Zur umfassenden (wiederbelebten) Landesverteidigung

Mit neuen Kommunikationswegen.

Hören Sie bitte nicht sofort mit dem Lesen auf, nur weil Sie kein Interesse an „militärischen Dingen“ haben. Umfassende Landesverteidigung ist die Summe aller militärischen und zivilen Versorgungsmaßnahmen, um Herausforderungen für Österreichs Sicherheit gemeinsam bewältigen zu können. Sie umfasst daher die militärische, wirtschaftliche, zivile und geistige Landesverteidigung.

Die Umfassende Landesverteidigung (ULV) wurde als Verteidigungsgrundlage der österreichischen Neutralität im Jahr 1975 im Absatz 2 des Artikel 9a des Bundes-Verfassungsgesetzes beschlossen. Ziel ist es, „die Unabhängigkeit nach außen sowie die Unverletzlichkeit und Einheit des Bundesgebietes zu bewahren, insbesondere zur Aufrechterhaltung und Verteidigung der immerwährenden Neutralität.“

Ich habe gestern einen Vortrag und eine Diskussion zum Thema „Die neue (wiederbelebte) umfassende Landesverteidigung gehört.

Lange hat dieses Thema keine große Aufmerksamkeit gefunden – wir lebten glücklich im Wohlstand, mitten in Europa, umgeben von NATO-Ländern, wozu sollen wir uns besonders um Verteidigung kümmern. So dachte man lange bei uns. Die Generation, die den Zweiten Weltkrieg noch erlebt hatte, was lange nicht mehr tonangebend, die neuen Generationen hatten keine Kriege erlebt, selbst der Jugoslawienkrieg hatte sie nicht betroffen …  Die „Umfassende Landesverteidigung“ war lange kein „Thema“.

Nun, die glücklichen, friedlichen Zeiten sind vorbei, wir erlebten multiple Krisen, Finanzkrisen, Pandemie, und echte Kriege – in der Ukraine (die erste Warnung – den Raub der Krim und Donbass durch Russland) hatten wir noch nicht wirklich ernst genommen. Aber dann kam der Februar 2022.

Und jetzt hat einmal das Militär die Initiative ergriffen, Institutionen definiert und einen Anstoß für eine Wiederbelebung der Umfassenden Landesverteidigung gegeben.

Denn diese Landesverteidigung bedeutet so viel mehr als Soldaten und Waffen! Geld für Waffen wurde nun vorgesehen.  Nun wurde auch die Kooperation mit anderen zuständigen Stellen begonnen.

Es geht um die „Geistige Landesverteidigung“: das umfasst, die

  • Ideelle Voraussetzung für die Landesverteidigung zu schaffen
  • Grundwerte wie Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu vermitteln
  • Bereitschaft zur Sicherung der staatlich-gesellschaftlichen Lebensgrundlagen zu fördern
  • Über Aufgaben in den Bereich der ULV informieren
  • Bewusstsein für Leistungen und Qualitäten Österreich sichern

Konkret bedeutet das, alle Schichten der Bevölkerung darauf aufmerksam zu machen, dass unsere „Trittbrettfahrerei“ aufzugeben. „Sollen sich die anderen zusammenschießen lassen, für uns“. Frieden sichern müssen wir aktiv – alle von uns.

Was versteht man nun unter ziviler Landesverteidigung

  • Warn- und Alarmdienste
  • Einsatzvorsorge für Hilfs-, Berge-, und Rettungswesen
  • Strahlenschutz und Schutzraumbauten
  • Selbstschutzmaßnahmen (Erste Hilfe, Brandschutz und Feuerbekämpfung)
  • Gesundheits- und Sanitätsvorsorge
  • Veterinärmedizinische Vorsorge und Hygiene

Und nicht zuletzt geht es auch um wirtschaftliche Landesverteidigung

  • Verknappung von Gütern verhindern
  • Leistungsfähigkeit der Wirtschaft erhalten
  • Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern sichern
  • Weitestgehende Sicherung von Arbeitsplätzen und Stabilisierung des Arbeitsmarktes

Es gibt auch Aufgaben in der ökologischen Landesverteidigung. Es geht auch um Schaffung von Resilienz – und das ist nicht nur ein Schlagwort – es geht um Widerstandsfähigkeit und Nachhaltigkeit aller Maßnahmen.

Allein diese knappe Aufstellung zeigt, dass die Landesverteidigung weit über militärische Leistungen hinausgeht und eine ganze Reihe von anderen Ministerien eingebunden werden müssen

Als Beispiel wurde nur ein Ministerium genannt: Bildung; Informationsoffiziere gehen in Schulen und erklären Schülern was nun ULV bedeutet – auch für sie, diese Schüler. Vereine werden besucht um Menschen mit dieser Problematik vertrau zu machen. Die Presse wird informiert und betreut. Und bei all dem geht es nicht nur um Rekrutierung von mehr Männern und Frauen für das Bundesheer.

Es gibt Beispiele aus der Vergangenheit, die aufzeigen, wie notwendig eine Struktur der Verantwortung bezüglich ULV wäre:

Vielleicht erinnern sich manche noch an Tschernobyl 1986: das wurde als kein Fall für die ULV erachtet, da ja kein Bombenabwurf erfolgt wäre. Auch heute geht es bei der wirtschaftlichen Landesverteidigung darum, „dass erst bei Eintritt eines Falles…“ überhaupt gehandelt werden kann.

Eine verantwortliche Koordinationsstruktur hat gefehlt (und fehlt heute noch). Die neue „Sicherheitsdoktrin“ ist von militärischer Seite weitgehend fertig, muss aber dann auch den üblichen Weg der Überprüfung gehen …

Es gab den so genannten Österreich-Konvent, von 2003 – 2005, in dem diese Probleme angesprochen wurden. Er sollte Vorschläge für eine grundlegende Staats- und Verfassungsreform bringen. Anlässlich des zehnjährigen Jubiläums des Konvents im Jahr 2015 wurde festgestellt, dass nur wenige Projekte seitdem umgesetzt und die wichtigsten Ziele des Österreich-Konvents als verfehlt erachtet wurden.

Manche von uns „gewöhnen“ sich schon wieder daran, dass es einen Krieg in der Ukraine gibt. Ihnen ist nicht bewusst, dass Putin gemeint hat, alle Territorien wieder ins Russische Reich zu integrieren, die von der Roten Armee in Zweiten Weltkrieg erobert worden waren. Mir Alten, ist diesbezüglich die Enns Grenze eingefallen.

Man kann nur hoffen, dass das Potential jener, die Verteidigungswillen zeigen – auf allen genannten Gebieten – groß ist, sobald Gefahr droht. Derzeit ist der Verteidigungswille-, bzw. -bereitschaft auch örtlich recht unterschiedlich – die Tiroler Schützen stehen immerhin bereit.

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Zur umfassenden (wiederbelebten) Landesverteidigung

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