Politik und Justiz

Die „Politik“ ist eigentlich das von einem (in der Regel als Ganzes betrachteten) Staat praktizierte Verhältnis zu seinen Staatsbürgern, Parteien, Gruppierungen, Wirtschaftseinheiten usw. im Inneren, und zu den anderen Staaten, den internationalen Organisationen u. ä. im außenpolitischen Verhältnis. Diese Politik wird i. d. R. von den herrschenden Kräften (Parteien, Gruppen, Lobbyisten, Wirtschafts-Multis, in anderen Staaten auch von herrschenden Clans, Stämmen etc.) festgelegt und realisiert. „Justiz“ ist allgemein das Rechtswesen in einem Staat und sollte in einer Demokratie von der Politik nicht beeinflusst werden. Das geht aber eigentlich nur in der Theorie, denn Richter, Staatsanwälte, Rechtsanwälte usw. sind immer „Kinder“ der vorherrschenden politischen Verhältnisse und setzen Rechtsnormen durch, die die herrschenden Kreise erlassen und initiiert haben. Tatsache ist aber doch, dass die Justiz eine gewisse Distanz zur Politik wahren muss. Wenn die Justiz ihre Eigenständigkeit verliert, dann verliert sie ihre Grundlage als dritte Säule im Rechtsstaat.

Ich habe den Eindruck, dass die Justiz verstärkt „Politik“ macht (ob sie es nun will oder nicht, bzw. dazu veranlasst wird). Ich weise nur auf die Situation in Österreich hin, als der Oberste Gerichtshof eine Wahlwiederholung einer Präsidentenstichwahl angeordnet hat.

Alle Demokratien benötigen Gerichte und Richter, die achten, dass Gesetze eingehalten werden, dass der Verfassung entsprechend gehandelt wird, und die die Exekutive überprüfen. Aber im heurigen Jahr gab es eine Reihe von Vorkommnissen, als die Gerichtshöfe behindert oder bedroht wurden, um die Demokratien, die sie beschützen sollen, zu unterlaufen.

Kürzlich war es Polen: das Land wurde von Protesten erschüttert, als die Regierung versuchte, die nationalen Gerichtshöfe zu reorganisieren. Die rechtsorientierte Regierungsspitze sah in der Justiz eine liberale Behinderung ihrer Regierungsarbeit und drängte darauf, dass die Regierung mehr Einfluss auf die Ernennung der Richter haben solle. Sowohl im Land selbst als auch im Ausland (und der EU) sah man das als einen Schritt in die Richtung eines autoritären Staates. Die breite interne Opposition und die Aussicht auf ausländische Kontrolle haben diesen Schritt noch vorläufig behindert.

Um den Verlust der Unabhängigkeit der Gerichte zu studieren, sollte man nach Pakistan blicken. Kürzlich hat das pakistanische Höchstgericht den gewählten Ministerpräsidenten, Nawaz Sharif, abgesetzt. Die Richter fanden, dass Sharif für das Regierungsamt nicht mehr geeignet wäre, weil er das Vermögen seiner Familie nicht bekannt gegeben hätte. Sein politischer Rivale Imran Khan rühmte diese Entscheidung als eine neue Ära in der pakistanischen Geschichte, in der es nicht mehr zweierlei Gesetze für die Armen einerseits und die Reichen und Mächtigen andererseits geben würde.  Aber Achtung: Khan hatte die Anklagepunkte gegen Sharif vorgebracht und hoffte, Sharif bei den nächsten Wahlen zu ersetzen.

Andere sind nicht so überzeugt. Seit der Gründung von Pakistan vor 70 Jahren hat kein Premierminister sein Amt bis zu Ende der Legislaturperiode durchgeführt. Es gab immer wieder Zyklen politischer Instabilität und anmaßenden Einfluss des immer wieder „hineinpfuschenden“ Militärs, das man sicher nicht als neutrale Partei sehen darf. Es sollte nicht vergessen werden, dass der Oberste Gerichtshof drei militärische Putsche 1958, 1977 und 1999 legalisiert hat.

Diejenigen, die Sharif unterstützen, sehen ihn als ein Opfer antidemokratischer Kräfte, unterstützt von der hohen Gerichtsbarkeit. Andere finden wieder, dass seine Absetzung ein Urteil gegen die Straffreiheit der mächtigen politzischen Clans in Pakistan wäre. Das Land ist gespalten.

Tausende Kilometer davon entfernt, gibt es ein weiteres Beispiel, Venezuela, dessen Institutionen das Volk nicht mehr traut. Zwischen politischer Krise und wirtschaftlichem Zusammenbruch hat der amtsführende Präsident, Nicolas Maduro, eine Wahl zu einer verfassungsgebenden Versammlung durchführen lassen. Dieser Schritt hat das Land weiter gespalten, die demokratische Ordnung geschwächt und die tiefe Krise, von der Venezuela seit vielen Monaten erschüttert wird, weiter verschärft. Die Wahl der Delegierten war weder frei, noch geheim, noch gleich und verstieß damit gegen demokratische Grundprinzipien. Die umstrittene Wahl wurde von zahlreichen Todesfällen überschattet. Das Land mit den größten Ölreserven der Welt steht am Rande des Ruins, Menschen hungern, es fehlt an Lebensmitteln und Medikamenten. Maduro gibt dem gefallenen Ölpreis die Schuld. Um seine Stellung zu festigen – bei den Unruhen starben seit April mindestens 123 Menschen – hatte er eine Verfassungsreform vorgeschlagen; obwohl die bisherige von seinem Mentor und Vorgänger Hugo Chávez stammt. Es gehe um eine „ruhige Zukunft“, um Frieden für Venezuela, meinte Maduro.

Die Vereinigten Staaten drohen mit Wirtschaftssanktionen, sie sind einer der größten Abnehmer des Öls. Auch die EU will das Votum nicht anerkennen, auch Argentinien, Peru, Chile, Brasilien und Kolumbien nannten die Wahl „illegal“. Befürchtet wird eine weitere Verschlimmerung der Lage, Zehntausende sind bereits nach Kolumbien und Brasilien geflohen.

Auch das Parlament, das eine Mehrheit der Opposition aufweist, hat 33 Beamte (Richter) ausgewählt, um den gesamten Obersten Gerichtshof zu ersetzen. Nun besteht Aussicht auf zwei unterschiedliche – rivalisierende Oberste Gerichtshöfe in einem Land, das sich langsam aufzulösen droht. Zwei von den 33 Ernannten wurden bereits verhaftet.  Und die Gerichte unterstehen dem Regime.

Das sind aber nur wenige Beispiele, wo die Gerichte de Politik und die Politik die Gerichte beeinflusst, Opfer von dieser Situation sind meist die Menschen in den betroffenen Ländern.

Auch die „Säuberungen“ des türkischen Präsidenten Erdogan nehmen kein Ende. Zehntausende wurden inzwischen entlassen oder festgenommen. Die Türkei gehört zu den Ländern mit den meisten inhaftierten Journalisten weltweit. Medien wurden geschlossen, Presseausweise annulliert.

Wenn die Justiz bedroht ist, kommt es zu einer Spaltung des Landes, oder kommt es aufgrund einer Spaltung zur Bedrohung der Justiz?

 

Politik und Justiz

Meine Großväter

Es war mein Fehler: ich habe sie zu wenig befragt. Es ist bedauerlich, wie wenig ich eigentlich über sie weiß. Diese Generation muss am Ersten Weltkrieg beteiligt gewesen sein, muss die Spanische Grippe erlebt haben und die Hungersnot, wie auch den Zusammenbruch der Monarchie mitangesehen haben.

Ich hatte drei Großväter (und damals gab es noch keine Patchwork-Familien):  einen Großvater mütterlicherseits (als er starb, war ich sieben Jahre alt; daher wird man entschuldigen, dass ich ihn nicht gefragt habe). Einen Großvater väterlicherseits – der vor meiner Geburt gestorben ist und einen weiteren Großvater väterlicherseits, meinen geliebten Stiefgroßvater.

Von meinem Großvater mütterlicherseits weiß ich eigentlich wenig; als seine Frau gestorben war nahm ihn meine Mutter bei uns auf und er lebte bei uns. Was ich wahrnahm, war, dass er gerne Virginia rauchte und täglich am Vormittag ins nicht weit entfernte „Bitzinger“ (damals Ecke Porzellangasse – Julius-Tandler-Platz) ging um ein Vierterl Wein zu trinken und Gleichgesinnte zu treffen.  Aus eigener Anschauung – und mittels der Klagen meiner Mutter – wusste ich, dass er zu jeder Mahlzeit Semmelknödel, ob in einer Suppe, als Beilage oder sogar als Hauptspeise (z.B. geröstete Knödel) wünschte.  Das war schon einer Herausforderung für meine Mutter, da ja mein Vater „im Krieg“ war, und sie sonst nicht so viel kochen hätte müssen. Ich fand ihn sehr lustig, er war immer zu Späßen bereit. Sein früherer Beruf war Baupolier gewesen. Als eine Frau sehr früh an Tuberkulose gestorben war, überließ er fünf seiner Kinder seiner Schwester in Niederösterreich, meine Mutter – seine Tochter – musste bei ihm bleiben. Er heiratete aber dann bald darauf und meine Stiefmutter war dann ein großes Problem für sie.

Später, als ich schon erwachsen war, erfuhr ich nach und nach, besonders von der Verwandtschaft meiner Mutter, also von den Kindern meines Großvaters, dass er in seiner Jugend ein rechter Hallodri gewesen sein soll, der ebenso viele eheliche (6) als außereheliche Kinder gehabt haben soll. Dieselben Vornamen wurden auch dabei mehrmals vergeben.  Die ehelichen Kinder waren aber nicht bereit, das Vorhandensein der Halbgeschwister anzuerkennen. Später erkannte ich erst, dass eine Hilfskraft bei einem Bäcker eigentlich meine Tante gewesen ist. Allen Kindern ihrer Halbgeschwister schenkte sie zu Ostern jeweils ein großes Osterkipferl. Ich kannte eigentlich nur ihren Vornamen, Kati, sie war für alle die „Schöner (= Name der Bäckerei wo sie arbeitete) –Kati.

Mein „echter“ Großvater väterlicherseits war Fuhrwerksunternehmer in Klosterneuburg. Er hatte meine Großmutter geheiratet, als sie siebzehn war. Mit 23 Jahren – und 5 Kindern verließ sie ihn dann. Er starb in den dreißiger Jahren.

Meine Großmama sandte ihre Kinder zu ihrer Mutter nach Schärding und musste sich eine Stellung suchen. Ob das die erste und einzige war, weiß ich nicht, aber sie war dann längere Zeit im Café Central, im Palais Ferstel, Sitzkassierin.  Ich gehe davon aus, dass sie dort ihren späteren Mann, meinen Stiefgroßvater kennen gelernt hat.  Er ist sein Leben lang ins Caféhaus gegangen, später, als ich ihn kennen lernte, war es dann das Café Bauernfeld zwischen Liechtensteinstrasse und Porzellangasse. Da wohnten meine Großeltern  in der Nähe, in der Harmoniegasse.  Mit dem Heiraten mussten die beiden aber warten, bis mein „natürlicher Großvater“ gestorben war. Nun aber begannen harte Zeiten für eine Großeltern. Mein Stiefgroßvater war Jude, aus einer Wagnerianer Familie. Er hieß Siegfried, sein Cousin Sigmund. Er war kein religiöser Mensch, ich habe nie davon gehört, dass er in den Tempel gegangen wäre. Seinem Verhalten entsprechend war er der Aufklärung verpflichtet. Er las sehr viel, verfügte auch über eine respektable Bibliothek – und konnte nichts wegwerfen. Stapelweise lagen alte Zeitungen, in denen er meinte, noch etwas finden zu können, in der Wohnung meiner Großeltern herum. Er war vom Beruf her Häuserverwalter. Er liebte es, Kaffee zu trinken, den ganzen Tag stand ein Kaffee zum Aufwärmen auf dem Herd. Und Kipferl und Mehlspeisen wurden in den Kaffee getunkt.

Sein Gewerbe konnte er unter der Naziherrschaft nicht mehr ausführen.  Er wurde einem Dachdecker als Gehilfe zugeteilt. Dieser – ein vernünftiger, verständiger Mann – sagte zu ihm „Geh ham, klaner Jud, di‘ könn‘ man net brauchen“. Das war’s dann, mit einer handwerklichen Beschäftigung. Nun hatte meine Großmutter für den Unterhalt zu sorgen.  Mein Großvater ging kaum mehr aus, er schämte sich einen Judenstern tragen zu müssen. Dadurch, dass mein Vater und mein Onkel beim Militär waren, und für meinen Großvater „bürgten“, konnte er zu Hause bleiben. Natürlich gab es gehörige Einschränkungen – z.B. keine Lebensmittelkarten. Aber meine Großmutter versuchte alles zu kompensieren. Sie „handelte“ mit allem, was es zum Handeln gab. Die Familie half aus, soweit es nur möglich war.  Meine Großmama hörte und erzählte jederzeit „Hitlerwitze“, kam aber ungeschoren davon.

Meine Großmama starb 1946 mit 64 Jahren, mein Großvater litt sehr unter diesem Verlust. Meine Tante, die während der Kriegsjahre in England „interniert“ gewesen war, sie hatte sich dort als Kindermädchen aufgehalten, kam kurz nach dem Tod ihrer Mutter zurück und kümmerte sich dann rührend um meinen Großvater.

Meine Tante bildete sich einen Hund ein, es wurde ein afghanischer Windhund – ein elegantes Tier namens Naila, das aber aufgrund mangelnder ausreichender Bewegung und falscher Ernährung – mein Großvater insistierte auf Vanillekipferl, weil der Hund diese so gerne fraß, seine Eleganz verlor.

Mein Großpapa hatte immer für Frieden in der emotionsgeladenen Familie gesorgt. Für mich war es wichtig, dass er meinen Mann sehr schätzte.

Mein Stiefgroßvater starb betagt, wohl umsorgt in den Siebziger Jahren. Er wurde in demselben Grab wie meine Großmutter zur Ruhe gelegt.

 

Meine Großväter

Summer in the City

Ich liebe mein Wien! Und ich bin nicht jemand, der immer vergangene Zeiten als die besseren preist.  Aber: in diesem Zusammenhang muss ich das leider doch tun. Früher war der Sommer in der Stadt eine wunderbar gemütliche Zeit, von Mitte Juli bis Mitte August waren viele Leute auf Urlaub, daher gab’s viel weniger Verkehr, Parkplätze waren weniger rar.  Die „Hinterbliebenen“ waren weniger gestresst, Termine konnten kurzfristig ausgemacht werden, beim Heurigen bekam man auch ohne Voranmeldung einen schönen Platz ….

Naja, jetzt ist das leider ganz anders. Heute bin ich durch die Stadt gegangen. Die Kärntner Straße vermeide ich das ganz Jahr über, ich quere sie nur mehr, die wenigen Geschäfte, die noch für mich interessante Ware führen, kann man auch punktuell erreichen, der Rest sind „Souvenirgeschäfte“, die alle sehr ähnliches führen. Es gibt sie noch, die netten manchmal recht romantischen Durchgänge, aber auch dorthin werden die Touristen von ambitionierten Führern geschleppt. Ich versteh es schon, Wien braucht den Tourismus. Die Geschäftsleute sind froh über zusätzliche Kunden. Aber wie viele von den Touristen kaufen schon wirklich ein?

Ich lese, dass Venedig die Zahl der Touristen bei Attraktionen wie dem Markusplatz beschränken will. Der neue Bürgermeister erwägt ein spezielles Buchungssystem; eine Studie sei dazu in Auftrag gegeben worden. Dabei sollten Einheimische, Pendler oder Hotelgäste unter bestimmten Bedingungen uneingeschränkten Zutritt haben. Dagegen müssten Tagestouristen vorher eine Reise buchen. So könne ihre Zahl limitiert werden. Unklar ist, ob Eintritt bezahlt werden soll. Es soll erreicht werden, dass das Alltagsleben wieder in die Stadt zurückkehren soll.

Auch die Balearen erwägen ein Touristen-Limit. Vor allem in den Sommermonaten sei die Aufnahmekapazität der spanischen Inselgruppe, zu der Mallorca gehört, völlig erschöpft, hieß es kürzlich.

Viele Touristen, sowohl in Venedig als auch in Wien kommen von Kreuzfahrtschiffen, ganz kann man es nicht vergleichen, in Venedig legen die ganz großen Kreuzfahrtschiffe an, in Wien, die kleinen Fluss- Kreuzfahrtschiffe, aber davon viele, wie man sich am Hafen überzeugen kann. Wien zählt zu den beliebtesten Donau-Destinationen, die angelaufen werden. Rund 260.000 Passagierinnen und Passagiere gehen im Schifffahrtszentrum bei der Reichsbrücke pro Jahr an Land. Sie kommen mit den großen Donau-Kreuzfahrtschiffen, die auf ihren Flussfahrten auch die Stadt Wien regelmäßig ansteuern.

Auf einer Länge von mehr als einem Kilometer befinden sich beim Schifffahrtszentrum zwölf Anlegestellen und Pontons für die großen Donaukreuzer und Ausflugsschiffe. Insgesamt bietet das Schifffahrtszentrum Platz für 36 große Kabinenschiffe, die gleichzeitig vor Anker gehen und versorgt werden können. Ein neues Verkehrsleitsystem mit Einbahnregelung sorgt für einen reibungslosen Ablauf der An- und Abreise der Passagierinnen und Passagiere, die hauptsächlich mit Reisebussen erfolgt. Müssen diese Touristen wirklich mit Bussen mitten in die Stadt gebracht werden, jene Busse, die dann stehen und warten – und dabei kühlen und wirklich die Luft verpesten und den Verkehr behindern?

Die Busse leeren die Touristen in die Innenstadt, wo sie dann ihren Führern getreulich folgen. Um den Stephansdom herum ist dann das „Gewurl“ besonders groß.  Als Einheimischer, der nur seine Einkäufe erledigen will, gibt es kaum ein (rasches) Durchkommen.  Der Graben scheint mir ein Wartegebiet für den Blick auf den Stephansdom zu sein – eine Gruppe steht hinter der anderen. Am Stephansplatz ist es heuer besonders eng, da neu gepflastert werden muss. Mein üblicher „Umweg“ hinter dem Stephansdom herum ist ebenfalls durch die Anbringung der neuen Bodenbeläge verengt. Auch dort müssen Gruppen durchschleust werden (warum eigentlich?).

In einer Statistik habe ich folgende Besucher-Zahlen gefunden:

Stephansdom (Turm- und Katakomben) 5.300.000;  Schloss Schönbrunn, Schauräume 2.868.000;  Schönbrunner Tiergarten 2.226.404;  Hundertwasser Village 1.203.487; Österreichische Galerie Belvedere 869.016; Naturhistorisches Museum 726.207; Hofburg/Kaiserappartements 637.364; Mozarts Geburts- und Wohnhaus 457.454; Albertina 631.126;   Haus des Meeres 511.641. Das zeigt aber nicht jene auf, die keine dieser Sehenswürdigkeiten betreten oder z.B. nur zu den Christkindlmärkten kommen.

Dabei steigt in Wien die Besucheranzahl kontinuierlich an: von 5.227.314 5 2011, auf 604.522 um + 7,2% 2012; auf 5.836.669 um + 4,1% 2013; auf 6.210.888 um + 6,4%; auf 6.589.031 um + 6,1% 2015.

Diese Ziffern sollen noch gesteigert werden. Und zwar z.B. durch z.B. die Beach Volleyball World Championships auf der Donauinsel; sie findet von 28. Juli bis 6. August statt. Der Eintritt ist grundsätzlich frei, die Plätze allerdings begrenzt. Reservierungen sind kostenpflichtig. Der Veranstaltungsort kann mit der Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz, mit dem freien WLAN-Zugang und Zentrumsnähe locken. Es wurde ein Center Court mit 10.000 Sitzplätzen, großzügiger Public Area und Public Viewing errichtet.

Fairerweise sei hinzugefügt, dass damit auch eine „Entzerrung“ der Tourismusströme erreicht werden soll und die Donauinsel als „Sehenswürdigkeit“ dem Wien Programm hinzugefügt werden soll. Das könnte für junge Wien-Besucher durchaus interessant sein.

Jedenfalls bin ich eine sehr gestresste City-Bewohnerin und kann nur auf Maßnahmen der Stadt hoffen, um Tourismusströme optimal zu lenken. Schon die Durchfahrt von Bussen könnte doch vermindert werden. Die „Hop-on-Hop-off“ mit ihren Haltestellen, wo sich Touristen drängen und die Citybewohner auf die Straße ausweichen müssen sind schon mühsam genug. Vielleicht könnte in gewissen Zonen der Stadt sogar eine Eintrittsgebühr verlangt werden (könnte dann rückerstattet werden, wenn Einkäufe nachweislich getätigt worden sind).

An Ideen mangelt es mir nicht. Nur müssten sie leider von anderen umgesetzt werden.  Die nächste Wien-Wahl kommt ja bestimmt.

 

Summer in the City

Das bedrohliche Nordkorea

Wir Alten haben den Koreakrieg in den fünfziger Jahren bewusst erlebt. Sein Ende entsprach der Anfangssituation – nur, dass etwa drei Millionen Zivilisten in diesem Krieg gestorben waren, mehr als das Dreifache der Zahl gefallener Soldaten. 1953 wurde ein Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet, das eine gegenüber der Vorkriegssituation geringfügig veränderte Demarkationslinie am 38. Breitengrad festschrieb. Heute wird leider viel von einer neuerlichen Konfrontation zwischen Nordkorea und den USA geredet.  Da beide Mächte über Atomwaffen verfügen, könnte ein Kampf weitaus verheerendere Folgen haben, die weit über Korean hinausgehen könnten.

Bis zur Annexion Koreas durch Japan 1910 hatte es Staaten gegeben, die sich über die gesamte Halbinsel erstreckten. Die Teilung des Landes begann nach dem Zweiten Weltkrieg mit der Aufteilung Koreas in eine US-amerikanische und eine sowjetische Besatzungszone, aus denen 1948 infolge der Teilung Koreas zwei unabhängige Staaten hervorgingen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945, wurde die Provinz Chōsen von den Siegermächten entlang des 38. Breitengrads in zwei Besatzungszonen aufgeteilt. Der Süden wurde von US-amerikanischen Truppen besetzt, der Norden kam unter Kontrolle der Roten Armee.

Ende des Jahres 1945 setzte eine starke Einwanderungsbewegung von ethnischen Koreanern aus der Sowjetunion ein, durch die die kommunistischen Gruppen im Norden gestärkt wurden. Noch 1945 wurde das Nordkoreanische Büro der KP Koreas als Sektion der gesamtkoreanischen KP (mit Sitz in Seoul) gebildet, zu dessen Vorsitzendem im Dezember Kim Il-sung bestimmt wurde.

1946 spaltete sich die nordkoreanische Sektion der KP ab und bildete eine eigene „Kommunistische Partei Nordkoreas“, die südkoreanischen Kommunisten wurden nach der Abspaltung der nordkoreanischen Sektion zur Süd-Joseon-Arbeiterpartei. Daraufhin erhöhte die US-amerikanische Besatzungsmacht ihren Druck auf die kommunistische Untergrundbewegung. 1946 hatte auch die wirtschaftliche Umgestaltung des Landes begonnen (Bodenreform, Verstaatlichung der Industriebetriebe).  Bei den Wahlen zu den so genannten Volkskomitees, den lokalen Verwaltungsorganen, gab es lediglich die Option, für oder gegen die Einheitsfront zu stimmen. Offiziell entfielen 97 Prozent der abgegebenen Stimmen auf die Einheitsfront. Der 1. Kongress der Volkskomitees bestimmte am 1947 die erste nordkoreanische Regierung unter Kim Il-sung und wählte das Volkskomitee Nordkoreas als eine Art Parlament.

Eine neue Verfassung wurde in Moskau redigiert und schließlich von Stalin genehmigt. 1948 fanden Wahlen zur Obersten Volksversammlung (OVV) statt, die dann die Verfassung bestätigte. Hierauf wurde die Demokratische Volksrepublik Korea proklamiert. 1949 wurde Kim Il-sung zum Vorsitzenden der Partei der Arbeit Koreas. Kurz zuvor war in Seoul die Republik Korea ausgerufen worden. Beide Staaten erkannten einander nicht an und sahen sich jeweils als den einzig rechtmäßigen koreanischen Staat an. Mit dem Abzug sowjetischer und amerikanischer Truppen aus Nord- bzw. Südkorea überschritten nordkoreanische Truppen am 25. Juni 1950 die Grenze zur Republik Korea. Ziel des Angriffs war, die Teilung Koreas aufzuheben und Südkorea in die sozialistische Demokratische Volksrepublik zu integrieren.

Schon 1957 begannen Säuberungen, diese entwickelten sich von einer zeitweiligen Erscheinung zu einem permanenten, systemimmanenten, langanhaltenden Phänomen. Das nach Stalins Tod (1953) zu Tage tretende chinesisch-sowjetische Zerwürfnis verkomplizierte die Situation Nordkoreas. 1962 schlug sich Kim auf die Seite Mao Zedongs; er hielt strikt am traditionellen Politikstil und am Personenkult fest. Ausschlaggebend für den Bruch mit der Sowjetunion war deren Verhalten in der Kubakrise (Oktober 1962). Die Isolation des Landes verstärkte sich auch dadurch, dass die Regierung versuchte, die wirtschaftlichen Erfolge Südkoreas und den Niedergang im Norden vor der nordkoreanischen Bevölkerung geheim zu halten.

Ende der 1960er Jahre kam es zu militärischen Einsätzen Nordkoreas. Im Januar 1968 kaperte die nordkoreanische Marine ein US-amerikanische Spionageschiff, und nachdem nordkoreanische Soldaten auf das Territorium des Südens vorgedrungen waren, kam es an der Demarkationslinie zu Gefechten zwischen nord- und südkoreanischen Truppen.

1972 nahm Nordkorea eine neue Verfassung an, Kim Il-sung wurde zum Präsidenten erklärt. Der Kult um seine Person nahm ab diesem Zeitpunkt bislang unbekannte Ausmaße an und auch die Familie Kims wurde einbezogen. Die Diktatur des Proletariats entwickelte sich immer mehr zur Herrschaft weniger Familienclans mit der Familie Kims an der Spitze.

Kim Il-sung starb 1994. Nach einer staatlich verordneten dreijährigen Trauerzeit übernahm sein Sohn Kim Jong-il den Posten des Generalsekretärs der Partei der Arbeit Koreas.  In demselben Jahr kam es zur sogenannten Ersten Nuklearkrise, sie war gekennzeichnet durch Mobilmachungen in Nord- und Südkorea und die Anordnung allerhöchster Alarmbereitschaft der US-Einheiten vor Ort.

Durch den Zusammenbruch des Ostblocks kam Nordkoreas Außenhandel Anfang der 1990er Jahre fast völlig zum Erliegen. Der Import billigen Erdöls, von Ersatzteilen für Maschinen, Kunstdünger und Nahrungsmitteln aus der Sowjetunion riss fast gänzlich ab. Die Nahrungsmittelproduktion wurde ab 1994 in Folge der Fertigstellung eines Dammes, durch den große Teile der Anbauflächen überschwemmt wurden, weiter gehemmt. Es kam es zu einer schweren Hungersnot, durch deren direkte und indirekte Folgen von 1994 bis 1999 eine große Zahl von Nordkoreanern starb.

Kim Jong-il starb am 17. Dezember 2011. Noch am Tag der Bekanntgabe des Todes wurde sein Sohn, Kim Jong-un, als Nachfolger verlautbart. Es wird vermutet, dass sein Onkel Jang Song Thaek die Politik des Landes bis zu seiner Verhaftung 2013 entscheidend mitprägte. Nordkorea erklärte sich Mitte April 2012 im Wege einer Verfassungsänderung auch offiziell zur Atommacht. Nachdem die UN verschärfte Sanktionen gegen Nordkorea verhängt hatten und die Vereinigten Staaten von Amerika gemeinsame militärische Manöver mit Südkorea ankündigten, kündigte Kim im Frühjahr 2013 erneute Atomtests an, rief das Kriegsrecht aus, versetzte die Streitkräfte in volle Bereitschaft, drohte sowohl Südkorea als auch den Vereinigten Staaten mit einem nuklearen Präventivschlag und schloss vorübergehend den Zugang zur Sonderwirtschaftszone Kaesŏng.

Menschenrechte werden nicht geachtet. Die Medien werden vollständig vom Staat kontrolliert, ungenehmigte Versammlungen sind verboten. Es ist den Nordkoreanern nicht erlaubt, das Land zu verlassen. Zum Tode verurteilte Personen werden oft in der Öffentlichkeit hingerichtet. Angeblich gibt es mehreren Konzentrations- und Umerziehungslagern, in denen hauptsächlich politische Gefangene sowie Menschen, die aufgrund ihres Glaubens verhaftet wurden, inhaftiert sind. Die öffentlichen Medien werden vollständig vom Staat und dessen Nachrichtenagentur KCNA kontrolliert. Die Bürger haben keinen Zugang zu unabhängigen und ausländischen Nachrichtenquellen. Nordkorea ist vom globalen Internet abgeschottet.

Nach eigenen Angaben verfügt der Staat über mehrere einsatzbereite Atombomben. Eine zurzeit in Nordkorea in Entwicklung befindliche Interkontinentalrakete soll, mit einem Atomsprengkopf bestückt, die Westküste der USA erreichen können.

Die Situation ist labil, da sowohl in Nordkorea als auch in den USA unberechenbare Führer an der Spitze stehen. Hoffen wir, dass mäßigende Kräfte eine Kollision verhindern.

Das bedrohliche Nordkorea

Meine Prokrastination

Leiden Sie auch, so wie ich, an Anfällen von Prokrastination?  Das kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „vertagen“, procrastinare setzt sich zusammen aus pro (für) und cras (morgen). Und gleich setzt das schlechte Gewissen ein: denn als Kinder hat man uns beigebracht: „was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen“.

Anders ausgedrückt: es handelt sich um extremes Aufschieben, es ist eine Arbeitsstörung, die durch ein nicht nötiges Vertagen des Arbeitsbeginns oder auch durch sehr häufiges Unterbrechen des Arbeitens gekennzeichnet ist, sodass ein Fertigstellen der Aufgaben gar nicht oder nur unter enormem Druck zustande kommt. Dies geht fast immer mit einem beträchtlichen Leidensdruck einher.

Pathologisches Aufschieben muss unterschieden werden vom alltäglichen Trödeln, zum Beispiel vom Aufschieben bei aversiven (mit Unlust verbundene) Aufgaben, das viele Menschen kennen, dem Vertagen von Aufgaben aufgrund anderer, nötiger Prioritätensetzung sowie einem erfolgreichen Arbeiten kurz vor einer Frist, wodurch es weder zu Leistungseinbußen noch zu subjektivem Leiden kommt. Bei Prokrastination handelt es sich um eine in der Gesamtpopulation vorkommende Arbeitsstörung, die besonders bei Personen zutage tritt, die hauptsächlich selbstgesteuert arbeiten müssen (z. B. Studenten, Anwälte, Journalisten, Lehrer). Betroffene leiden meist dauerhaft darunter.

Wenn Sie sich nicht mit dieser Beschreibung identifizieren können, dann schlage ich vor, nicht weiterzulesen, sonst ärgern Sie sich unnötig.

Eigentlich sollte ich klären, warm uns A1 uns eine WLAN Box zugestellt hat, die wir nicht bestellt haben. Aber haben Sie schon einmal die Service Nummer angerufen? Zuerst muss man mit einem Computer reden, der dann weiterverbindet: für das persönliche Gespräch wartet man dann endlos. Dann muss man das Zeug wieder verpacken und zur Post tragen. Dort wartet man dann auch wieder länger, es ist ja Urlaubszeit. Vielleicht können Sie verstehen, dass man das „auf die lange Bank schiebt.“

Eigentlich sollte ich schon seit längerer Zeit meinen Schreibtisch aufräumen. Unter dem zusammengeschobenen Haufen, könnten sich wichtige Papiere finden, die bearbeitet werden müssten. Da ich aber sehr schlecht im Wegwerfen bin, wird wahrscheinlich vieles davon auf neuem Haufen landen, also wozu der Aufwand?

Denn es gibt vieles, da ich lieber mache – z. B. jetzt diesen Blog schreiben, oder lesen. Derzeit fasziniert mich ein Buch namens „The Last Librarian“, von Brandt Legg. Es geht dabei um Verbrennung aller Bücher, da ja ohnedies alles digitalisiert ist. Aber die digitalisierten Versionen sind manipuliert, um die „Mächtigen“ nicht zu gefährden. Mehr verrate ich nicht. Zu bemerken ist noch vielleicht, dass ich dieses Buch auf Kindle lese, also in digitalisierter Form. Ich hoffe doch sehr, dass der Text noch nicht manipuliert ist. Ich könnte mir noch ein klassisches Buch kaufen gehen, das mir empfohlen wurde „Das Zeitalter des Zorns“ Eine Geschichte der Gegenwart, von von Pankaj Mishra. Ich könnte natürlich auch spazieren gehen, heute ist es ja kühl und angenehm draußen.  Und ich könnte natürlich Freunde anrufen, aber das ist zurzeit inopportun, denn die meisten sind irgendwo – also nicht in Wien, Roamingkosten würden zwar möglicherweise nicht mehr anfallen, aber in Marbella oder in Altaussee würde ich wahrscheinlich ziemlich stören.

Aber während ich so nachdenke, was ich alles gern tun würde – während dieser Zeit hätte ich vielleicht sogar die ungeliebten Aufgaben erledigen können, aber – wie ausgeführt: das ist halt halb so lustig.

Meine Prokrastination

Wie ich zum Kochen kam

Meine Eltern hatten mir, unter Hintanstellung ihrer eigenen Bedürfnisse, ein Studium ermöglicht.  Das war besonders für meine Mutter wichtig, die gerne länger zur Schule gegangen wäre. Das war ihr verweigert worden.  Daher schätzte sie Bildung sehr hoch. Gleichzeitig meinte sie aber, dass jemand, der eine Ausbildung genossen habe, diese auch beruflich umzusetzen habe. Und da war für Hausarbeit, Kochen, Putzen (also Tätigkeiten, die meine Mutter ohne Ausbildung durchführen konnte) kein Platz. Das führte bei mir leider dazu, dass ich diese Tätigkeiten alle „niedrig“ einschätzte und auch nicht ausüben wollte.

Meine Mutter kochte sehr gut. Sie nahm mir diese Arbeit, wann immer sie konnte, ab. Das führte dann aber leider dazu, dass unsere Weihnachten jetzt immer etwas „ärmer“ sind, als zu Zeiten meiner Mutter, als es noch köstliche Kekse verschiedenster Art und besonders ihre legendären Vanillekipferl gab. Sie kochte nicht nach Rezepten sondern nach Maßeinheiten wie „Handvoll, Messerspitze, Löffel“ etc.

Meine Mutter hasste es, wenn wir Gäste einluden. Sie war diesbezüglich nicht sehr risikofreundlich. Letztlich hatten wir sehr selten Gäste und meine Mutter kochte dann immer Geselchtes mit Kraut – da konnte, so meinte sie, nichts schiefgehen. Und da sie kochte, hatte ich auch wenig Mitsprachrecht beim Erstellen des Speiseplans.

Ich bewunderte immer Gleichaltrige, die von ihren Kocherfolgen berichteten.  Gleichzeitig schwebte mir auch das uralte Bild der Frau als Hüterin des Herdfeuers vor. Ich habe mir immer einen altmodischen gemauerten Herd, der mit Holz zu heizen wäre, in meiner Küche gewünscht. Das waren halt die  (unpraktischen und damit unerfüllten) Wunschvorstellungen.

Als meine Mutter ihrem Tod entgegensah, bat sie mich noch, ihr ein Gemüse zu kochen, das bei uns im Garten gewachsen war. Ich fand Zucchini, ich weiß nicht mehr, wie ich sie zubereitete, aber meine Mutter, die immer sehr direkt war, fand das Gericht scheußlich, aß es aber.

Bei ihrem Tod war ich 55 Jahre alt und stand vor den Alternativen: für den Rest unseres Lebens zu allen Mahlzeiten ins Wirtshaus zu gehen, nur vorgefertigte Speisen zu kaufen (damals war das diesbezügliche Angebot   noch nicht so differenziert und reichhaltig, wie heute) oder mich doch im Kochen zu versuchen. Außerdem war ich damals noch berufstätig, ich also aß in der Kantine und mein Mann benötigte abends auch nur in Ausnahmefällen ein warmes Nachtmahl. Die Kinder waren aus dem Haus.

Ich entscheid mich für die dritte Variante. Als Voraussetzung dazu sei gesagt: das Angebot an „kochbaren“ Lebensmitteln war bereits sehr groß und ich musste beim Kauf von Lebensmitteln nicht sparen. Meine Mutter hatte ihr Leben lang jeden (damals noch) Groschen umgedreht und gekocht, als es noch „nichts“ gab, also aus dem wenigen Vorhandenen doch gute Speisen bereitet. Mein anfänglicher Grundsatz war: nichts zu kochen, das uns bei meiner Mutter gut geschmeckt hatte, also z.B. Eier Nockerl, Reisfleisch, Semmelknödel, Apfelstrudel (den Teig hatte sie noch selbst ausgezogen) …  Andererseits hatten wir bis dahin auch öfter in guten Restaurants gegessen und am besten hatte es mir bei den Italienern und Chinesen geschmeckt.

Also zog ich los und kaufte mir Kochbücher, hauptsächlich mit italienischen Rezepten. Anfänglich gab’s bei uns des Öfteren Nudeln mit verschiedenen Saucen. Dann versuchte mit Fischen zu kochen. In der Küche meiner Mutter hatte es bis dahin im Wesentlichen nur den „gebackenen Seefisch“ gegeben, die Ausnahme war Weihnachten, da kam der gebackene Karpfen auf den Tisch – den wir alle aufgrund seiner Gräten nicht leiden konnten.  Nun gab es viele unterschiedliche Fische, die man filetiert kaufen konnte und die man – siehe Kochbuch –  auch unterschiedlich zubereiten konnte.

Das alles fing an, mir wirklich Spaß zu machen, ich kaufte mir schöne Töpfe (und entsorgte – weitgehend, wegwerfen kann ich nicht gut – das alte abgeschlagenen Emailgeschirr) fragte Freundinne nach ihren Rezepten, die sie mir freigiebig zur Verfügung stellten.  Ich fing an, in Zeitschriften Rezepte zu suchen – und fand (in „Der Zeit“) Siebeck. Seine Rezepte waren recht kompliziert – meist auch ohne genaue Mengenangaben, aber das Ergebnis war (auch bei mir) sehr gut.

Mir gelang vieles, aber natürlich verpatzte ich auch einiges, leider auch für manche (verständnisvolle) liebe Gäste. Aber ich wurde immer von allen ermutigt, obwohl ich beim Einladen von Freunden, deren Frauen als „Topköchinnen“ galten, sehr sehr restriktiv war.

Familie und Freunde schenkten mir Kochbücher, manchmal auch mit dem Auftrag, dann bestimmte Speisen daraus für sie zu kochen. Ich habe eine unangemessen große Kochbibliothek, am liebsten koche ich allerdings aus Kochbüchern, die von berühmten (meist österreichischen) Köchen verfasst worden sind. Allerdings habe ich mit einer Weihnachtsgans, bei der ich „originell“ sein wollte, nach einem Bocuse-Rezept (sehr aufwändig) das familiäre Weihnachtsessen verpatzt.

Mein Schwager wünschte sich zu seinem Geburtstag immer ein gebackenes Bries mit Erdäpfel- und Vogerlsalat bei mir, nur die Suppe und die Nachspeise durfte ich variieren.

Ich koche noch immer leidenschaftlich gerne, allerdings jeden Tag zu Mittag ist es manchmal mühsam, ich koche lieber für „spezielle Anlässe“, aber da wird’s dann oft hektisch.

Ich glaube, die Voraussetzung für gutes Kochen ist auch gerne essen ….

Wie ich zum Kochen kam

Christas neuerliche Ärgernisgreislerei

Wer ist eigentlich ein Experte?

Überall kommen Experten zu Wort, vor allem in den Medien – im Fernsehen, in den Zeitungen und Zeitschriften. Bei manchen weiß man es, bei manchen kann man doch davon ausgehen, dass sie Experten sind, bei anderen, da fragt man sich schon: was ist eigentlich ein Experte?

Wikipedia meint dazu: Ein Experte (vom französisch expert, „sachkundig, erfahren“, zu lateinisch expertus „erfahren, kundig, erprobt“), auch Fachmann/Fachfrau (Plural Fachleute), Fach oder Sachkundiger oder Spezialist, ist eine Person, die über überdurchschnittlich umfangreiches Wissen auf einem Fachgebiet oder mehreren bestimmten Sacherschließungen oder über spezielle Fähigkeiten verfügt. Neben dem theoretischen Wissen kann eine kompetente Anwendung desselben, also praktisches Handlungswissen, für einen Experten kennzeichnend sein.

Sacherschließungen, das war mir selbst unbekannt, also das meint: Erschließung bibliographischer und archivalischer Ressourcen nach inhaltlichen Kriterien. Das bedeutet, dass eine Ressource intellektuell oder automatisch aufgrund ihres Inhalts beschrieben wird.

Bei manchen dieser Experten, die von den Medien so präsentiert werden, hat man manchmal den Eindruck, dass ihr „Wissen“ zu sehr subjektiven Aussagen führt, und eigentlich die Objektivität völlig fehlt. Andere haben vielleicht das erforderliche Wissen, aber drücken es in einer Form aus, die letztlich völlig unverständlich ist.

Also, wenn jemand, den ich nicht kenne, von dem ich nie etwas gehört habe, von einer Institution kommend, die für mich nicht gerade als wissenschaftlich führend gilt, als „Experte“ vorgestellt wird, ziehe ich es vor, äußerst skeptisch seinen/ihren Äußerungen zu folgen. Ich habe den Eindruck, dass es in Zeiten wie diesen (also Vorwahlzeiten) besonders viele recht „windige“ Experten zum Einsatz kommen.

Lassen sich die Medien von bestimmten Personen vorführen?

Derzeit sind die Medien voll von „Peter Pilz“. Also was? Da kommt ein sehr erfahrener und sehr gewiefter Egomane und macht – weil er einen bestimmten Listenplatz in der bisherigen Partei nicht bekommen hat, eine eigene Liste. Sein gutes Recht.  Aber Informationen darüber werden nur „zizerlweise“ abgegeben, das garantiert eine permanente Berichterstattung, die für eine neue Liste notwendig zu sein scheint. Aber kaum einer der Medienmacher fragt, was die Zielsetzung dieser Liste ist, was wirklich erreicht werden soll (außer einem gloriosen Einzug ins Parlament). Es werden nur Fragen über beteiligte Personen gestellt, und die rückt Pilz nur spärlich heraus. Ich verstehe den Umfang der Berichterstattung über Pilz nicht und finde sie völlig unangemessen.

Und wiederum Erdogan

Erdogan fühlt sich in jeder Hinsicht sich zu Einmischungen berufen – ob es nun um Politik, um Privatangelegenheiten wie Familienplanung oder um Historie geht. Da bemäkelt er beispielsweise, wenn Sultan Süleyman der Prächtige in einer Fernsehserie in Serail-Intrigen verwickelt ist, wo er sich doch in Wirklichkeit größtenteils auf Kriegszügen befunden habe. Viel eher in Einklang mit den derzeit von der Regierung propagierten Werten stehen wohl die auf allen Kanälen ausgestrahlten Serien, deren Inhalt, milde ausgedrückt, xenophob und chauvinistisch ist.

Erdogan und seinem Umfeld war der gesamte Prozess der «Verwestlichung», der mit der Gründung der türkischen Republik 1923 in Gang gesetzt wurde, von Anfang an ein Dorn im Auge. Dass die Veränderung vor allem auf die Geschichte der Republik abzielt, lässt sich schon daran ablesen, wie sehr in den letzten Jahren von offizieller Seite das Osmanische Reich glorifiziert wird.

Sein Lobpreis des Türkentums führt in zu völlig undokumentierten Aussagen wie: dass der amerikanische Kontinent zuallererst von muslimischen Seefahrern entdeckt worden sei. Damit soll auch bewiesen werden, dass Verfahren, deren man üblicherweise bedarf, um zu einer Wahrheit zu gelangen, im Grunde genommen überflüssig sind und nur die Meinung des Präsidenten gilt.

Kürzlich sind zehn Menschenrechtler verschiedener Gruppierungen verhaftet worden, die sich bei einem Treffen darüber austauschten, wie sie sich der Übergriffe eines autoritären Regimes erwehren könnten. Von der Polizei wurde ihnen vorgeworfen, dass sie ein Jahr nach dem gescheiterten Putschversuch ebenfalls Putschpläne schmiedeten; somit gälten sie als Mitglieder einer «bewaffneten Organisation». Bei den Verhafteten handelt es sich samt und sonders um Personen, die über einen derartigen Verdacht fraglos erhaben sind.

Es ist sehr gefährlich geworden, in der Türkei zu leben: Die Propagandamaschine des Staatspräsidenten lässt verlautbaren, X oder Y hätten dies oder jenes unternommen, woraufhin die Polizei, auch um ihre Ergebenheit zu demonstrieren, die entsprechenden Leute in Untersuchungshaft nimmt und sie ohne jeglichen ernsthaften Beweis den Staatsanwälten und Richtern überantwortet, die vom Präsidenten und von seiner Partei bestellt wurden. Wenn dann auch noch der Präsident höchstselbst erklärt, jene Menschen seien schuldig, würde ein Richter, der sie freispräche, damit verkünden, der Präsident habe nicht die Wahrheit gesagt.

Während die Wahrheit immer mehr an Bedeutung einbüßt, wird der Gesellschaft so eine auf Verzerrungen und Unwahrheiten gründendes Narrativ aufgedrängt, an das sie gefälligst zu glauben habe. Die Regierung beansprucht das Meinungsmonopol: Nachdem sie bereits die Gewaltenteilung so gut wie beseitigt hat, lässt sie nicht mehr zu, dass irgendeine nicht offiziell akkreditierte Wahrheit sich durchsetzen kann, und sie bereitet zugunsten dieses Vorgehens auch gesetzliche Grundlagen vor. Damit soll die Macht gesichert werden. Die Regierung verhält sich so, als ob sie ein «Rechts»-System ausbaue, in dem jeder Andersdenkende grundsätzlich als schuldig gilt.

Ich stehe zu den Journalisten des Cumhüyriet!

Und (nicht zu guter) letzt: Präsident Donald Trump

Inmitten der sich ausweitenden Affäre um eine mögliche Einmischung Russlands in den Wahlkampf zu seinen Gunsten hat US-Präsident Donald Trump mit der Betonung seines Rechts auf Begnadigungen Irritationen ausgelöst. der Präsident habe sich über seine Befugnisse unterrichten lassen, Mitarbeiter, Familienmitglieder und sogar sich selbst zu begnadigen.

Das kann doch nicht der Präsident der größten Militärmacht der Welt sein?

Christas neuerliche Ärgernisgreislerei

Islamischer Staat, Taliban, Al-Quaida

Wir sind derzeit mit verschiedenen Terrororganisationen konfrontiert. Einerseits befriedigt es uns, dass der sogenannte Islamische Staat aus Syrien und dem Irak vertrieben wird, andererseits nehmen wir mit Beunruhigung wahr, dass z.B. die Taliban in Afghanistan wieder stärker in Erscheinung treten.  Und dann gibt es noch die Al-Qaida, von der man nicht genau weiß, ob sie ihren Höhepunkt schon überschritten hat oder ob sie im Verborgenen noch lauert, um weitere Anschläge auszuführen.

Für uns – im Westen – sind alle drei bedrohliche Terrororganisationen, aber was haben sie gemeinsam und worin unterscheiden sie sich.

Der Islamische Staat (IS) ist eine seit 2003 aktive terroristisch agierende sunnitische Miliz mit zehntausenden Mitgliedern, die derzeit noch Teile des Irak und Syriens kontrolliert, wo sie seit Juni 2014 ein als „Kalifat“ deklariertes dschihadistisches „Staatsbildungsprojekt“ unterhielt. Die Organisation ist auch in anderen Staaten aktiv und wirbt um Mitglieder für Bürgerkriege sowie Terroranschläge. Sie wird des Völkermords, der Zerstörung von kulturellem Erbe der Menschheit wie auch anderer Kriegsverbrechen beschuldigt.

Anfangs bekannte sich der IS zu al-Qaida, von deren Führung er sich etwa Mitte 2013 löste und im Januar 2014 durch Aiman az-Zawahiri ausgeschlossen wurde. Die Führungsspitze des IS wird auch von einer Gruppe von ehemaligen Geheimdienstoffizieren der irakischen Streitkräfte aus der Saddam-Hussein-Ära gebildet, die Medienberichten zufolge von Hadschi-Bakr angeführt wurde.

Vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen wird der IS als terroristische Vereinigung eingestuft. Der Großmufti Saudi-Arabiens nannte IS und al-Qaida „Feinde Nummer Eins des Islam“. Im Jahr 2014 verfassten 122 islamische Gelehrte ein Schriftstück mit dem Titel „Offener Brief an al-Bagdadi“ an Abu-Bakr al Bagdadi, an die Kämpfer und Anhänger des IS. Der Brief missbilligt in Form eines islamischen Rechtsgutachtens (fatwā) die Verbrechen des IS. Zudem stellt die islamische Rechtsauffassung der Gelehrten die fundamentale Legitimation von al-Baghdadi als „selbst ernannter Kalif“ und seines begründeten Kalifats deutlich infrage, da für die Behauptung ein Konsens mit „allen Muslimen“ vorhanden sein muss. Zur religiösen Begründung wurde auf einen Spruch des Propheten Mohammed im Hadith verwiesen, dass Muslime von einem Muslim regiert werden müssen. Als wichtigste politische Ziele des IS wurden die Vertreibung aller „Invasoren und Aggressoren“ aus dem Irak und nachfolgend die Schaffung von Frieden und Sicherheit, die buchstabengetreue Ausführung der Scharia und damit einhergehend die gerechte Verteilung der Ressourcen des Landes an alle Gläubigen genannt. Die Strategie des Islamischen Staates ist der Terrorismus.

Die Taliban sind eine deobandisch-islamistische Miliz, welche von September 1996 bis Oktober 2001 große Teile Afghanistans beherrschte. Der Name ist der persische Plural des arabischen Wortes talib, das „Schüler“ oder „Suchender“ bedeutet. Diplomatisch wurde das Islamistische Emirat Afghanistan der Taliban nur von Pakistan, Saudi-Arabien, und den Vereinigten Arabischen Emiraten anerkannt.

Die Ideologie der Bewegung basiert auf einer extremen Form des Deobandismus und ist zudem stark vom paschtunischen Rechts- und Ehrenkodex, dem Paschtunwali, geprägt. Der Anführer der Taliban war bis 2013 Mullah Mohammed Omar. Omars Nachfolger Akhtar Mansur wurde 2016 bei einem Drohnenangriff getötet. Mansurs Nachfolger ist Haibatullah Achundsada.

Die Taliban traten erstmals im Jahre 1994 in der südlichen Stadt Kandahar in Erscheinung. Sie belagerten und bombardierten zwei Jahre lang die Hauptstadt Kabul, nahmen sie im September 1996 ein und errichteten das Islamische Emirat Afghanistan. Im Oktober 2001 wurde ihre Regierung durch Truppen der afghanischen Vereinten Front in Zusammenarbeit mit amerikanischen und britischen Spezialeinheiten während der US-geführten Intervention in Afghanistan gestürzt. Ihre Führer konnten sich durch einen Rückzug nach Pakistan halten. Seit 2003 führen die Taliban ausgehend von Pakistan eine terroristisch-militärische Kampagne gegen die demokratische Islamische Republik Afghanistan und die internationalen Truppen der ISAF in Afghanistan. Ein Bericht der Vereinten Nationen zeigt, dass die Taliban in den Jahren 2009 und 2010 für über 3/4 der zivilen Todesopfer in Afghanistan verantwortlich waren. Menschenrechtsorganisationen haben den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag dazu veranlasst, eine vorläufige Untersuchung gegen die Taliban wegen systematischer Kriegsverbrechen durchzuführen.

Al-Qaida ist ein loses, weltweit operierendes Terrornetzwerk meist sunnitisch-islamistischer Organisationen, das seit 1993, meist in Verbindung mit Bekennerschreiben, zahlreiche Terroranschläge in mehreren Staaten verübt hat, und mit zahlreichen weltpolitischen Ereignissen im Zusammenhang steht. Viele der von dem Netzwerk verübten Anschläge gelten als terroristischer Massenmord an Zivilisten. In der Weltöffentlichkeit wurde die Organisation erstmals nach dem Bombenanschlag auf das World Trade Center 1993. Seit 9/11 bestimmt sie als eine permanente islamistische Bedrohung das Weltgeschehen mit. Erklärtes Ziel von al-Qaida ist die Errichtung eines alle islamischen Länder und Gebiete sowie weitere Territorien umspannenden Gottesstaates für alle „Rechtgläubigen“. Zwischenzeitliche Ziele bestehen darin, die westlichen Staaten zu bekriegen, von denen sie annimmt, dass diese eine weltweite antiislamische Verschwörung anführen, sowie die Vernichtung Israels herbeizuführen. Al-Qaida wird von den Vereinten Nationen als terroristische Vereinigung betrachtet, und Mitgliedstaaten sind verpflichtet, Sanktionen gegenüber Individuen und Vereinigungen durchzusetzen, die mit ihr in Verbindung stehen. Außerdem wird al-Qaida von der Europäischen Union, ihren Mitgliedern, sowie zahlreichen weiteren Staaten und Organisationen als Terrororganisation eingestuft.

Alle drei Organisationen sind sunnitisch geprägt, wobei die Taliban eher nach einer „lokalen Variante“ leben. Ebenfalls streben alle nach einer sehr extremen Variante des Islam – und üben die Scharia in aller Härte aus – besonders sichtbar war das beim „Islamischen Staat“. Sowohl der „Islamische Staat“ als auch die Taliban haben unersetzbare Kulturgüter zerstört, weil sie „nicht islamisch“ waren. „Ungläubige“ werden von allen drei Gruppierungen verfolgt, wobei auch hier der Islamische Staat wohl am grausamsten vorging. Frauen werden selbstverständlich von allen drei Organisationen unterdrückt, der Schulbesuch nicht erlaubt, Vollverschleierung vorgeschrieben. Teilnahme am Kampf war nicht zulässig, dafür wurde großer Wert auf Produktion von Nachwuchs gelegt. Sowohl al-Qaida als auch der „Islamische Staat“ hatten großen Zulauf von internationalen „Kämpfern“.

Die Gebiete, in denen sie agieren sind teilweise unterschiedlich: al-Qaida und Taliban kämpften zumeist in Afghanistan, der Islamische Staat hauptsächlich in Syrien und dem Irak. Internationale Anschläge werden hauptsächlich sowohl vom IS als auch (eher früher) von al-Qaida durchgeführt.

Menschenrechtsverletzungen sind das Geschäft aller dieser Bewegungen.

Jedenfalls sind sie noch nicht besiegt und werden weiterhin ihr grausames Handwerk ausführen, möglicherweise werden nun andere Territorien angegriffen werden: Europa, bzw. die USA – der Hort der „Ungläubigen“.

 

Islamischer Staat, Taliban, Al-Quaida

Brexit und Whisky

Bei dem Entschluss einer knappen Mehrheit der Briten, die Europäische Union zu verlassen, war eine der Triebfedern:  „Take back control“. So tönte es 2016, als griffiger und letztlich erfolgreicher Slogan der Brexit-Anhänger. Auch wollten sie, dass das Königreich nach dem Brexit wieder seine Grenzen besser „vor Terroristen schützen“ könne. Jene, die für den Brexit gestimmt haben, meinen, dass Europa kein Interesse daran haben könne, die Briten für den Austritt zu bestrafen. Manche aus den ärmeren Schichten sind der Ansicht, dass es nicht fair wäre, wenn die Migranten in England den Einheimischen die knappen Wohnungen wegschnappen. Allerdings wäre zu bedenken, dass die meisten Einwanderer nicht aus Europa gekommen sind, sondern aus den früheren Kolonien.

Ein Jahr nach dem Referendum nagt der Brexit an der britischen Nation. Die Politik ist gelähmt. Der Brexit spaltet das Land noch immer. Großbritannien ist heute so zerrissen wie im Juni 2016. Meinungsumfragen zeigen, dass es im Königreich noch immer annähernd gleich viele Befürworter und Gegner des EU-Austritts gibt. Viele Junge sind der Ansicht, dass sie es sind, die den Preis für den Brexit bezahlen werden müssen. Die Inflation steigt, alles wird teurer und für Berufseinsteiger ist es noch schwieriger, einen guten Job zu finden. Auch die Landwirtschaft und Landschaftspflege durch die Bauern könnte gefährdet sein, denn es wird erwartet, dass Betreiber vieler kleinerer Farmen gezwungen sein werden, ihre Betriebe aufzugeben.

Für einen kleinen, aber politisch mächtigen Teil dieser „Freiheitskämpfer“ kann diese Rückgewinnung der Kontrolle nur den radikalen Schnitt bedeuten. Jegliche politischen und juristischen Bindungen zum Kontinent müssen kategorisch gekappt werden. Nur so kann in ihren Augen die absolute Souveränität wiederhergestellt werden. Die Boulevardpresse und die Brexit-Hardliner, die den EU-Ausstieg mit völlig unrealistischen Versprechen aufgeladen haben – und jetzt alle, die gegen einen harten Brexit sind, werden in die Nähe von Volksverrätern gerückt. Doch nach 44 Jahren Mitgliedschaft ist Großbritannien so eng mit der Europäischen Union verflochten, dass aus dem Verlangen nach absoluter Kontrolle ein neuer, gigantischer Kontrollverlust zu werden droht. Weil Londons Brexit-Ideologen auf ihren Maximalpositionen beharren, statt angesichts der überwältigenden Komplexität der Aufgabe das Machbare auszuloten.

Barnier und der britische Brexit-Minister David Davis schienen auf zwei verschiedenen Planeten zu leben. Die Europäer geben die nur zweijährige Verhandlungsfrist vor. Und sie haben den Briten gegen deren Willen diktiert, dass erst die Scheidungskonditionen vereinbart sein müssen, bevor London über sein Lieblingsthema, ein künftiges Freihandelsabkommen, verhandeln darf.

Die drei großen, laut Zeitplan bis Mitte Oktober 2017 zu lösenden Trennungsfragen sind:

  • Was passiert mit den EU-Ausländern in Großbritannien und den Briten in den 27 EU-Staaten?
  • Wie viel Geld muss London der EU zahlen?
  • Was passiert mit der historisch heiklen Grenze zwischen der Republik Irland und Nordirland, künftig einzige Landesgrenze des Königreichs zur EU?

Sehr kontrovers sind die Fragen: Brüssel will, dass der Europäische Gerichtshof auch nach dem Brexit eine Instanz bleibt, die die Rechte der EU-Bürger im Königreich garantiert. Für jene, die nach nationaler Souveränität streben, ist das nicht verhandelbar. Genauso wenig wie eine Zahlung jener – in den Medien zirkulierenden – Milliardensummen, welche die Briten nach Meinung der Europäer auf Basis bereits eingegangener Verpflichtungen der EU schulden. Der von allen erwünschte „Brexit-Deal“ kann aber nur ein Gesamtpaket sein. Wenn es für die Scheidungskonditionen keine Einigung gibt, dann auch nicht für das getrennte Leben danach.

Es scheint, dass die Briten wohl nach dem für den 30. März 2019 avisierten Ausstieg eine Übergangszeit, bzw.  „Implementierungsphase“ brauchen. Ist es aber wirklich die Mehrheit im Land, die gar keinen „harten“ Brexit will und mit einer weiterhin engen Bindung an Brüssel keine großen Probleme hätte?

Die Finanzindustrie sucht eine neue Bleibe für die Zeit nach dem Austritt. Frankfurt konnte bislang die meisten Zusagen verbuchen – vor allem von amerikanischen Großbanken. Auch die Mitarbeiter von Japans drittgrößter Bank Sumitomo Mitsui Financial Group verlegen angeblich ihre Europa-Zentrale an den Main. Die Niederländer kontern: die Grenze für Banker-Boni soll aufgeweicht werden. Das Ziel ist, es möglichst viele Banker aus London nach Amsterdam zu locken. Eine weiter Großbank, die Bank of America, verlegt ihren Europasitz von London nach Dublin.  Easyjet – zwar keine Bank, sondern eine Fluglinie – hat bereits einen neuen Standort in Wien gefunden.

Aber selbst für den Export von Whisky könnte der Brexit üble Folgen haben.  Gut 90 Prozent der schottischen Whisky-Produktion geht ins Ausland. Ein Drittel davon in die EU. Zweitwichtigster Absatzmarkt sind die USA. Dann erst folgen Asien und Südamerika.

Doch das Problem mit dem Brexit ist nicht so sehr der Whisky-Export auf den europäischen Kontinent – der würde dank einer Ausnahmeregel bei den Vereinbarungen der Welthandelsorganisation WTO wohl auch weiterhin zollfrei bleiben. Großbritannien drohen aber Zölle für Ausfuhren in eine Reihe von wachsenden Märkten wie Südafrika, Südkorea, Peru und Kolumbien.

Mit diesen Ländern hat die EU Freihandelsabkommen, aus denen Großbritannien mit dem Brexit wohl ausscheiden wird. Bis zu 20 Prozent könnten dort künftig auf Whisky-Importe aufgeschlagen werden, fürchtet man.

Und das sind nur Schlaglichter jener Probleme, die anlässlich des Brexit auftreten werden, aber wenigstens der Whisky bleibt für Europäer zollfrei.

 

Brexit und Whisky

Neuerlich geht es um den Tempelberg in Jerusalem

Der Tempelberg ist ein Hügel in der Jerusalemer Altstadt, oberhalb des Kidrontales. Auf seinem Gipfel befindet sich ein künstliches Plateau. Vor 3000 Jahren errichteten der Bibel zufolge dort die Israeliten unter Salomo den ersten Tempel – Baubeginn 957 v.Chr.  An dieser Stelle im Tempel befand sich das Hauptheiligtum des Judentums, das als Mischkan („Gottes Heimstätte auf Erden“), bekannt ist. Im besonders heiligen, abgegrenzten Bereich dieses Allerheiligsten im Tempel wurde die Bundeslade aufbewahrt. Das Allerheiligste durfte nur einmal jährlich durch den Hohepriester betreten werden.

Als Nebukadnezar II. Jerusalem eroberte, ließ er den Tempel 586 v. Chr. zerstören. Nach ihrer Rückkehr aus dem Babylonischen Exil errichteten die Juden an derselben Stelle den zweiten Tempel (Fertigstellung 516 v. Chr.). Von Heroldes dem Großen monumental ausgebaut, wurde der Tempel im jüdisch-römischen Krieg im Jahre 70 n.Chr. durch die Römer zerstört. Der erhoffte Wiederaufbau des Tempels in Jerusalem und das ersehnte Anbrechen der Messianischen Zeiten ist zentrales Anliegen zahlreicher jüdischer Gebete. Die Westmauer oder Klagemauer ist ein Überrest der Mauern, die das ursprüngliche, künstlich erweiterte Tempelplateau stützen. Viele Juden beten heute dort und viele Menschen hinterlassen Gebetszettel/Bitten in den Mauerspalten. Der Tempelberg ist somit der Ort des ehemaligen Allerheiligsten des Judentums.

Nach der Zerstörung des zweiten Tempels und der Vertreibung der jüdischen Bevölkerung aus Jerusalem entstand auf dem Tempelberg zunächst ein römischer Jupiter-Tempel, später eine christliche Kirche.

Nach der islamischen Eroberung Palästinas wurden der Felsendom (Baubeginn 686 – Fertigstellung 691) und wahrscheinlich einige Jahre später die Al-Aqsa-Moschee errichtet. Im Islam gilt der Tempelberg als die drittheiligste Stätte nach Mekka und Medina. Von hier soll der Prophet Mohammed seine Nachtreise (Sure 17, Vers 1) zu der „entferntesten Moschee“ unternommen haben.

Von der christlichen Belagerung von Jerusalem (1099) bis zu ihrer Niederlage in der Schlacht bei Hattin im Jahre 1187 war der Tempelberg im Besitz der Kreuzfahrer, die den Felsendom „Templum Domini“ nannten und in ihm eine Kapelle (Marienheiligtum) einrichteten. In der Al-Aqsa-Moschee befand sich der Hauptsitz des Templerordens. Die gegenwärtige Gestalt rührt aus den Umbauten Saladins und seiner Nachfolger nach der Rückeroberung 1187 her. Zu der Moschee gehören derzeit vier Minarette.

Juden, Christen und Muslime verbinden den Tempelberg mit vielen bedeutenden Ereignissen in ihren religiösen Überlieferungen. Der Tempelberg ist einer der umstrittensten heiligen Orte der Welt.

Im Palästinakrieg (1948) wurde die Bebauung des Tempelberges von Granaten teilweise zerstört und in den folgenden Jahren durch technische und finanzielle Hilfe aus Jordanien, Saudi-Arabien und Ägypten wiederaufgebaut. Im Sechstagekrieg (1967) gelangten israelische Soldaten an die Klagemauer, die seit dieser Zeit wieder zugänglich ist. Der Tempelberg wird durch die Waqf-Behörde in Jerusalem verwaltet, der nahezu vollständige Autonomie zugebilligt wurde. Waqf ist eine unveräußerliche islamische Stiftung, die für alle Zeiten vorgesehen ist. Sie übt die Aufsicht über die heiligen islamischen Stätten auf dem Tempelberg in Jerusalem aus, auch nachdem Israel im Sechstagekrieg die Jerusalemer Altstadt erobert hat, und ist auch für die Verwaltung der Abrahamsmoschee im Patriarchengrab in Hebron zuständig.

Der Zugang zum Tempelberg ist über elf Tore an der Nord- und Westseite der Anlage möglich. Alle Tore werden von israelischen Polizisten und Angestellten des Waqf überwacht, da der Zutritt dort nur für Muslime erlaubt ist.

Einige Israelis wenden sich gegen die arabische Präsenz auf dem Tempelberg. So will zum Beispiel eine kleine fundamentalistische Gruppe namens Temple Mount and Eretz Yisrael Faithful Movement, unterstützt von Evangelikalen in den USA, auf dem Tempelberg den dritten jüdischen Tempel errichten, hat aber nur wenig Rückhalt in der israelischen Öffentlichkeit. Mehrmals kündigte die Gruppe an, den Grundstein für den Bau zu legen. Dies führte zu internationalen Protesten. Es blieb bei symbolischen Akten außerhalb des Tempelberges. Das jüdische Jerusalemer Tempelinstitut verfolgt dasselbe Ziel und sammelt Spenden für den Neubau. Das Vorhaben wird von vielen Rabbinern kritisch gesehen. Sie glauben, der Dritte Tempel werde nicht von Menschen, sondern von Gott erbaut, wenn der Messias kommt.

Man ist aufgrund der derzeitigen Unruhen in Jerusalem deshalb so besorgt, weil die Zweite Intifada (von arabischen Kreisen auch Al-Aqsa-Intifada genannt) dadurch begonnen hatte, dass der damalige Oppositionspolitiker Ariel Scharon am 28. September 2000 in Begleitung von bewaffnetem Personenschutz und mehr als 1000 Polizisten den Tempelberg besucht hatte.

Die neuerlichen Unruhen hatten damit begonnen, dass nach einem Anschlag nahe dem Tempelberg, bei dem zwei Polizisten und in der Folge drei palästinensische Angreifer getötet wurden, das Areal abgeriegelt worden ist. Jerusalems Großmufti wurde von der Polizei festgenommen, nachdem er dagegen protestiert hatte. Hierauf wurden von den Israelis elektronische Tore auf dem Weg zum Tempelberg installiert, um den Zugang zu kontrollieren. Daraus schließen die Palästinenser, dass nun die Israelis allein den Zugang kontrollieren wollten und riefen den Tag des Zorns aus. Nach dem Freitagsgebet wurden nach Angaben der palästinensischen Gesundheitsbehörden drei Palästinenser bei Konfrontationen in Ost-Jerusalem getötet und rund 400 weitere in Jerusalem und im Westjordanland verletzt. Mehrere Verletzte schwebten in Lebensgefahr, wie das Gesundheitsministerium mitteilte. Davor hatten Tausende Muslime auf der Straße gebetet. Danach war es zu Gewaltausbrüchen zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften gekommen.

Wegen der Verschärfung der Zugangskontrollen zum Tempelberg hatte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas am Freitagabend alle Kontakte der Palästinenserführung zu Israel eingefroren.

Die UNO, die EU und das Nahost-Quartett richteten am Wochenende eindringliche Aufrufe zur Mäßigung an Israel und die Palästinenser. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen setzte für Montag eine Dringlichkeitssitzung an. Es soll dabei beraten werden, „wie Appelle zu einer Deeskalation unterstützt werden können“.

Es ist zu hoffen, dass dieser Konflikt beigelegt werden kann. Denn einen weiteren Brandherd im Nahen Osten kann niemand wollen.

Siehe auch mein Buch: „Wessen Heiliges Land“, erschienen im Braumüller Verlag

 

 

Neuerlich geht es um den Tempelberg in Jerusalem