Nicht auf den Hund gekommen

Der erste Hund, den ich in meinem Leben näher kennenlernte, hieß Lumpi, war kohlrabenschwarz, und hatte die Figur eines Dackels aber mit höheren Beinen. Das war 1944, also noch im Zweiten Weltkrieg und in Pregarten.  Er gehörte der Familie, die uns „Flüchtlinge“ aus Wien ein Zimmer vermietet hatten. Das Haus, in dem wir wohnten war einer Hammerschmiede angeschlossen. Lumpi spielte nur eine Nebenrolle, war fleißig unterwegs, bellte nur gelegentlich und ernährte sich von Abfällen und Resten der Mahlzeiten. Er nahm meine Anwesenheit einfach zur Kenntnis, wir spielten nicht miteinander, er begleitete mich nicht, er bedrohte mich auch nicht.  Er war immer sehr aufgeregt, wenn Pferde zum Beschlagen in die Schmiede kamen.

Später, schon wieder in Wien, es muss wohl in den 60er Jahren gewesen sein, kam ein überaus eleganter afghanischer Windhund in die Familie meines Großvaters und meiner Tante, wie, das weiß ich leider nicht. Er war kein pflegeleichtes Tier, mit seinen langen Haaren. Da die Rasse ursprünglich zur Jagd diente, sollte er auch sehr viel laufen – und nicht nur „Gassi-geführt werden“. Der Hund wurde Naila genannt. Von meinem Großvater, von dem ich nie angenommen hatte, dass er tierliebend wäre, wurde er außerordentlich verwöhnt. Naila fraß gerne Vanillekipferl, damit hielt mein Großvater meine Tante an, Vanillekipferl für den Hund zu backen. Wohl das, und auch die mangelnde Bewegung, führten dann a la longue dazu, dass der Hund räudig wurde und seine wunderschönen seidigen Haare verlor. Er sah eigentlich traurig aus. Dennoch wurde er mit Liebe bis an sein Ende gepflegt.

Mein Mann hätte sehr gerne einen Hund gehabt. Er wünschte sich einen Rauhaardackel. Es muss in den siebziger Jahren gewesen sein. Wir waren sogar schon bei einem Züchter gewesen. Aber ich wehrte mich mit Händen und Füssen, da ich voraussah, welche Rolle ich in der Hundebetreuung spielen würde: mein Mann würde anfangs mit diesem Hund spazieren gehen, aber dann aus Arbeitsüberlastung, es dann mir überlassen, genauso wie das Besorgen und Zubereiten des Futters, die Tierarztbesuche etc. Also kein Hund!

Ich hatte aber vorher keine unangenehmen Vorkommnisse mit Hunden erlebt. Nur einmal, als wir bei Freunden eingeladen waren, versuchte der Hund des Hauses vehement eine Annäherung. Ich glaube, es war ein Bull Terrier. Nachdem er meinen Mann, der auf die Toilette gegangen war, nicht aus dieser herausließ (bis ihn eine Hilfskraft im Hause befreite) fand er mich sichtlich annäherungswürdig und umschlang mit seinen Pfoten mein Bein und versuchte seine Schnauze unter meinen Rock zu schieben. Als er dann doch vom Hausherrn daran gehindert wurde, kratze er mit seinen Krallen mein Bein entlang, was nicht nur meine Strümpfe total zerriss. Die Strümpfe wurden mir dann, begleitet von mit einem liebenswürdigen Entschuldigungsschreiben, ersetzt.

Die nächsten mir näherstehenden Hunde waren dann diejenigen der Familie meiner Tochter. Der erste kam dort ins Haus, als die Familie in Ungarn lebte. Ich kann mich nur erinnern, dass er schwarz war. Es hat mich erstaunlicherweise sehr betrübt, als er entlaufen war, während eines Urlaubs der Familie, zu dem der Hund nicht mitgenommen werden konnte. Wir malten uns alle das Schicksal, das ihn ereilt haben könnte, in besonders düstern Farben aus. Es kam dann rasch zu einem Ersatz; ich gebe zu, wenig Kontakt zu diesem Tier aufgebaut zu haben, weil ich eben über den Verlust des vorigen so bekümmert war. Von diesem weiß ich nur mehr, dass er irgendwann krank wurde und der Tierarzt seine Einschläferung empfahl. Einer meiner Enkel begleitete den Hund damals freiwillig zum Tierarzt.

Und weil alle so traurig waren, kam sogleich der nächste Hund in die Familie. Das war dann schon die Cooky, die vor ein paar Tagen recht unerwartet verendet ist. Ich mochte diesen Hund sehr gerne, war aber nicht bereit, ihn im Bedarfsfall zu übernehmen. Deswegen hatte ich ein sehr schlechtes Gewissen, da er einmal, aber nur einmal „zu Fremden“ während eines längeren Urlaubs geben werden musste. Ansonsten war, oder besser sie, der Familienhund. Er liebte sein „Rudel“, also die Familie und versuchte auch die Mitglieder zu beschützen. Wenn die Kinder schwimmen gingen, oder gar tauchten, war es sehr besorgt, das ging so weit, dass er versuchte sie aus dem Wasser zu ziehen und dabei sogar kräftig kratzte. Ebenso konnte sie es gar nicht leiden, wenn die Kinder rodelten, da stellte sie sich quer über die Fahrbahn. Wandern ging sie gerne, und blieb beim Tempo der Wanderer, auch wenn auch ihre Pfoten schon etwas „beschädigt“ waren oder wenn sie schon müde war. Da die Kinder jetzt schon größer waren, reisten sei viel, es gab längere und kürzere Auslandsaufenthalte. Da die „restliche“ Familie die Kinder dann am Flugplatz abholte – und selbstverständlich die Cooky mitnahm, kam es zu rührenden Szenen, als der Hund beglückt das zurückkommende Familienmitglied begrüßte. Und Das Tier konnte seine Anteilnahme an einer Person in einer Form ausdrücken, wie es Menschen kaum könne – mit jeder Faser! Der Liebling von Cooky – als „Bruder“ von ihr akzeptiert – war der jüngste Sohn meiner Tochter, der 7 war, als sie ins Haus kam. Cooky war ein australischer Hirtenhund mit Leipziger Wurzeln. Sie konnte sich perfekt an die jeweilige Situation anpassen, sie war bemüht, zu gefallen und daher ein sehr liebenswertes, von allen näheren und weiteren Familienmitgliedern geliebtes Tier.  Sie folgte prompt, konnte aber ihre Bedürfnisse mit zunehmenden Alter auch gut „artikulieren“, ebenso wie sie klar ablehnte, was sie nicht leiden konnte. Große, laute Ereignisse waren ihr zuwider – und sie entfernte sich dann auch meist so weit als möglich davon. In ihren frühen Jahren machte es ihr (sichtbar) wenig aus, von einem Haushalt zum anderen zu wandern, später mochte sie das nicht mehr so gerne.

All das haben mir meine Enkelkinder erzählt, nachdem Cooky kürzlich gestorben ist – wieder war derselbe Enkel bei ihr, der schon den vorigen Hund zum Tierarzt zu Einschläfern gebracht hatte. Eine Nachfolge für Cooky wird es vorläufig nicht geben. Allerdings haben sich mein ältester Enkel und seine Verlobte kürzlich mit viel Mühe und Aufwand einen Hund beschafft. Einen silbergrauen Königspudel, derzeit noch einem schwarzen Wollknäuel ähnlich, er heißt Kylo, ist aber nicht mehr ein Hund der ganzen Familie. Meine Tochter bezeichnet ihn als ihren Enkelhund.

Zu erwähnen ist noch der Hund (oder besser die Hunde) unserer Ärztin, ein Therapiehund, Schäfer, namens Luxi. Sie kam zuweilen mit, wenn der Hausbesuch bei meinem Mann anstand. Luxi war extrem diszipliniert, aber einem fröhlichen Spiel mit einem Ball durchaus nicht abgeneigt. Fausta, der zweite Hund kam nur einmal mit, sie ist eine äußerst charmante lustige Hundedame.

Auch liebe Freunde von uns haben kürzlich einen Hund ins Haus genommen – namens Tosca, die ich jetzt öfter „treffe“.

Aber ich bin traurig über den Tod von Cooky!

 

 

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