Zum Verkehr über und unter dem Brenner

Immer wieder hören wir und sehen wir, wie verstopft die Brenner-Autobahn ist. Immer wieder hören wir die Klagen der Anrainer über Lärm und Luftverschmutzung. Immer wieder hören wir Klagen Italiens und Deutschlands (und anderer betroffenen Länder) über österreichische Maßnahmen gegen dieses Verkehrs-Dilemma.

 Kürzlich habe ich einen Bericht gehört, wie positiv sich der Gotthard-Tunnel für die Verkehrssituation in der Schweiz auswirkt. Und dann gibt es immer wieder Klagen, dass die Situation in der Schweiz den Verkehr dazu bringe, „lieber“ die Brenner-Route zu nehmen, als durch die Schweiz zu fahren.

Im Transitverkehr zwischen Italien und Deutschland quält sich seit Jahren eine wachsende Zahl von Lkw am Brenner – dem hoch gelegenen Übergang zwischen Österreich und Italien – über die Alpen. René Zumtobel, Landesrat für Verkehr in Tirol, erklärt, diese Strecke sei stärker befahren als alle Alpenpässe der Schweiz und Frankreichs zusammen!

Und der Brenner-Basis-Tunnel wird und wird nicht fertig. 15 Jahre laufen die Arbeiten schon. Dann soll der Verkehr hier ähnlich laufen wie in der Schweiz: zum Großteil unterirdisch per Bahn. Die Vorstände der Brennerbasistunnelgesellschaft BBT SE, Martin Gradnitzer und Gilberto Cardola, gehen mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ davon aus, dass der Brennerbasistunnel wie anvisiert auch tatsächlich im Jahr 2031 fertiggestellt und 2032 in Betrieb gehen wird. Eine Unwägbarkeit sei aber noch die Ausschreibung die Bahntechnik betreffend, weil es hier einen Einspruch gebe.

Die Brennerbasistunnel-Gesellschaft (BBT SE) hat den 26,65 Mio. Euro schweren Auftrag zu Ingenieurdienstleistungen für die Eisenbahntechnik für das im Bau befindliche Großprojekt an die Bietergemeinschaft ISIE vergeben. Mit dabei ist das Tiroler Unternehmen ILF Consulting Engineers Austria.

Der Vertrag wurde nun unterzeichnet, teilte ein BBT-Sprecher mit. Zuvor hatte das Verwaltungsgericht Bozen den Einspruch der Vergabe durch einen anderen Bieter abgewiesen. Die Bietergemeinschaft setzt sich aus der italienischen Italferr S.p.A. als federführendes Unternehmen, der SWS engineering SpA sowie der ILF Consulting Engineers Austria GmbH mit Sitz in Rum zusammen. Diese habe nach umfangreicher Prüfung durch eine Prüfkommission das in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht günstigste Angebot gelegt, hieß es.

Der Zuschlag wurde nunmehr gerichtlich bestätigt. Das Urteil des Bozner Verwaltungsgerichts war mit Spannung erwartet worden, hätten sich doch durch einen anderen Ausgang oder einen späteren Entscheid möglicherweise Verzögerungen ergeben.

Die nun vergebenen Ingenieurdienstleistungen betreffen unter anderem die Überarbeitung des Einreichprojekts für die bahntechnische Ausrüstung inklusive der technischen Ausschreibungsplanung und fachliche Unterstützung während der nachfolgenden Ausschreibungen. Nach der Beendigung des Rohbaus und der anschließenden Fertigstellung der Innenschale der Haupttunnel ist der Einbau der Eisenbahntechnik die letzte Projektstufe um den Eisenbahnbetrieb zu ermöglichen, hieß es seitens der BBT SE.

Der BBT verläuft auf 55 Kilometern zwischen Innsbruck und dem Südtiroler Franzensfeste und gilt als Kernelement der neuen Bahnverbindung von München bis Verona. Nach Fertigstellung wird der flach verlaufende Eisenbahntunnel nach Angaben der ÖBB mit 64 Kilometern die längste unterirdische Eisenbahnverbindung der Welt sein. Der Tunnel bildet zudem ein Kernstück des TEN-V Kernnetzkorridors Skandinavien-Mittelmeer.

Aber es gibt weitere Stolpersteine: Damit Züge von Deutschland bis nach Innsbruck kommen, muss auch in Bayern gebaut werden. Schon 1994 hatten Italien, Österreich und Deutschland deshalb den „Vertrag von München“ geschlossen, die Grundlage des Projekts. Österreich hat den Großteil der Strecke bis zur deutschen Grenze bereits zur Hochleistungstrasse ausgebaut. In Deutschland aber gibt es bislang nur Pläne. Dafür müsste der Bundestag zunächst die Finanzierung beschließen, dann käme das Planfeststellungsverfahren. Eine Fertigstellung ist erst lange nach dem Brenner-Basistunnel zu erwarten. Wenn es aber nach betroffenen Anwohnern geht, dann niemals.

Eine für 230 Stundenkilometer ausgebaute Schnellfahrstrecke soll laut aktuellem Vorhaben von Grafing bei München an Rosenheim vorbei bis kurz vor Kufstein führen. Was die Bürger nicht verstehen: Güterzüge fahren üblicherweise nur 120 Stundenkilometer schnell. Warum muss eine Strecke, die überwiegend dem Güterverkehr dienen soll, als Rennstrecke entstehen? Neben dem Güterverkehr sollen auf der Strecke aber auch Personenzüge verkehren. Für bislang acht tägliche Personenzüge von München nach Verona oder zurück bringt der Brennertunnel eine Fahrtzeitverkürzung von fast einer Stunde. Die Neubaustrecke in Deutschland würde nach Berechnungen der Kritiker aber nur einen weiteren Zeitgewinn von gut sechs Minuten bringen.

Selbst wenn der Brenner Basis Tunnel rechtzeitig fertig sein sollte, wird es wahrscheinlich weiterhin Probleme – am Brenner geben oder?

Werden die Verkehrsunternehmer den Tunnel überhaupt nutzen wollen?

Zum Verkehr über und unter dem Brenner

Hinterlasse einen Kommentar