Meine (Lebens)-Zeit ist wahrscheinlich – altersbedingt – nicht mehr lange. Daher ist es mir ein Gräuel Zeit zu verschwenden. Es ärgert mich, wenn jemand seine/ihre Zeit „totschlagen“ will oder sich „Zeit-Vertreiben“ will. Ich finde, man sollte seine Zeit bestmöglich nutzen, das kann selbstverständlich auch eine „Ruhezeit“ sein. Man spricht auch von der verlorenen Zeit, ist das die Zeit, die man vergeudet hat? Ist es die Zeit, die unwiederbringlich verloren ist, wenn sie nicht in der Erinnerung in einem Kunstwerk konserviert wurde. Oder ist es die Zeit, die Erinnerungen oder Imaginationen, die Namen oder Gegenstände hervorrufen. Manchmal kann z.B. ein Duft eine Erinnerung an eine bestimmte Zeit bringen ….
Jetzt ist schon wieder fast der Jänner des neuen Jahres um, ein wenig mehr als ein Zwölftel von 2022. Die Zeit verfliegt, sie rauscht vorbei. Manchmal fließt sie träge dahin, ein andermal rast sie vorbei. Jedenfalls steht sie nie still. Manchen von uns rennt sie davon. Die Wahrnehmung der Zeitdauer hängt davon ab, was in der Zeit passiert. Ein ereignisreicher Zeitraum erscheint kurz, „vergeht wie im Flug“. Hingegen dauern ereignisarme Zeiträume manchmal quälend lange. Von dieser Beobachtung leiten sich auch die Begriffe Kurzweil und Langeweile ab. Paradoxerweise empfindet man im Rückblick die Zeiten gerade umgekehrt: In ereignisreichen Zeiten hat man viele Informationen eingespeichert, sodass dieser Zeitraum lange erscheint. Umgekehrt erscheinen ereignisarme Zeiten im Rückblick kurz, da kaum Informationen über sie gespeichert sind.
Die Zeit ist eine physikalische Größe. Das allgemein übliche Formelzeichen der Zeit ist t, ihre SI-Einheit ist die Sekunde s. Die Zeit beschreibt die Abfolge von Ereignissen, hat also eine eindeutige, nicht umkehrbare Richtung. Die Zeit beschreibt das Fortschreiten der Gegenwart von der Vergangenheit kommend und zur Zukunft hinführend. Je nach der Komplexität gesellschaftlicher Ordnung werden Zeitfenster zur Einteilung der Lebensalter mit ihren jeweiligen Funktionen bestimmt: Säuglingsalter, Zeit der Kindheit, Zeit des jugendlich-Seins, Zeit des Erwachsenseins, Greisenalter oder: Kindergartenzeit, Schulzeit, Zeit des Studiums bzw. Lehrzeit, Erwerbsarbeitszeit, Freizeit. Innerhalb dieser gesellschaftlichen Zeitfestlegungen fädeln die Bürger ihre individuellen Biographien auf: z. B. Geburt, Initiationsriten (Taufe o. Ä.), Schuleintritt, schulische Karriere, Studium oder Berufseintritt, Heirat etc.
Zur Angabe eines Zeitpunkts wird die Uhrzeit verwendet. Als bürgerliche Zeit (UT, MEZ usw.) richtet sie sich annähernd nach dem Sonnenstand und ist durch staatliche Regelungen jeweils innerhalb einer Zeitzone einheitlich. Fast alle Lebewesen, bis hin zum Einzeller, besitzen eine biologische innere Uhr, die sich mit dem Tag-Nacht-Wechsel und anderen natürlichen Zyklen synchronisiert. Die innere Uhr zum Tagesrhythmus läuft aber auch ohne Tageslicht, auch an Menschen in Bunker-Experimenten, in denen die freiwilligen Versuchspersonen ohne jeden Hinweis auf äußere Zeitrhythmen lebten. Dabei stellte sich nach einiger Zeit ein konstanter Wach-Schlaf-Rhythmus von im Mittel etwa 25 Stunden ein. Man bezeichnet ihn als circadianen Rhythmus.
Wir versuchen die Zeit durch Messung zu „zähmen“. Manche teilen sie nach den Mondphasen ein, andere nach anderen Kriterien. Derzeit erfolgt bei vielen die Zählung nach Lockdown-Phasen. Astronomische Daten und Zeiten werden oft zweckmäßig als Julianisches Datum (JD) oder modifiziert als Modifiziertes Julianisches Datum (MJD) angegeben.
Wir alle verwenden Kalender, seien es Buchkalender in verschiedener Ausführung und Größe, vielleicht sogar ledergebunden, oder simple Hefterln. Ich mag Stehkalender – ein Blatt – eine Woche, und übrigens führe ich meinen Kalender am Computer – auch nicht immer praktisch. Andere den ihren auf dem Handy.
Dann wird oft von der Zeitgeschichte gesprochen. Das ist jene Epoche der Späten Neuzeit, die zumindest ein Teil der Zeitgenossen bewusst miterlebt hat, im engeren Sinn die wissenschaftliche Untersuchung und Darstellung dieses Zeitraums durch die Geschichtswissenschaft.
Dafür gibt es bestimmte Grenzen – bzw. Ausgangspunkte. Da gibt es zunächst die Epoche seit dem Ende des Ersten Weltkriegs bzw. seit der Oktoberrevolution in Russland ab 1917, das Ende des langen 19. und der Beginn des „kurzen 20. Jahrhunderts“. Zunehmend aber wird unter Zeitgeschichte die Epoche seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs verstanden (da nur noch wenige Zeitzeugen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs leben – ich gehöre allerdings noch zu diesen Zeitzeugen!)
- Die Epoche seit 1945 ist für die meisten Europäer und Nordamerikaner eine Zeit des gewaltlosen Zusammenlebens nach innen wie nach außen, die durch keine größeren militärischen Auseinandersetzungen geprägt ist.
- Nach 1945 endete mit den allmählich einsetzenden Entkolonialisierungsprozesse die Vorherrschaft europäischer Mächte (Frankreich und Großbritannien waren als Teil der NATO mit den USA verbündet, Deutschland und Italien hatten ihren Großmachtstatus und ihre Kolonien infolge der Kriegsniederlagen verloren). Ein postkolonialer Blick auf die ehemaligen „Drittwelt“-Länder beginnt; ein zunehmend vom Dialog geprägtes Verhältnis der „Einen Welt“ hat hier seinen Ursprung.
- In Westeuropa begann mit der Durchsetzung der Demokratie in den meisten Staaten (lediglich Spanien, Portugal und Griechenland erlebten noch eine von Unruhen und Diktatur geprägte Zeit) der europäische Einigungsprozess.
Als künftige Epochengrenze werden die 1970er Jahre diskutiert. In „Nach dem Boom“!
Aber egal, wie wir die Zeitgeschichte abgrenzen, ist es interessant, wie unterschiedlich sie „über die Zeiten hinweg“ – gedeutet werden.
Darüber werde ich dann wiederum ein anderes Mal mit Ihnen diskutieren.