Wir wären alle betroffen: die USA will aus dem Weltpostverein austreten

Haben Sie sich schon einmal Gedanken über den Weltpostverein gemacht? Jetzt lese ich, dass die USA austreten wollen, weil andere Länder (wie z.B. China) so niedrige Gebühren zahlen.

Ich habe angefangen, darüber nachzudenken, inwieweit uns das eventuell betreffen könnte.

Also zuerst: was ist der Weltpostverein?

Der Weltpostverein (WPV; Universal Postal Union) wurde 1874 gegründet und regelt bis heute die internationale Zusammenarbeit der Postbehörden und die Rahmenbedingungen des grenzüberschreitenden Postverkehrs. Der Hauptsitz des Weltpostvereins ist seit der Gründung in Bern in der Schweiz. Er hat seit dem 4. Oktober 2011 insgesamt 192 Mitgliedstaaten. Hauptrechtsgrundlagen des Vereins sind die Satzung (Constitution) vom 10. Juli 1964, ergänzt durch die Allgemeine Verfahrensordnung (Règlement général), sowie der Weltpostvertrag. Die USA, wie auch Österreich-Ungarn z.B. waren Gründungsmitglieder.

Dieser Postverein regelt auf seinen Postkongressen die internationale Zusammenarbeit der nationalen Postverwaltungen. Auf dem zweiten Kongress, der 1878 stattfand, wurde der Allgemeine Postverein zum Weltpostverein, im selben Jahr entstanden das Wertbriefabkommen und das Postanweisungsabkommen. 1881 trat der Postpaketvertrag in Kraft. Auf dem Weltpostkongress 1885 folgten Zusatzabkommen zum Weltpostvertrag, Wertbriefabkommen, Postpaketvertrag und zum Postanweisungsabkommen. Das Postauftragsabkommen und ein Abkommen über Ausweisbücher traten 1886 in Kraft. Am 4. Juli 1947 wurde der Weltpostverein eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen. Er ist mit 192 Mitgliedstaaten das internationale Forum für die Kooperation zwischen Postverwaltungen (oder den entsprechenden Postministerien und Regulierungsbehörden) und Postunternehmen.

Der Weltpostvertrag von 1874 regelt die internationale Zusammenarbeit der Postbehörden, die Rahmenbedingungen des grenzüberschreitenden Postverkehrs und die Abrechnung der dabei anfallenden Postgebühren. Bis heute besteht die Hauptaufgabe des Weltpostvereins in der Sicherstellung einer weltumspannenden, zeitnahen Zustellung von Briefen und Paketen über Länder- und Sprachgrenzen hinweg. Wir alle verlassen uns darauf, als ob das selbstverständlich wäre.

Die Reglung betrifft immerhin: 5,2 Millionen Postmitarbeiter; 680.000 Poststellen; 327 Milliarden Briefe (davon 3,5 Milliarden grenzüberschreitend); 7,4 Milliarden Pakete (davon 101 Millionen grenzüberschreitend). Das sind Werte aus 2014, aktuellere habe ich nicht gefunden.

Praktische Bedeutung für den einzelnen Postkunden hat der Weltpostverein vor allem bei Verlust von Sendungen. So richtete sich beispielsweise der Entschädigungsbetrag für eine verlorene Einschreibsendung zunächst nach dem Goldfranken (für eine Einschreiben-Sendung gab es 75 Goldfranken), später nach Sonderziehungsrechten des Internationalen Währungsfonds, wobei immer eine Umrechnung in die Währung des Landes des Absenders stattfand.

Der Weltpostverein gibt auch den Internationalen Antwortschein (Coupon-réponse international) heraus. Dieser Kupon kann in jedem Land der Welt in Briefmarken umgetauscht werden, deren Nennwert dem billigsten Auslandsbrief entspricht. Auf diese Weise kann ein Absender die Kosten für einen Antwortbrief übernehmen. Die von den Postverwaltungen in Briefmarken umgetauschten Antwortscheine werden an den Weltpostverein gesandt, mit den Einnahmen aus dem Verkauf von Antwortscheinen der jeweiligen Postverwaltung verrechnet und gegebenenfalls Mehrausgaben erstattet.

Wie wir alle erfahren, nimmt zwar der Briefverkehr derzeit leider ab, aber der Paketverkehr nimmt durch on-line-shopping (z.B. Amazon!) erheblich zu.

Dennoch drohen die USA aus dem Weltpostverein auszutreten: Grund seien die niedrigen Gebühren, die China und andere Länder der US-Post für die Auslieferung von Warensendungen erstatten. Diese liegen deutlich unter dem, was Industrieländer untereinander zahlen. Die USA wollen die Gebühren darum künftig selbst festlegen. Der Vertreter der US-Post sagte in Genf, das Unternehmen arbeite mit Hochdruck daran, im Falle eines Austritts weiter eine problemlose Postbeförderung zu gewährleisten.

Es s geht um kleine Sendungen bis zwei Kilogramm. Geregelt ist es folgendermaßen: Die Post im Absenderland bekommt ein Porto, für den Transport zum Empfänger zahlt sie dann der zustellenden Postgesellschaft im anderen Land Geld. Dabei sind die Länder in vier Gruppen unterteilt, nach Entwicklungsstand und Wirtschaftskraft. Wie viel Geld fließt, hängt davon ab, in welcher Gruppe Absender- und Empfängerland liegen. China etwa gehört zur zweituntersten Gruppe der Schwellenländer; weshalb die chinesische Post relativ geringe Entgelte an Postunternehmen in anderen Teilen der Welt zahlt. Die USA fühlen sich benachteiligt, weil chinesische Versandhändler so geringe Portopreise anbieten können – auf Kosten der amerikanischen Post und letztlich auch Versandhändler.

Eigentlich sind nicht nur die USA, sondern auch andere Länder durch die bestehenden Regelung en betroffen.  Denn die Zahl der kleinen Warensendungen aus China in die ganze Welt hat sich in den vergangenen Jahren vervielfacht. Gerade der Online-Handel verschärft die Problematik.  Die USA wollen nun durchsetzen, dass die US-Post die Gebühren für Warensendungen aus anderen Ländern selbst bestimmen darf. Sie könnte dann etwa alle Kosten ans Ausland abwälzen. Mitte Oktober 2019 treten die Vereinigten Staaten sonst aus dem Postverein aus, wenn sie ihre Forderung nicht durchsetzen können.

Ein Ausstieg der USA aus dem Weltpostvertrag hätte weitreichende Folgen. Zum einen wäre es ein Schlag für die US-amerikanische Post, die künftig Probleme hätte, sich gegen Logistikunternehmen im eigenen Land zu behaupten. Zum anderen würden Versandkosten zwischen der EU und der USA um ein Vielfaches steigen. Daher geht es auf dem Sondergipfel jetzt darum, einen Kompromiss zu finden, der für die US-Regierung tragfähig ist. Drei Optionen werden auf dem Gipfel zur Wahl stehen: Eine einheitliche Erhöhung der Kosten für Schwellenländer, die Möglichkeit für die Empfängerländer selbst die Kosten festzulegen, die bei dem Versand von Waren aus dem Absenderland fällig werden, oder eine Kombination dieser beiden Optionen.

Das könnte den internationalen Postversand empfindlich stören. Die USA müssten dann bilaterale Verträge mit allen Ländern einzeln schließen. Theoretisch müssten bis dahin die Postunternehmen in den USA und anderswo dann nicht einmal gegenseitig ihre Sendungen annehmen. Und natürlich sind es die Kunden, die betroffen wären: denn sie müssten sich auf Verspätungen und gegebenenfalls steigende Kosten einstellen.

In einer Sondersitzung vom 24. bis 26. September 2019 wollen die 192 Mitgliedstaaten des Weltpostvereins jetzt noch rasch einen Kompromiss finden, der die USA im Abkommen halten kann. Der europäische Dachverband Ecommerce Europe sitzt dem beratenden Ausschuss des Weltpostverbands vor und ist damit aktiv daran beteiligt, das Weltpostabkommen in Zukunft fairer und ausgeglichener zu gestalten.

Hoffen wir das Beste, dass unsere Packerln mit unseren n-line Einkäufen auch weiterhin preisgünstig und pünktlich zugestellt werden! !

Wir wären alle betroffen: die USA will aus dem Weltpostverein austreten

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