Gehen Sie schon blank?

Wissen Sie noch, was es hieß, „blank zu gehen“. Heute könnte „blank sein“ eher bedeuten, kein Geld zu haben? Blank-Gehen  war in meiner Kindheit und Jugend ein begehrtes „Datum“, denn ab diesem Zeitpunkt musste man keinen Mantel mehr tragen. Man besaß meist  einen Stoffmantel für den Winter und vielleicht einen Regenmantel für den Sommer. Es gab keine Daunenmäntel, ja Wohlhabende verfügten über Pelzmäntel, das war damals ein Status-Symbol. Der schwarze Persianer (besonders warm war er nicht), sehr begehrt der Leoparden-Mantel (heute höchstens als Imitat tragbar), der Nerz (eher sperrig und schwer), der Seehund (ziemlich verbreitet). Sie alle wurden ab dem Blank-Gehen – eingemottet, ebenso der Stoffmantel. Manche – weniger gut Situierte – trugen ihn ins „Pfandl“ – in Wien die Tante Dorothee – (die Pfandleihanstalt), um das gute Stück im Herbst wieder auszulösen. Andere nutzten den Sommer um den Wintermantel wenden zu lassen, d.h. wenn der Mantel außenschon sehr abgewetzt ausgesehen hat.

Blank-Gehen beutete, dass der Frühling endlich gekommen war. Für uns Kinder bedeutete es, endlich die gehassten „langen Strümpfe“ und der noch mehr verabscheute Strumpfhalter (für Buben und Mädchen) endlich abgelegt werden konnten. Wir haben gebettelt, endlich Kniestrümpfe bzw. Sockerln anziehen zu dürfen.  Wenn man dann schon „erwachsener“ war, ging man ab da, den ganzen Sommer lang, ohne Strümpfe.

Später kamen dann die Sandalen – sie entsprechen nicht den Vorstellungen von heute. Man nannte sie auch nicht Sandalen – sondern „Holzklapperer“. Die Holzsohle war nicht in einem Stück – sondern, wenn ich mich recht erinnere in drei Stücke geteilt und alles wurde mit (Kunst-)Lederbändern zusammen und am Fuß gehalten. Dieses Schuhwerk war immerhin noch besser als bloßfüßig Gehen, wenn man bedenkt, dass viele Straßen und Wege noch nicht asphaltiert waren.  Schuhe-Putzen war bei diesen „Modellen“ auch nicht notwendig.

Dieses „Blank-Gehen“ fand so um Ostern herum statt (nicht so früh wie jetzt! Heute soll es in Wien 23° haben – und Ostern ist noch ferne). Und zu Ostern, am Karsamstag am Nachmittag fand eine Prozession statt – die Auferstehung feierte man damals am Nachmittag). In den USA gab es die Easter Parade: bei uns bekannt durch den Film Osterspaziergang, ein US-amerikanisches Musical mit Judy Garland und Fred Astaire aus dem Jahr 1948). Und für diese Prozession war es üblich, das neue „Frühjahrsgewand“ – für Damen einschließlich Hut – vorzuführen. Sehr fromm war dieses Zuschaustellen nicht gerade, aber es gehörte dazu. Wir Kinder wurden (am Land) in den Waschtrog in der Waschküche gesetzt und fest abgeschrubbt. Sommerkleider benötigten wir ohnedies, da uns die vom Vorjahr ja zu klein geworden waren. Aber ganz so neu waren sie dann doch nicht, denn manchmal war der Leib des Dirndls auch jetzt noch passend, dann wurde nur ein längerer Rock angenäht, oder aus dem vorjährigen Rock war noch genügend Saum vorhanden, und das Oberteil war zu kurz oder zu enge geworden, na, dann wurde eben nur dieses ersetzt.  Manchmal wurden auch Kleider der Eltern, die schon schäbig geworden waren, so geändert, dass die ständig wachsenden Kinder sie tragen konnten. Diese Maßnahmen waren wohl alle kriegs- oder nachkriegsbedingt. Aus jetziger Sicht wäre dieses Vorgehen  wohl sehr ressourcen-schonend.

Aber auch später, als alles bei uns schon viel „besser“ war, bin ich am ersten warmen Tag einkaufen gegangen. Es musste ein neues Kleidungsstück – egal welches – her, in einer möglichst fröhlichen Farbe. Ich erinnere mich noch an einen Rock – in türkis (das war lange bevor diese Farbe politisch konnotiert wurde) den ich bei der „Englischen Flotte“ (ein solides Damenmodengeschäft auf der Kärntnerstraße) gekauft – und lange getragen habe.

Was werden Sie heute, an diesem herrlichen Frühlingstag machen?

Gehen Sie schon blank?

2 Gedanken zu “Gehen Sie schon blank?

  1. Bei 12 Grad, Wind und Regen, sind der Möglichkeiten nicht so viele, etwas zu machen.
    Meine Oma konnte gut nähen. Ich bekam in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts auch zurechtgenähte Kleidung von Erwachsenen.
    Blank-Gehen mache ich nicht abhängig von der Jarheszeit. Wenn es im Herbst, auch im Winter, die Temperatur erlaubt, verzichte ich auf Jacke oder Mantel und trage nur einen Pullover wenn ich zum Einkaufen gehe. Ich mag es nicht, dick eingepackt zu sein, was beim Autofahren auch noch hinderlich ist.

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