Erinnerungen: die brodelnden Phlegräischen Felder

(Eine Wiederveröffentlichung aus 2023)

Gestern habe ich Bilder von den Phlegräischen Feldern im Fernsehen gesehen – und habe mich erinnert.

Wir – also unsere Familie – haben nie nur „Badeferien“ gemacht. Auch wenn unsere damals noch relativ kleinen Kinder dabei waren, haben wir zwar letztendlich in einem Badeort gewohnt, aber am Weg dorthin (oder zurück) wurde (aus Sicht der Kinder: gnadenlos) besichtigt. Und selbstverständlich standen auch „Ausflüge“ zu interessanten Stätten während dieser nicht-ganz-Badeurlaube auf dem Programm. Als mein Sohn schon etwas älter war, versuchte er sich manchmal von diesen Ausflügen zu „drücken“, und blieb lieber allein am Strand – mit anderen Kindern. Unsere Tochter begleitete uns – fast immer.

Vor vielen Jahren haben wir unseren Urlaub in der Gegend von Sorrent verbracht. Selbstverständlich musste dieser Urlaub in den Sommerferien stattfinden. Und an einem dieser Urlaubstage standen Pozzuoli und die Phlegräischen Felder auf dem Programm. Wir waren nie Frühaufsteher und frühstückten auch gerne gemütlich. Daher kamen wir nicht in den kühleren Morgenstunden, sondern gegen Mittag an unser Ziel. Der Vorteil war: wir waren fast allein dort. Man konnte sich damals frei und selbstständig auf diesen Feldern bewegen. Heiß war es schon, und dazu der heiße Boden, die stinkenden Dampfwolken.

Ja, es war bedrohlich, unheimlich, man (Vergil, Aeneas) vermutete dort nicht ohne Grund die Pforte zur Unterwelt. So könnte sich auch unsereiner die Hölle vorstellen. Damals fürchtete man – (im Gegensatz zu heute) – keinen Ausbruch. Dennoch, ein wenig Angst begleitete uns bei unserm Spaziergang dort. Jetzt ist das alles gesperrt.

Was sind diese „Felder“: Die Phlegräischen Felder („brennen, flammen“) sind ein etwa 20 km westlich des Vesuvs gelegenes Gebiet mit hoher vulkanischer Aktivität. Die Phlegräischen Felder werden als Supervulkan eingestuft. Sie dehnen sich über ein Gebiet von mehr als 150 km² aus. Sie beginnen unmittelbar am westlichen Stadtrand von Neapel und setzen sich entlang der Küste des Mittelmeeres bzw. des Golfes von Neapel fort. Im Süden dehnen sie sich untermeerisch aus und schließen hierbei auch das Gebiet der Inseln Ischia und Procida (im Südwesten) sowie Nisida (im Nordosten) ein. Wichtigster Ort der Region und zugleich Anziehungspunkt für viele Touristen ist die Stadt Pozzuoli.

Der Boden auf den Feldern kann durch die vulkanische Aktivität sehr heiß werden. Neben Solfataren (100 °C bis zu 250 °C heiße Fumarole, d. h. postvulkanische Exhalationen – Ausströmungen – von Gasen, die hauptsächlich Schwefelwasserstoff (H2S), Kohlenstoffdioxid (CO2) und Wasserdampf enthalten. Der Schwefelwasserstoff ruft den unverwechselbaren Geruch nach faulen Eiern hervor) und Mofetten (Austrittspunkt von Kohlenstoffdioxid (CO2) aus dem Boden mit Temperaturen unter 100 °C) gibt es zahlreiche Thermalquellen und Fumarolen. An vielen Stellen ist das Gestein durch die aufsteigenden Schwefeldämpfe gelb gefärbt. Auf dem gesamten Gebiet gibt es mehr als 50 Eruptionsherde, darunter den Krater Solfatara. Die nicht sichtbare, eingesunkene Caldera liegt zu zwei Dritteln unter Wasser und stellt einen von über 20 Supervulkanen auf der Erde dar. 2008 wurde entdeckt, dass die Phlegräischen Felder und der Vesuv in zehn Kilometern Tiefe eine gemeinsame Magmakammer besitzen. (Ich weiß nicht, ob mich das beruhigt).

Am 18. August 2023 ereignete sich einer der stärksten Erdbebenschwärme seit Beginn der aktuellen Hebungsphase im Jahr 2005. Diese zunehmende Erdbebentätigkeit weckte Sorgen unter den Bewohnern der Region, da sie auf potenzielle Fluidbewegungen im Untergrund hinweist und phreatische Eruptionen (vulkanische Explosion, die aus einer Wasserdampfexplosion im Zusammenhang mit magmatischer Tätigkeit) in der Solfatara-Zone vermuten lässt. Obwohl Anzeichen für eine mögliche magmatische Aktivität beobachtet wurden, war eine unmittelbar bevorstehende vulkanische Eruption noch nicht erreicht. Einen Tag nach dem starken Schwarmbeben hatte sich die seismische Aktivität normalisiert. Ein Erdbeben der Magnitude 2,0 und Hypozentrum in 2,6 km Tiefe im Golf von Pozzuoli wurde verzeichnet. Die Beben, vor allem um die Solfatara, beunruhigten erneut die Caldera-Bewohner.

Am 21. August 2023 wurde die Bevölkerung von einem lauten Knall und einem Erdstoß der Magnitude 2,5 geweckt. Es folgte ein Erdbebenschwarm mit über 50 weiteren Erdstößen. Diese Erdbeben werden in einem Zusammenhang mit Fluidströmen (und hier ist in erster Linie Wasser gemeint) gesehen, die von der tieferen magmatischen Tätigkeit angetrieben werden

Im September 2023 ereigneten sich innerhalb weniger Wochen die beiden schwersten Erdstöße seit 40 Jahren in der Region. Am 7. September erschütterte ein Erdstoß der Magnitude 3,8 die Phlegräischen Felder. Mit einer Magnitude von 4,2 wurde am 27. September ein noch stärkerer Erdstoß registriert. Am 2. Oktober 2023 schreckte ein Beben der Stärke 4,0 erneut die Bewohner im Großraum Neapel auf.

Die weitere Entwicklung in den Phlegräischen Feldern ist derzeit nicht abzusehen sei. Es gibt zwei möglichen zukünftigen Szenarien. Entweder werde der anhaltende Zustand, wie bei der zwischen 1982 und 1984 andauernden zweijährigen Phase, zu einem Ende finden oder es werde im schlimmsten Fall, wie zuletzt 1538, zu einem Ausbruch kommen.

Keine sehr erfreuliche Prognose für die dort wohnende Bevölkerung.

PS:

2024: Die Region rund um die italienische Großstadt Neapel ist von den heftigsten Erdbeben seit Jahrzehnten erschüttert worden. Zwischen 20.5. abends und 21.5.2024 früh wurden in den Phlegräischen Feldern etwa 150 Erdstöße gemessen.

Es wurde ein Beben der Stärke 4,4 registriert. Davor habe es bereits Erdbeben der Stärke 3,5 gegeben, dem Dutzende von Nachbeben gefolgt seien. Dabei handelte es sich um die heftigsten Erdstöße seit 40 Jahren. Es wird angenommen, dass es zu weiteren Beben einer ähnlichen Stärke kommen könne.

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