So ein königlicher Besuch (derzeit in Österreich), der macht schon etwas. Ich gebe zu, ich habe das rote Outfit der Königin hinreißend gefunden, und auch den Hut dazu (in Wien kann man schwer breitkrempige Hüte tragen, da fast immer ein Wind weht)!
Wer könnte so etwas bei uns öffentlich tragen zu welchem Anlass tragen? Also ja, z.B. in Salzburg, zur Festspielzeit werden schöne Roben gezeigt. Aber sonst kommen wir meist „praktisch“ daher. Nicht so die Mitglieder der königlichen Familie in Großbritannien. Und nicht nur diese: ich denke da an Ascot. Ein lieber – leider auch schon lange verstorbener – Freund von uns, der eine Zeitlang in London gelebt hat, hat mir bei einem Besuch dort strahlend erzählt, dass er sich jetzt einen grauen Zylinder angeschafft hat, um in Ascot auftreten zu können.
So genannte Dress-Codes wurden abgeschafft. Das ist einerseits gut so, damit kann jeder frei entscheiden, wie er/sie wohin bekleidet geht, andererseits auch schade … In deutscher Sprache nennt man das Kleiderordnung (klingt schrecklich).
Mit dem Begriff werden auch Regeln bezüglich der Kleidung bezeichnet, die nicht per Gesetz oder Erlass, sondern aufgrund weicherer Faktoren bestehen: aufgrund von Konvention, aufgrund des Bedürfnisses nach Konformität, aufgrund einer stillschweigenden Übereinkunft, eines gesellschaftlichen Konsenses (bzw. eines Konsenses in einer gesellschaftlichen Gruppe) oder einer Erwartungshaltung z. B. eines Veranstalters oder eines Arbeitgebers.
Die Standards der Kleiderordnung können sich je nach Land, Region, Religion, ethnischer Gruppierung, Unternehmens-, Zunft- oder Branchenzugehörigkeit unterscheiden. In einigen Regionen ist z. B. das Tragen einer Tracht zu öffentlichen Ereignissen erwünscht, wird außerhalb dieser Regionen jedoch als unpassend empfunden oder ist sogar verpönt. Bestehende Kleiderordnungen sind zudem häufig modischen Einflüssen und dem Zeitgeist (z. B. Zylinder, Gehstock) unterworfen.
Schon im Altertum gab es Kleiderordnungen entsprechend dem sozialen Status. Karl der Große erließ im Jahr 808 ein „Aufwandgesetz“, das vorschrieb, wie viel jeder Stand für seine Kleidung ausgeben durfte. Für Prostituierte und Juden galten spätestens seit dem Mittelalter Kleidungsvorschriften wie der Gelbe Ring. In Speyer und in Straßburg wurde den Frauen 1356 lang herabfallendes, offen getragenes Haar verboten. 1370 folgte in Straßburg ein Verbot von Unterwäsche, die die Brüste anhob. Ursprünglich wurden als Kleiderordnung Erlasse bezeichnet, die eine zulässige Bekleidung und den erlaubten Schmuck für die einzelnen Stände festlegten, zum Beispiel gab es 1530 einen Reichserlass (!) dazu. Neben religiösen und moralischen Gründen spielten soziale Erwägungen eine Rolle: Wenn beispielsweise in einer freien Reichsstadt ein Bürger durch verschwenderischen Lebensstil verarmte, fiel er der städtischen Fürsorge zur Last. Außerdem waren Kleiderordnungen ein Instrument des Protektionismus: Viele kostbare Materialien (etwa Seide) mussten aus anderen Ländern importiert werden, was zu einem unerwünschten Abfluss von Kaufkraft ins Ausland führte.
Eine besondere Beachtung in den Kleiderordnungen fand der Pelz, oft ein Bestandteil der Schaube (von arabisch Dschubbe, ist ein weiter, oft glockiger, vorn offener, ungegürteter Überrock, der im 15. Jahrhundert aufkam, um den darunter getragenen Scheckenrock sichtbar zu machen), als Besatz, Verbrämung oder als Fellinnenfutter. Die Reichspolizeiordnung von 1530 zeigt die Pelzhierarchie im Verhältnis zur gesellschaftlichen Rangordnung. Noch heute tragen Personen, die bestimmte Berufe ausüben, Hermelinkragen, wie wir es bei den Verlautbarungen durch den Verfassungsgerichtshof sehen können.
Im 16. Jahrhundert untersagten Spanien, Frankreich, Italien und England ihren Untertanen Gold- und Silberbrokate sowie Stickereien mit Gold- und Silberfäden. 1530 beschloss der Augsburger Reichstag eine umfassende Neuregelung der Standestrachten, die 1548 erneuert wurde. Im 17. Jahrhundert gab es in Europa zunehmend Luxusbeschränkungen, auch aus religiösen Gründen. In Spanien und Frankreich wurden Spitzen verboten, vor allem solche aus Belgien. Durch die Ideen der Aufklärung gerieten diese Standesvorschriften aber zunehmend ins Wanken, und die Französische Revolution erschütterte sie vollends.
Heute wird noch „Berufskleidung verwendet. Die Kleiderordnung umgrenzt auch Sozialräume (Uniform- und Frackzwang, Trachten, Habit der Ordensleute und Schleier der Jungfrauen, Priesterkleidung, in manchen Ländern auch die Zugehörigkeit zu einer Kaste). Kleidung kann die Zugehörigkeit zu Bevölkerungsgruppen, Religionen und Traditionen signalisieren (Verschleierung, Turban, gemeinsame Bekleidungsmerkmale). Kleidervorschriften können auch ausgrenzen (Judenhut, Judenstern, Sträflingskleidung).
Mitunter wird auf Einladungen die gewünschte Art der Kleidung angegeben, oftmals wird die Einhaltung der passenden Kleiderordnung jedoch auch stillschweigend vorausgesetzt. Häufig wird die Einhaltung von Kleiderordnungen stillschweigend erwartet, wenn man sich in eine gesellschaftliche Situation begibt, die eine gesellschaftliche Rolle oder Funktion in einem Unternehmen einnimmt. Da allerdings sollte man nicht durch Extravaganz auffallen.
(Über das Kopftuch sollten wir ein andermal diskutieren.)
Dress to Impress nennt sich ein Geschäft in meiner Nähe, es verkauft Abendkleider, aber über die Anzahl derer, über die man verfügen muss, besteht derzeit wenig Einigkeit (drei, das scheint die Untergrenze zu sein!).