Wahlen im Iran: 28. Juni 2024

Iran, indirekt involviert im Kampf gegen Israels und wahrscheinlich: baldige Atommacht

Weit davon entfernt, die Wahl zum Europäischen Parlament nicht ernst zu nehmen, sollten wir auch auf Wahlen außerhalb Europas, schauen, die vielleicht in Zukunft für uns relevant sein könnten. Der Iran.

Die eigentliche Macht konzentriert sich im Iran nicht auf den Präsidenten, sondern auf den Religionsführer. Ajatollah Ali Chamenei übt auch entscheidenden Einfluss auf den Wächterrat aus. Dort regiert als „Oberster Führer“ Ali Chamenei er ist seit 1989 das politische und religiöse Oberhaupt des mehrheitlich schiitischen Iran. Chamenei ist in dem Sinne auch „Revolutionsführer“ sowie höchste geistliche Instanz im Range eines Ajatollah und der Oberbefehlshaber der iranischen Streitkräfte. Wie zuvor Chomeini steht Chamenei als Oberster Führer mit unumschränkten Machtbefugnissen über allen Institutionen. Er vertritt eine konservative Politik des Islamismus, die nur selten Reformen zulässt. Dabei stützt er sich auf den am 20. Februar 1980 gegründeten Wächterrat, der über alle politischen Vorgänge, Parlamentsbeschlüsse, Gesetze und die Zensur der Medien wacht und dessen Besetzung er zur Hälfte selber bestimmt, zur anderen Hälfte entscheidend beeinflusst. Er ernennt und beaufsichtigt die Freitagsprediger und bestimmt die Mitglieder des Nationalen Sicherheitsrates. Aber er ist 85 Jahre alt – und kränkelt.

Der Nachfolger, den er angeblich vorgesehen hatte, ist am 19. Mai 2024 bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen: Irans Präsident Ebrahim Raissi. Auch Außenminister Hossein Amir-Abdollahian ist tot. Nach dem Tod von Staatspräsident Raissi ist die Stimmung im Iran so gespalten wie das Land selbst. Während die einen beten und weinen, herrscht bei vielen anderen eher Schadenfreude.

Nun stehen Wahlen an: Nach dem Tod des iranischen Präsidenten Ebrahim Raissi wird im Iran am 28. Juni ein neuer Präsident gewählt. Dieses vom Wächterrat vorgeschlagene Datum ist bei einem Treffen der Spitzen von Regierung, Parlament und Justiz festgelegt worden.

Die Kandidaten müssen vom Wächterrat approbiert werden.  Dem sogenannten Wächterrat gehören zwölf islamische Geistliche und Juristen an, die jeweils zur Hälfte vom Parlament gewählt und von Religionsführer Chamenei ernannt werden. Der Rat entscheidet über die Verfassungskonformität von Gesetzen und auch, welche Kandidaten bei den Wahlen zugelassen werden. Wegen seiner herausragenden Rolle im politischen System wurde der Rat in der Vergangenheit als undemokratisches Gremium kritisiert. Der 97 Jahre alte Ajatollah Ahmad Dschannati ist Vorsitzender des Rats.

Im Iran hat der mächtige Wächterrat eine große Mehrheit der Kandidaten von der Präsidentenwahl ausgeschlossen (auch alle Frauen, die sich beworben hatten). Damit gehen am 28. Juni insgesamt sechs Kandidaten ins Rennen, wie ein Sprecher der Wahlbehörde im Staatsfernsehen verkündete. Unter ihnen ist auch der Parlamentspräsident Mohammed Bagher Ghalibaf, ein Hardliner und früherer General der Revolutionsgarden. Auch der amtierende Vize-Präsident Amir Hossein Ghasisadeh-Haschemi und der ultrakonservative Ex-Atomunterhändler Said Dschalili gehören zu den Kandidaten. Masoud Pezeshkian ist wahrscheinlich der einzige „reformistische“ Kandidat, ihm werden aber keine besonders hohe Chancen eingeräumt.  Keiner von ihnen hat konkrete Vorschläge gemacht, außer, dass man versuchen werde, die wirtschaftliche Situation zu verbessern.

Insgesamt 80 Iranerinnen und Iraner hatten sich für die Wahl beworben. Zu den prominenten Bewerbern, die abgelehnt wurden, gehören der frühere Parlamentspräsident Ali Laridschani sowie Wahid Haghanian, ein mit US-Sanktionen belegter früherer Kommandeur der Revolutionsgarden. Auch der Ex-Präsident Mahmud Ahmadinedschad darf nicht antreten. Ihm war schon 2017 und 2021 die erneute Kandidatur bei der iranischen Präsidentschaftswahl verwehrt worden.

Bei der letzten Wahl 2021 erreichte die Wahlbeteiligung mit 48,8 Prozent den niedrigsten Stand seit Gründung der Islamischen Republik Iran im Jahr 1979. Viele Menschen im Iran sind angesichts politischer Repression, einer Wirtschaftskrise und der gescheiterten Reformversuche in den vergangenen Jahrzehnten desillusioniert. Sie haben den Glauben an große innenpolitische Veränderungen verloren. Im Herbst 2022 entfachten sich nach dem Tod der jungen Kurdin Jina Masa Amini landesweite Proteste gegen das islamische Herrschaftssystem.

Große Überraschungen und Veränderungen werden von dieser Wahl nicht erwartet.

Wahlen im Iran: 28. Juni 2024

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