Aufgrund meiner „Berichterstattung“ über Kopftuchtragen im Iran, hat mich eine Freundin auf eine gegensätzliche Bewegung noch in der frühen Schah-Zeit erinnert. Und zwar an die Abschaffung des Tschadors.
Die traditionelle Kleidung der Iraner wurde auf Anordnung Reza Schahs 1935 abgeschafft.
Reza Schah Pahlavi (bis 5. Dezember 1925 Reza Chan; geboren am 15. März 1878 im Iran; gestorben am 26. Juli 1944 in Johannesburg, Südafrika) war von 1925 bis 1941 Schah von Persien. Er begann seine militärische Laufbahn als einfacher Soldat in der persischen Kosakenbrigade und stieg bis zu deren Oberkommandierenden auf. Seine politische Laufbahn begann er als Verteidigungsminister im Kabinett von Seyyed Zia al Din Tabatabai. Später wurde er unter Ahmad Schah Premierminister und nach dessen Absetzung durch das Parlament Schah von Persien.
Im Jahr 1928 schaffte die Regierung, die später durch die Abstimmung des Majlis (Parlament) am 26. September unterstützt wurde, die traditionelle Kleidung ab und befahl den männlichen Iranern, sich in westlicher Kleidung zu kleiden: Fez, Mäntel und Turbane sollten für die vollständig westliche Form der Bekleidung aufgegeben werden. In der zweiten Hälfte der 1920er Jahre begannen sowohl moderne Stadtbewohner als auch Beamte, die traditionelle persische Aba’a (ein großer Mantel, der noch von religiösen Beamten getragen wird) für eine Art langen Mantel auf Kniehöhe namens Sardari, Hosen, aufzugeben. Darüber hinaus müssen Schulkinder sowie Regierungsangestellte den Kolah-e Pahlavi ( Pahlavi- Hut) tragen, eine Art Hut, der vom französischen Kepi inspiriert ist und bereits in der militärischen Welt verwendet wird, insbesondere seit der Machtübernahme von Reza Schah. Nur Geistliche dürfen traditionelle Kleidung tragen. Diese Reformen, die eine soziokulturelle Durchmischung fördern sollten (die Kleidung ermöglichte die Entschlüsselung der Zugehörigkeit zu jeder Region, zu einer Stadt, zu einer Religion usw.) trafen auf einen gewissen Widerstand, vor allem von Seiten der Traditionalisten, mächtiger Stämme und auch der Leiter von Textilfabriken (auch österreichische Fez-Fabriken waren betroffen). Aber die Reformen berücksichtigten Frauen noch nicht. Als in Maschhad dagegen demonstriert wurde, wurde der Protest durch Rezas Truppen gewaltsam eingedämmt.
Vom 2. Juni bis 11. Juli 1934, Reza Schah begann die einzige Auslandsreise seiner gesamten Regierungszeit: in die kemalistische Türkei, für die er eine tiefe Bewunderung hat. Von seinem Idol (Atatürk) mit großem Pomp empfangen, war er noch stärker beeindruckt, als er sich vorgestellt hatte. Nach seiner Rückkehr aus der Türkei wirkte Reza Schah verwandelt; alle Umgestaltungen, die er für sein Volk will, will er noch schneller, notfalls mit Gewalt, vollziehen. Seit einigen Jahren (um 1931) hat das imperiale Regime eine autoritäre Wendung genommen, und die Verwestlichung der Gesellschaft, die nur mit Modernisierung einhergehen kann, musste mit Nachdruck vorangetrieben werden.
Tatsächlich veranlasste er, noch während er in der Türkei weilte, die Kolah Pahlavi dergestalt zu verändern, dass eine breite Krempe die Arbeiter besser vor den Sonnenstrahlen schützen soll. Ein am 8. Juli 1935 erlassenes ein Dekret von Reza Shah, inspiriert von Atatürks Männerbekleidungsgesetzen, veranlasst, den traditionellen Fez durch Melonen (Bowler-Hut) ersetzen. Reza Schah ist laufend bemüht, seine Entscheidung zu rechtfertigen, bemüht sich weiterhin Menschen zu standardisieren, um Diskriminierung zu vermeiden. Dieser Akt der Nachahmung europäischer Zivilisationen hat in Reza Schahs Vorstellung das Ziel, deren wirtschaftliches und soziales Entwicklungsniveau zu erreichen, das mit der Industrialisierung einhergeht.
Am 7. Januar 1936 folgte für Frauen die Abschaffung des Tschadors. „Nie ist hierüber irgendein Gesetz oder auch nur ein öffentlicher Erlass ergangen; nur im Stillen war die Parole ausgegeben worden. Die Ehefrau von Reza Schah und seine beiden Töchter waren zusammen mit den Ministern und ihren Frauen an diesem Tag zum ersten Mal zur Einweihung des neu gegründeten Teheraner Lehrerausbildungsinstitut ohne Tschador erschienen. Reza Schah erinnerte in seiner Ansprache daran, dass die Frauen so außerhalb der Gesellschaft stünden, dass sie bei Volkszählungen nicht mitgezählt wurden. Der nächste Schritt der Integration der Frauen in das öffentliche Leben war ein Empfang des Parlamentspräsidenten, zu dem die Abgeordneten mit ihren unverschleierten Frauen erschienen. Diesem Beispiel folgte ein Ministerium nach dem anderen. In der heiligen Stadt Qom gab der höchste Geistliche der Grabmoschee einen Empfang, bei dem alle Moscheebeamten mit ihren unverschleierten Damen anwesend waren. Nachdem der Boden soweit vorbereitet worden war, erhielten die Polizisten Anweisung, Frauen, die auf der Straße einen Tschador trugen, zu entschleiern, denn ab jetzt erhielten Frauen auch Zutritt zum Erwerbsleben. Eilig eingerichtete Kurse für Schneiderei und Stenographie wussten sich vor dem Andrang der Lerneifrigen nicht zu retten. Der 7. Januar wurde daher in der Pahlavi-Dynastie als „Tag der Befreiung der Frau“ gefeiert.
Den Ausschlag mag die Königin von Afghanistan Soraya Tarzi gegeben haben.
Während des ersten Staatsbesuchs eines ausländischen Staatsoberhauptes in Persien von Reza Schah, dem von König Amanullah Khan von Afghanistan, wird seine Frau Königin Soraya, die in ihrem Land als Unterstützerin der Entwicklung der Frauenrechte bekannt ist, mit dem Kopf unbedeckt gezeigt. Empört darüber beeilen sich die religiösen Würdenträger, sich bei Reza Schah zu beschweren, damit dieser der Königin befiehlt, sich zu verschleiern; aber nichts hilft, Reza Schah, vielleicht beeindruckt von der Unnachgiebigkeit der Gemahlin, weigert sich.
Hat man damals die Frauen durch das „Herunter-reißen“ des Schleiers unglücklich gemacht (manche getrauten sich schleierlos nicht einmal mehr das Haus zu verlassen), werden heute Frauen in die umgekehrte Richtung gezwungen.