(Ein bissel wundert’s mich schon, dass nun vor anderen ehemaligen Regierungsmitgliedern und sonstigen Involvierten gerade eine erfolgreiche, fesche Frau angeklagt wird, die auch als einzige von all diesen Herren in Untersuchungshaft genommen wurde. Und das zu Zeiten der Lobhudelei über Alice Schwarzer. )
Naja, aber es gibt auch ganz andere Nachrichten – über Frauen. z.B. über Enheduanna. Nie gehört? Dann geht’s ihnen so wie mir. En-ḫedu-anna war Tochter von Sargon von Akkad, bekleidete das Amt der Hohepriesterin des Mondgottes Nanna in der südmesopotamischen Stadt Ur und war zugleich dessen Gemahlin. Ihr Name lautet aus dem Sumerischen übersetzt: „Hohepriesterin, Zierde des Himmels(gottes) An. Sie gilt als erste historisch bekannte Autorin, deren Werke schriftlich überliefert sind. En-ḫedu-anna, die im 23. Jahrhundert v. Chr. lebte, gilt bis heute als bedeutendste Frauengestalt ihres Jahrtausends. Sie ist die erste Person, die ein literarisches Werk hervorgebracht hat und deren Name und ein bedeutender Teil des Werks auf uns überliefert sind, also vielleicht die älteste uns heute bekannte Schriftstellerin. Sie ist auch die einzige bekannte Autorin unter den großen Autoren der mesopotamischen Literatur.
Enheduanna ist wahrscheinlich die Tochter einer sumerischen Priesterin, Konkubine von Sargon von Akkad und nicht von Königin Tašlutum. Als Tochter von Sargon von Akkad war En-ḫedu-anna Nadītum-Priesterin des Himmelsgottes Anu in Uruk, der Inanna in Uruk und des Nanna in Ur. Nach dem Tod der alten Entu-Priesterin berief sie ihr Vater um 2270 v. Chr. zur neuen Hohepriesterin im Egipar in Ur. Sie war damit automatisch die „Gemahlin“ vom Mondgott Nanna. „En“ steht für (Priester)herr und pontifikale Oberherrschaft.
Zur Herrschaftssicherung und wohl im Dienste der Integrationspolitik (der unterworfenen sumerischen Bevölkerung) blieb es auch unter den Nachfolgern des Sargon Brauch, die höchsten Priesterämter mit den Töchtern der Herrscher zu besetzen. Sie bleibt in dieser Funktion auch nach dem Tod ihres Vaters, bevor sie während der Regierungszeit ihres Halbbruders Rimush, vielleicht aus politischen Gründen, ins Exil geschickt und später dann neuerlich in diese Rolle übernimmt. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass sie nach ihrem Tod vergöttlicht wurde.
Im Sinne dieser Politik ihres Vaters stellte En-hedu-anna eine Sammlung von vierzig Tempelhymnen zusammen, die in ihrer Anordnung dem geografischen Prinzip von Süden, beginnend mit Eridu, nach Norden mit Akkade, Sippar und Ešnunna folgen. Damit umfasst die Hymnensammlung alle wichtigen Städte des Landes Sumer und Akkad zur Zeit Sargons.
In einem Hymnus an Inanna von Uruk („Himmelsherrin“) geht sie über die traditionellen Anreden hinaus und berichtet in der Erzählung von der Vertreibung En-hedu-annas aus ihrem Amt und ihrer späteren Rückkehr durch die Barmherzigkeit der Inanna. In einem anderen sehr persönlichen Text preist sie Inanna als „die großherzige Herrin“. Mit viel Leidenschaft trägt En-hedu-anna ihre Gefühle vor, darunter trübe Gedanken über Leiden und Schicksal, über menschliches Tun und göttliche Vergeltung.
Ihrer literarischen „Pionierrolle“ war sie sich durchaus bewusst: sie ist die erste Schriftstellerpersönlichkeit, die sich selbst namentlich erwähnt und die in ihren Werken Persönliches schreibt.
In den Hymnen an Inanna nennt En-hedu-anna ihren Namen an den Stellen, wo in den Königshymnen bzw. -inschriften gewöhnlich der Name des Herrschers stand. Sie dokumentiert damit eindrucksvoll ihre königliche Verfasserschaft. Ein derartig ausgeprägtes Verfasser-Selbstbewusstsein blieb in Mesopotamien für lange Zeit singulär.
Das Werk von Enheduanna feiert die Götter und die Macht des Akkadischen Imperiums (das 2350 – 2150 vor Christus den heutigen Iran beherrscht hat), aber sie schreibt auch über ihren Missbrauch (vielleicht nur Schmähung) durch einen korrupten Priester. Sie erzählt in Ich-Form!
Enheduanna ist seit 1927 bekannt, als Archäologen die alte Stadt Ur ausgruben und eine Scheibe mit Ihrem Namen und Abbild entdeckten. In den folgenden Jahrzehnten wurde ihr Werk aus Teilen von Tontafeln zusammengestellt. Während das Akkadische Reich 2137 v. Chr. zusammenbrach, wurden ihre Hymnen und Gedichte über Jahrhunderte hinweg kopiert. Aber 500 vor Chr. war ihr Werk vergessen – bis jetzt.
Es ist eine Ausstellung in New York,- Morgen Library and Museum mit dem Titel „She who wrote, Enheduanna and Women of Mesopotamia, 3400 – 2000 B.C. die die Aufmerksamkeit auf sie lenkt. (Gerne würde ich diese Ausstellung besuchen).