Wieso in Wien immer Wind bläst
Wind ist eine Bewegung der Luft, eine Verlagerung von Luftteilchen. Diese Verlagerung wird in der Meteorologie mit zwei Größen beschrieben: Richtung und Geschwindigkeit. Und warum ist es in Wien fast immer windig?
Bei der Windgeschwindigkeit wird die horizontale Bewegung der Luft gemessen und in Kilometern pro Stunde (km/h) angegeben. Ab 75 km/h spricht man von einem Sturm, ab 117 km/h von einem Orkan. Die Messung erfolgt meist mit einem Anemometer (Windmesser, so werden verschiedene Messinstrumente zur lokalen Messung der Geschwindigkeit eines Strömungsfeldes bezeichnet, insbesondere der Windgeschwindigkeit). Na, heute, bei so eine Böe hätt’s mich fast „verwaht“. Zum Glück war mein Rucksack nach dem Einkauf ziemlich schwer.
Natürlich kann man den Wind nicht immer und überall exakt messen. Dann wird die Windstärke nach der Beaufort-Skala geschätzt. Die Beaufort-Skala beschreibt Windstärken. Sie reicht von Windstärke 0 (Windstille) bis zu Windstärke 12 (Orkan). Die Skala arbeitet dabei nicht mit exakten Messungen, sondern mit Beobachtungen. Benannt ist die Beaufort-Skala oder BFT-Skala nach dem britischen Seefahrer Sir Francis Beaufort (1774–1857), der die Skala zur Beschreibung des Windes in seinen Tagebüchern verwendete. Manche von Ihnen kennen diese Skala von der Seefahrt – etwas als Segler oder als Benützer von Kreuzfahrtschiffen.
Neben der Geschwindigkeit spielt beim Wind auch die Richtung eine Rolle. Weht der Wind von Norden nach Süden, spricht man von einem Nordwind – man nennt also immer die Herkunft der Luftteilchen. Im Lauf der Zeit hat sich eine Einteilung in 8 verschiedene Windrichtungen eingebürgert (Nord, Nordost, Ost, Südost, Süd, Südwest, West, Nordwest).
Hauptursache für die Entstehung von Wind ist der Luftdruck. In einem Tiefdruckgebiet steigt die Luft großräumig nach oben. In einem Hochdruckgebiet sinkt die Luft dagegen ab. Ganz einfach gesagt: Aus einem Tiefdruckgebiet wandert die Luft nach oben ab, in einem Hochdruckgebiet kommt sie von dort oben wieder in Richtung Boden zurück. In Bodennähe fließt nun diese Luft wieder vom Hoch ins Tief zurück – praktisch, um es wieder „aufzufüllen“. Dies geschieht so lange, bis der Luftdruck ausgeglichen ist.
Kurzum: Wind entsteht durch die Bewegung der Luft vom Hoch ins Tief. Der kürzeste Weg zwischen diesen beiden Punkten ist die Gerade. Weil die Luft aber von der Corioliskraft abgelenkt wird (bei uns, auf der Nordhalbkugel, in Bewegungsrichtung nach rechts), bewegt sie sich um ein Tiefdruckgebiet gegen den Uhrzeigersinn und um ein Hochdruckgebiet im Uhrzeigersinn.
Was ist jetzt wieder die Corioliskraft (vielleicht müsste ich das wissen, vielleicht habe ich in der Schule nicht ordentlich aufgepasst – oder es einfach wieder vergessen. Also jetzt für jene, denen es auch so geht:) die Corioliskraft ist dafür verantwortlich, dass sich Luftmassen um Hoch- bzw. Tiefdrucksysteme im bzw. gegen den Uhrzeigersinn bewegen. Benannt ist die Kraft nach dem französischen Mathematiker Gaspard-Gustave de Coriolis (1792-1843), der sie im Jahr 1835 beschrieb. Die Corioliskraft entsteht praktisch durch die Erdrotation. Die Corioliskraft ist von großer Bedeutung für die Wettersysteme. Sie bewirkt, dass auf der Nordhalbkugel die Luft um ein Hochdruckgebiet im Uhrzeigersinn fließt und um ein Tiefdruckgebiet gegen den Uhrzeigersinn – auf der Südhalbkugel ist das genau umgekehrt. Auch die Westwinddrift (die Westwindzone, Westwindlage oder Westwinddrift ist eine atmosphärische Luftzirkulation in der Rotationsrichtung der Erde von West nach Ost in den mittleren Breiten der Erde, also etwa zwischen 40° und 60°, teilweise bis 70° geographischer Breite, sowohl auf der Nord- als auch auf der Südhalbkugel), die in mittleren Breiten (und damit im Großteil Europas) die Abfolge der Großwetterlagen steuert, ist der Corioliskraft zu verdanken.
Ein Blick in die Wind-Statistik in Wien zeigt, dass im Süden und Osten des Stadtgebiets nur jeder 10. Tag windstill ist. Im Norden und Westen der Stadt finden sich gar nur 3 bis 4 windstille Tage im Jahr. Die Hauptwindrichtungen in Wien sind West bzw. Nordwest (über 160 Tage im Jahr) und Südost (knapp über 40 Tage im Jahr).
Generell herrschen in Mitteleuropa, bedingt durch die typischen Großwetterlagen, Westwinde vor. Weil die Hügel des Wienerwaldes die Stadt nach Westen zu umgeben, wird der dort ankommende West- bzw. Nordwestwind entlang der Donau oder im Wiental kanalisiert und strömt somit verstärkt in die Stadt. Bei den selteneren Südost-Lagen hat der aus dem flachen Wiener Umland kommende Wind keine Hindernisse zu überwinden. Im Sommer bringt dieser Wind heiße Luft aus der Ungarischen Tiefebene, im Winter dagegen transportiert er kontinentale Kaltluft in die Stadt. Ich kann diesen Wind mit meiner Nase diagnostizieren. Denn er riecht nach der Erdölraffinerie Schwechat.
Jedenfalls heute war die Windgeschwindigkeit in der Inneren Stadt (wo ich unterwegs war) 76 km/h. Als knapp – ein Sturm. Und das bei den tropfenden Dächern – der Schnee dort schmilzt gerade ab, eine ungemütliche Kombination!