Was is mei Leistung?

Identitären-Chef Edwin Hintsteiner hat laut Pensionistenverband-Generalsekretär Andreas Wohlmuth am Internationalen Holocaust-Gedenktag in Richtung der demonstrierenden „Omas gegen rechts“ auf Twitter den Satz „Wenn man länger lebt, als man nützlich ist und dabei vor lauter Feminismus das Stricken verlernt hat“ gepostet.

Ich bin auch „Oma“, ja sogar Uroma, ich demonstriere zwar nicht, aber meine Meinung äußere ich recht ungeniert, hier auf diesem Blog aber auch sonst, wo ich Gelegenheit dazu habe. Bin ich noch nützlich?  Was heißt eigentlich „nützlich“ zu sein?  Nützlich für wen? Erbringe ich noch eine Leistung?

Unter Arbeitsleistung versteht man in der Wirtschaft das durch Arbeitspersonen innerhalb der Arbeitszeit erbrachte Arbeitsvolumen als Arbeitsergebnis mit einer bestimmten Arbeitsqualität. Die menschliche Arbeitsleistung ist ein entscheidendes Kriterium beim Produktionsfaktor Arbeit. Die Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung ist das vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer gezahlte Arbeitsentgelt, das gleichzeitig den Preis für den Produktionsfaktor Arbeit darstellt.

Ganz so qualifiziere ich daher nicht, denn für das Schreiben des täglichen Blogs bekomme ich kein Arbeitsentgelt. Allerdings ist eine gewisse Arbeitsleistung dafür erforderlich. Ob die Arbeitsqualität stimmt, das müssen meine Leser entscheiden.

Erbringe ich eine gesellschaftliche Leistung? Diese ist eine Handlung eines Individuums, durch die Aufgaben oder Tätigkeiten in einem für die Gesellschaft befriedigenden Maß erfüllt werden.

Irgendwie passen alle diese Definitionen nicht auf mein Leben – ich versuche es anders: bin ich vom Leistungsdenken geprägt? Leistungsdenken‏‎ ist eine innere Einstellung, die von Leistung geprägt ist. Leistungsdenken soll heißen, dass man immer überlegt, ob man genügend getan hat, wieviel man noch tun kann, ob man besser als andere ist, ob man ausreichend gut ist. Leistungsdenken ist ein besonderes Charakteristikum der modernen westlichen Gesellschaft. Vermutlich kam das Leistungsdenken in seiner modernen Form erstmals durch das Calvinistische Denken / Erfolgsdenken auf, wo angenommen wurde, dass derjenige in den Himmel kommen wird, der in diesem Leben erfolgreich sein wird.

Im Zuge der Aufklärung gab es einen zweiten Schub des Leistungsdenkens. Die bürgerlichen Gesellschaftsschichten wollten auch nach oben streben, sie wollten dem Adel die Vorrechte streitig machen und zeigten, dass sie Kraft ihrer Leistung es wert sind, auch mehr Verantwortung und mehr Ansehen zu bekommen. So entstand das bürgerliche Leistungsdenken, wo es darum ging, mit eigenen Fähigkeiten und mit eigener Anstrengung nach oben zu kommen. Dieses Leistungsdenken haben große Teile der Bevölkerung internalisiert. Soweit, dass man immer überlegt: Bin ich ausreichend gut? Mach ich ausreichend viel?

Leistungsdenken hatte seine Vorteile. Durch ein starkes Leistungsdenken wurde die Wirtschaft letztlich von großem Wachstum geprägt. Seit dem 17. Jahrhundert wurden viele Erfindungen gemacht, es hat sich ein Schulsystem etabliert, Menschen lernten lesen und schreiben. Es gibt Internet, Internetvideo u.v.m. Das Leistungsdenken hat den Menschen aber auch belastet. Menschen können heute kaum noch entspannen. Sie überlegen immer, ob die Leistungen ausreichend anerkannt werden. Haben sich Menschen früher besonders über ihre gesellschaftliche Schicht und ihren angeborenen Status definiert, so definieren sich Menschen heute darüber, was sie geleistet haben. Und so haben die Menschen die Aufgabe, immer wieder etwas von neuen zu leisten.  Auch das hilft mir nicht viel weiter!

Vielleicht sollte ich es anders angehen. Ich schreibe ja nicht „nur“ den Blog. Ich führe einen Haushalt (allerdings unterstützt) und ich kümmere mich um eine behinderte Person, meinen Mann (auch unterstützt).  Das ist doch eigentlich selbstverständlich, wir sind immerhin seit 1959 verheiratet. Aber bin ich daher aufgrund dessen noch nützlich?  Jedenfalls lässt sich diese Art von Nutzen nicht in Zahlen ausdrücken.

Ist dieser Nutzen nun ein

  • Utilitaristischer oder funktionaler Nutzen ist ein problemlösender Nutzen in der klassischen ökonomischen Theorie, wobei der Wert eines Produktes durch seinen utilitaristischen Wert bestimmt wird. Der ökonomische Nutzen ergibt sich aus dem Preis-Leistungs-Verhältnis.
  • Hedonistisch-sinnlicher Nutzen: er beschreibt das Potenzial eines Produktes, den Konsumenten bei seiner Verwendung Freude, Vergnügen und Spaß erleben zu lassen. Er fokussiert sich auf individuelle, persönlichkeitsbezogene und damit emotionale Prozesse eines Käufers.
  • Symbolischer Nutzen (Geltungsnutzen): Produkte können auch als Mittel zum Ausdruck oder zur Verstärkung der eigenen Identität verwendet werden (Statussymbol). Das Produkt vermittelt für den Käufer Prestige, Identifikation, Gruppenzugehörigkeit, Selbstverwirklichung und Erlebniswert?

Jedenfalls ist trotz allen Gewinnstrebens unsere Gesellschaft noch soweit solidarisch, dass nach erbrachter beruflicher Arbeitsleistung diesem Menschen eine Pension gezahlt wird, die sein/ihr Auskommen sichern soll. Also sind wir eigentlich noch nicht bei der Frage angekommen, ob man im Alter noch nützlich ist. Dennoch erbringen viele Menschen gerade in dieser Lebensphase viele Leistungen – unentgeltlich, sei es in der Familie oder auch im gesellschaftlichen Umfeld.  Wie ginge es all den NGOs, wenn nicht die vielen Freiwilligen zur Verfügung stünden. Wie ginge es unseren Enkelkindern, wenn nicht die Omas einspringen, wenn beide Eltern berufstätig sind.

Also nach all den Überlegungen glaube ich nicht, auch wenn ich schon lange lebe, dass ich bereits unnütz bin. Und selbst wenn ich’s wäre, würde ich noch gerne weiterleben!

Was is mei Leistung?

Bei uns in Bagdad?

Zu Abbasidenzeit:

Bagdad wurde am 30. Juli 762 als Madīnat as-Salām („Stadt des Friedens“) von dem Abbasiden al-Mansur (* 714; † 775 war der zweite Kalif der Abbasiden (754–775)), als neue Hauptstadt des Kalifats (islamische Regierungsform, bei der die weltliche und die geistliche Führerschaft in der Person des Kalifen vereint sind) gegründet.

Innerhalb von vier Jahren entstanden der Kalifenpalast und die Hauptmoschee am westlichen Tigrisufer. Die Stadt wurde kreisförmig mit dem Palast und der Moschee im Zentrum konzipiert. Die Kreisstadt war in vier Viertel mit je einem Stadttor, das in eine Himmelsrichtung zeigte, eingeteilt. Die Soldaten des Kalifen wurden nordwestlich von Bagdad in einem eigenen Ort (al-Harbiya) quartiert. Der heutige Stadtteil Karch war damals für die Arbeiter gedacht, während innerhalb des Kreises der Hof, die Garde, der Harem und die oberste Verwaltung wohnten.

Aufgrund der günstig gewählten Lage am Knotenpunkt zahlreicher Handelsstraßen und der fruchtbaren Anbaugebiete dank der Nähe zum Tigris florierte die neu gegründete Stadt schnell. Bagdad war Zentrum der Wissenschaften und Künste geworden; kurzum: es war die Glanzzeit Bagdads.

Das Haus der Weisheit neben dem Abbasidenpalast war eine Art Akademie und Bibliothek, die im Jahr 825 von al-Ma’mūn gegründet wurde. Als Vorbild diente die wesentlich ältere Akademie von Gundischapur. Im Haus der Weisheit arbeiteten Menschen an wissenschaftlichen Übersetzungen vor allem aus dem Griechischen in die arabische Sprache. Neben dem Übersetzungszentrum gehörte zum Komplex auch ein Observatorium, eine Akademie und eine reichhaltige Bibliothek sowie ein Krankenhaus. Im Haus der Weisheit wurde Mathematik und Astronomie betrieben, Algebra stammt aus dieser Zeit. Es wurden Abhandlungen über Mechanik und Geometrie verfasst. Es entstanden Bücher wie:  Bewegung der Himmelskörper und die Kraft der Anziehung. Die Städte verdankten ihre Größe wohl auch der Wasserversorgung, denn es mussten Kanalsystem entwickelt werden um das Wasser dorthin zu bringen. Schon damals erfand man „programmierbare Maschinen“: z.B. einen mechanischen Flötenspieler. Aber auch der Stand der Medizin war hoch, aufgrund der übersetzten Bücher Galens.

Im damaligen Bagdad wetteiferten die gehobene Schicht, wer mehr Bücher als der Nächste hatte. Damals lebten noch eine größere Anzahl von Christen in dieser Stadt, die aber auch an der Weitergabe ihres Wissens an die Araber arbeiteten. Das wurde durch Übersetzung der christlichen aber auch griechischen Literatur ins Arabische gefördert. Gleichzeitig wurde auch eine kritische Sichtung der Hadithe in die Wege geleitet. Das heißt – für mich –  der Islam konsolidierte sich.  Und, der Islam war damals sehr tolerant!

Andalusien unter dem Einfluss Bagdads

Nach Europa kamen alle diese Ideen über Andalusien. Zur Zeit des Kalifats von Cordoba (929–1031) war Al-Andalus ein Zentrum der Gelehrsamkeit. Córdoba wurde ein führendes kulturelles und wirtschaftliches Zentrum sowohl des Mittelmeerraumes als auch der islamischen Welt.

Wien zu dieser Zeit

Und Wien zu dieser Zeit? Das römische Legionslager Vindobona im heutigen Wien lag weit im Osten des weströmischen Reiches und fiel daher den Wirren der germanischen Völkerwanderung rasch zum Opfer. Die Straßen und Häuser des frühmittelalterlichen Wien folgten dem Verlauf der römischen Lagermauern, was darauf schließen lässt, dass ein Teil der Befestigungen noch stand und von den Siedlern verwendet wurde. Auch wurden im Bereich der heutigen Inneren Stadt mehrmals byzantinische Kupfermünzen aus dem 6. Jahrhundert gefunden, was auf regen Handel schließen lässt. Das Zentrum des frühen Wiens war der Berghof (heute Salvatorgasse, eine Nebenstraße zur Marc-Aurel-Straße). Bei Grabungen in diesem Bereich wurden Gräber aus dem 6. Jahrhundert gefunden. Damals herrschten die Langobarden im Wiener Raum. Nachdem die Langobarden 568 nach Süden abgezogen waren, übernahmen die Awaren unter Baian die Herrschaft in der gesamten Region. Neben der awarischen Oberschicht lebten aber andere Völker im Awarenreich. Die Bevölkerungsmehrheit wurde von Slawen gebildet, über welche die Awaren einen Schutz- und Herrschaftsanspruch geltend machten. Bereits um 650 kehrten die ersten Awaren aber wieder in die aufständischen Gebiete zurück. Im Jahr 791 führte Karl der Große einen ersten misslungenen Feldzug gegen die Awaren, konnte die Awaren aber dennoch bis zum Wienerwald zurückdrängen. Ein Bürgerkrieg im awarischen Reich 795 endete damit, dass ein neuer Herrscher, der Tudun, den Franken seine Unterwerfung sowie die Annahme des Christentums anbot, was die Franken jedoch für einen neuerlichen Angriff nutzten und bis 796 große Teile des Awarenreiches unterwarfen. Der Tudun erhielt eine eigene Herrschaftsorganisation innerhalb der fränkischen Awarenmark, das so genannte Awarische Fürstentum östlich von Wien. Danach war der Wiener Raum noch mehrmals Schauplatz bedeutender Awarenaufstände sowie von Einfällen nicht unterworfener Awaren. Von einem Haus der Weisheit oder Entwicklung von Wissenschaften war hier kaum die Rede!

Und Bagdad heute?

Ab 2003 tobte hier der so genannte Irak-Krieg. Am 5. April rückten die US-amerikanischen Truppen erstmals ins Stadtzentrum vor. Es fand zwar kein Häuserkampf statt, dennoch erlitt die irakische Seite schwere Verluste. Die Streitkräfte des Irak beschränkten sich auf eine überwiegend passive Vorgehensweise mit vielen Defensivbauten wie Gräben und paramilitärischen Aktivitäten. Bagdad konnte ab diesem Zeitpunkt dennoch als offene Stadt gelten. Die US-amerikanischen Streitkräfte brachten die Stadt innerhalb der nächsten vier Tage weitgehend unter ihre Kontrolle, danach kam es auch weiterhin zu geringeren Kämpfen. Nach dem Ende der Kampfhandlungen litt ganz Bagdad unter Plünderungen und Chaos. Es kam immer wieder zu verheerenden Anschlägen, von denen nicht nur die US-Truppen, sondern auch die irakische Bevölkerung betroffen war. 2005 kam es auf der Al-Aaimmah-Brücke, die den Tigris überspannt, zu einer Massenpanik unter schiitischen Pilgern, die des Todestages des Imams Mussa Al-Kadhim gedachten. Durch das Gerücht, ein Selbstmordattentäter sei in der Menge, entstand Panik, wodurch hunderte Menschen erdrückt und niedergetrampelt wurden oder in den Tigris stürzten; bei dem Unglück kamen 1.011 Menschen ums Leben, mehr als 800 wurden verletzt. Aufgrund dieses Vorfalles wurde eine dreitägige Staatstrauer angeordnet.

Am 30. Juni 2009 zogen sich die US-Truppen aus Bagdad und anderen Städten zurück. Aber es kam und kommt immer wieder zu Anschlägen, bei denen viele Menschen ums Leben kamen und kommen.

 

Im achten Jahrhundert hätten wahrscheinlich Bürger von Bagdad und Umgebung die Nobelpreise bekommen, hätte es diese damals schon gegeben.

Bei uns in Bagdad?

Hundert Jahre Spanische Grippe

100 Jahre ist es her, dass die Spanische Grippe gewütet hat. Das interessiert mich besonders, da mein Schwiegervater (siehe auch meinen Blog-Eintrag: „das Ende der Kriegsmarine vom 16.12.2017″), den ich leider nicht gekannt habe, davon betroffen war. Wieso ich davon weiß?  Leider nicht aus Erzählungen in der Familie, sondern aus Dokumenten, die in Archiven gefunden habe. Ich konnte feststellen, dass mein Schwiegervater von seinem Torpedoboot auf ein Lazarettschiff transferiert wurde.  Folgender Grund war dafür angegeben: in wunderschön gestochener Schrift „Grippe“. Nun ich wunderte mich, dass ein Marineur aufgrund von Grippe auf ein Lazarettschiff verlegt wurde. Naja, es war die Zeit der Spanischen Grippe – und die war sehr ansteckend und gefährlich.

Die Spanische Grippe war eine Pandemie, die zwischen 1918 und 1920 durch einen ungewöhnlich virulenten Abkömmling des Influenzavirus verursacht wurde und weltweit mehrere Dutzend Millionen Todesopfer forderte. Die Angaben über die Anzahl der Todesopfer schwanken zwischen 25 und 50, ja sogar 70  Millionen, damit jedenfalls waren es  deutlich mehr Opfer als der Erste Weltkrieg gefordert hatte.

Die Auswirkung der Pandemie ist damit in absoluten Zahlen mit dem Ausbruch der Pest von 1348 vergleichbar, der damals mehr als ein Drittel der europäischen Bevölkerung zum Opfer fiel. Eine Besonderheit der Spanischen Grippe war, dass ihr vor allem 20- bis 40-jährige Menschen erlagen, während Influenzaviren sonst besonders Kleinkinder und alte Menschen gefährden. Die Seuche verbreitete sich auf allen Kontinenten, wobei Asien mit rund 21 Millionen Toten am stärksten betroffen war. In Österreich stieg die Zahl der im Jahr 1918 an Spanischer Grippe Verstorbenen auf 18.500, zu Beginn des Jahres 1919 verstarben weitere 2.400 Personen an der Pandemie.

Und warum nannte man sie Spanische Grippe – wir kennen doch eher die Vogelgrippe oder die Schweinegrippe? Der Name Spanische Grippe entstand, nachdem die ersten Nachrichten über die Seuche aus Spanien kamen; als neutrales Land hatte Spanien im Ersten Weltkrieg eine relativ liberale Zensur, sodass dort im Unterschied zu anderen betroffenen Ländern Berichte über das Ausmaß der Seuche nicht unterdrückt wurden: Nachrichtenagenturen meldeten Ende Mai 1918, dass in ganz Spanien acht Millionen Menschen infiziert waren; in Madrid erkrankte jeder Dritte. Büros und Geschäfte mussten geschlossen werden. Die Straßenbahnen stellten ihren Dienst ein. Unter den Erkrankten waren auch der spanische König Alfons XIII. und einige seiner Kabinettsmitglieder.

In den anschließenden Presseberichten wurde die Bezeichnung „Spanische Grippe“ gebraucht. In der deutschen Presse durfte zwar nicht über Erkrankungen an der Front berichtet werden, wohl aber ab Anfang Juni 1918 – auch auf den ersten Seiten der Zeitungen – über zivile Opfer. In Deutschland wurde sie gelegentlich „Blitzkatarrh“ oder „Flandern-Fieber“ genannt, amerikanische Soldaten nannten sie „three-day fever“ (Drei-Tage-Fieber) oder „purple death“ (wegen der Hautverfärbungen), britische Soldaten bezeichneten sie als „flu“ oder „flandrische Grippe“, die Franzosen als „la grippe“ oder „bronchite purulente“ (eitrige Bronchitis) und die Italiener – fälschlicherweise – als „Sandfliegen-Fieber“. In Spanien hatte sich die Bezeichnung „gripe“ eingebürgert.

Die Spanische Grippe trat in drei Wellen auf, im Frühjahr 1918, im Herbst 1918 und in vielen Teilen der Welt noch einmal 1919. Die erste Ausbreitungswelle im Frühjahr 1918 wies keine merklich erhöhte Todesrate auf. Erst die Herbstwelle 1918 und die spätere, dritte Welle im Frühjahr 1919 waren mit einer außergewöhnlich hohen Sterblichkeit verbunden. Die US-amerikanische Armee z.B. verlor etwa so viele Infanterie-Soldaten durch die Grippe wie durch die Kampfhandlungen während des Ersten Weltkrieges.

Der Krankheitsverlauf war grundsätzlich heftig und kurz und ging mit starkem Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen einher. Den meisten Erkrankten ging es nach wenigen Tagen wieder besser. Die Menschen wurden von schweren Fieberschüben geplagt. Häufig kam eine sekundäre Infektion mit Staphylokokken hinzu, die zu lebensgefährlichen Lungen- oder Rippenfellentzündungen führten. Die bekannten Arzneimittel wie Aspirin, Chinin oder Pyramidon zeigten keinerlei Wirkung. Schließlich konnten mit der Verabreichung eines bestimmten Antistreptokokkenserums gute Behandlungsfortschritte erzielt werden. Todesfälle waren meist auf eine Lungenentzündung als zusätzliche Komplikation zurückzuführen. Wegen des fulminanten Krankheitsverlaufs bezweifelten anfangs einige Forscher, dass es sich bei der Spanischen Grippe überhaupt um eine Form der Influenza handele. Unter anderem wurde als Auslöser der Pandemie eine Form der Lungenpest vermutet.

In der Öffentlichkeit kursierte eine Reihe unterschiedlicher Gerüchte über die Entstehung der Krankheit. Eine weit verbreitete Hypothese der damaligen Zeit besagte, die Grippe sei durch Konservendosen aus Spanien importiert worden, diese wären von den Deutschen vergiftet worden, welche die spanischen Konservenfabriken unter ihre Kontrolle gebracht hätten. Aber bereits sehr frühzeitig waren in einigen Ländern von den Gesundheitsbehörden Quarantänemaßnahmen eingeleitet worden, besonders in den USA und Kanada. In kriegsführenden Staaten wurde die Influenza häufig als Kriegsseuche interpretiert, sie war jedoch auch in neutralen Staaten, wie Spanien oder der Schweiz, weit verbreitet. Auch die Ernährungslage scheint nicht ausschlaggebend gewesen zu sein; so fiel zeitgenössischen Ärzten auf, dass gerade wohlgenährte Menschen besonders gefährdet waren, obwohl man hätte das Gegenteil annehmen können, da ja gerade zu Ende des Ersten Weltkriegs Hungersnot herrschte.

Die Spanische Grippe führte in weiten Teilen zur Lahmlegung des öffentlichen Lebens. Schulen, Kirchen und andere öffentliche Einrichtungen wurden geschlossen. Der Postverkehr kam zum Erliegen. In Wien und München waren derart viele Schaffner und Straßenbahnfahrer an Grippe erkrankt, dass der Straßenbahnbetrieb deutlich eingeschränkt werden musste.

Als Folge der Influenza-Infektion litten viele Menschen für den Rest ihres Lebens an neurologischen Funktionsstörungen, unter anderem wurde eine nennenswerte Häufung von Fällen der Encephalitis lethargica beobachtet. Hierbei handelt es sich um eine Form der Gehirnentzündung, die Lethargie, unkontrollierte Schlafanfälle und eine temporäre, der Parkinson-Krankheit ähnliche Störung auslöst. Ein direkter Zusammenhang der EL mit der Spanischen Grippe ist jedoch nicht bewiesen worden.

Es gibt eine Reihe von berühmten Opfern der Spanischen Grippe: z.B. der Großvater des derzeitigen US-Präsidenten; wir trauern um den frühen Tod von Egon Schiele; aber auch Mark Sykes (berühmt im Zusammenhang mit dem unglücklichen Sykes-Picot Abkommen, das Grenzen im Nahen Osten nach dem Ersten Weltkrieg bestimmt hat) erlag der Spanischen Grippe. Kafka z.B. konnte der Spanischen Grippe entkommen, er erlebte während dieser Zeit den Zusammenbruch der Habsburger Monarchie.

Wir können nur hoffen, dass der medizinische Fortschritt seither eine Pandemie dieses Ausmaßes in unserer Zeit verhindern kann.

Hundert Jahre Spanische Grippe

Zwischen Wien und Pernitz

Heute war ein wunderschöner Tag, sonnig, warm, fast so wie im März, es hat schon nach Frühling gerochen – ich weiß, es ist erst Februar und es wird schon noch kalt werden!

Wir haben einen Ausflug „ins Grüne“ gemacht und sind nach Pernitz bzw. auf den Mariahilfberg gefahren. Es sind Erinnerungen wach geworden, entlang dieses Weges. Zuerst – noch in Wien – vorbei am neuen Sonnwendviertel, wenn man nur kurz nicht dort gewesen ist, hat es sich schon wieder erheblich verändert, dort schießen die Gebäude nur so aus dem Boden. Dann die Autobahnauffahrt: die ja früher viel weiter „draußen“ war, und man an einem Autohändler vorbeifuhr, der ein Flugzeug auf einer hohen Säule aufgestellt hatte.

Wir erinnerten uns auch der Nummerntafel, die wir bei einer Urlaubsfahrt nach Istrien verloren hatten. Ein idealer Urlaubsbeginn! Zuerst mussten wir wieder zurückfahren und dann die Stelle abfahren, wo wir glaubten, die Tafel verloren zu haben. Wir -das waren mein Mann, zwei erwachsene Enkel, eine Enkelfreundin und ich.  Wir haben die Nummerntafel nicht gefunden. Letztlich sind wir dann doch zur Polizei nach Wiener Neustadt gefahren, wo man uns vorbildlich geholfen hat. Die Kinder hatten in der Zwischenzeit dann einen Pappendeckel und Filzstift aufgetrieben und eine provisorische Nummerntafel erstellt halbwegs regensicher fixiert. Mit dem Zertifikat der Polizei fuhren wir dann doch mit einiger Verspätung weiter und sind ohne Probleme und ohne erwarteten Stau über zwei Grenzen gekommen.

Auf der B21 gab es eine Strecke, an der Kirschenbäume wuchsen (leider wurden sie alle entfernt, als die Straße verbreitert wurde), wo man – allerdings am Autodach stehend – knackige Herzkirschen pflücken und essen konnte. Früher, als es noch keine Umfahrungen gab, hatte man sich mühsam durch beispielsweise Piesting gewurstelt und stand dann eine gefühlte lange Zeit am Bahnschranken, obwohl der Zug noch längst nicht herbeigezuckelt war.

Als Kind war ich diese Strecke oft mit der Bahn gefahren, noch mit einer dampfenden, pfeifenden Lokomotive, von den Eltern ermahnt, sich ja nicht zum Fenster hinauszulehnen, um nicht Rußkörnchen in die Augen zu bekommen. Das Kind hielt sich nicht daran und unweigerlich trat der angedrohte Fall auch ein.

Amerikanische Freunde kamen einmal zu uns in Pernitz zu Besuch, während ihrer Rückfahrt nach Wien hatte sie ein schweres Gewitter überrascht und in Piesting konnten sie kaum weiterfahren, da dort der Hagel zentimeterhoch auf der Straße lag.

Früher gab es am Weg auch eine Bierbrauereri, man braute dort das Piestinger Bier. Seit 2005 wird Piestinger Bier unter dem Dach der Vereinigte Kärntner Brauereien AG geführt, welche die Markenrechte von Piestinger Bier erworben hat. Da sie kein Interesse am Produktionsstandort hatten, wurde die Brauerei sofort geschlossen. Der damalige Eigentümer hat daraufhin die Anlagen ins Ausland verkauft, und es wurde die Hälfte der Belegschaft entlassen.  Das Brauhaus – das heute als Industriedenkmal gilt – wurde in der Zeit von 1894 bis 1904 erbaut.

Meine bereits in diesem Blog erwähnte Tante Putz hatte im März Geburtstag und traditionsgemäß wurde sie an diesem Tag (oder davor- oder dahinterliegenden Wochenende) besucht, schon allein um die köstlichen Mehlspeisen zu genießen, die sie für diesen Anlass gebacken hatte. Besonders ihre Schneeballen waren ein Gedicht. Den Kaffee trank man bei ihr besser schwarz, denn mit Ziegenmilch hatte dieser einen recht eigenwilligen Geschmack, den wir doch nicht so sehr schätzten. Auf der Rückfahrt war dann einmal so viel Schnee gefallen, dass man – eben in der Gegend von Piesting – kaum die Autobahn erreichen konnte (die dann besser geräumt war).

Als wir durch Oed fuhren, fiel mir ein, dass mein Großvater, als wir die Bahnhofsaufschrift zu Gesicht bekamen, mir immer einreden wollte, dass dieser Ort Fad und nicht Oed hieße. Jedenfalls, wenn man aus Wien in einer Nebelsuppe weggefahren war, kam allerspätestens in Oed die Sonne heraus und es wurde um Grade wärmer.  Heute nahm ich dort erstmals eine Tafel wahr, dass sich Brahms öfter in diesem Ort aufgehalten hatte. Das war mir neu und „Nachforschungen“ (also Google) ergaben folgendes: „Dr. Josef Hauer, gest. 1876 in Oed, war gemeinsam mit Schubert im „Löwenburgschen Konvikt“ in Wien. Er studierte Medizin und wurde Fabriksarzt in Oed (Rosthorn). Sein Haus war musikalischer Mittelpunkt des biedermeierlichen Piestingtales. Seine Tochter Ottilie Ebner wurde Konzertsängerin. Zwischen Brahms und ihr entwickelte sich eine tiefe künstlerische Freundschaft, die zu wiederholten Besuchen Brahms in Oed führte.“

Bald kamen wir in die Quarb: eine Talenge der Piesting zwischen Pernitz und Oed. Das Tal der Piesting wird hier im Norden vom Hohen Mandling und im Süden vom Großen Kitzberg bedrängt.   Mich hat schon immer der Name „Quarb“ fasziniert. Der Begriff wird auf keltischen Ursprung zurückgeführt. Das Wort Quarb – abgeleitet aus dem Wort „gwar“ (Aussicht, Obhut), lässt auf einen Wachtposten schließen, der sich vermutlich am Nordhang des Kitzenberges, gegenüber dem Eingang ins Feichtenbachtal, befunden hat. Nach dem Fund einer Scheibenfiebel aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. war damals die dortige Verbindung vom Piestingtal ins Triestingtal schon bekannt war. Spannend für mich ist auch, dass es in Gutenstein passend zur Quarb die Quick gibt.

Bald konnten wir einen Blick auf die Fabrik in Ortmann werfen, die sich (zum Glück) immer wieder erweitert.  Glück für die Menschen, die dort Arbeit finden, wie das meine Onkel (Franz, Julius und Rudolf) zu ihren Lebzeiten auch gefunden hatten.  Es ist schon ein besonderer Zufall, dass an dem Tag, an dem mein Sohn meinen Blog über Onkel Julius empfohlen hatte, wir dessen nicht sehr geglücktes Gemälde im Gemeindeamt (er war lange Zeit Bürgermeister in Pernitz gewesen) gesehen haben. Aber vielleicht habe ich Onkel Julius einfach anders in Erinnerung.

Über den Mariahilfberg wird‘ ich wohl ein anderes Mal berichten – dort werden heuer  350 Jahre Wallfahrt gefeiert – und wir haben viel Gutes dort erlebt.

Vor dem hoffentlich nächsten Ausflug in die Gegend werde ich dann über „mein Pernitz“ schreiben.

 

Zwischen Wien und Pernitz

Meine Salzburger Tanten

Um die Genealogie in Ordnung zu bringen:  meine geliebte Großmama hatte eine Schwester namens Marie. Diese war sehr gut verheiratet worden und verfügte über wesentlich mehr Wohlstand als die Familie meiner Großmama.

Sie hatte einen sehr erfolgreichen Hotelier in Salzburg geheiratet. Nach den familiären Erzählungen war es ein sehr elegantes Hotel, mit vielem Tafelsilber, Kristallgläsern, persischen Teppichen und reichen Gästen. Meine Großtante hatte vier Kinder, zwei Töchter und zwei Söhne. Einer der beiden Söhne starb bei einem Verkehrsunfall im Salzkammergut, und zwar kurz nachdem in Österreich dort der Verkehr von links nach rechts umgestellt worden war. Diese Umstellung von Links- auf Rechtsverkehr verlief in Österreich nicht einheitlich. Jahrelang gab es keine einheitliche Regelung für das ganze Land, sondern eine Links- und eine Rechtsfahrzone. 1915 wurde generell der Linksverkehr eingeführt – also auch in Tirol und Vorarlberg. Das stieß dort auf Widerstand in der Bevölkerung. Deswegen durfte Vorarlberg schon am 21. August 1921 wieder zum Rechtsverkehr zurückkehren. Dieses Bundesland war damals nur durch zwei Passstraßen mit dem Rest des Landes verbunden. In vier weiteren Etappen wurde bis 1938 in ganz Österreich auf Rechtsverkehr umgestellt. Der Rechtsverkehr wurde am 2. April 1930 nur im Westen Österreichs eingeführt, nämlich in Tirol (ohne Osttirol) und im Westen des Bundeslands Salzburg. Die genaue Grenze verlief bei Lend, östlich der Einmündung des Gasteinertals in das Salzachtal. Durch diese „Grenzziehung“ gab es im Inneren Österreichs nur eine einzige Straße, auf der die Fahrseite gewechselt werden musste.

Leider verstarb auch der Mann meiner Großtante, der Hotelier, verhältnismäßig früh, der zweite Sohn war nicht in der Lage, ein derartiges Hotel adäquat zu führen – so wurde es verkauft. Daraufhin handelte die Familie ein bissel wie „Hans im Glück“, es wurde etwas Kleineres gekauft, aber die Fähigkeiten der Familie waren auch dafür nicht adäquat, so wurde wieder einmal verkauft, man landete in Baden, aber auch dieses Experiment ging schief. Es ging – bergab. Ich glaube mich erinnern zu können, dass eines in dem Zusammenhang erwähnten Hotels in Salzburg das Hotel Nelböck (das es heute nicht mehr gibt) gewesen ist.

Eine der Töchter – namens Rudi – heiratete einen ungarischen Adligen mit einem großen Gut, Reitställen etc. Es wurde angenommen, dass sie gut versorgt war.  Die andere Schwester – Mizzi – blieb unverheiratet, ebenso wie der nicht arbeitsaffine Sohn namens Hans.

Die Tante mit ihren zwei verbleibenden Kindern wohnte in einer großbürgerlichen Wohnung in Salzburg, das mit einigen verbliebenen Objekten aus den Hotels gut ausgestattet war. Aber es brach der Zweite Weltkrieg aus und damit kam es zu Bombenangriffen auch auf Salzburg. Bei den 15 Bombenangriffen auf die Stadt Salzburg durch die Amerikaner, die im Oktober 1944 einsetzten, fielen in der Stadt Salzburg der Dom und 46 % der Wohnobjekte zum Opfer. Die gänzliche Zerstörung konnte dadurch verhindert werden, da der gemäßigte Gauleiter, Dr. Gustav Adolf Scheel, und der Kampfkommandant, Oberst Hans Lepperdinger, die kampflose Übergabe der Stadt an amerikanische Truppen durchsetzten. Jedenfalls war alles, das noch aus den vielen Verkäufen gerettet worden war nun verbrannt. Dazu kam noch, dass die in Ungarn verheiratete Tante Rudi mitsamt ihren Grafen vor den einmarschierenden Russen hatte fliehen – ohne Mitnahme irgendwelcher Wertsachen und ebenfalls in Salzburg gelandet war.

Von dem allen wussten wir nichts. Ich ging mit meinem Vater im Jahr 1945 auf Erkundungsreise nach Salzburg (es war- wie damals üblich – eine langwierige Reise von Pregarten im Mühlviertel nach Salzburg und dann wieder zurück, über die Zonengrenze (Pregarten: russische, Salzburg amerikanische Zone). Wir fanden die Familie, meine Großtante, ihre 3 Kinder und den Ehemann von Rudi in einem Studentenheim, das meine Tante Mizzi (die unverheiratete der beiden Töchter) betrieb. Dort konnten wir ja auch – es war ja Ferienzeit – untergebracht werden.  Ich erinnere mich nur daran, dass mich meine Großtante zum Baden in einen naheliegenden Bach mitgenommen hat. Meine Großtante kam mir damals schon uralt vor (sie muss so in ihren Sechzigern gewesen sein) und trug ein absonderliches schwarzes Badekostüm, fand aber das Schwimmen sehr lustig.

Später konnte dann der Briefverkehr wiederaufgenommen werden und Erkundungsbesuche waren nicht mehr erforderlich. Meine Verwandten kamen irgendwie auch zu einer wunderschönen Unterkunft – in der Reichenhaller Straße, in der es allerdings aufgrund der Anzahl der Familienmitglieder etwas eng war.

Schon 1945, nach Ende des Zweiten Weltkrieges, konnten die Salzburger Festspiele, allerdings mit einem äußerst verknappten Programm, wieder veranstaltet werden.  Und meine Tante Mizzi fand dort Arbeit – bei den Kartenbestellungen und dem Kartenverkauf.  Damit konnte sich die Familie finanziell über Wasser halten.  Diese Arbeit verblieb meiner Tante bis zu ihrer Pensionierung. Aber das reicht eigentlich nicht. Daher, als wieder mehr Gäste zu den Salzburger Festspeilen kamen, vermietete die Familie ihre Wohnung in der Festspielzeit und lebte während dieser Wochen im Keller ihres Hauses. Und da meist Künstler untergebracht wurden, beschränkte sich das nicht nur auf die Dauer der Festspiele, sondern schon vorher zogen z.B. Künstler, die meine Tante über ihre Tätigkeit bei den Festspielen akquirierte, in diese Wohnung in der Reichenhaller Straße ein. Es war nur Tante Mizzi, die arbeitete und die anderen aushielt. Da das wahrscheinlich nicht alles friktionsfrei ablief, hörte ich noch in den vierziger Jahren vom Selbstmord des ungarischen Grafen, des Mannes meiner Tante Rudi.

Meine Großtante Marie starb später mit überm 80 Jahren. Auch Mizzi, die arbeitssame, verstarb nicht lange nach ihrer Pensionierung. Übrig blieb dann Tante Rudi, zuerst blieb sie in der Reichenhaller Straße, übersiedelte dann, als sie die Heizung nicht mehr allein bedienen konnte, in das gegenüberliegende Altersheim.

Wir, meine Tante Maria, meine Mutter und manchmal auch meine Tochter besuchten Tante Rudi in Salzburg des Öfteren. Wir fuhren früh von Wien weg, meine Mutter, die immer sehr sparsam war, packte Butterborte und Kaffee in der Thermosflasche ein (ich wäre viel lieber in ein Rasthaus gegangen) und wir fuhren in meinem 2-CV nach Salzburg, das dauerte natürlich. Dort machten wir unseren Besuch, lieferten die mitgebrachte Flache Fernet Branca ab, den Tante Rudi angeblich so gerne trank, und zuckelten wieder zurück nach Wien. Dennoch möchte ich diese Fahrten nicht missen.

Meine Salzburger Tanten – Frauenschicksale des 20 Jahrhunderts – als man annahm, dass „höhere Töchter“ keine Ausbildung benötigten.

(Über meine Firmung in Salzburg habe ich am 30. April 2016 unter „Die Zeit der Firmungen naht“ im Rahmen dieses Blogs berichtet)

Meine Salzburger Tanten

Küss‘ den Pfennig auf dem Franz-Josefs-Kai

Heute, aus der Leopoldstadt kommend, querte ich den Donaukanal über die Schwedenbrücke. Mir fielen die vielen Möwen auf, die sichtlich hungrig herumflatterten, ja nahe herankamen, um nachzusehen, ob es nicht einen Happen gäbe. Dann fiel mein Blick auf die Fassaden der Häuser am Franz-Josefs-Kais. Es sind alles Häuser, die nach dem Zweiten Weltkrieg wiederaufgebaut worden waren.

Der heutige Kai bildete zur Zeit der babenbergischen Ringmauer beziehungsweise der Renaissancebefestigung lediglich einen Uferstreifen zwischen dieser und dem Donauarm beziehungsweise -kanal; nur das nordwestliche (ab dem Morzinplatz) beziehungsweise südöstliche Teilstück (ab der Dominikanerbastei) waren Bestandteile der Vorstädte vor dem Werdertor beziehungsweise vor dem Stubentor. Am 1. Mai 1858 wurde der Franz-Josefs-Kai vom Kaiser eröffnet, bevor noch die Demolierung der Rotenturmbastei vollendet war. Die Verbauung des Kais wies repräsentativen Charakter auf. Der 1860 angelegte Kaipark wurde um die Jahrhundertwende durch den Bau der Stadtbahn teilweise zerstört, jedoch 1903/1904 wiederhergestellt und gegen die Brigittabrücke (heute Friedensbrücke) verlängert; er erhielt bald nach seiner Anlage infolge der Dürftigkeit der angepflanzten Bäume im Volksmund den Namen „Beserlpark“ (der allerdings in Wien allgemein gebräuchlich ist).

Ich habe noch ganz wenige Erinnerungen an diese damals zerstörte Gegend. Einerseits an das imposante Hotel Metropol, wo mein Vater bis zum Kriegsbeginn tätig gewesen ist, und von wo meine Mutter und ich ihn manchmal abgeholt haben. Andererseits an ein elegantes Gründerzeithaus, es muss in der Gegend der Esslinggasse gewesen sein, wo ein Freund meines Vaters wohnte, den wir manchmal am Sonntagvormittag besuchten. Meine Mutter kochte zu Hause und mein Vater brachte das Dessert mit: meist Baiser mit Schlag.

Während des Kampfs um Wien im April 1945 wurden die Häuserzeilen beiderseits des Donaukanals und die Donaukanalbrücken weitgehend zerstört, weil die zurückweichenden deutschen Truppen am Kanal ihre letzte Widerstandslinie gegen die aus dem Stadtzentrum vordringenden sowjetrussischen Truppen aufgebaut hatten. Die Häuserblöcke am Kai zwischen Morzinplatz (hier stand das Hotel Metropol) und Laurenzerberg wurden nicht wiederaufgebaut, sondern zu Verkehrs- und Grünflächen umgestaltet (auch Bau der Tiefgarage Franz-Josefs-Kai). Dadurch verschwanden die nördlichen Häuserzeilen der ehemaligen Adler- und der Kohlmessergasse. Durch diese Veränderung wurde der Blick auf die Ruprechtskirche frei. An einem der Häuser (Franz Josefs Kai 21) in der Gegend der Rotenturm Straße befindet sich noch ein Wandrelief und die Aufschrift „Küss den Pfennig“. Was hat es damit auf sich?

Dort stand vor ungefähr 400 Jahren der Gasthof „Zum roten Adler“. Der Wirt, Hans Wangler, war in ganz Wien für seine gute Küche, den köstlichen Wein und die sauberen Zimmer berühmt. Er selbst war ein geiziger Mann. Seine Frau bereitete alle Speisen in der Küche zu, sein Sohn Josef übernahm die Arbeit im Weinkeller und Marie, eine verarmte, weitschichtige Verwandt, war Stubenmädchen, und Kellnerin in einem. Hans Wangler plante, seinen Sohn reich zu verheiraten, und zwar mit der reichen Wirtstochter aus dem Gasthaus „Zur grünen Weinrebe“. Josef aber hatte andere Pläne. Lange schon verstand er sich sehr gut mit Marie.

Hans Wangler bemerkte mit der Zeit, dass zwischen Marie und Josef mehr lief, als nur ein freundschaftliches Verhältnis. So rief er eines Abends Marie zu sich und sagte ihr, dass sie sich für den nächsten Monat um eine neue Stelle umschauen solle. Noch am selben Abend erzählte sie ihrem Freund Josef von dem Vorhaben des Vaters. Auch Josef dachte auch daran, seinen Vater zu verlassen, wenn dieser nicht seiner Heirat mit Marie zustimmte.

 

Am nächsten Abend betrat sehr spät ein neuer Gast die Wirtsstube. Er machte nicht gerade den Anschein, als sei er besonders wohlhabend. Er aber bestellte gutes Essen, Wein und ein Zimmer für die Nacht. Der Wirt hatte bei diesem Gast Sorge, ob dieser seine Zeche bezahlen konnte, wollte daher dem Mann Essen und Nachtlager verweigern. Zuvor fragte er aber noch, ob dieser auch alles bezahlen könne. Daraufhin stellte sich der Mann vor:  Ich bin Theophrastus Bombastus Paracelsus von Hohenheim, der berühmte Arzt. „Ich komme extra aus Innsbruck um hier die WienerInnen gesund zu machen.

Das wurde dem Wirt zu viel. So sagte er zu ihm, er solle sich zum Teufel scheren, denn hier werde er die Nacht nicht verbringen können. Da mischte sich Marie in die Szene ein, die Mitleid mit dem Mann hatte. Sie machte dem Wirt und Paracelsus das Angebot, dass sie einstweilen von ihrem ohnehin wenig Ersparten die Zeche und das Geld für das Bett vorstrecken würde. Brummend stimmte der Wirt zu.

Paracelsus wohnte nun schon seit einigen Tagen im „Roten Adler“. Tagsüber schlenderte er durch Wien und abends trank er mit anderen Studenten Wein im „Roten Adler“. Er machte keine Anstalten wieder weiter zu reisen, geschweige denn seine Schulden zu bezahlen. Der Wirt wurde immer übelgelaunter und auch Marie wurde zusehends unruhig, denn ihre Ersparnisse reichten bald nicht mehr aus, um für Paracelsus Schulden aufzukommen. Der Wirt begann Paracelsus Rechnung aufzusetzen. Er wollte gerade die Rechnung zu präsentieren, da sah er Marie und Josef in einer zärtlichen Umarmung am Gang stehen. Voller Wut rief Hans Wangler, dass Marie sofort das Haus verlassen müsse. Zu Hans aber sagte er: „Von dir erwarte ich, dass du noch heute zur Wirtstochter der „Grünen Weinrebe“ gehst, und um ihre Hand anhältst.“ Doch Josef erklärte, dass, wenn Marie aus dem Haus müsse, er mit ihr gehen werde.

Es kam es zu einem lauten Streit. Auch Paracelsus bekam mit, warum gestritten wurde. Er fragte, ob er vermitteln könne. Der Wirt schrie ihn aber nur an: „Bezahlen sie endlich ihre Rechnung, sonst können sie gleich mitgehen mit den beiden!“ Paracelsus aber machte keine Anstalten zu bezahlen und so kramte Marie nach ihren Ersparnissen. Gerade als sie dem wütenden Wirt das Geld überreichen wollte, hielt der Arzt ihre Hand zurück. Er kramte in seiner Westentasche und fand eine Messingmünze. Diese gab er dem Wirt und betonte, dass dies eine kleine Anzahlung sein solle. Wutentbrannt über die fast wertlose Messingmünze schrie dieser: „Sie sind ein unverschämter Lügner und Betrüger, der diesen Messingpfennig ebenso wenig zu Gold machen kann, wie mein Sohn dieses Mädchen zur Frau bekommt!“ und warf den Messingpfennig zu Boden. Da fragte Paracelsus den Wirt ruhig: „Haben sie das ernst gemeint? Wollen sie das Versprechen halten das sie eben gegeben haben? Wenn ich den Pfennig in Gold verwandle, dann dürfen Maria und Josef heiraten?“

„So wahr ich hier stehe und lebe!“, bekräftigte der Wirt seine Aussage. Der Gast empfahl dem Wirt, den Messingpfennig aufzuheben. Dieser tat dies unwillig. Die Münze war plötzlich ein glitzernder, schwerer Goldklumpen geworden. „Ich glaube damit ist meine Rechnung bezahlt! Aber nun halten sie ihr Versprechen und erlaubt eurem Sohn die Hochzeit mit der Frau seines Herzens!“ Daraufhin verließ Paracelsus den Gasthof „Zum Roten Adler“ für immer.

Das junge Paar war überglücklich, denn der Vater stimmte der Hochzeit zu. Hans Wangler aber blickte verzückt auf seinen Goldklumpen, immer und immer wieder bedeckte er ihn mit Küssen.

Die Geschichte vom Goldwunder im Wirtshaus verbreitete sich schnell. Viele WienerInnen kamen in das Gasthaus um sich die Geschichte erzählen zu lassen. Der Wirt machte mit so vielen Gästen natürlich ein prächtiges Geschäft und wurde immer noch reicher. Sooft er den Goldklumpen aus seinem Versteck nahm, küsste er diesen. Und so erhielt das Gasthaus den Namen „Küssdenpfennig“.

 

Küss‘ den Pfennig auf dem Franz-Josefs-Kai

The same procedure as every year: der Akademikerball

Alle Jahre wieder. Auch heuer findet der Akademikerball am 26.2.2018 wieder statt, wie üblich am letzten Freitag im Jänner. Und wieder ist die Hofburg der Ort für dieses Fest. Und wieder sind Demonstrationen angekündigt. Mich erinnert das an den jährlich zu Silvester ausgestrahlten Sketch „Dinner for one““ und der darin geäußerten Frage „The same procedure as last year?“ und dazugehörigen Antwort: “The same procedure as every year“. Auch ich habe hier 2016 schon darübergeschrieben (der berüchtigte Akademikerball, 29.01.2016).

Muss das wirklich so sein? Schon werden „in der Stadt“ die Absperr-Gatter fürsorglich hergerichtet. Bei den Sitzungen von Geschäften des Ersten Bezirks wurde vereinbart, diese um 16 Uhr zu schließen. Bei uns (ich wohne im Ersten) wurden die Müllkübel für Papier, Flaschen, Metall und Plastik entfernt, wahrscheinlich um den Demonstrierenden keine „Waffen“ zur Verfügung zu stellen. Ich musste also meinen diesbezüglichen Mist heute wieder nach Hause nehmen – ärgerlich, aber noch nicht gravierend. Ein Enkelkind wollte morgen Nachmittag kommen um Bücher einzukaufen – ich habe abgesagt, weil die Buchhandlungen zu sein werden und ich mich mit einem kleinen Kind nicht in den zu erwartenden Trubel begeben werde. Lästig, aber noch nicht gravierend.

Die Medien sind bereits jetzt voll von Vorhersagen, um wieviel schlimmer es doch heuer werden würde!  Und wieviel Polizei im Einsatz sein werde. Das sind doch reizvolle Ankündigungen für jeden, der gerne demonstriert!

„Wann i amol was z’reden hätt‘, i schaffert olles o‘ / wos brauch ma denn dös olles, net / is eh‘ gnua do.“ Sprach schon Josef Weinheber in dem Gedicht „Waaßt? Net? Verstehst?“ (Selbstgespräch eines Biertipplers). Ich würde nicht alles abschaffen, aber heuer wäre doch die elegante Gelegenheit gewesen, den Akademiker Ball zu übersiedeln, da das Parlament in der Hofburg tagt. Nix is g’schehn – er findet dort wieder statt. Und für viele ist das ein besonderer Dorn im Auge, da der umstrittene  unter seinem alten Namen Ball des Wiener Korporationsringes (WKR) – indirekt – für eine Streichung der Wiener Bälle aus der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes gesorgt hat. Das war schon 2012.

Aber der jetzt so genannte Akademikerball wird stattfinden, ob er viele Leute anzieht, wenn es möglicherweise Radau geben wird, ist ungewiss, sicher wird der jetzige Vizekanzler daran teilnehmen. Demonstrationen werden auch stattfinden und die Polizei wird gewappnet sein.

Aber muss das wirklich so ablaufen? Könnten wir uns ausnahmsweise diesbezüglich nicht einmal ein Beispiel an den Narrenumzügen in deutschen Städten am Rosenmontag und Faschingsdienstag nehmen?  Auch da sind Geschäfte geschlossen, ich erinnere mich noch gut als ich für eine Bank in München arbeitete. Es wäre sinnlos gewesen, am diesem beiden Tagen nur anzurufen! Weder der Faschingsdienstag noch der Rosenmontag sind in Deutschland gesetzliche Feiertage. Wegen der Umzüge und Feiern kann es jedoch örtlich zu Behinderungen des Straßenverkehrs kommen. Manche Züge sind mit feiernden “Narren” überfüllt.

Könnte man nicht die Demonstrationen in einen Faschingsumzug umfunktionieren? In den Sälen der Hofburg tanzen die „Akademiker“, und heraußen, auf den Plätzen und Straßen tanzen die Demonstranten, wohlwollend überwacht von der Polizei. Von Vermummungen würde ich zwar abraten, in Österreich ist das Vermummungsverbot im § 9 Versammlungsgesetz geregelt. Aber Verkleidungen wären doch angemessen. Der so genannte „schwarze Block“, der wahrscheinlich wieder aus Deutschland angereist kommen wird, hätte dieses Problem ja schon gelöst. Und so schwierig wäre das doch gar nicht auch für passende Musik zu sorgen – wie das geht zeigt sich ja jedes Jahr bei der „Love Parade“.

Und dann wäre es doch gar nicht erforderlich, Scheiben einzuschlagen oder gar Autos anzuzünden. Für Ausländer wäre es dann ein Spektakel, dessentwegen man nach Wien kommen könnte. Wien Tourismus könnte das „Akademikerballfest“ doch glänzend vermarkten und die derzeitige – touristisch- etwas flaue Zeit ein bissel beleben. Vielleicht könnte man sogar einen anderen Namen finden, wie Karneval in Vienna?

Dann wäre die Teilnahme an dieser „ehemaligen Demonstration“ viel attraktiver auch für Wiener, die originellsten Kostüme könnten prämiert werden, dafür fände sich sicherlich ein Sponsor. Über das Ereignis müsste dann nicht in den Nachrichten, sondern in den „Seitenblicken“ berichtet werden, denn viele Adabeis würden doch sicher daran teilnehmen.

Uns geht ja ohnedies ein Faschingsumzug in Wien ab – auch Politiker könnten sich daran beteiligen und Sponsoren könnten in attraktiver Form werben.

Bis dahin werde ich am Nachmittag bzw. Abend des „Akademikerballes“ nicht ausgehen, sondern genüsslich ein Buch lesen und hoffen, dass es zu keinen gröberen Zusammenstößen kommen wird. Einen Faschingsumzug würde ich mir aber gerne ansehen, auch mit meinen kleinen Enkelkindern.

Fasching ist, Freunde!

The same procedure as every year: der Akademikerball

Ein paar Fakten zu „Burschenschaften“

Burschenschaften sind eine tradierte Form einer Studentenverbindung. Sie finden sich heute an Hochschulorten im deutschsprachigen Raum. Nachdem der Ursprung der Burschenschaften und generell der Studentenverbindungen in den napoleonischen Kriegen im frühen 19. Jahrhundert (den „Befreiungskriegen“) liegt, sind Burschenschaften ein deutschsprachiges Phänomen, es gibt sie in Deutschland, Österreich, und auch in der Schweiz, aber auch in Chile, wo deutschsprachige Auswanderer einige Burschenschaften gegründet haben. Fast alle Burschenschaften bekennen sich zu den Prinzipien der Urburschenschaft von 1815, wobei der inhaltliche Bezug stark variiert. Die Bezeichnung „Burschenschaft“ wird heute von teilweise sehr unterschiedlichen Studentenverbindungen verwendet. Diese Urburschenschaft betrachtete sich als ein Zusammenschluss aller Studenten unter Aufhebung der damals üblichen landsmannschaftlichen Zusammenschlüsse. Erst später, als klar wurde, dass sich dieser allgemeine Anspruch nicht durchsetzen ließ, wurde „Burschenschaft“ zu einer Bezeichnung für einen bestimmten Typus von Studentenverbindungen, der neben verschiedenen anderen existierte. Alle heutigen Burschenschaften sind farbentragend, das heißt ihre Mitglieder tragen bei offiziellen Veranstaltungen ein Band in den Farben der Verbindung und eine Studentenmütze, das sogenannte Couleur. Burschenschaften sind politische Studentenverbindungen und setzten sich aus Verantwortung für die Gesellschaft mit politischen Themen auseinander. In der Öffentlichkeit werden Burschenschaften heute häufig als politisch rechtsgerichtet oder gar rechtsradikal wahrgenommen.

Burschenschaften in Österreich wird von Kritikern allgemein ein starker Bezug zum deutschnationalen Lager attestiert, was unter anderem im Prinzip des „volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriffes“ zum Ausdruck komme, der das „deutsche Vaterland unabhängig von staatlichen Grenzen“ definiert und Österreich miteinschließen. Die Idee einer eigenständigen österreichischen Nation wird dabei mit unterschiedlicher Deutlichkeit abgelehnt. In Österreich gibt es zirka 4.000 schlagende Burschenschafter, die in rund 20 deutschnationalen Burschenschaften organisiert sind. Treu dem Wahlspruch der Urburschenschaft „Ehre, Freiheit, Vaterland“ verteidigen sie die Werte einer deutschen Kulturnation in einer globalisierten Welt. Einzelne österreichische Burschenschaften wurden in den 1990er Jahren im“ Jahreslagebericht Rechtsextremismus“ des österreichischen Innenministeriums erwähnt. Es wird von einer zentralen Bedeutung der Burschenschaften „an der Schnittstelle zwischen Rechtsextremismus, legalem Deutschnationalismus und (Neo-)Nazismus“ gesprochen. Zumeist nehmen Burschenschaften keine Frauen auf (außer einige „liberale“).

Als Anfang des 19. Jahrhunderts die ersten Burschenschaften gegründet wurden, war die österreichische Hochschule ausnahmslos männlich dominiert, da bis 1897 Frauen keinen ordentlichen Zutritt zu Universitäten hatten. Aus dieser Tradition wirken bis heute Geschlechterbilder und Männlichkeitsideale durch den expliziten Ausschluss von Frauen aus den meisten Studierenden-Verbindungen nach.

Die Mehrzahl der gegenwärtigen Burschenschaften pflegt aus einem konservativen Weltmodell heraus traditionelle Geschlechterrollen. Die Konstruktion von Frauenbildern erfolgt mit oft überholten ‚natürlichen‘ biologischen Zuschreibungen, z. B. Schwäche, Schutzbedürftigkeit, Gehorsam. Die Frau soll liebende, treue Gattin sein, die Wohlbehagen und häusliche Zufriedenheit sicherstellt, den Haushalt führt und sich der Erziehung der Kinder widmet. Die berufliche Emanzipation wird für den ‚Werteverfall‘ und als Gefahr für die Familie verantwortlich gemacht. Ebenso diffamiert man Abtreibung und die ‚nachlassende Gebärbereitschaft‘, da die Volkserhaltung das oberste Ziel ist. Durch das vorherrschende Ideal der männlichen Härte wird Weiblichkeit im Allgemeinen verachtet. In schlagenden Verbindungen wirkt die Mensur als Schutzwall gleichsam gegen Verweiblichung und als Reproduktion von Männlichkeit. Je radikaler die traditionellen Formen des Brauchtums in einer Burschenschaft praktiziert werden, desto ausgeprägter erscheint der Virilitätshabitus und desto eher kommt es zu rechten oder rechtsextremen Gesinnungen.

Viele Burschenschaften wehren sich gegen den Vorwurf, frauenfeindlich eingestellt zu sein. Sie bemühen sich um eine Beschwichtigung unter Verweis auf die Tradition. Als Gäste seien Frauen jedoch bei Veranstaltungen jederzeit willkommen und äußerst gern gesehen. Da die Mitgliedschaft in Burschenschaften oft steilen Karrieren dient, hat der Ausschluss aus männlichen Seilschaften zugleich die Schutzfunktion, die Vormachtstellung des Mannes nicht zu verlieren, indem weiterhin Frauen von einflussreichen Positionen des öffentlichen Lebens ausgeschlossen werden.

Aber es gibt auch Mädchenschaften bzw. Damenverbindungen. Damenverbindungen teilen mit den geschriebene und ungeschriebene Regeln für das studentische Zusammenleben. älteren rein männlichen Verbindungen das Lebensbund- (lebenslange Verbindung (Bund fürs Leben) zwischen zwei oder mehr Menschen, die mit einer Zeremonie oder dem Eintritt in eine Organisation beginnt) und das Conventsprinzip  (das maßgebliche Organ in der Constitution von Studentenverbindungen. Unter den Stimmberechtigten herrscht Wahlgleichheit) und haben vielfach die äußerlichen Merkmale bestehender Verbindungen, wie Couleur und Comment (geschriebene und ungeschriebene Regeln für das studentische Zusammenleben), übernommen – nicht jedoch die Mensur. In keiner Damenverbindung werden derzeit Mensuren geschlagen, bei einer (Amazonia Berlin) wird -laut Selbstbeschreibung- gepaukt und aktiv darauf hingearbeitet.

Zurzeit gibt es auch in Österreich wieder etwa 30 Damenverbindungen. Von den Vorkriegsverbindungen wurde eine reaktiviert, der freiheitlich-liberal eingestellte Verein Grazer Hochschülerinnen (VGH) (1912 gegründet, 1987 reaktiviert; die älteste heute noch bestehende Damenverbindung im deutschen Sprachraum). Während die deutschen Frauenverbindungen eher konfessionsungebunden sind, dominieren in Österreich römisch-katholische oder ökumenische Damenbünde.

Es existieren seit Ende der 1980er-Jahre, bzw. Anfang der 1990er-Jahre, wieder christlich-orientierte Dachverbände für Damenverbindungen. Der Verband farbentragender Mädchen (VFM) für Mittelschülerinnen (11 Vereine) sowie die Vereinigung christlicher Studentinnenverbindungen Österreichs (VCS) für Studentinnen (8 Vereine). Es gibt auch einige Damenverbindung im national-freiheitlichen Bereich, wie z. B. die Wiener akademische Mädelschaft Freya, die dem Wiener Korporationsring nahesteht. Daneben gibt es eine nationale, aber parteipolitisch unabhängige Damenverbindung, die Wiener akademische Mädelschaft Nike, welche es sich zum Ziel gesetzt hat, neben der traditionellen Wertepflege einen intellektuellen Diskurs in Form von Vorträgen und Diskussionsabenden zu pflegen. Überdies existieren unabhängige Damenverbindungen sowie Maturantinnenverbindungen, d. h. Verbindungen, die ab der letzten Klasse des Gymnasiums rezipieren, die Vollmitgliedschaft aber an die Matura knüpfen und sich dadurch auch auf Schülerinnen und Nichtakademikerinnen ausweiten, ohne den Hochschulcharakter zu verlieren.

Und jetzt noch zum Akademikerball: er findet in diesem Jahr am 26. Jänner statt. Er hat erst seit 2013 diesen Namen. Zuvor war er bekannt als “WKR-Ball”, als Wiener Korporationsball. Der Wiener Korporationsring ist ein 1952 gegründeter Zusammenschluss von Wiener Studentenverbindungen, darunter vor allem schlagende Verbindungen. Dieser Ball findet schon seit längerem in der Hofburg statt. Während heuer erstmalig auch Regierungsmitglieder daran teilnehmen – allen voran Vizekanzler und „Vandalia“-Mitglied Heinz-Christian Strache (FPÖ) – formiert sich in der Stadt eine Großdemo dagegen.

Meines Erachtens sollte eine Mitgliedschaft in einer Burschenschaft (und ähnlichen Institutionen) mit einem politischen Amt inkompatibel sein.  Ich schlage vor, eine derartige Mitgliedschaft nicht nur „ruhend“ zu stellen, sondern schon bei Bewerbung für ein politisches Amt zurückzulegen.

Ein paar Fakten zu „Burschenschaften“

Der Zweite Weltkrieg in neuen Romanen

Auch im 21. Jahrhundert werden noch immer Romane über den Zweiten Weltkrieg geschrieben.  Warum eigentlich?  Es ist doch schon viel Zeit vergangen und viele Kriege haben seither stattgefunden. Auch über den Vietnamkrieg ist sicher auch viel veröffentlich worden, aber wo sind jetzt erschienen Romane über die Roten Khmer in Kambodscha, über die Zerfallskriege von Jugoslawien – wenn es näher bei uns sein soll?

Dennoch habe ich einige der meist neu erschienen Romane über den 2. Weltkrieg innerhalb kurzer Zeit gelesen. Die Standpunkte und Themen waren sehr unterschiedlich. Für mich, die ich ja diesen Krieg erlebt habe, ist es ohnedies zwiespältig darüber zu lesen. Letztlich waren damals Engländer, Russen und Amerikaner für mich „Feinde“.  Die Darstellung der „Deutschen“ in derartigen Romanen ist immer sehr negativ. Dennoch, diese Bücher wurden alle in der Jetztzeit geschrieben, besteht dieser Hass auf „die Deutschen“ denn noch immer, trotz NATO? Wir, also hier in Österreich, sehen z.B. jetzt in Amerikanern eher Freunde (wenn man von Trump absieht).

  • „In Farleigh Field“, von Rhys Bowen, erschienen 2017
  • „Berlin Calling“, Kelly Durham, erschienen 2017
  • „Die Leopardin“, Ken Follet, erschienen 2001
  • “Daughters of the Night”, Aimie K. Runyan, erschienen 2017
  • “To do or die” James Barrington, erschienen 2010
  • („Munich“, Robert Harris – über dieses Buch habe ich im vergangene Oktober geschrieben)

Es sind nicht nur die kriegerischen Ereignisse, die beschrieben werden, es sind die Menschen, ihre Beziehungen, ihre Taten und auch das gesellschaftliche Umfeld.

Z.B. in “Daughters of the Night” wird das Leben und Verhalten von russischen Pilotinnen beschrieben. Aber interessant sind nicht nur ihre Flüge, sondern auch ihre Ausbildung und ihr Kampf um Anerkennung. Stalin hatte zwar die Gleichheit von Männern und Frauen verkündet, aber – laut diesem Buch – durchgesprochen hatte sich das eher nicht. Jede dieser Frauen hatte ihren eigenen Kampf zu kämpfen, zuerst gegen ihre Familie, dann um ihre Ausbildung, dann um sichere Flugzeuge und Ausrüstung. Immer mussten sie besser sein, als ihre männlichen Kollegen, um überhaupt wahrgenommen zu werden. Und männlichen Übergriffen mussten sie sich zur Wehr setzen.  Interessant – für mich – ist an diesem Buch auch die Darstellung der verschiedenen Klassen, in dieser klassenlosen Gesellschaft. Dass diese Frauen ihre Feinde – die Deutschen – hassten, ist irgendwie nach zu vollziehen.

In der „Leopardin“ geht es um den Widerstand im besetzten Frankreich.  Auch hier waren Frauen nicht nur sehr aktiv, sondern auch innovativ. Sie hatten Möglichkeiten, durch Becircen von hochrangigen Offizieren an Informationen für ihre Aktivitäten zu gelangen. Hier werden die Deutschen doch eher als geil und dumm dargestellt.

Berlin Calling“ hab‘ ich von allen diesen Romanen am differenziertesten gefunden. Hier geht es um eine junge Amerikanerin, irischer Abstammung – mit entsprechendem Hass auf die Engländer -die in Heidelberg studiert und sich in einen jungen SS-Offizier verliebt und in Deutschland bleibt. Um ihren Unterhalt zu verdienen, verdingt sie sich bei dem deutschen Propagandasender, der die „deutsche Version“ der Situation ins Ausland sendet. Einerseits kommt sie in Kontakt mit Goebbels und seiner Umgebung, andererseits hält sie auch ihre Verbindungen zu ihren Landsleuten in Deutschland aufrecht. Als der Krieg anfängt, wird ihre Situation recht zwiespältig und vor allem der junge SS-Offizier, in der Leibstandarte Adolf Hitler, enttäuscht sie durch sein Macho-Verhalten, privat und im Krieg.  In dieser Situation wird sie für Spionage gegen Deutschland angeworben. Dennoch hält sie ihre Position im Propaganda Sender mit innovativen Einfällen aufrecht. Natürlich wird sie von der Gestapo erwischt, eingesperrt und entkommt bei einem Bombenangriff. Jedenfalls wird die sich verschlechternde Situation der Berliner Bevölkerung sehr eindringlich beschrieben, und auch das Chaos des Kriegsendes recht glaubwürdig dargestellt. Hier gibt es sie nicht, „die Deutschen“. Hier gibt es Goebbels und seine Entourage, die ihm fast hörig war. Hier gibt es die SS-Männer, die zwar Machos waren, sich aber tapfer und auch rücksichtsvoll gegenüber ihren Kampfgefährten erwiesen. Und es gibt die unter Bombenterror leidende Berliner Bevölkerung.

„To do or die“ kann ich ehr als „Action-Thriller“ einordnen. Es geht um den Beginn der Kampfhandlungen an der Maginot-Linie. Einfache Englische Soldaten sollen die Franzosen unterstützen, indem sie Minenräumungsdienste durchführen um ein Endringen der Franzosen in deutsches Territorium zu ermöglichen. Hier wird bereits die hervorragende aber brutale Technik der Deutschen gerühmt. Aber es wird genauso auf die Ineffektivität der Franzosen (Schlamperei an der Maginot-Linie) und ihre Hinterhältigkeit (Engländer werden nicht vor Eindringen der Feinde gewarnt, eine Mine wird besonders in ihren Weg gelegt) hingewiesen. Gut sind also nur die Engländer (obwohl sie an dem an diesem Verhalten schuldigen Franzosen durchaus „Selbstjustiz“ vornehmen). Der Rest ist eine „Räuber – und – Gendarm-Jagd“ durch französisches Territorium. Die Jäger sind von einem sehr effektiven Offizier geführte SS-Truppe, die aber letztlich nach langen Schlagabtäuschen vernichtet werden kann.

Auf mich hat „in Farleigh Field“ in bisserl wie „Downton Abbey“ gewirkt und daher nicht so besonders beeindruckt. Liest sich aber recht angenehm.

Was mich an dieser Lektüre fasziniert hat, ist wie sich Kriege seit dem Zweiten Weltkrieg verändert haben. Es sind vor allem die Kommunikationsmöglichkeiten, die seither entwickelt wurden. Mussten im Zweiten Weltkrieg noch „Nachrichtentruppen“ aufgestellt werden, welche die Einrichtung und Betrieb der Nachrichtenverbindungen als Fernsprech- und Funkverbindungen ermöglichen mussten. Speziell für das Abhören von gegnerischem Fernmeldeverkehr dienten Horchkompanien, in denen fremdsprachenkundige Soldaten Dienst taten. Die Kommunikation zwischen den einzelnen Soldaten und ihren Befehlshabern ist heutzutage halt schon ganz anders geworden.

Dennoch hoffe ich, dass wir von Kriegen verschont bleiben und Aktionen, wie die derzeit von Türken in Syrien angetriebenen Kämpfe nicht zur Verlängerung und Erweiterung dieses schrecklichen Bürgerkrieges führen.

Der Zweite Weltkrieg in neuen Romanen

Gedanken im Café Imperial

Heute hatte ich eine Verabredung im Imperial (Café), um etwas mit meiner Freundin zu feiern. Nachdem ich mein Handy nicht immer bei mir habe, besonders nicht, wenn ich nach dem Mittagessen ein Schläfchen einschiebe, bin ich eben ins Café Imperial gegangen. Erstens habe ich einmal festgestellt, dass es trotz Umbau keinen (gleich ersichtlichen) barrierefreien Eingang gibt. Darauf passe ich immer besonders auf, weil ich sonst ja meist einen Rollstuhl schiebend unterwegs bin.  Ansonsten kann ich nichts einwenden, die Bedienung war zuvorkommend, der Kaffee hat mir geschmeckt und nachdem meine Freundin nicht kommen konnte, habe ich das Feld bald wieder geräumt. Ich muss dazu sagen, dass ich mich an diesem Ort nicht sonderlich wohl fühle, ich kann eigentlich nicht sagen warum – aber es ist einfach so. Das ist ganz anders im Tirolerhof, im Frauenhuber, Schwarzenberg, zuweilen im Oberlaa oder im Café (jetzt Diglas) im Schottenstift, da bin ich immer gerne.

Als Palais an der Wiener Ringstraße wurde es in den Jahren 1862 bis 1865 im Stile der italienischen Neo-Renaissance für Herzog Philipp von Württemberg, erbaut. Der Herzog bewohnte das Palais mit seiner Gemahlin, der geborenen Erzherzogin Marie Therese von Österreich, seit 1866, verkaufte es aber bereits 1871 an den Bankier Horace von Landau. Möglicherweise war es für den Herzog als Wohnsitz uninteressant geworden, nachdem der neu gebaute Wiener Musikverein die freie Sicht auf den Wienfluss genommen hatte und eine Straße den Zugang zum Park verbaute. Aber auch die Herzogin fühlte sich im Palais nie wohl (das kann ich ihr nachfühlen).  Am 28. April 1873 wurde das Palais als Hotel zur Wiener Weltausstellung 1873 in Anwesenheit von Kaiser Franz Joseph und der Kaiserin Elisabeth feierlich eröffnet. Traditionellerweise logieren Staatsgäste im Hotel Imperial; Die bekanntesten waren John F. Kennedy und Nikita Chruschtschow bei ihrem Gipfeltreffen 1961 in Wien, Richard Nixon, König Olav von Norwegen, Marschall Tito, König Leopold von Belgien, die indische Premierministerin Indira Gandhi, Königin Elisabeth von England, König Juan Carlos von Spanien sowie Kaiser Akihito und Kaiserin Michiko von Japan.

Auch zahlreiche prominente Künstler waren zu Gast im Imperial, darunter Otto Preminger, Walt Disney, Otto Klemperer, Alfred Hitchcock, Frank Sinatra, Woody Allen, Yul Brynner, Peter Ustinov, Michel Piccoli, Zubin Mehta, Vladimir Horowitz, Riccardo Muti, Mick Jagger, Mariah Carey und Sofia Coppola. Michael Jackson schrieb hier das Stück Earth Song.

An manche Ereignisse im Imperial habe ich durchaus gute Erinnerungen. Da gab es Essen, veranstaltet vom Außenministerium, für ausländische Gäste. Das Essen war immer exquisit. Nur einmal, wir waren etwas früher dort, bemerkte mein Mann auf der Speiskarte „Mohr im Hemd“ als Dessert. Nun das waren noch nicht die Zeiten der „political correctness“, aber da die Gäste weitgehend aus schwarzafrikanischen Ländern stammten, wurde der Name der Mehlspeis auf den Speiskarten noch schnell geändert. Aber nicht nur großartige Essen gab es dort, auch Cocktailempfänge, Vorträge etc. Das Ambiente war immer sehr elegant! Näher in die Zimmer und Suiten bin ich nicht vorgedrungen, die kenne ich nur aus einer Fernsehdokumentation über das Hotel. Jedenfalls hat mich dabei das Vorhandenseins eines persönlichen Butlers für Gäste, die das wünschten, schon sehr beeindruckt.

Andererseits, das gegenüberliegende Grand Hotel kenne ich noch gut. Dieses Hotel, ebenso wie das Imperial war in der Nachkriegszeit von den Russen okkupiert.  Zu diesen Zeiten mied ich es, in die Nähe der jeweiligen Portale zu kommen, aber das Verkehrsaufkommen war so, dass man auch auf der Fahrbahn gehen konnte.

Im ersten Abschnitt der entstehenden Wiener Ringstraße wurde 1874 ein „Maison meublée“ fertig, das sogenannte Schneider’sche Haus, ein palaisartiges Gebäude. Schneider, als Hotelier vor allem für das Haus „Zum Erzherzog Karl“ bekannt, war Eigner angrenzender Liegenschaften, die er an eine Aktiengesellschaft verkaufte, welche das Gebäude mit etwa 300 Zimmern und 200 Badezimmern errichten ließ. Nach der Okkupation durch die Russen wurde der Komplex grundlegend restauriert, die Wiedereröffnung erfolgte 1957. Schon 1958 wurde das Gebäude von der österreichischen Regierung für die Internationale Atomenergieorganisation angekauft. Nachdem 1979 diese Organisation umgezogen war, kaufte 1989 die japanische Fluglinie und Hotelkette All Nippon Airways (ANA) das Gebäude. Die ANA baute es um, wobei an sich nur die Hauptfassade erhalten blieb. Die Wiedereröffnung als „ANA Grand Hotel“ nach dem Umbau erfolgte 1994.

Da ich ab 1958 bei der Internationalen Atomenergieorganisation angefangen habe, kenne ich das Gebäude ziemlich gut. Ich kann mich noch gut erinnern, wie noch die Badezimmer bei den jeweiligen Büroräumen existierten, als wir das Haus bezogen haben. Anfangs musste dort noch die Sekretärin sitzen, bis dann endlich die Installationen herausgerissen waren und ein ordentliches Zimmer daraus wurde. Wir „Computervolk“ wurden dann in den Dachbodenzimmern untergebracht und noch heute denke ich manchmal daran, wenn wir im „Le Ciel“ sitzen. Allerdings wir hatten nicht die Ringseite für uns, sondern schauten in die Mahlerstraße. Die Personalabteilung, für die wir Programme entwickelten, saß in den wunderschönen Räumen mit Ringblick und Balkon.

Vieles geht einem so durch den Kopf, wenn man allein im Café Imperial sitzt.

Gedanken im Café Imperial