Status Israel: Benny Gantz und seine Ambitionen

Ja, ich weiß, es gibt noch nicht einmal einen Deal für einen Waffenstillstand im Gaza-Krieg, dennoch würden viele von uns gerne wissen, wie das „Nachher“ aussehen könnte. So hat auch Benny Gantz angekündigt, aus dem Kriegskabinett auszutreten, falls Netanyahu keinen Nachkriegsplan für den Gazastreifen vorlege. Am Samstag, dem 8. Juni, läuft das Ultimatum aus. Das wäre dann morgen?

Gantz verspricht den Israeli: Wenn ihr mich wählt, bekommt ihr einen General, der hart durchgreift, aber gleichzeitig nicht die Prinzipien vergisst, auf denen dieser Staat gegründet wurde – und der Politik macht ohne Skandale und Korruptionsvorwürfe, wie sie Netanyahu anhaften. Gantz gilt als ein wahrer israelischer Patriot. Gantz ist klar, dass man im Nahen Osten eine geladene Waffe braucht, um zu überleben – aber auch einen Olivenzweig in der anderen Hand tragen muss.

Der Oppositionspolitiker Benny Gantz war zwar nach dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober in eine Einheitsregierung mit Netanyahu eingetreten. Doch die beiden Männer vertrauen einander schon lange nicht mehr.

Wer ist nun Benny Gantz? Benjamin „Benny“ Gantz (geboren 9. Juni 1959 in Kfar Chaim, Emek Chefer) ist ein israelischer Generalleutnant und Politiker.  Er war von 2011 bis 2015 der 20. Generalstabschef der israelischen Verteidigungsstreitkräfte und zuvor von 2005 bis 2007 Oberbefehlshaber des Israelischen Heeres. Von Mai 2020 bis Dezember 2022 war er israelischer Verteidigungsminister, zunächst im Kabinett Netanjahu-Gantz und ab Juni 2021 im Kabinett Bennett-Lapid. Im ersten Kabinett war er zeitgleich alternierender Ministerpräsident, im zweiten war er stellvertretender Ministerpräsident. Seit Oktober 2023 gehört er als Minister ohne Geschäftsbereich dem dreiköpfigen Kriegskabinett (Netanjahu, Gallant, Gantz) an, das im Zuge des Hamas-Angriffes gebildet wurde. Vom 26. März 2020 bis zum 17. Mai 2020 war er Präsident der Knesset

Mit der von ihm neu gegründeten Partei Chosen LeJisra’el und nach Zusammenschluss mit Jair Lapids Partei Jesch Atid zum Mitte-Links-Bündnis Kachol Lavan („Blau Weiß“ trat Gantz bei der vorgezogenen Parlamentswahl in Israel April 2019 an, unterlag aber dem Likud von Ministerpräsident Netanjahu. Bei den ebenfalls vorgezogenen Neuwahlen im September des Jahres wurde seine Partei trotz minimaler Verluste stärkste Kraft in der Knesset.

Seine Mutter Malka Gantz, geborene Weiss, war eine Holocaust-Überlebende. Sie stammte ursprünglich aus der ungarischen Kleinstadt Mezőkovácsháza. Von den Nazis wurde sie nach Bergen-Belsen deportiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam sie 1947 an Bord der Haim Arlosoroff nach Israel. Dieses Erleben seiner Mutter formte den jungen Benny nachhaltig. Sein Vater Nahum war ein überzeugter Anhänger der Arbeiterpartei und Mitgründer einer landwirtschaftlichen Genossenschaft, wo Gantz als Einzelkind aufwuchs. In dem Dorf, in Gantz geboren wurde, lebten 57 Familien, die alle Holocaust-Überlebende waren. Sein Umfeld hat ihn stark zionistisch geprägt. Benny Gantz selbst ist verheiratet und hat vier Kinder.

Die Sicherheit Israels war ihm immer ein großes Anliegen. Auch deshalb trat 1977 in die israelischen Verteidigungsstreitkräfte ein und machte rasch Karriere in verschiedenen Waffengattungen. Gantz erwarb während seiner militärischen Weiterbildung bzw. während seiner Ausbildung verschiedene akademische Abschlüsse.

Sollte es zu Wahlen kommen, ist zu berücksichtigen, dass ca. 60 Prozent der israelischen Wähler sich als rechts bezeichnen – um zu gewinnen, muss Gantz die moderat rechten Wähler auf seine Seite ziehen. Die anderen Wähler, die sich eher in der Mitte des politischen Spektrums einordnen, stimmten sowieso auch schon früher für den Gantz.

Der Graben zwischen „rechts“ und „links“ verläuft in Israel nahezu ausschließlich entlang der Einstellung zum Konflikt mit den Palästinensern, Wirtschafts- und Sozialpolitik spielen keine große Rolle. Rechte Politiker setzen sich für militärische Härte ein, während die Linke diplomatische Lösungen hochhält. Gantz positioniert sich in Bezug auf den Nahostkonflikt ähnlich „rechts“ wie Netanyahu.

Vor wenigen Tagen veröffentlichten israelische Medien einen Brief von Gantz, den er bereits Anfang März dem Kriegskabinett vorgelegt hatte. Darin stellte er klar, dass Israel einen existenziellen Krieg führe, ein Einmarsch in Rafah daher notwendig sei, um die Hamas komplett zu zerschlagen. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass Israels Unvermögen, genug humanitäre Hilfsgüter in den Gazastreifen zu liefern und eine Alternative zur Hamas-Regierung zu etablieren, den militärischen Erfolg bedrohe.

Doch seine Forderungen stießen auf taube Ohren. Personen, die ihn kennen, sagen, Benny habe den Glauben daran verloren, die Regierungspolitik noch positiv beeinflussen zu können. Zu stur sei Netanyahu, zu engstirnig auf das eigene politische Überleben statt auf die nationalen Interessen fokussiert. Das sei ein Grund für das oben erwähnte Gantz’ Ultimatum.

Nun, da ein Vorschlag für einen Waffenstillstand und eine Befreiung der Geiseln auf dem Tisch liegt, soll Gantz erwägen, doch in der Regierung zu bleiben. So oder so, die Tage der Einheitsregierung sind gezählt. Doch das heißt nicht, dass Netanyahu gehen muss. Auch ohne Gantz hat die rechts-religiöse Koalition eine Mehrheit von 64 Sitzen in der Knesset.

Regulär wird in Israel im Herbst 2026 das nächste Mal gewählt. Sollten die Israeli früher zur Urne gerufen werden, geht man von einem knappen Rennen zwischen Netanyahu und Gantz aus. Auch wenn unter Netanyahus Führung die Hamas das größte Massaker an Juden seit dem Holocaust begehen konnte, hat er noch Vorteile: Likud-Wähler sind sehr treu.

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