Schon in diversen Sagen, in denen „der Bär“ vorkommt, enden Bären meist sehr bald mit dem Tod – eines oft sogar recht freundlichen Bären. Nur selten kommt der Bär darin mit dem Leben davon.
Als Kind habe ich das Märchen, der Bärenhäuter der Brüder Grimm sehr geschätzt, obwohl auch hier am Ende zwei böswillige Schwestern einen gewaltsamen Tod fanden. Aber in diesem Märchen (und anderen Sagen) verwandelte sich der Bär in einen wunderschönen Mann – naja.
Es gibt auch eine Wiener Sage, die ich als Kind gelesen habe -und an die wir alle erinnert werden, wenn wir bei der „Bärenmühle“ vorbeifahren (erst vor kurzem hatten dort die Klima-Kleber den Verkehr aufgehalten). Aber auch in dieser Sage kommt der Bär zu Tode.
Andererseits tritt der Bär auch in Heiligengeschichten auf: St. Mang ist eine im süddeutschen Sprachraum regional gebräuchliche Form des Namens des hl. Magnus von Füssen. Jenem zeigte der Bär eine Erzader, um die Menschen der Umgebung von der Armut zu befreien. Dieser freundliche Bär übernahm dann bei dem Heiligen die Rolle, die sonst ein Hund innehat.
Woanders wieder, im gesamten schamanistisch geprägten Kulturareal Sibirien und Paläo-Sibirien sowie über Korea bis hin zu den Ainu, aber auch im nordamerikanischen Kulturareal Subarktis wurde oder wird der Bärenkult ausgeübt. Die Abstammung des Menschen vom Bären wird in den dortigen ethnischen Religionen allgemein angenommen und der „Herr der Tiere“ – die wichtigste Gottheit animistischer Wildbeuter – wohnt tief in der Taiga und hat Bärengestalt.
Bären nehmen eine entsprechend wichtige Rolle in der Mythologie vor allem jagender Völker und auch in den Erzählungen moderner Gesellschaften bis heute ein. Die Diskussionen um den Abschuss des Bären Bruno in Bayern im Juni 2006 oder um das Überleben des Eisbärjungen Knut in Berlin Anfang 2007 zeigen die emotionale Wirkung des Tieres auch in der Gegenwart auf.
In der griechischen Mythologie ist der Bär das Attribut mehrerer Gottheiten, vor allem der Artemis, der Göttin der Jagd. Junge Mädchen, die im Heiligtum der Artemis erzogen wurden, nannte man Arktoi: „(kleine) Bärinnen“. Der Mythos von Atalante, die einigen Autoren zufolge als einzige Frau am Argonautenzug teilnahm, erzählt, dass sie von einer Bärin aufgezogen worden sei, nachdem ihr Vater Jasos, König von Arkadien, seine Tochter auf dem Berg Parthenion hatte aussetzen lassen. Auch Paris, der Sohn des Priamos und der Hekabe, soll von einer Bärin aufgezogen worden sein: Vor seiner Geburt hatte Hekabe geträumt, dass sie kein Kind, sondern eine Fackel zur Welt bringen werde, die Troja in Brand stecken werde. Priamos wollte sich daraufhin des Neugeborenen entledigen und schickte einen seiner Diener aus, um Paris in einem Wald zu töten. Der Diener hatte Mitleid mit dem Kind und ließ es auf dem Berg Ida zurück, wo eine Bärin sich seiner annahm. Später wurde Paris dann von Hirten aufgezogen.
Heute sind bei uns wieder Bären eingezogen (ebenso wie Wölfe). Manchen Leuten sind sie verständlicherweise ein Dorn im Auge. Ich habe Verständnis für Bauern, deren Vieh auf den Almen gerissen wird. Weniger Verständnis habe ich für Jäger (es sind ohnedies wenige), die diese Bären umgehend erschießen wollen, um eine Bären-Trophäe vorweisen zu können.
Sehr bedauert habe ich jenen Bären, der mit einer Lokomotive kollidiert ist. Er war tot, denn ein toter Bär ist auf der ÖBB-Strecke zwischen Schwarzach und Lend auf den Gleisen gefunden worden. Der Kadaver ist von Mitarbeitern des Forschungsinstituts für Wildtierkunde an der Vetmeduni Wien „eingehend untersucht“ worden. Die Untersuchungen ergaben, dass das Tier eindeutig nach dem schweren Zusammenprall verendet ist. Eine andere Todesursache oder auch eine illegale Tötung kann ausgeschlossen werden.
In der norditalienischen Provinz Trentino ist ein Jogger von einem Bären getötet worden. Anfänglich sollte „der Täter“ – also der Bär, mithilfe seiner DNA-Spuren identifiziert und abgeschossen werden. Das Tal Val di Sole liegt in den italienischen Alpen nördlich des Gardasees. Dort leben mittlerweile rund hundert Bären in freier Wildbahn – sie waren von 1996 bis 2004 im Rahmen des EU-Projekts „Life Ursus“ angesiedelt worden. Geplant war den örtlichen Behörden zufolge eine Population von lediglich 50 Bären. Die Staatsanwaltschaft Trient hat bekannt gegeben, dass die genetische Analyse ergeben hat: Es war die Bärin JJ4, genannt Gaia, die für den Tod des Joggers verantwortlich ist. Gaia ist die jüngere Schwester des (Problem-)Bären Bruno (JJ1), der 2006 erschossen wurde. Ihre Mutter ist die Braunbärin Jurka, die 2000 in Slowenien gefangen und im Naturpark Adamello-Brenta ausgesetzt wurde. Zehn slowenische Bären sollten die dortige auf vier Exemplare zusammengeschrumpfte Bärenpopulation verstärken.
Gaia sollte bereits nach einem Überfall auf einen Vater und Sohn (nicht tödlich, aber verletzt) vor drei Jahren erschossen werden. Die damals bereits von der Provinz erlassene Abschussverordnung war jedoch vom regionalen Verwaltungsgericht wieder aufgehoben worden. Gaia hatte nämlich drei Junge, Naturschützer befürchteten, dass diese ohne die Mutter verhungern müsse. Gaia wurde eingefangen, mit einem Sender versehen und wieder freigelassen. Allerdings ist der Akku dieses Senders längst leer. Jetzt, so glaube ich gehört zu haben, über das Schicksal von Gaia entscheiden .
So hat auch unserer Zeit wieder ihre Bärensorgen. (Und meinen alten Teddybären aus meiner Kindheit halte ich noch immer in Ehren).
Früher, viel früher, da war alles anders: