Tschernobyl, Saporischschja,

Zum Atomstrom

Vor 38 Jahren kam es in Tschernobyl zu einer Reaktorexplosion. Der ukrainische Präsident Selenskyj warnt vor einer neuen Atomkatastrophe (diesmal Saporischschja) – und fordert mehr Druck auf Russland. Ein besonderes Risiko stellen dabei die Kampfhandlungen, die Stromversorgung sowie die Arbeitsbedingungen der Angestellten dar. Es müsse alles dafür getan werden, die Kühlung aller sicherheitsrelevanten Systeme sicherzustelle, denn kerntechnische Einrichtungen sollten keinesfalls in kriegerische Auseinandersetzungen hineingezogen werden! Ein Unfall in Saporischschja würde sich derzeit allerdings bei weitem nicht so schlimm auswirken, als es damals in Tschernobyl der Fall war. Angeblich.

Das stillgelegte Kraftwerk – Tschernobyl – war nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine für 35 Tage unter russischer Kontrolle. Bereits 785 Tage befindet sich das größte Atomkraftwerk Europas bei Saporischschja in den Händen der russischen Terroristen. Russische Truppen hatten das Atomkraftwerk Saporischschja Anfang März 2022 besetzt. Seitdem sind kriegsbedingt die meisten Leitungen ausgefallen, die die frontnahe Anlage mit Strom versorgen.

Ein Team der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA ist ständig vor Ort, um die Lage in dem weitgehend stillgelegten Kraftwerk zu beobachten. Die Fachleute berichten immer wieder über militärische Aktivitäten in der Nähe.

Am 26. April 1986 ereignete sich die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl. Die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl wurde in die höchste Stufe 7 der internationalen Meldeskala INES eingeordnet. Der katastrophale Unfall ereignete sich im Block 4 des Atomkraftwerks Tschernobyl, nahe der 1970 gegründeten ukrainischen Stadt Prypjat. Bei dem havarierten Reaktor handelte es sich um einen Druckröhrenreaktor der sowjetischen RBMK-Bauart.

Bei einem planmäßigen Test in Block 4 des Reaktors in Tschernobyl sollte überprüft werden, ob dem Reaktor auch bei einem Stromausfall noch genügend eigene Energie für seine Notkühlung zur Verfügung steht. Unerwartete und unzulässige Zustände in der Anlage führten zu einem Anstieg der Leistung, der durch die Regelung nicht mehr ausgeglichen werden konnte. Die manuelle Abschaltung führte aufgrund der Besonderheiten des RBMK-Kerns zu einem extrem schnellen Anstieg der Energiefreisetzung in den Brennelementen, was letztendlich zur vollständigen Zerstörung des Reaktorkerns führte. Bei der Explosion wurde die Reaktorhalle zerstört, wodurch es aufgrund des Graphitbrands zu einer erheblichen Freisetzung von radioaktiven Stoffen in die Umwelt kam. Die vorherrschenden Luftströmungen verteilten diese über weite Teile Europas.

Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit dem Tschernobyl-Unfall ist umstritten, was unter anderem durch methodische Schwierigkeiten bei der Erfassung von strahlungsbedingten Erkrankungen bedingt ist. Das Tschernobyl-Forum veröffentlichte im Jahr 2005 eine Schätzung, wonach die Gesamtzahl der auf den Unfall zurückzuführenden Todesopfer weltweit bei ungefähr 4000 liegt.

Nach der Katastrophe wurde über den beschädigten Reaktor ein vorübergehender Schutzmantel aus Beton und Stahl errichtet, bekannt als „Sarkophag“. Innerhalb eines Radius von 30 Kilometern um das Kernkraftwerk wurde eine Sperrzone eingerichtet. In den Jahren 2010 bis 2019 erfolgte der Bau einer neuen Schutzhülle, das „New Safe Confinement“, über dem Sarkophag.

Jeder, der die Tage danach bewusst erlebt hate, erinnert sich wie er/sie von der Katstrophe erfahren hat. Lange wurden der Unfall und seine Auswirkungen verschwiegen. Auch in Österreich, das sich sehr wohl im Einzugsbereich der radioaktiven Stoffe befand (einzelne Landesteile waren unterschiedlich betroffen).

Wir, meine Familie, erfuhren es am 1. Mai. Mein Mann und ich haben uns fast immer die Aufmärsche am 1. Mai (Tag der Arbeit) angesehen. So auch 1986. Es war nicht besonders warm, es war bewölkt und nieselte ganz leicht. Wir waren zum Mittagessen nach Hause gekommen – dann wurde über diesen Unfall im Radio berichtet. Es gibt böse Zungen, die behaupten, dass die Nachricht in Österreich schon früher angekommen wäre, und man (die (Stadt)regierung damals) den Umzug zum 1. Mai nicht absagen wollte. Wir hatten eigentlich keine Ahnung, welche Auswirkungen das auf uns persönlich haben könnte. Ich habe zwar lange in der International Atomic Energy gearbeitet, aber sehr viel verstanden habe ich von den möglichen Auswirkungen eigentlich auch nicht. Wir wuschen halt die Kleider, die wir während des Spazierganges angehabt hatten.

Schlimmer wirkte es sich auf die Familie meines Sohnes aus. Meine Enkeltochter war noch klein und durfte jetzt nicht mehr in den Garten zum Spielen gelassen werden. Nachher wurden wir genauer aufgeklärt, lange war es z.B. verboten Schwammerln in gewissen Gegenden zu pflücken.

Es gab eine Menge Aufklärung – nachher. Faktische und Fiktive.

Derzeit gibt es ja wieder Debatten um die Nutzung von Atomstrom. Z.B. Frankreich setzt darauf (bei einer Flusskreuzfahrt auf der Rhone haben wir die Reaktoren an deren Ufern gesehen). Ich bin auch nicht mehr so „dagegen“, wie ich einst war, nachdem wir uns vom russischen Gas trennen sollten.  

Tschernobyl, Saporischschja,

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