Gestern Burgtheater; gespielt wurde: Die Troerinnen „nach“ Euripides. Das „nach“ stört mich; mir wäre lieber von Euripides oder dann etwas ganz anderes. Aber vollständig heißt es: „mit Texten von Euripides, Ovid, Seneca und Jane M. Griffiths; Fassung von Adena Jacobs und Aaron Orzech (Deutsch von Gerhild Steinbuch).
Na gut, ich mag ja diese antiken Themen schon seit meiner frühen Jugend. Nachdem man in der Volksschule versucht hatte, mit die deutschen Sagen beizubringen, wurde dann im Gymnasium großer Wert auf die die griechischen Mythen gelegt. Und auch die modernen Interpretationen, wie sie in französischen Filmen der 50er Jahre zu sehen gewesen sind, haben mich damals fasziniert.
Dem Inhalt des Stückes stand ich von Anfang an positiv gegenüber. Es geht primär um Frauen im Krieg – in diesem Stück. Um Frauen, schwer vom Krieg betroffen, Opfer, allesamt. Es beginnt nach dem Fall von Troja, noch vor dem Absegeln der Griechen, die diese Frauen als Beute – zu Sklavinnen degradiert, mitnehmen werden.
Die Frauen:
Hekabe, hier Priamos Frau und letzte Königin von Troja, Mutter von 20 Kindern, darunter Hektor, Paris, Kassandra und Polyxena, ansonsten Göttin der Magie und Totenbeschwörung, Wächterin der Tore zwischen den Welten;
Kassandra – Tochter von Hekabe und Priamos, Prophetin, aber mit Fluch belegt, dass ihr niemand glaubt.
Andromache, Schwiegertochter der Hekabe, Frau von Hektor und Mutter von Astynax, ihr Vater, sieben Brüder und ihr Ehemann wurden von Achilles getötet; ihr Sohn wurde von den Zinnen Trojas gestürzt, und dann wurde sie von Achilles Sohn Neoptolemos versklavt. Von diesen hat sie dann einen weiteren Sohn, Molossos.
Helena: die aus dem Ei geschlüpfte Tochter von Zeus (diesbezüglich Schwan) und der Leda; sie galt als die schönste Frau ihrer Zeit. Helena wählte Menelaos, den Prinzen von Mykene und damit späteren König von Sparta zu ihrem Ehemann, dem sie ihre Tochter Hermione gebar. Helena wählte Menelaos, den Prinzen von Mykene und damit späteren König von Sparta, dem sie ihre Tochter Hermione gebar. Sie ließ sich dem trojanischen Prinzen Paris einverständlich nach Troja entführen. Nach der Niederlage Trojas verzieh Menelaos Helena trotz der Vorgeschichte. Beide kehrten heil nach Sparta zurück, lebten und herrschten noch lange dort. Laut Euripides aber war lediglich ein Trugbild Helenas in Troja, in Wirklichkeit verbrachte sie diese Kriegszeit in Ägypten. Sie musste dennoch immer wieder für den Kriegsausbrauch beschuldigt.
Gespielt wurde großartig, jedes Wort war verständlich. Die Inszenierung war interessant, vom „Chor“ wurde sehr viel Beweglichkeit abverlangt. Dass alle fast nackt gespielt haben, kann man auch so interpretieren, dass sie alles verloren haben, es sind auch durchwegs Frauen mit tollen Figuren. Die Texte werden teils griechisch gesprochen und dann deutsch wiederholt (und umgekehrt). Wenn sie nicht wiederholt werden, wird der deutsche Text eingeblendet. Die Bewegungen sind meist sehr langsam, auch gesprochen wird langsam. Es werden viele der verfügbaren technischen Mittel – besonders interessant: Licht! eingesetzt. Auch die „Musik“ ist diesmal nicht störend, sondern untermalt das gesprochene Wort hervorragend. So kann man antike Dramen inszenieren!
Aber: der Krieg ist grausam, und Teile des Stücks sind (besonders im Hinblick auf den derzeit in der Ukraine stattfindenden Krieg) fast unerträglich. Eine Dame neben mir hat weggeschaut und sich teilweise die Ohren zugehalten. Was da alles eingeblendet wird, besonders bei der verbalen Beschreibung der Vergewaltigungsszenen.
Ich war eher sehr beeindruckt und erschüttert. Ich meine, man sollte sich diese Aufführung anschauen, auch wenn sie streckenweise wirklich verstörend wirkt