Zum wandernden, nun wiederaufgefüllten Tulare Lake

(weil ich doch meine Studienzeit in den USA in Fresno, im San Joaquin Valley verbracht habe)

Der Tulare Lake ist ein See im südlichen San Joaquin Valley. Bis ins späte 19. Jahrhundert war er der Fläche nach der zweitgrößte Süßwassersee (nach dem Michigansee), der vollständig in den Vereinigten Staaten lag. Als seinen Zuläufen immer mehr Wasser für die wachsenden Städte und zur Bewässerung landwirtschaftlicher Flächen entnommen wurde, trocknete er aus. Sein Name leitet sich von tule rush ab, der englischen Bezeichnung einer Teichbinsenart, die an seinen sumpfigen Ufern wuchs.

Im Frühjahr 2023 entstand der See nach rekordbrechenden Winter-Niederschlägen in der Sierra Nevada erneut.

Bedingt durch die geringen Höhenunterschiede schwankte die Seefläche je nach Jahreszeit bzw. Trockenperioden stark. Der Wasserspiegel schwankte zwischen einem bzw. drei Metern, je nach Niederschlagsmenge.  Dabei wurden die weiten Schilf- und Sumpfgürtel um den See überschwemmt. Überstieg der Wasserspiegel eine Höhe von 63 m über dem Meeresspiegel, konnte der See die Fließrichtung des Fresno Slough, eines 64 Kilometer langen und bis zu 76 Meter breiten versumpften, natürlichen Kanals am Nordende des Sees, umkehren und sein Wasser in den San Joaquin River abführen. Dies geschah zwischen 1850 und 1878 in 19 von 29 Jahren. Bei seinem höchsten Wasserspiegel auf 66 m in den Jahren 1862 und 1868 hatte der See eine Fläche von über 2.000 km² und war über 10 Meter tief. Die Abflussmenge im Jahr 1862 wird auf etwa 220 Mio. m³ Wasser geschätzt. In trockenen Jahren war der flache See deutlich kleiner. Die stark veränderlichen Uferlinien konnten auch durch kräftige Winde um mehrere Kilometer verschoben werden.

Die vier Hauptzuflüsse des Tulare Lake kamen alle aus der Sierra Nevada und bildeten in der Ebene breite Binnendeltas mit zahlreichen Kanälen und Sumpfgebieten, die zeitweise austrocknen konnten. Die Region, in der der See lag, hat ein Klima ähnlich dem Mittelmeer, sodass 80 % der Niederschläge mit einer jährlichen Gesamtmenge von durchschnittlich unter 400 mm zwischen November und März fallen, von denen drei Viertel wieder verdunsten. 98 % des Oberflächenwassers im Becken stammen aus der Sierra Nevada, hauptsächlich aus der Zeit der Schneeschmelze von April bis Juli, die restlichen 2 % aus der Küstenkette.

Die Yokut-Indianer bewohnten die Ufer des Tulare Lake. Aufgrund des Wild- und Fischreichtums der Gegend erreichten sie die höchste Bevölkerungsdichte Nordamerikas in der Vor-Kolonialzeit ohne das Ökosystem des Sees zu stören. Die Ankunft der Europäer und die Einführung der Landwirtschaft in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts markierten den Anfang der umfassenden Umgestaltung der Region. Die Hochwasser in den 1860er Jahren führten zum letzten Mal zur Maximalausdehnung des Sees. Schon 1871 waren weite Gebiete landwirtschaftlich genutzt, die zahlreichen Mündungsarme der vier Flüsse wurden in Bewässerungskanäle umgewandelt. Das führte dazu, dass der Wasserstand des Tulare Lake soweit sank, dass schon in den 1880er-Jahren Teile des ursprünglichen Seebodens landwirtschaftlich genutzt werden konnten. Gleichzeitig stieg der Salzgehalt des Sees so stark an, dass viele Fischarten nicht mehr überleben konnten. 1899 wird der See das erste Mal als ausgetrocknet beschrieben, das Ende der Fischerei war erreicht.

Nun wurde der Seeboden zur Baumwollpflanzung genutzt.  In den Jahren 1937 bis 1946 und 1950 bis 1953 entstand der See wieder neu, da die Be- und Entwässerungskanäle die anfallenden Wassermengen nicht mehr abführen konnten. So konnte er während des Zweiten Weltkriegs als Nebenflugplatz der Naval Air Station Alameda für Flugboote genutzt werden.

Da ich 1953/54 in den USA studierte, konnte ich den See erleben. Ich erinnere mich, dort mit meiner Sorority (Delta Gamma) ein Picknick gemacht zu haben und geschwommen zu sein.  Ich erinnere mich auch, dass die „einsame Gegend“ dort genutzt wurde, um mir das Schießen mit Gewehren beizubringen. Diese „Ausbildung“ war nicht wirklich erfolgreich, ich habe in meinem Leben hinterher keine Waffe angerührt. Übrigens als Zielscheibe wurden Straßentafeln benutzt.

Nun könnte der wiederaufgefüllte See als Wasserspeicher für trockene Jahre im San Joaquin Valley, der weltweit produktivsten landwirtschaftlichen (Wein, Ost, Nüsse) Region, dienen. 2001 hatte einer der größten Anbauer von Baumwolle im Tulare-Becken wegen stark gesunkener Weltmarktpreise die Produktion eingestellt und in Zusammenarbeit mit dem Bundesstaat Kalifornien einen kleinen Teil seiner Anbaufläche zu einem Feuchtgebiet renaturiert.

Im Winter 2022/23 verzeichnete die Sierra Nevada Rekord-Niederschläge, so dass im Frühjahr 2023 das Schmelzwasser die größten Abflüsse aus den Bergen verursachte, seit es Wetteraufzeichnungen in Kalifornien gibt. Teile der ehemaligen See Betts wurden geflutet, Viehzuchtbetriebe evakuierten 75.000 Rinder aus dem Gebiet. Das California State Water Project nutzte auf Anweisung des Gouverneurs allerdings alle Möglichkeiten, Wasser aus dem betroffenen Gebiet nach trockenen Norden abzuleiten.

Zum wandernden, nun wiederaufgefüllten Tulare Lake

Hinterlasse einen Kommentar