Zu den vorgeschlagenen Neuen in Brüssel

Antonio Costa

Die Nachfolge des Belgiers Charles Michel soll der frühere portugiesische Regierungschef António Costa übernehmen. Der Sozialdemokrat war im November wegen Korruptionsvorwürfen zurückgetreten, die der 62-Jährige zurückweist und die sich als falsch erwiesen.

Die Familie von António Costa entstammt väterlicherseits Goa-Katholiken, zum Katholizismus übergetretenen Mitgliedern indischer Brahmanen aus der Stadt Margao im indischen Bundesstaat Goa, der während mehrerer Jahrhunderte eine Kolonie Portugals war. António Costa ist seit seiner Jugend Mitglied in der Sozialistischen Partei (PS). Er studierte Jura an der juristischen Fakultät der Universität Lissabon. Von 1982 bis 1984 war er Vorsitzender der Vereinigung der Jurastudenten der Lissabonner Universität und leitete 1986/87 die Redaktion der Zeitung dieser Organisation.

Nach seinem Studium war er hauptsächlich als Anwalt tätig. Nebenbei engagierte er sich in der Sozialistischen Partei. Zwischen 1993 und 1995 hatte António Costa das Amt eines Stadtrats in Loures inne, zwischen 1995 und 1997 war er unter der Regierung des Sozialisten Guterres Staatssekretär im Ministerium für Parlamentsangelegenheiten. Ab November 1997 übernahm er dasselbe Ministerium und war gleichzeitig verantwortlich für die Expo 98 in Lissabon. Auch im zweiten Kabinett Guterres übernahm António Costa ein Ressort: Zwischen 1999 und 2002 leitete er das Justizministerium.

Nach dem Ausscheiden der Sozialisten aus der Regierung übernahm António Costa zwischen 2002 und 2004 die Aufgaben des Fraktionsvorsitzenden der Sozialistischen Partei im portugiesischen Parlament. Im Juni 2004 wechselte er als Mitglied des Europäischen Parlaments für die Sozialdemokratische Partei Europas (SPE) ins Europaparlament und wurde dort einer von 14 Vizepräsidenten. Nach dem erneuten Sieg der Sozialisten in den Parlamentswahlen 2005 berief ihn der neu gewählte Premier José Sócrates als einen der drei Staatsminister in seine Regierung, mit Zuständigkeit für das Ressort für innere Aufgaben. Hauptinhalte seines Programms waren unter anderem die Bekämpfung des Terrorismus und der im Sommer üblichen Waldbrände sowie eine Verbesserung der Situation der Immigranten und der Verkehrssicherheit.

In der Wahl am 15. Juli 2007 wählten die Lissabonner António Costa zum Bürgermeister. Er gewann erstmals seit 31 Jahren eine Mehrheit für die Sozialistische Partei in allen 53 Gemeinden Lissabons. Er blieb es bis 2015, um sich dann sich voll auf seine Tätigkeit als Generalsekretär der Sozialistischen Partei zu konzentrieren.  António Costa wurde zum Spitzenkandidaten für die Parlamentswahl 2015 bestimmt. Anschließend wurde Costa auch Generalsekretär des Sozialistischen Partei. Dieses Amt hatte er bis zum 7. Januar 2024 inne.

Portugals Präsident Cavaco Silva beauftragte Costa am 24. November 2015 mit der Regierungsbildung. Costa bildete eine Minderheitsregierung, die von den anderen linken Parteien im Parlament gestützt wird. Am 26. November 2015 wurde Costa als Premierminister gemeinsam mit seiner Regierung vereidigt.

Die wirtschaftliche Lage hat sich unter Costas Regierung ab 2015 klar gebessert, doch gehört Portugal weiter zu den ärmsten Ländern Westeuropas. Costa führte Portugal trotz anfänglicher Bedenken aus Brüssel aus dem europäischen Schutzschirm und machte es wieder unabhängig von den harten Austeritäts- und Sparauflagen der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF). Costas Regierung erhöhte die von den konservativen Vorgängern gekürzten Pensionen, führte vier Feiertage wieder ein und nahm Steuererhöhungen für arbeitende Menschen zurück. Sie führte auch gratis Schulbücher ein und schuf die 35-Stunden-Woche für Staatsbedienstete. Gleichzeitig erhöhte Costa Reichensteuern wie die Erbschafts- und Vermögenssteuer.

Nach einem erheblichen Wirtschaftseinbruch infolge der Beschränkungen infolge von Corona ab 2020 versuchte Portugal durch höhere Staatsausgaben und Wirtschaftshilfen durch mehr als 13 Milliarden Euro an Investitionen in umweltfreundliche Produktionsprozesse und die Digitalisierung den Aufschwung zu ermöglichen. Ebenso sollen Milliarden Euro in die Bereiche Gesundheit, Wohnen und Infrastruktur fließen. Gleichzeitig gelang es unter Costas Amtszeit aber nicht, trotz sinkender Arbeitslosigkeit die anhaltend hohe Jugendarbeitslosigkeit in den Griff zu bekommen. Ebenso wenig konnte die ebenfalls grassierende Wohnungsnot, insbesondere in der Hauptstadt Lissabon, vermindert werden.

Am 7. November 2023 trat er als Premierminister nach von der Staatsanwaltschaft erhobenen Korruptionsvorwürfen und Durchsuchungen am Regierungssitz und in Ministerien im Zusammenhang mit der Vergabe von Abbaulizenzen für Lithium sowie der Produktion von grünem Wasserstoff zurück. Er führte das Amt dann kommissarisch weiter. Noch im November 2023 stellte sich heraus, dass die Vorwürfe auf einer fehlerhaften Abschrift eines abgehörten Telefonats beruhten. Zu diesem Zeitpunkt hatte Staatspräsident de Sousa das Parlament allerdings bereits aufgelöst und Neuwahlen angesetzt. Die ursprünglich für den Oktober 2026 angesetzte Parlamentswahl wurde damit auf den 10. März 2024 vorgezogen. Am 21. März 2024 wurde Costa im Amt des Premierministers von Luís Montenegro abgelöst.

Ob das EU-Parlament diesen Vorschlägen zustimmt, gilt es abzuwarten. Denn schon haben Meloni, Orban und Fico Einspruch gegen diese Personen erhoben.

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