Eine ruhige, elegante Wohngegend, mit ein bissel wenig Grün
Ich gehe gerne durch Wien spazieren. Und kürzlich bin ich durch den Josefstädter Teil der Alservorstadt gekommen. Sie wissen ja, in Wien gibt es nicht nur Bezirke, sondern auch jede Menge Viertel und viele -gründe. Und dann gibt es auch Gebiete, die gehören zu zwei Bezirken und dazu gehört die Alservorstadt.
Die Alservorstadt ist ein Stadtteil Wiens in den Gemeindebezirken Alsergrund und Josefstadt. Der Ort war bis 1850 eine eigenständige Gemeinde. Der Fluss Als ist der Namensgeber des Stadtteils und fließt heute als unterirdischer Bachkanal durch die Alservorstadt. Im Norden grenzt die Alservorstadt an den Thurygrund, im Osten an die Roßau, im Süden an die Innere Stadt, die Josefstadt und Breitenfeld und im Westen an Währing und Michelbeuern. Unter diesem Namen ist sowohl in der Josefstadt als auch am Alsergrund von der Stadt Wien eine bauliche Schutzzone definiert.
Nach der zweiten Wiener Türkenbelagerung, 1683, entwickelte sich die Alservorstadt entlang der heutigen Alser Straße in einem zuvor nur dünn besiedelten Gebiet. Ende des 17. Jahrhunderts wurden die zunächst am Spittelberg lebenden Kroaten, Slowaken und Slowenen gezwungen, sich im so genannten Krowotendörfl nördlich der Alser Straße anzusiedeln. (Mitte des 19. Jahrhunderts übersiedelten dann viele Bewohner infolge steigender Grundstückspreise nach Favoriten). 1753 wurde die Alser Kaserne eröffnet, die 1912 abgerissen wurde. In der Alservorstadt befanden sich traditionell mehrere Armen- und Krankenhäuser (etwa das Spanische Spital), die auf Grund der hohen Sterblichkeit viele Friedhöfe wie den bis 1784 belegten Neuen Schottenfriedhof erforderten. 1784 wurde das Allgemeine Krankenhaus, ein zeitgemäßes, großes, damals staatliches Krankenhaus, in der Alservorstadt eröffnet. In diese Zeit fällt auch die Inbetriebnahme des Wiener Findelhauses sowie der k. k. Gewehrfabrik, von der die österreichische Armee den Großteil ihrer Gewehre bezog.
Die Alservorstadt besaß an der heutigen Adresse 8., Laudongasse 5, ein 1821–1862 als solches genütztes, zweistöckiges, barockes Gemeinde-Haus, an dem die frühere Hausnummer 46 zu lesen ist. 1850 wurde die Alservorstadt als Teil des Gemeindebezirks Alsergrund in Wien eingemeindet. 1862 wurde der Teil südlich der Alser Straße abgetrennt und dem kleineren Gemeindebezirk Josefstadt zugeschlagen.
Die meisten Sehenswürdigkeiten dieses Stadtteils liegen im Alsergrund, also im neunten Bezirk, aber am Schlesingerplatz steht der Wachsamkeitsbrunnen, im Palais Schönborn ist das Österreichische Museum für Volkskunde untergebracht, zu den größeren Parkanlagen des Stadtteils zählt der Schönbornpark. Hier befindet sich auch die Justizanstalt Josefstadt (von wo aus ich meinen Spaziergang begonnen habe), sowie das Magistratische Bezirksamt für den 8. Bezirk. Die ehemalige städtische Hauptbibliothek Haus des Buches, die an Stelle des Wiener Stadttheaters errichtet wurde, dient heute als Zentrale der Musikschulen der Stadt Wien.
Es ist eine elegante Wohngegend hier, mit schönen alten, renovierten Häusern. Ich erinnere mich an die Tulpengasse: hier bin ich in einen englischen Kindergarten gegangen – zusammen mit meinen Freundinnen aus den Parks im Neunten Bezirk, wo wir gewohnt haben. Tulpengasse, benannt (1862) nach dem Hausschild „Zur Tulpe“; vorher (1857) Schlösselgasse.
Das Gebäude auf Nr. 6 (auch Wickenburggasse 1) wurde 1835 für den Feigenkaffeesurrogaterzeuger Johann Gemperle erbaut, es weist schmiedeeiserne Balkone auf, und wurde am 1. Februar 1899 von der Wiener Schlosserinnung käuflich erworben; hier befindet sich auch das wertvolle Innungsarchiv. Am schmiedeeisernen Gittertor wurden das Wappen der Stadt Wien sowie der legendäre Stock im Eisen angebracht. In der kleinen Grünanlage vor dem Haus steht eine Nachbildung des Stock im Eisen, an der Fassade erinnert eine Gedenktafel an dessen Errichtung 1988 aus Anlass des 700-Jahr-Jubiläums der Schlosser in Wien.
Viel Grün ist in dieser Gegend nicht zu sehen, aber vielleicht gibt es begrünte Höfe, die aber von der Straße aus nicht zugänglich sind.
Dann spazierten wir die Lenaugasse entlang. Sie wurde 1862 nach Nikolaus Lenau benannt. Vorher hatte sie Johannesgasse geheißen. Auf Nummer 1, im Gasthaus Blauensteiner („Zur Stadt Paris“) wurde ein „Doderer-Stüberl“ eingerichtet (Gedenktafel für Heimito von Doderer); mit der Erzählung „Ein anderer Kratki-Baschik“ (1956) hat Doderer seinem Stammlokal ein literarisches Denkmal gesetzt. Die Nummer 2 ist vielen auch Nicht-Josefstädtern bekannt – da befindet sich das Café Eiles, in dem Wohnhaus haben Friedrich Hebbel und auch Maria von Ebener—Eschenbach gewohnt. Nummer 7 ist das „Maurermeisterhaus“, erbaut um 1800. Nummer 9 ist ein barockes Bürgerhaus und hatte gleich zwei Namen: „Zuschrotterhaus“, auch „Zum blauen Gattern“; Nummer 10: Das 1840 erbaute Haus befand sich 1841-1865 im Besitz der Klavierfabrikanten Ignaz und Ludwig Bösendorfer; die nachfolgenden Eigentümer Kinsky ließen ihr Wappen über dem Tor anbringen. Auf Nummer 13 (Schmidgasse 5) wohnte Anton Wildgans. Nummer 19: Hier befand sich ursprünglich das Michaelerhaus. Im 1847 erbauten Straßentrakt befand sich die Wallishaus(s)ersche Buchdruckerei, in der auch Franz Grillparzer einige seiner Werke drucken ließ, im 1776 erbauten langgestreckten Hintertrakt das Collegium St. Michael. 1848-1858 wohnte im Haus Dr. Cajetan Felder (u. A. Bürgermeister von Wien), 1893-1905 Anton Wildgans. Am 20. November 1857 starb hier der Blumenmaler Sebastian Wegmayer (* 7. Februar 1776). Nachdem die Gemeinde Wien das Gebäude 1962 erworben hatte, ließ sie 1981-1983 den Hintertrakt und 1988-1990 den Vordertrakt des denkmalgeschützten Objekts sanieren (Oskar-Werner-Hof).
Diese berühmten Menschen haben schon alle gewusst, warum sie hier, in der Alservorstadt lebten.
Oft, wenn ich hier lese, bekomme ich Lust, wieder einmal nach Wien zu fahren. Vielleicht im Frühling, im Winter reise ich nicht gern.
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Im Frühling ist es auch schöner, z.B. wenn de Kastanien blühen …
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