So ein brauner Bär, der hat es wirklich schwer.

Schon in diversen Sagen, in denen „der Bär“ vorkommt, enden Bären meist sehr bald mit dem Tod – eines oft sogar recht freundlichen Bären. Nur selten kommt der Bär darin mit dem Leben davon.

Als Kind habe ich das Märchen, der Bärenhäuter der Brüder Grimm sehr geschätzt, obwohl auch hier am Ende zwei böswillige Schwestern einen gewaltsamen Tod fanden. Aber in diesem Märchen (und anderen Sagen) verwandelte sich der Bär in einen wunderschönen Mann – naja.

Es gibt auch eine Wiener Sage, die ich als Kind gelesen habe -und an die wir alle erinnert werden, wenn wir bei der „Bärenmühle“ vorbeifahren (erst vor kurzem hatten dort die Klima-Kleber den Verkehr aufgehalten). Aber auch in dieser Sage kommt der Bär zu Tode.

Andererseits tritt der Bär auch in Heiligengeschichten auf: St. Mang ist eine im süddeutschen Sprachraum regional gebräuchliche Form des Namens des hl. Magnus von Füssen. Jenem zeigte der Bär eine Erzader, um die Menschen der Umgebung von der Armut zu befreien. Dieser freundliche Bär übernahm dann bei dem Heiligen die Rolle, die sonst ein Hund innehat.

Woanders wieder, im gesamten schamanistisch geprägten Kulturareal Sibirien und Paläo-Sibirien sowie über Korea bis hin zu den Ainu, aber auch im nordamerikanischen Kulturareal Subarktis wurde oder wird der Bärenkult ausgeübt. Die Abstammung des Menschen vom Bären wird in den dortigen ethnischen Religionen allgemein angenommen und der „Herr der Tiere“ – die wichtigste Gottheit animistischer Wildbeuter – wohnt tief in der Taiga und hat Bärengestalt.

Bären nehmen eine entsprechend wichtige Rolle in der Mythologie vor allem jagender Völker und auch in den Erzählungen moderner Gesellschaften bis heute ein. Die Diskussionen um den Abschuss des Bären Bruno in Bayern im Juni 2006 oder um das Überleben des Eisbärjungen Knut in Berlin Anfang 2007 zeigen die emotionale Wirkung des Tieres auch in der Gegenwart auf.

In der griechischen Mythologie ist der Bär das Attribut mehrerer Gottheiten, vor allem der Artemis, der Göttin der Jagd. Junge Mädchen, die im Heiligtum der Artemis erzogen wurden, nannte man Arktoi: „(kleine) Bärinnen“. Der Mythos von Atalante, die einigen Autoren zufolge als einzige Frau am Argonautenzug teilnahm, erzählt, dass sie von einer Bärin aufgezogen worden sei, nachdem ihr Vater Jasos, König von Arkadien, seine Tochter auf dem Berg Parthenion hatte aussetzen lassen. Auch Paris, der Sohn des Priamos und der Hekabe, soll von einer Bärin aufgezogen worden sein: Vor seiner Geburt hatte Hekabe geträumt, dass sie kein Kind, sondern eine Fackel zur Welt bringen werde, die Troja in Brand stecken werde. Priamos wollte sich daraufhin des Neugeborenen entledigen und schickte einen seiner Diener aus, um Paris in einem Wald zu töten. Der Diener hatte Mitleid mit dem Kind und ließ es auf dem Berg Ida zurück, wo eine Bärin sich seiner annahm. Später wurde Paris dann von Hirten aufgezogen.

Heute sind bei uns wieder Bären eingezogen (ebenso wie Wölfe). Manchen Leuten sind sie verständlicherweise ein Dorn im Auge. Ich habe Verständnis für Bauern, deren Vieh auf den Almen gerissen wird. Weniger Verständnis habe ich für Jäger (es sind ohnedies wenige), die diese Bären umgehend erschießen wollen, um eine Bären-Trophäe vorweisen zu können.  

Sehr bedauert habe ich jenen Bären, der mit einer Lokomotive kollidiert ist. Er war tot, denn ein toter Bär ist auf der ÖBB-Strecke zwischen Schwarzach und Lend auf den Gleisen gefunden worden. Der Kadaver ist von Mitarbeitern des Forschungsinstituts für Wildtierkunde an der Vetmeduni Wien „eingehend untersucht“ worden. Die Untersuchungen ergaben, dass das Tier  eindeutig nach dem schweren Zusammenprall verendet ist. Eine andere Todesursache oder auch eine illegale Tötung kann ausgeschlossen werden.

In der norditalienischen Provinz Trentino ist ein Jogger von einem Bären getötet worden. Anfänglich sollte „der Täter“ – also der Bär, mithilfe seiner DNA-Spuren identifiziert und abgeschossen werden. Das Tal Val di Sole liegt in den italienischen Alpen nördlich des Gardasees. Dort leben mittlerweile rund hundert Bären in freier Wildbahn – sie waren von 1996 bis 2004 im Rahmen des EU-Projekts „Life Ursus“ angesiedelt worden. Geplant war den örtlichen Behörden zufolge eine Population von lediglich 50 Bären. Die Staatsanwaltschaft Trient hat bekannt gegeben, dass die genetische Analyse ergeben hat: Es war die Bärin JJ4, genannt Gaia, die für den Tod des Joggers verantwortlich ist. Gaia ist die jüngere Schwester des (Problem-)Bären Bruno (JJ1), der 2006 erschossen wurde. Ihre Mutter ist die Braunbärin Jurka, die 2000 in Slowenien gefangen und im Naturpark Adamello-Brenta ausgesetzt wurde. Zehn slowenische Bären sollten die dortige auf vier Exemplare zusammengeschrumpfte Bärenpopulation verstärken.

Gaia sollte bereits nach einem Überfall auf einen Vater und Sohn (nicht tödlich, aber verletzt) vor drei Jahren erschossen werden. Die damals bereits von der Provinz erlassene Abschussverordnung war jedoch vom regionalen Verwaltungsgericht wieder aufgehoben worden. Gaia hatte nämlich drei Junge, Naturschützer befürchteten, dass diese ohne die Mutter verhungern müsse. Gaia wurde eingefangen, mit einem Sender versehen und wieder freigelassen. Allerdings ist der Akku dieses Senders längst leer.  Jetzt, so glaube ich gehört zu haben, über das Schicksal von Gaia entscheiden .

So hat auch unserer Zeit wieder ihre Bärensorgen. (Und meinen alten Teddybären aus meiner Kindheit halte ich noch immer in Ehren).

Früher, viel früher, da war alles anders:

So ein brauner Bär, der hat es wirklich schwer.

Die handelnden Personen bei der ersten Stichwahl um den Bundesobmann der SPÖ 1967 (Teil 2)

Bruno Kreisky

Czettel wurde von Pittermann, der Wiener SPÖ und großen Teilen der Gewerkschaft unterstützt. Daher galt er zunächst als Favorit. Aber die steirische Sozialdemokratie stand jedoch hinter Kreisky.

Bruno Kreisky (* 22. Jänner 1911 in Wien; † 29. Juli 1990 ebenfalls in Wien ) engagierte sich schon als Schüler für die Sozialdemokratische Partei und wurde 1936 im Sozialistenprozess wegen seiner politischen Tätigkeit vom „Ständestaat“ zu einem Jahr Kerker verurteilt. Kurz nach dem „Anschluss“ Österreichs im März 1938 emigrierte er nach Schweden, um einer Verhaftung und/oder Ermordung zu entgehen. Nach der Befreiung Österreichs war er zunächst in Schweden als Diplomat, dann ab 1953 in Wien als Staatssekretär und Juli 1959 – April 1966 als Außenminister in der österreichischen Außenpolitik tätig. Er war 1954/1955 Mitglied von Delegationen, die mit der Sowjetunion über ein Ende der seit 1945 währenden Besatzung und über einen Staatsvertrag verhandelten.

Viele von Ihnen werden das alles kennen, aber es ist dennoch einen Versuch wert, sich in die Situation der Delegierten zu versetzen, die zu wählen hatten. Auf der einen Seite den „g’standenen“ Sozi, aus dem Arbeitermilieu – hinaufgearbeitet – und auf den anderen Seite den aus einer wohlhabenden Familie stammenden Diplomaten und Intellektuellen. Ich habe damals Kreisky noch nicht persönlich gekannt, und in den Medien war er nicht besonders präsent. Für den Staatsvertrag standen andere, damals Prominentere (Figl, Raab).

Bruno Kreisky wurde in eine wohlhabende assimilierten jüdischen Familie in Wien, Margareten,  geboren. Sein Vater Max Kreisky (1876–1944) war Generaldirektor der Österreichischen Wollindustrie AG und Textil AG, Zensor der Österreichischen Nationalbank, Mitglied des Zentralvereins der kaufmännischen Angestellten und in der Emigration (ab 1942) Leiter einer Textilfabrik in Schweden. Seine Mutter war Irene Kreisky, geborene Felix (1885–1969), aus einer aus Znaim, Mähren, stammenden Familie von Lebensmittelproduzenten; die Marke Felix besteht bis heute.

Als Fünfjähriger sah Kreisky den Trauerzug für Kaiser Franz Joseph I. Während seiner Schulzeit am Gymnasium Radetzkystraße trat Kreisky zunächst dem Verband Sozialistischer Mittelschüler bei, wechselte aber 1927 zur Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ). 1930 wurde er Vorsitzender der Regionalorganisation für Purkersdorf, Klosterneuburg und Tulln, 1933 leitete er die Bildungs- und Kulturarbeit der SAJ. 1931 trat Kreisky aus der Israelitischen Kultusgemeinde aus. Später bezeichnete er sich als Agnostiker.

1929 begann Kreisky an der Universität Wien das Studium der Rechtswissenschaften. Während der Februarkämpfe 1934 gegen die Regierung Dollfuß war Kreisky an der Verteilung von Propagandamaterial beteiligt. Aufgrund seiner illegalen Tätigkeit wurde Kreisky am 30. Jänner 1935 in der Wohnung seiner Eltern für 15 Monate verhaftet. Am 16. März 1936 begann der so genannte Sozialistenprozess. Die von Kreisky gehaltene Verteidigungsrede erregte in der ausländischen Öffentlichkeit große Aufmerksamkeit. Kreisky wurde wegen Hochverrats zu einem Jahr Kerker verurteilt. Nach seiner Entlassung wurde er von allen Hochschulen relegiert, daraufhin verließ Kreisky Wien, in Oberkärnten arbeitet er als Hilfsarbeiter in einer Weberei.   Anfang 1938 konnte Kreisky sein Studium fortsetzen. In der Zwischenzeit setzte er seine illegale Tätigkeit für die Revolutionären Sozialisten fort.

Am 15. März 1938 wurde Kreisky in „Schutzhaft“ genommen. Im August wurde er unter der Bedingung, das Land unverzüglich zu verlassen, enthaftet. Nach erheblichen Problemen konnte er letztlich nach Schweden auswandern. Anfang 1939 fand Kreisky Arbeit, daneben schrieb er Artikel für schwedische und ausländische Zeitungen. Im Juli 1939 nahm er am Kongress der Sozialistischen Jugendinternationale teil. Im sowjetisch-finnischen Winterkrieg war er als Kriegsreporter tätig. 1940 lernte Kreisky den im norwegischen Exil lebenden Willy Brandt kennen – der Beginn einer lebenslangen Freundschaft. Mit Brandt arbeitete Kreisky an Fragen der Nachkriegsordnung Europas. 1941 wurde Kreisky Obmann des Klubs österreichischer Sozialisten in Schweden. Er setzte sich früh für die österreichische Eigenstaatlichkeit ein. 25 von Bruno Kreiskys anderen engsten Verwandten fielen dem Holocaust zum Opfer. 1942 heiratete Kreisky Vera Fürth (1916–1988) aus einer jüdischen Industriellenfamilie, zwei Kinder kamen zur Welt.  

Nach der Befreiung Österreichs 1945 organisierte Kreisky schwedische Hilfslieferungen nach Österreich, ab Oktober 1945 als offizieller Beauftragter der schwedischen Regierung. Im Mai 1946 fuhr Kreisky nach Wien; er wollte wieder in die österreichische Politik einsteigen. Dies gelang ihm zunächst, wie vielen anderen, nicht: Remigranten waren damals nicht gern gesehen, auch fürchtete die SPÖ, wie in der Ersten Republik als „Judenpartei“ verunglimpft zu werden. Ende 1950 wurde Kreisky – als Diplomat – nach Wien zurückberufen, womit 12 Jahre Exil zu Ende gingen.

Im Juni 1951 wurde Kreisky zu Körners, damals Bundespräsident, außenpolitischem Berater ernannt. Dadurch  kam so in engen Kontakt mit der obersten Spitze der SPÖ. Im April 1953 wurde Kreisky Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten.  Kreisky war mit Figl (Schärf und Raab) an den Verhandlungen zum Staatsvertrag beteiligt. In Moskau gelang mit der von der Sowjetunion gewünschten Zusage der Neutralität

1955 und 1956 wurde Kreisky beim SPÖ-Parteitag in den Parteivorstand gewählt, ohne auf der Kandidatenliste gestanden zu sein. Bei der Nationalratswahl 1956 wurde Staatssekretär Kreisky im Wahlkreis St. Pölten in den Nationalrat gewählt. Kreisky wurde nun im Sommer 1959 als Nachfolger Figls Außenminister im wie seit 1945 von einer „großen Koalition“ getragenen Kabinett Raab III. Einer seiner Sekretäre dieser Zeit war der parteilose spätere Bundespräsident Rudolf Kirchschläger. Kreisky hielt seit den fünfziger Jahren ständigen persönlichen Kontakt mit wichtigen Journalisten. Kreisky war als Außenminister wie vorher als Staatssekretär als politischer Kommunikator zwischen Ost und West tätig. Kreisky habe infolgedessen gute Kontakte zum deutschen Bundeskanzler Adenauer und zum französischen Staatspräsidenten de Gaulle gehabt. Auf Initiative Kreiskys schlug US-Präsident Kennedy 1960 Wien als neutralen Ort für das Gipfeltreffen mit dem sowjetischen Parteichef Nikita Chruschtschow vor, das im Juni 1961 hier stattfand.

Kreisky brachte das Südtirol-Problem  1960 vor die UNO-Generalversammlung und machte die Südtirol-Frage dadurch zu einer internationalen Angelegenheit. Er  verfolgte eine sehr aktive Nachbarschaftspolitik mit den Staaten des Ostblocks. Weiters baute er die Beziehungen zu den Staaten der Dritten Welt. 1964 gründete Kreisky in der Tradition der 1754 von Maria Theresia gegründeten und in der NS-Zeit geschlossenen Akademie die Diplomatische Akademie Wien.

Kreisky wurde gegen den Widerstand einer Gruppe um Pittermann, Waldbrunner und Benya– von 347 der 497 Delegierten (69,8 %) zum Vorsitzenden der SPÖ gewählt. Er hatte die Steirer als Unterstützer, denen folgten die Kärntner und auch die Oberösterreicher. Kreisky, bemühte sich, die innerparteilichen Gräben zwischen Gemäßigten und Radikalen rasch zuzuschütten. Besonders mit Benya gelang es ihm, zu einem guten Einverständnis zu gelangen. Dies wird als entscheidend für Kreiskys späteren Erfolg als Parteivorsitzender gewertet.

So, und wen hätten Sie damals gewählt, ohne Kenntnis dessen, das hinterherkam?

Die handelnden Personen bei der ersten Stichwahl um den Bundesobmann der SPÖ 1967 (Teil 2)

Was ist Wahrheit?

Zur „Handhabung“ von Zeitgeschichte

Bevor ich zu der versprochenen Kreisky-Geschichte komme – ich prokrastiniere diesbezüglich – möchte ich doch noch ein anderes (vielleicht recht kontroversielles) Thema anschneiden, das mich aber sehr bewegt.

Dazu  muss ich ein wenig ausholen.  Ich habe als alte Frau das Glück, viele Kontakte mit jungen Menschen zu haben, Diskussionen mit ihnen zu führen, und ja, sehr viel von ihnen zu lernen.  Sie leihen mir teilweise ihre Studienunterlagen, wenn sie meinen, dass mich das interessieren könnte, oder auch um mich zu belehren, sie schicken mir Artikel, deren Inhalt sie bewegt, kurz um, sie öffnen mir ihre Welt. Naja, die Konsequenz ist, dass ich manchmal meine Positionen revidieren muss, dass ich mich mit Dingen beschäftigen muss, denen ich vielleicht sonst  – aus Bequemlichkeit – aus dem Weg gegangen wäre.  Ich weiß, für wen sie bei der derzeit sich abzeichnenden Stichwahl stimmen würden, wenn sie könnten  – und warum. Und nicht zu vergessen, wir können auch über vieles gemeinsam lachen – und das halte ich für sehr wichtig.

Aber gibt da ein Themenspektrum, wo ich über ihre Sturheit manchmal sogar wütend werde. Und das sind viele Aspekte im Zusammenhang mit „Nazis“. Die sind für diese Jungen absolut „pfui“. Und alle Menschen, die in der Zeit gelebt haben und nicht offen Widerstandstand geleistet haben – und so in den Augen dieser jetzt Jungen das System getragen haben, sind ebenfalls pfui. Wenn ich dabei z.B. Lehrer aus dieser Zeit erwähne, die durchaus auch „Nicht-Nazi-Ideologie“ verbreitet haben, oder Nationalsozialismus einfach nicht zum Thema gemacht haben, aber „bei der Partei waren“ (weil sie sonst ihren Job verloren hätten – aber verheiratet waren und Kinder hatten, die erhalten werden mussten), werden diese von meinen Jungen als feig und Mittäter bezeichnet. Das entspricht gar nicht meiner Meinung (vielleicht wird man im Alter einfach auch toleranter?).

Aber ganz böse werde ich schon, wenn mir vorgeworfen wird, dass ich in manchen Fällen ein falsches Urteilsvermögen an den Tag lege, weil ich damals noch ein Kind war und den (gefälschten) Erzählungen von später aufgesessen wäre. Ja ich war erst 8 Jahre alt, als das Folgende geschehen ist. Aber wir Kriegskinder waren damals politisch sehr wach. Ich kannte „beide Meinungen“, das in der Schule gelehrte Narrativ der nationalsozialistischen Ideologie.  Ich sah die Wochenschauen im Non-Stopp-Kino, mit all der deutschen Propaganda. Andererseits verbrachte ich viel Zeit mit meiner Großmama, die in zweiter Ehe mit einem Juden verheiratet war (mit meinem geliebten Großpapa)  und sich (vor einer 8 Jährigen) nicht zurückhielt, über die Nazis lauthals zu schimpfen. Meine Mutter hörte die verbotenen BBC – Nachrichten (immer in der Nacht). Mit mir gingen Mädchen in die Schule, deren Elternteile jüdisch waren – und wir wussten das, und kannten die Konsequenzen.

Am besten, ich werde ihnen die Geschichte erzählen, über die ich mit dem jungen Leuten gestritten habe. Mein Cousin, wohnte damals, im Krieg, bei uns, weil er eine Textilfachschule besuchte, die seinen Neigungen entsprach (seine Eltern leben in Pernitz). Er war ca. 7 -8 Jahre älter als ich. Er erzählte einmal, dass in seine Klasse ein „Goldfasan“ gekommen war. In der Zeit des Nationalsozialismus war „Goldfasan“ eine vom Volksmund geprägte Beschreibung der in hellbraunen Parteiuniformen mit goldenen Abzeichen auftretenden Politischen Leiter der NSDAP, deren Erscheinungsbild das politische Alltagserleben in Deutschland prägte und besonders während des Zweiten Weltkriegs die nationalsozialistische Zivilverwaltung in den von der deutschen Wehrmacht besetzten Gebieten repräsentierte. Also jener Goldfasan hätte sich vor der Klasse aufgestellt  und folgenden Satz in den Raum gestellt: „Ihr meldet Euch doch eh alle  freiwillig zu SS?“ Wer von den damals 16Jährigen wäre aufgesprungen und hatte gesagt: ich nicht? So war mein Cousin, ein lieber freundlicher junger (noch-nicht) Mann zur SS gekommen. Und die SS ist besonders pfui in den Augen der heutigen Jungen. Nach sehr kurzer Ausbildung kam mein Cousin dann „zum Einsatz“, in der „Schlacht um Budapest“, dort wurde er verwundet (er verlor drei Finger seiner Hand) und konnte daher auch nachher seine Ausbildung nicht fortsetzen. Er machte dann eine Kaufmannslehre.

Und meine jungen Freunde wollen mir nun weismachen, dass ich dem „Nachkriegs-Entschuldigungsmythos“ aufgesessen wäre. Ich würde mir nur einbilden, das so erlebt zu haben.

Vielleicht verstehen Sie, dass mich das geärgert hat. Ich erachte mich als Zeitzeuge für diese Zeit, und da kommen ein paar junge Menschen daher, die mir einreden wollen, dass das Erlebte gar nicht so gewesen sein kann, weil es nicht dem entspricht, was sie gelernt haben. Wir haben einander nicht überzeugen können! Leider.

Am Schluss dieser Diskussion hat eine weise junge Dame bemerkt, wer weiß, was uns unsere Kinder einmal vorwerfen werden, wenn wir alt sind – unser zu geringer Einsatz, die Klimakatastrophe  wirksam zu verhindern (ich füge noch hinzu die Demokratie erodieren zu lassen?).

Ich habe mich zu Zeiten der Sowjetunion zuweilen über die „Änderung der Geschichte“  unter Stalin lustig gemacht. Und wir jetzt? Wir ändern vielleicht nicht, aber wir arbeiten auf. Aber ist das alles exakt richtig, was da herauskommt?

Ich bleibe dabei, ich hab’s erlebt.

Was ist Wahrheit?

In eigener Sache

Zu Bruno Kreisky (dem Kandidaten bei der Stichwahl zum Partei-Obmann 1967)

Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen, ich habe Ihnen – im Zusammenhang mit der Stichwahl zum Obmann der SPÖ für heute  nach der gestrigen Darstellung von einem der Kandidaten (Czettel) – https://christachorherr.wordpress.com/2023/05/26/die-handelnden-personen-bei-der-ersten-stichwahl-um-den-bundesobmann-der-spo-1967-teil-1-hans-czettel/ –  den zweiten (Teil Kreisky) versprochen

Aber über Kreisky „wenig“ zu schreiben ist wirklich schwer. Erstens haben wir (also mein leider verstorbener Mann und damit eben auch ich) ihn persönlich gekannt. Es war mehrmals bei uns, wir haben viele seiner enge Mitarbeiter gut gekannt, bzw. waren mit ihnen befreundet. Und dann kommt noch dazu, dass vieles, was Kreisky in dieser Zeit getan hat – auch noch immer für heute relevant ist.

Ich habe es heute, am Vormittag versucht, ich war noch nicht einmal bei der Hälfte der Lebenszeit Kreiskys bis 1967 und schon war ich “quantitativ“ am Limit. Ich hab‘ den Text einmal so stehen lassen und bin spazieren(also halt Einkaufen) gegangen, um ein wenig nachzudenken.

Über Kreisky ist viel geschrieben worden, Bücher stehen bei uns in der Bibliothek, also könnte ich vieles bei Ihnen voraussetzen. Er war letztlich ein Journalistenkanzler.

Daher  hab‘ ich mich entschlossen jene Aspekte – nur aus dieser Zeit bis 1967 aus dem Text herauszulassen, die aber im Moment in unsere Zeit „nachwirken“.

Im sowjetisch-finnischen Winterkrieg war Kreisky  als Kriegsreporter tätig. Der Winterkrieg wurde vom 30. November 1939 bis zum 13. März 1940 zwischen der Sowjetunion und Finnland ausgetragen. Im Herbst 1939 hatte die Sowjetunion Finnland mit Gebietsforderungen in der Karelischen Landenge konfrontiert und sie mit unabdingbaren Sicherheitsinteressen für die Stadt Leningrad begründet. Nachdem Finnland die Forderungen abgelehnt hatte, griff die Rote Armee am 30. November 1939 das Nachbarland an.

Naja, erinnert Sie das nicht auch an die „militärischer Spezialoperation“ dieser Tage?

Ursprüngliches Kriegsziel der Sowjetunion war vermutlich die Besetzung des gesamten finnischen Staatsgebiets gemäß dem Ribbentrop-Molotow-Pakt. Der Angriff wurde aber von den zahlen- wie materialmäßig erheblich unterlegenen finnischen Streitkräften zunächst gestoppt. Erst nach umfassenden Umgruppierungen und Verstärkungen konnte die Rote Armee im Februar 1940 eine entscheidende Offensive beginnen und die finnischen Stellungen durchbrechen. Am 13. März 1940 beendeten die Parteien den Krieg mit dem Friedensvertrag von Moskau. Finnland konnte seine Unabhängigkeit wahren, musste aber erhebliche territoriale Zugeständnisse machen, insbesondere große Teile Kareliens abtreten.

Rund 70.000 Finnen wurden in dem Konflikt verwundet oder getötet. Die Größenordnung der sowjetischen Verluste ist umstritten; sie wird auf ein Vielfaches geschätzt. Der Kriegsverlauf offenbarte Schwächen in der Roten Armee, die einerseits die sowjetische Führung zu umfassenden Reformen veranlassten und andererseits im Deutschen Reich zu einer folgenreichen Unterschätzung der militärischen Stärke der Sowjetunion beitrugen. In Finnland halfen die militärischen Abwehrerfolge, die im Finnischen Bürgerkrieg zu Tage getretene gesellschaftliche Spaltung abzumildern.

Der andere Aspekt, der Kreisky ein großes Anliegen war ist war die Neutralität. Die Definition heute ist eine viel diskutiertes Gebiet. Kreisky war mit Figl an den Verhandlungen zum Staatsvertrag beteiligt. Er bildete im April 1955 mit Raab, Schärf und Figl die österreichische Delegation, die auf Einladung der Sowjetunion zu abschließenden Verhandlungen nach Moskau flog.

Dort gelang mit der von der Sowjetunion gewünschten Zusage der Neutralität (womit die Einbindung Österreichs in die NATO verhindert werden sollte) der Durchbruch zum Vertragsabschluss. Man einigte sich darauf, dass Österreich nach dem Inkrafttreten des Staatsvertrages und dem Abzug der Besatzungstruppen seine immerwährende Neutralität nach dem Muster der Schweiz beschließen werde. Das Moskauer Memorandum vom 15. April 1955 war die politische (nicht rechtliche) Vereinbarung der sowjetischen und der österreichischen Regierung, die den Abschluss des Staatsvertrages genau einen Monat später ermöglichte. Österreich versprach in Moskau, nach Abschluss des Staatsvertrages seine immerwährende Neutralität zu erklären. Verhandlungsführer waren für die Sowjetunion Außenminister Wjatscheslaw Michailowitsch Molotow und der stellvertretende Vorsitzende des Ministerrates Anastas Mikojan, für Österreich Bundeskanzler Julius Raab, Vizekanzler Adolf Schärf, Außenminister Leopold Figl und Staatssekretär Bruno Kreisky. Den Wunsch Moskaus, dies im Staatsvertrag zu verankern, lehnten Schärf und Kreisky ab. Kreisky hätte den Begriff militärische Bündnisfreiheit bevorzugt (der der späteren Realität besser entsprochen hätte); Raab hatte für solche juristischen Feinheiten nichts übrig.

Der damals beginnenden europäischen Integration stand die SPÖ positiv gegenüber; wegen der Neutralität und der Vorbehalte der Sowjetunion bezüglich des staatsvertraglichen Anschlussverbotes war der Beitritt zur neugegründeten EWG jedoch nicht möglich. Kreisky und die Regierung unterstützten daher die britische Initiative einer Freihandelszone, die schließlich 1960 mit Österreich als Mitglied unter dem Namen EFTA gegründet wurde. Der spätere Beitritt zur EU lag noch in weiter Ferne und wurde auch erst unter dem Kanzler Vranitzky realisiert.

Ohne weiter auf diese Themen einzugehen, werde ich jetzt dann doch versuchen, Kreisky als den Kandidaten für die Stichwahl 1967 vorzustellen.

Lesen Sie das so, als ob Sie aufgerufen wären, mitzustimmen.

In eigener Sache

Die handelnden Personen bei der ersten Stichwahl um den Bundesobmann der SPÖ 1967 (Teil 1: Hans Czettel)

Es ist nicht die erste Kampfabstimmung einer Obmann Wahl in der SPÖ, die jetzt 2023 bevorsteht.  Ich möchte versuchen Ihnen die Kandidaten der dieser Wahl 1967 vorzustellen, die damals gegeneinander antraten. Wichtig ist mir auch, das Umfeld ein wenig zu beleuchten, das wir zu dieser Zeit erlebt hatten. Denn einerseits war Czettel – wenn auch kurzfristig von der Hitlerjugend fasziniert  und hatte als deutscher Soldat Kriegsdienste geleistet. Andererseits war Kreisky Jude in einer damals teilweise noch ziemlich antisemitisch eingestellten Gesellschaft – und hatte den Krieg im Ausland (Schweden) verbracht.

Bruno Pittermann war 1967 vom Amt des Bundesobmannes der SPÖ zurückgetreten. Eigentlich sollte 1967 der große alte Mann mit der meisten Reputation, Karl Waldbrunner, an die Spitze der Bundespartei treten. Doch er schlug das Angebot aus gesundheitlichen Gründen aus. Daraufhin versuchten Bruno Pittermann und wesentliche Teile der sozialistischen Gewerkschafter (vergeblich) den Niederösterreicher Hans Czettel zum Parteichef zu machen. Aber auch Bruno Kreisky hatte sich gemeldet.

So kam es 1967 erstmals in der Parteigeschichte zu einer Kampfabstimmung. Dabei traten Bruno Kreisky und Hans Czettel gegeneinander an.

Hans Czettel

Hans Czettel wurde am 20. April 1923 in Wien geboren. Er wuchs in einem einfachen Arbeiterhaushalt in Sandleiten (Wien Ottakring) auf.  Sein Vater Johann, Arbeiter bei der Wiener städtischen Müllabfuhr, wurde 1934 aufgrund seiner sozialdemokratischen Gesinnung inhaftiert. Wie er immer wieder betonte, hat seine Mutter Maria die Familie in den schwierigen Jahren der Wirtschaftskrise und Massenarbeitslosigkeit gut über die Runden gebracht. Sein Bruder Adolf Czettel wurde später  Wiener Gemeinderat, Abgeordneter zum Nationalrat und Präsident der AK Wien und des Österreichischen Arbeiterkammertages

Nach Abschluss der Hauptschule stieg Hans mit 15 Jahren als Hilfsarbeiter bei einem Textilbetrieb ins Berufsleben ein. Er war im Ständestaat groß geworden, dann von der Hitlerjugend fasziniert. Bald aber begehrte er jedoch gegen Zwang und Drill auf, und absolvierte eine Lehre als Maschinenschlosser. 1942 – mit 19 Jahren – wurde Czettel zur Wehrmacht einberufen und erlebte den Russland-Feldzug in Stalingrad. Im Dezember 1943 wurde er mit schweren Erfrierungen in ein Lazarett ausgeflogen, wo ihm die Zehen beider Beine amputiert wurden.  Trotz dieser Behinderung wurde er nach Dresden versetzt und erlebte dort das Bombardement der Stadt im Winter 1944/45. Sein Vater wurde kurz vor Ende des Krieges in Italien durch eine Granate getötet. Wieder als Schlosser versuchte Hans der Familie beizustehen und auch selbst mit dem Leben einigermaßen zurechtzukommen.

1946 nahm der Schlosser Hans Czettel eine Stelle im verstaatlichten Stahlwerk der Firma Schoeller-Bleckmann in Ternitz an und übersiedelte auch dorthin. 1949 heiratete er seine Frau Hilde, die er in der SJ (Sozialistische Jugend) kennengelernt hat. Er war in dieser Sozialistischen Jugend tätig, später wurde er zum Bundesvorsitzender des SPÖ-Jugendwählerreferates „Junge Generation“ (1958 und 1961-1963).

Der  Besuch der Sozialakademie in Wien-Neuwaldegg wurde ihm ermöglicht. Bereits damals redigierte er die Manuskripte des „Neunkirchner Bezirksboten“ – das Schwarzataler Wochenblatt der SPÖ – und brachte die Unterlagen mit seinem Motorrad wöchentlich in die Vorwärts-Druckerei nach Wien. In seiner Heimatgemeinde engagierte er sich u.a. als Obmann des Siedlervereins, als Gemeinderat (1955 – 1960) und Betriebsrat im „Werk“. Während der großen Streikbewegung im Herbst 1950 kam es auch im Ternitzer Stahlwerk zu teilweise harten Auseinandersetzungen zwischen den kommunistischen Rollkommandos aus den Wiener Neustädter Rax-Werken und dem sozialistischen Werkschutzkomitee, bei denen der junge Betriebsrat Hans Czettel durch einen heftigen Schlag ins Gesicht eine schwere Kieferverletzung erlitt.

Am 18. März 1953 zog Hans Czettel, der mittlerweile zum Landesvorsitzenden der Sozialistischen Jugend NÖ gewählt wurde, als damals jüngster Abgeordneter in den Nationalrat ein. Dem Nationalrat gehörte Czettel bis zum 14. Februar 1969 an. In den Landesparteivorstand der SPÖ Niederösterreich wurde er 1954 gewählt. Zu Ende des Olah-Skandals wurde der 41-jährige Hans Czettel am 21. September 1964 zum neuen Innenminister und damit zum Olah-Nachfolger angelobt. Diese Funktion behielt er bis zum Ende der großen Koalition am 19. April 1966.

Auch „früher“, also damals, waren die Zeiten innenpolitisch unruhig.  Czettel zog die sogenannten „Spitzel-Akten“ über eine große Zahl völlig unbescholtener BürgerInnen aus dem Verkehr. Krisen (Fussacher Demonstration gegen die Schiffstaufe „Karl Renner“, die Demonstrationen gegen den Nazi-Professor Borodajkewycz mit dem ersten politische Todesopfer der Zweiten Republik Ernst Kirchweger), Reformen (Bildungs-, Sozial- und Wohnprogramm für Exekutivbeamte, erste Kampagnen zur Verkehrssicherheit) und Erneuerungen z.B. zur Anwerbung neuer Polizei- und Gendarmerie Schülerinnen hatte Czettel zu bewältigen. Er reformierte die Staatspolizei vor allem im Hinblick auf antidemokratische Strömungen, legte Wert auf eine wirksame Bekämpfung der Spionage und brachte ein neues Waffengesetz und den Ausbau des Asylrechtes auf den Weg. Als Innenminister auch für die österreichischen Gemeinden verantwortlich, war er vor allem aus seinen niederösterreichischen Erfahrungen von der Notwendigkeit der Demokratisierung der Bezirkshauptmannschaften überzeugt, ebenso wie von der Zusammenlegung von Kleinstgemeinden zu größeren und leistungsfähigeren Verwaltungseinheiten.

Czettel wurde im Juni 1966 zum stellvertretenden Klubvorsitzenden der SPÖ-Parlamentsfraktion gewählt und profilierte sich als harter Oppositionsredner. Als Stv. Bundesparteivorsitzender und später als Landesparteiobmann der SPÖ-NÖ stand er stets solidarisch hinter Kreisky.

Wird fortgesetzt.

Die handelnden Personen bei der ersten Stichwahl um den Bundesobmann der SPÖ 1967 (Teil 1: Hans Czettel)

Ein Metternich müsste jetzt her, der einen neuen (Wiener) Kongress einberuft!

Stehen Verhandlungen am Horizont?

Es sind drei höchst unterschiedliche Meldungen in den diversen Medien, alle die Ukraine betreffend, die mich heute dennoch etwas verstört haben.

Atomwaffenstationierung  in Belarus

Es war zwar schon länger geplant, aber jetzt scheint die Durchführung zu beginnen:  „Die Verlegung atomarer Kampfstoffe (…) hat schon begonnen“, antwortete ein wieder gesundeter Lukaschenko am 25. Mai 2023  auf die Frage einer Journalistin nach den russischen Nuklearwaffen. Kreml-Chef Wladimir Putin hatte die Stationierung von Atomwaffen im Nachbarland Ende März 2023 angekündigt.

Die Verteidigungsminister beider Länder unterzeichneten am diesem 25. Mai 2023 ein Dokument zu der Stationierung, wie die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass meldete. Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu betonte, die Waffen blieben unter Kontrolle Moskaus. „Russland übergibt Belarus die Atomwaffen nicht: Die Kontrolle darüber und die Entscheidung über einen Einsatz verbleiben bei der russischen Seite“, sagte Schoigu in Minsk bei der Vertragsunterzeichnung. Im Vertrag wird die Handhabung der Stationierung geregelt. Dazu ließ Lukaschenko die Verfassung ändern, so dass kein atomwaffenfreier Status mehr festgeschrieben ist.

„Heute übt der ‚kollektive‘ Westen beispiellosen Druck in allen Bereichen der nationalen Sicherheit sowohl auf Belarus als auch auf Russland aus“, sagte der ukrainische Verteidigungsminister bei der Unterzeichnung. Minsk sei daher an einer Vertiefung der Partnerschaft mit Russland interessiert. Bereits jetzt ist Belarus der wichtigste Bündnispartner Russlands. Moskau hat seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine auch von belarussischem Boden aus begonnen.

Die Verlegung russischer Atomwaffen nach Belarus bedeutet aus Sicht von Experten des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW) keine wachsende Gefahr im Konflikt um die Ukraine. Es sei weiter extrem unwahrscheinlich, dass Kremlchef Wladimir Putin Nuklearwaffen in der Ukraine oder anderswo einsetze.

Ich aber frage: ist Russland so sicher, dass Belarus immer sein Partner bleiben wird? Gibt es da nicht stark unterdrückte Strömungen, die eine Änderung dieses Kurses anstreben – und was passiert dann, mit diesen Atomwaffen?

Angekündigter Präventivschlag Russlands, sollte der Westen der Ukraine Atomwaffen zur Verfügung stellen

Fast zeitgleich droht der russische Spitzenpolitiker Dmitri Medwedew mit einem Präventivschlag für den Fall, dass der Westen der Ukraine Atomwaffen zur Verfügung stellen sollte. „Es gibt unumstößliche Gesetze des Krieges. Wenn es um Atomwaffen geht, muss es einen Präventivschlag geben“, sagte Medwedew mehreren russischen Nachrichtenagenturen zufolge. Medwedew war früher Präsident Russlands und gilt als enger Vertrauter des jetzigen Staatschefs Wladimir Putin. Er ist dessen Stellvertreter im Vorsitz des Nationalen Sicherheitsrates – des Gremiums, das die Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik Russlands bestimmt.

Ich frage in diesem Zusammenhang, woher „die unumstößlichen Gesetze des Krieges“ kommen. Die gelten wohl nur in Russland? Und ob nicht eigentlich gleiches Recht für alle gelten sollte Belarus hat Atomwaffen – Ukraine darf keine haben?

Erstes Friedensverhandlungsangebot Russlands?  

Und die dritte Meldung scheint mir komplett aus der Zeit gefallen zu sein – derartige Äußerungen hätte ich eher einem Zaren als Vorbereitung für den Wiener Kongress zugemutet. Wieder war es Medwedew, der Szenarien für den Ausgang des Krieges ins Spiel gebracht hat: Moskau hat eine Aufteilung der überfallenen Ukraine zwischen Russland und der Europäischen Union vorgeschlagen. Denn diese militärische Spezialoperation in der Ukraine könnte Jahrzehnte dauern. Wie Medwedew gegenüber der Agentur erklärt, könnte es „drei Jahre Waffenstillstand geben, dann wieder zwei Jahre Konflikt und dann wird sich alles wieder wiederholen.“

Russland wäre zu einem dauerhaftem Frieden in der Ukraine nach eigenen Angaben aber erst dann bereit, wenn es sich den Großteil des angegriffenen Nachbarlands einverleibt hat. Es gäbe drei Szenarien für den Ausgang des Krieges. In der von ihm bevorzugten Variante würden westliche Regionen der Ukraine mehreren EU-Staaten zugeschlagen und die östlichen Russland, während die Einwohner der zentralen Gebiete für den Beitritt zu Russland stimmen. Bei diesem Ausgang „endet der Konflikt mit ausreichenden Garantien, dass er auf lange Sicht nicht wieder aufgenommen wird“, meint Medwedew.

Bei einem für Moskau nach Medwedews Worten „temporär“ annehmbaren Szenario würde die Ukraine vollständig zwischen EU-Ländern und Russland aufgeteilt, während in Europa eine ukrainische Exil-Regierung gebildet würde. Andere Varianten als diese drei seien nicht realistisch, behauptete Medwedew.

Zeitgleich meldet die Ukraine neuerliche Luftangriffe auf Kiew und droht auch Russland wieder mit Beendigung des Getreideabkommens.

Ich überlege halt in meinem stillen Kämmerlein, ob dieses Teilungsangebot der Ukraine seitens Russlands nicht ein erster Schritt Russlands ist, diesen Krieg zu beenden? Natürlich sind das völlig überzogene, unannehmbare Forderungen – oder einfach nur ein Köder, um den Westen an den Verhandlungstisch zu locken.  Oder, und auch das ist nicht auszuschließen ist Russland schon so schwach, dass es eine Verhandlungslösungen benötigt?

Metternich, schau oba!

Ein Metternich müsste jetzt her, der einen neuen (Wiener) Kongress einberuft!

Pfingsten früher

Eine Wiederveröffentlichung zur Einstimmung auf die Pfingstferien

Der Pfingstsonntag ist der 50. Tag der Osterzeit, also 49 Tage nach dem Ostersonntag, und liegt zwischen dem 10. Mai (frühester Termin) und dem 13. Juni (spätester Termin). Spät sind wir heuer dran.

Als ganz kleines Kind, war ich wohl entweder im Bad im Donaukanal, ja das gab es damals, bevor wir meinen Vater im gegenüberliegenden Hotel Metropol abgeholt haben, wo er auch an Sonntag- und Feiertagen arbeiten musste, wie das im Hotelgewerbe so ist. Da kann ich mich noch an das Gestänge erinnern, durch das das Wasser floss. Oder ich war mit meiner Mutter im Gänsehäufel, dort kann ich mich an die große Fläche von Sand erinnern. Wir waren im Frauenbad, denn damals gab es noch die Trennung in Frauenbad und Familienbad.

Keine Erinnerung habe ich an Pfingsten während der Kriegszeit.

Während meiner Alpenvereinszeit waren wir immer Wandern, zu Pfingsten, in Erinnerung dabei haben wir nur Schönwetter, gehabt.

Später war ich dann Baden, z.B. im Krapfenwaldlbad, und hatte regelmäßig einen Sonnenbrand, und war auch noch stolz darauf, weil ich doch so dringend braun werden wollte. Auch dabei erinnere ich mich nur an Schönwetter.

Als ich dann schon verheiratet war, fuhren wir zu Pfingsten mit dem Auto weg, z.B. ins Mariazeller Land, und was glauben Sie – natürlich war immer nur Schönwetter.

Nur einmal erinnere ich mich an verregnete Pfingsten, meine Tochter war knapp vor Pfingsten geboren worden, ich war noch im Spital – und es schüttete.

Als wir dann unser Häusl in Niederösterreich gebaut hatten, verbrachten wir fast alle Pfingsten dort. Ich kann mich z.B. auch nicht daran erinnern, die „Pfingstferien“ je im Ausland verbracht zu haben.

Meine Freundinnen erzählten begeistert von den wunderschönen Tagen um Pfingsten an den Stränden der Oberen Adria. Es war sonnig, das Wasser war schon warm, und es waren noch nicht so viele Leute dort, wie im Sommer. Das hat sich seither geändert. Heute habe ich Bilder von Stränden dort gesehen, die waren gesteckt voll, und von Alkohol-Exzessen hat man auch schon gelesen.  Aber ich verstehe schon die Menschen, die nach der langen Corona-Zeit wieder ans Meer wollen, ich gebe zu, ich wäre auch gerne dort. Allerdings der Trubel, der wäre mir dann doch zuwider.

Anlässlich der beiden Donnerstag-Feiertage, die ja auch in den Mai oder den Juni fallen, da gab es oft „Gemeinschaftsreisen“, mit den Rotariern. (Mein leider verstorbener Mann war Rotarier). Ich habe diese Reisen geliebt, sie waren immer hervorragend vorbereitet, man wurde eingehend z.B. über die Geschichte der besuchten Region informiert, man erfuhr vieles über die dort hergestellten Produkte, man war meist sehr bequem untergebracht, man besuchte Museen mit kundiger Führung – und speiste köstlich – regional. Gereist wurde gemeinsam. Und als mein Mann schon im Rollstuhl saß, wurden Listen angelegt wann ihn wer führen durfte – und ich konnte ganz gemütlich mit den anderen plaudern. Ich war froh drüber, denn ich hätte mich sehr schwergetan, ihn über den Sand am Strand von Lettland zuschieben, als es grad zu regnen begonnen hat, zum Beispiel.

Eigentlich habe ich Pfingsten nie so sehr als religiöses Fest wahrgenommen, sondern eher als Kurzurlaubszeit. Da stehe ich aber nicht allein da: Im Gegensatz zu Weihnachten und Ostern ist Pfingsten in den westlichen Staaten kaum Teil der Zivilreligion. Für einen großen Teil der Bevölkerung sind die Pfingsttage durch Reise- und Urlaubsaktivitäten geprägt. Seitens der Kirchen gibt es deshalb Bestrebungen, Pfingsten als „Geburtstag der Kirche“ zu profilieren und die eigene Corporate Identity in den Mittelpunkt zu stellen. Auf diese Weise wird Pfingsten zu einem christlichen Ideenfest umgedeutet:

Der Heilige Geist, der auf die Jünger herabkam, schuf die Einheit der Gläubigen und hob die Kirche aus der Taufe. Von diesem Moment an verstand sich die Schar der Jünger als Gottesvolk. Die christliche Gemeinde trat zum ersten Mal öffentlich auf: „Die bis dahin verzagten Protagonisten des Christentums erweisen sich plötzlich als sprachmächtig und missionarisch überzeugend.“ Ich finde es aber wichtig, dass wir uns erinnern, dass es das Pfingstwunder gegeben hat.

Und alle (Apostel) wurden vom Heiligen Geist erfüllt und begannen, in anderen Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab.“ Angehörige zahlreicher nichtjüdischer Völker („Parther, Meder und Elamiter, Bewohner von Mesopotamien, Judäa und Kappadokien, von Pontus und der Provinz Asien, von Phrygien und Pamphylien, von Ägypten und dem Gebiet Libyens nach Kyrene hin, auch die Römer, […] Kreter und Araber“ – wissen wir überhaupt, wo das überhaupt liegt?) wundern sich, dass sie jeder seine Muttersprache hören, obwohl die Jünger doch Galiläer sind.

Naja, leider sprechen wir – oft in derselben Sprache – noch immer oft aneinander vorbei! Und manche wollen nicht einmal verhandeln!

Pfingsten früher

Ich bin zwar keine Fachmann – also Fachfrau, aber ich verstehe diese Entscheidung nicht ganz:

„Der Fachverband der Gastronomie der Österreichischen Wirtschaftskammer hat am Dienstag (23. Mai 2023) einen Antrag für eine vegane bzw. vegetarische Kochlehre abgelehnt. Die Wiener Wirtschaftskammer (WKW) und die Grüne Wirtschaft haben den Eintrag eingebracht. Grund sei laut einem Gremiumsmitglied Sorgen um Qualität und hohen Standard.“

Grund für den Antrag für eine vegane bzw. vegetarische Kochausbildung ist laut Grüner Wirtschaft ein konkreter und wachsender Bedarf. „Das gilt einerseits für die Jugendlichen, die wir als Fachkräfte für die Gastronomie gewinnen wollen und von denen mittlerweile mehr als ein Viertel vegan oder vegetarisch lebt und andererseits gilt es auch für hunderte Lokale in ganz Österreich, die sich auf fleischlose Küche spezialisiert haben“, oder sie auch anbieten. (auch jedes gut geführte Restaurant bietet neben Fleisch und Fisch auch vegane Gerichte an, sonst kann kaum mehr eine Familie, ein Freundeskreis mehr gemeinsam Essen gehen).

Lerninhalte und Qualität sind aber laut dem Antragssteller nicht der Grund für die Ablehnung. Laut Wiener Wirtschaftskammer werde es noch bis zu zwei Jahre dauern, bis eine vegane bzw. vegetarische Kochlehre kommt, „wenn überhaupt“. „Denn wir haben Erfahrung, dass solche Prozesse manchmal fünf Jahre dauern. Wir leben in Österreich und legen Wert auf Qualität und damit braucht gut Ding, Weile“. (Aber aufgrund des Klimawandels haben wir diese Zeit eigentlich nicht mehr!)

Gesprochen wird viel über Tierwohl, Nachhaltigkeit und Klimakrise, außerdem lebten zirka 840.000 Österreicher: innen vegetarisch und 106.000 vegan. Man sollte auch nicht auf die vielen Flexitarier vergessen, die gerne und oft, auch neben Fleisch und Fisch, Vegetarisches essen.

Ich habe Kochen nicht gelernt, natürlich habe ich meiner Mutter zugesehen und früher wurde nicht notwendigerweise viel Fleisch gegessen. Gemüse wurde gerne „eingebrannt“ und es gab nicht viele Varianten, wie es gegessen wurde. Aber ich erinnere mich dennoch gerne an saure Rüben , oder auch an Letscho etc. Und vegetarische Küche könnte m.E. auch die (warme) Wiener Mehlspeisküche umfassen, vielleicht ein weniger „leichter“, denn so in Germknödel mit  flüssiger Butter übergossen, beschert schon den Magen. Aber angeboten werden meist nur Palatschinken und Kaiserschmarrn – da gibt es doch wahrhaft mehr.

Es gibt vegetarische Restaurants in Wien wo man köstliche Gemüsevarianten essen kann. Auf viele dieser wäre ich selber nie gekommen und wüsste schon gerne, wie sie zubereitet werden (zum Glück gibt es für unsereins ja auch Kochbücher).

Österreich hat immer Kochtalente hervorgebracht, warum müssen die immer nur perfekt in der sogenannten österreichischen Küche ausgebildet werden. Ich finde, man sollte die jungen Talente in der  gesamte Palette der Kochkünste – ja auch z.B. in Fusion Cooking – ausbilden.

Bei uns zu Hause wird jetzt fast ausschließlich vegetarisch gekocht, und in unserem Bio-Kistl finden wir Gemüsesorten, mit denen ich recht wenig anfangen kann (für manches finden sich dann Rezepte – ebenfalls im Kistl). Aber sonst kann ich’s nur versuchen, und das kann schiefgehen.

Wir alle sind für unser Klima verantwortlich. Und die großen Fleischspender Kühe, Schweine, Schafe  sorgen auch für CO2 Ausstoß. Wär‘ ja nicht so schlecht, wenn Menschen weniger Fleisch und mehr Getreideprodukte essen, statt das Getreide den Viechern zu verfüttern.

Viele der jungen Menschen wissen das und wollen ihren Beitrag leisten. Warum sollen gerade diese engagierten Menschen keine gute Küche nach ihren Vorstellungen genießen können.

Vegetarier: innen müssen sich sehr genau mit ihrer Ernährung auseinandersetzen, was einen gewissen Zeitaufwand bedeutet. Allerdings trifft das auf jeden Menschen zu, der Wert auf gesunde Ernährung legt. Doch ein gesteigertes Wohlbefinden sollte den meisten Menschen ihre Zeit wert sein. 

Zu den gesundheitlichen Vorteilen, die Vegetarier: innen haben, gehören unter anderem bessere Blutzuckerwerte, geringere Cholesterinwerte und niedrigere Blutdruckwerte– allerdings nur dann, wenn die vegetarische Ernährung auch richtig umgesetzt wird. Sonst können aufgrund von Mangelerscheinungen für Vegetarier: innen auch Nachteile entstehen. Beispielsweise kann ein Mangel an Eisen zu einer Eisenmangelanämie führen, die eine Unterversorgung der Organe mit Sauerstoff bewirkt. 

Der hauptsächliche Nachteil daran, vegetarisch zu leben, ist die etwas komplizierte Zusammenstellung einer ausgewogenen Ernährung. All das sollte nun Inhalt der Kochlehre sein, die Konsumenten könnten sich darauf verlassen, dass sie dann „richtig“ vegetarisch essen.

Ja, in der Zukunft werden viele Menschen auch in Kantinen,  Mensen (ordentlich) vegetarisch essen wollen und dasselbe gilt auch für Schul- und Kindergartenausspeisungen.

Und dafür werden bald gut ausgebildete Köche benötigt werden. Also worauf warten?

Ich bin für eine sofortige Lehre für vegetarisches (veganes) Kochen.

Ich bin zwar keine Fachmann – also Fachfrau, aber ich verstehe diese Entscheidung nicht ganz:

Wenn jeder Kompromiss als Niederlage empfunden wird …

Wie können wir in Zukunft  – demokratisch – zusammenleben, wenn jeder Kompromiss als Niederlage empfunden wird. Und die Autokratien nehmen ja auch zu! Und Autokraten durch Wahlen zu „verjagen“ funktioniert auch nicht (siehe z.B. Erdogan, der in den Erdbebengebieten besonders viele Stimmen erhalten hat).

Irgendwie schaut damit die Zukunft ziemlich „unsicher“ aus.

Bei uns blickt  das Land fasziniert auf den Kampf in der Sozialdemokratie. Für mich war Rendi-Wagner eine Stimme der Vernunft, die unentwegt durch Seitenhiebe gestört wurde. Zuletzt wurde sie allerdings zum Äußersten getrieben und verlegte sich auf Rabiat-Opposition und Verweigerung. Man wird sehen, wie der (und es ist nicht mehr der/die ) zukünftige Parteivorsitzende sich in der Zusammenarbeit verhalten wird.  Gutes ist nicht zu erwarten, denn jetzt hat halt leider schon der Wahlkampf für 2024 begonnen. Und von den beiden „Neuen“ habe ich noch nicht viel Inhaltliches gehört. Denn auch hier gilt: wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte und das sind in der derzeitigen Situation nicht die ÖVP und die Grünen.

Aber auch in anderen Gegenden der Welt schaut es nicht besonders rosig aus. Der Schuldenstreit in den USA betrifft nicht nur die USA, sondern könnte die gesamte Weltwirtschaft schwächen. Der Streit zwischen Demokraten und Republikanern über die Erhöhung der Schuldengrenze zu spitz sich zu.  Beide Parteien beharren auf ihren Positionen – obwohl der US-Bundesregierung bereits am 1. Juni die Zahlungsunfähigkeit und ein massiver Liquiditätsengpass drohen. Denn in den USA schränkt die seit 1917 fest verankerte Schuldenobergrenze den finanziellen Spielraum der Regierung generell ein. Aktuell liegt diese Grenze bei 31,4 Billionen Dollar. Das Budget-Limit wurde in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zwar wiederholt nach oben verschoben. Und bis weit in die 2000er Jahre war das innenpolitisch unumstritten und weitgehend geräuschlos möglich. Anheben kann die Schuldenobergrenze aber nur der Kongress. Eine Mehrheit der Abgeordneten und Senatoren muss zustimmen. Hier sieht sich Biden mit massivem Widerstand konfrontiert. Obwohl der Stichtag näher rückt und die staatlichen Stellen bei Löhnen, Gehältern, Pensionen und Sozialleistungen kurz vor der Zahlungsunfähigkeit stehen, wollen sie die erneute Anhebung nur unter strikten Bedingungen freigeben. Biden und die Demokraten sollen empfindliche Kürzungen der Ausgaben zusagen und dafür politisch die Verantwortung übernehmen.

Dass dieser Machtpoker mit dem Staatsetat an den Märkten für so großes Aufsehen sorgt, hat ernste Gründe: Bisher waren die USA der verlässlichste Schuldner schlechthin. US-Staatsanleihen schlummern in den Depots großer Anleger in China, Japan und Europa. Der US-Regierung Geld zu leihen, war bislang sicher und lukrativ. Viel Zeit bleibt nicht mehr, bis zum 1. Juni 2023.

In den USA tritt nun auch Ron DeSantis (Gouverneur Floridas) „in den Ring“ der Präsidentschaftskandidaten. Er will Trump als Republikanischen Kandidaten für die Wahl 2024 verdrängen. Ob da die Wähler nicht lieber beim „Schmied“ bleiben, statt zum Schmiedl zu gehen? Und wir können uns auch seinen Sieg nicht wünschen. Er verspricht gegen die Wokeness vorzugehen. Das tut er z.B., indem er –  derzeit halt nur in Florida – Bücher aus Schulbibliotheken entfernen lässt …  Von da ist zum Verbrennen der Bücher kein weiter Weg mehr – und wie das in Mitteleuropa im vorigen Jahrhundert geendet hat, ist ja eigentlich recht bekannt.

Wahrscheinlich lässt sich diese „russischer militärische Spezialoperation“ wohl auch nur durch einen Kompromiss lösen. Denn aus meiner bescheidenen Sicht kann  keiner der beiden – Russland oder die Ukraine – verlieren. Ich bin ja kein Fan von Jewgeni Wiktorowitsch Prigoschin, dem Besitzer der Wagner-Gruppe. Aber ganz Unrecht hat er damit nicht, dass bei einem „Verlieren bei diesem Konflikt“ die Konsequenz das Zusammenbrechen und Ende Russlands wäre – eine wirklich unabsehbare Katastrophe. Aber wenn die Ukraine verliert – wo stoppt dann Putin in seinem Erweiterungsdrang?

Was bleibt also: Verhandlungen (auf der so genannten Augenhöhe, möglichst sine ira et studio). Aber danach schaut es derzeit überhaupt nicht aus. Denn das Ergebnis dieser Verhandlungen müsste wohl wieder ein Kompromiss sein, und zu diesem scheint keiner der Kontrahenten bereit zu sein.  Dennoch würde es viele Leben retten, wenn Verhandlungen geplant würden.

Aber auch im Sudan schaut es nicht so aus, als würden sich die beiden streitenden Kontrahenten zumindest auf eine Waffenruhe – die hält – einigen können.  Hier sind es zwei Generäle, die das flächenmäßig drittgrößte Land Afrikas mit über 46 Millionen Einwohnern ins Chaos stürzen. Auf der einen Seite stehen die sudanesischen Streitkräfte unter dem Befehl des Machthabers Abdel Fattah Al-Burhan, auf der anderen Seite sein „Vize“ Mohamed Hamdan Dagalo, Chef der Miliz RSF. Al-Burhan wird von alten Islamisten, Ägypten und dem Offizierskorps unterstützt, Dagalo von Äthiopien und Eritrea. (Über die Ursachen für diese Auseinandersetzung habe ich erst gestern – wahrscheinlich unter einem falschen Titel geschrieben: https://christachorherr.wordpress.com/2023/05/24/ein-beispiel-der-konsequenzen-von-sunden-des-kolonialismus/)

Die (von uns) vergessenen Kriege, die allenthalben noch toben, möchte ich hier gar nicht mehr aufzählen.

Wenn jeder Kompromiss als Niederlage empfunden wird …

Überraschungen bei einem Stadtspaziergang

Schön war’s gestern, nicht so schwül wie vorgestern. Und diese Woche gibt es auch keinen Feiertag – und daher laufen wesentlich weniger Touristen in meiner Umgebung herum. Ideal zum Flanieren. Da ich einiges zu besorgen hatte, war der Weg so ausgelegt, dass ich nicht über längere Strecken Schweres schleppen wollte.

Die erste Überraschung war, dass das erste Geschäft, in dem ich etwas zu erledigen hatte, bereits um 15 Uhr geschlossen hatte und ich erst um 15:30 angelangt bin. Also morgen wieder, früher halt. Zum Glück ist es nicht weit dorthin. Während ich so dahinschlendere schau ich, was es denn so Neues im Grätzl gibt, vor allem, welche Geschäfte zusperren, welche wieder aufmachen und welche leider lange Zeit geschlossen bleiben und langsam mit wilden Plakaten zugepickt werden. Ich freu mich immer, wenn eine Eröffnung geplant ist und im Geschäft eifrig gearbeitet wird. Schließich wollen wir ja nicht in eine Rezession taumeln.

Heute hat mich gewundert, dass das gar nicht so lang eröffnete Huawei Geschäft (Kärntnerstraße) schon wieder geschlossen ist, und dass Bally (am Graben) sich aus Wien zurückzieht. Ich gebe zu, beide Geschäfte hätten kaum von meinen Einkäufen leben können. In dem Huawei Geschäft habe ich nie etwas eingekauft und Bally Schuhe oder Taschen habe ich mir schon sehr, sehr lange nicht angeschafft. Also sollte ich mich nicht wundern.

In dem neu eröffneten Obst- und Gemüse Geschäft in meiner Nähe, (eine Tatsache, die mich erfreut hat) wollte ich mir Ochsenherz-Paradeiser kaufen, nachdem sie aber doppelt so viel wie im Supermarkt kosten, hab ich’s sein lassen. Ich sehe ein, dass sie dort teurer sind, aber das Doppelte oder gar Dreifache (wie bei den Kirschen) zu bezahlen, das rechtfertigt die Qualität doch wieder nicht. Außerdem werden hier die Preise für Viertel-Kilo angegeben – einigermaßen irreführend. Vielleicht bezahlen’s die Touristen.

Am Hof gibt’s wieder ein Volksfest – diesmal veranstaltet vom Burgenland. Naja, laut ist es halt, und viele Menschen besuchen es (ich gehöre nicht dazu). Viele meiner ungeliebten Standeln stehen herum (wie um den Stephansdom – dort ist Kirtag – glaube ich).

An den Auslagen der großen Designer kann ich getrost vorüber gehen. Die Kleidungsstücke, Schuhe, Taschen werden sehr elegant dargeboten, aber was da so gezeigt wird ist nix für mich – bin zu alt, zu blad und außerdem sind die Stücke weit jenseits meines Budgets. Früher habe ich in diesem Zusammenhang zu meinem leider verstorbenen Mann immer gesagt: jetzt hast Du Dir aber viel Geld gespart …

Und wie ich so dahinschlendere, treffe ich in der Bognergasse liebe Freunde, die ich schon sehr lange nicht mehr gesehen habe, mit denen ich aber – weil wir uns fast Ewigkeiten kennen – gleich sehr vertraut sein kann. Wir wollen noch schnell „was trinken gehen“. Naja, wir stehen vor dem „Schwarzen Kameel“, wohin man sich eigentlich nur setzt, um gesehen zu werden. Ich mag das nicht, und auch nicht den Aperol-Spritz, den viele dort trinken.  Zum Glück muss man sich anstellen, um einen Platz angewiesen zu bekommen und ich schlage daher den Freunden vor, doch ein Stückerl weiter zu gehen. In „The Bank“ gibt’s auch ein Café mit Schanigarten. Das war nun wiederum ein Schlangenrat gewesen,  es gibt zwar keine Schlange, aber auch keinen freien Tisch im Schanigarten – also setzen wir uns hinein. Die Zeit wird zu kurz, das Parkpickerl meiner Freunde droht abzulaufen – also müssen wir abbrechen. Schade!

Jetzt musste ich aber schauen, dass ich meine restlichen Besorgungen erledige. Da bietet sich das Durcheilen der Planckengasse geradezu an.  

Der Grund der Planckengasse hatte einst dem nahen Kapuziner Kloster gehört, der diesbezüglich recht radikale Joseph II. hatte befohlen, dort „längs der Planke“ Häuser errichten zu lassen. Die heutige Benennung (erstmals 1821 als Blankengasse, seit 1827 Plankengasse) geht auf Karl Abraham Wetzlar Freiherr von Plankenstern (* 1715, † 1799) zurück, der die Parzellierung, Verbauung und Einplankung der Kapuzinergründe übernommen hatte. Wie immer erinnere ich mich der Freunde – leider schon verstorben, die hier in der Planckengasse gewohnt haben – auch diese Gebäude haben Vorgänger: ursprünglich war es der Dorotheer Hof gewesen, der durch den Klosterneuburger Hof ersetzt worden war. Die alte Leopoldapotheke erinnert noch daran.

Wir Wiener sind das schon recht eigen, wir kaufen das Brot nicht überall, wo es angeboten wird, man hat halt so seinen Lieblingsbäcker, zu dem man geht und dort gibt es (hoffentlich auch jetzt) noch das Lieblingsbrot der Familie. Wir – in unserer WG – brauchen viel Brot, besonders wenn es frisch ist. Dasselbe gilt aber auch für Eisgeschäfte. Es werden jeweils große Umwege in Kauf genommen, um das „richtige Eis“ zu besorgen, das dann von den anderen zu Hause erfreut begrüßt wird.

Jetzt musste ich mich aber sputen, um noch rechtzeitig nach Hause zu kommen, der Spaziergang mit Besorgungen hat doch längere Zeit in Anspruch genommen, als geplant. Aber um diese Zeit sind die Tage ja herrlich lang!

Überraschungen bei einem Stadtspaziergang