sie sich nieder. Dort veröffentlichte sie einige Gedichte und Romane.
Während der 1930er Jahre wurden Karlins Werke von verschiedenen Herausgebern auf den deutschsprachigen Markt gebracht. Als Autorin feierte sie große Erfolge und ihre Bücher, welche häufig auch ihre Weltreise zum Thema hatten, wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Ihr Buch Windlichter des Todes beeindruckte die schwedische Schriftstellerin und Nobelpreisträgerin Selma Lagerlöf so sehr, dass sie Karlin für den Nobelpreis für Literatur nominierte.
Karlin hatte sich bereits früh gegen den Nationalsozialismus ausgesprochen, war aber auch antikommunistisch eingestellt. Nach dem Einmarsch der Wehrmacht 1941 wurde Alma Karlin von der Gestapo verhaftet und zunächst im Cillier Gefängnis Stari pisker, danach in Marburg an der Drau inhaftiert. Ihre Freundin Thea Gamelin erreichte durch ihre Beziehungen in Deutschland, dass Alma Karlin nicht in ein Konzentrationslager in Deutschland gebracht wurde. Sie kam wieder frei, weil der sie verhörende Offizier ihre Bücher liebte. Sie stand jedoch weiterhin unter Gestapo-Überwachung, der sie sich im Herbst 1944 entzog, indem sie sich zu Partisanen in der Weißkrain (historische Landschaft, Teil des Kronlandes Krain ein Teil der Österreichischen Monarchie) begab. Sie versuchte zu den Engländern in Italien zu gelangen, wurde jedoch von den Partisanen nur nach Dalmatien gelassen. Dort erlebte sie das Kriegsende und kehrte wieder nach Celje zurück, wo sie verarmt und vergessen 1950 infolge von Brustkrebs starb.
Unter den Nationalsozialisten wurden ihre Werke verboten und nach 1945 wurde sie als deutschsprachige Autorin von jugoslawischer Seite angefeindet und in weiterer Folge vergessen. Verantwortlich dafür, dass man von Alma Karlin nach dem Zweiten Weltkrieg fast nichts erfuhr, waren vor allem ideologische Vorurteile gegen alles, was mit deutscher bzw. deutsch-österreichischer Kultur in Slowenien zu tun hatte. Da Alma Karlin auf Deutsch schrieb und man in ihrer Familie deutsch sprach, geriet sie daher automatisch unter diesen ideologischen Bann. Erst seit wenigen Jahren wird ihr Werk in und außerhalb Sloweniens wiederentdeckt.