Zum Streben nach Macht

Ich werde Sie nicht mit meiner Meinung zur derzeitigen politischen Krise in Österreich langweilen. Natürlich habe ich eine Meinung zur Situation, zu Sebastian Kurz & Co., zum so genannten „System Kurz“. Aber nachdem sich so viele Leute bereits dazu geäußert haben, möchte nicht auch noch meinen „Kren“ dazugeben.

Aber über etwas, das man besonders jetzt bedenken muss, ist, was Macht eigentlich bedeuten kann: die Herrschaft von Menschen über Menschen. Und deshalb muss Machtstreben immer ethisch bleiben. Der Zweck heiligt eben nicht die Mittel und es gilt, dass man eben nicht über Leichen gehen sollte und, dass man nicht unehrlich sein sollte. Ich finde, dass das Streben nach Macht keines falls ohne Ziel erfolgen kann. Und die wesentliche Frage ist: welches Ziel. Wenn es egoistisch ist, und „nur“ der eigenen Machterweiterung dient, dann muss es m.E. negativ beurteilt werden. Wenn es dem „Wohl“ der Allgemeinheit dient, kann es „gut“ sein. Eben nur „kann“. Und nun muss darüber befunden werden, was „das Wohl der Allgemeinheit“ überhaupt ist?  Nur ein winziges Beispiel: das arbeitslose Grundeinkommen. Selbst darüber herrscht Uneinigkeit.

Und noch ein Gedanke in diesem Zusammenhang. Es gibt „begabte“ Politiker. In unserer österreichischen Nachkriegsgeschichte fallen mir sofort ein paar Personen ein. Aber das allein genügt nicht, Sympathieträger, rhetorisch gut, fesch, gesellschaftlich gewandt, gebildet etc. etc. zu sein. All dies muss begleitet sein von aufrechter Haltung. Diese Auswahl ist parteiunabhängig: Ich habe den Aufstieg und den Fall einiger dieser Personen miterlebt: z.B. Hannes Androsch, Jörg Haider, Karl-Heinz Grasser und nun Sebastian Kurz. Sie alle haben politisch viel erreicht, haben auch andere Menschen inspiriert, aber letztlich sind sie vor Gericht gelandet (für Sebastian kurz gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung), weil sie eben unethisch gehandelt haben. Nun ist diese Grenze in verschiedenen Ländern möglicherweise unterschiedlich gezogen, aber dennoch sind z.B. auch Benjamin Netanyahu und Nicolas Sarkozy vor Gericht gestanden. Donald Trump würde ich in diesem Zusammenhang als Sonderfall betrachten. Dass er seiner Bestrafung bis jetzt entgangen ist, halte ich für einen groben Fehler.

Es ist wirklich schade, dass all diese Personen weitgehend über ihr eigenes Verhalten gestolpert sind, sie hätten noch viel Gutes bewirken können. Selbstverständlich kann man das Wirken von politischen Gegnern und Neidern, die diese Personen aus den verschiedensten – auch nicht immer ethischen Gründen – zu Fall bringen wollten, nicht ausschließen. Aber diesen haben die „Senkrechtstarter“ selbst Gelegenheit gegeben. Versprechen sind zu halten und Gesetze sind genauestens zu befolgen, von allen.  Und wenn der Aufstieg besonders steil war, ist dann halt naturgegeben der Fall besonders tief.

Vielleicht hat in manchen Fällen auch die mangelnde Reife – die halt das Älterwerden (Erfahrung- Sammeln) mit sich bringt – eine gewisse Rolle gespielt. In der Jugend ist man möglicherweise leichtsinniger als – später.  Bitte werfen Sie mir in diesem Zusammenhang jetzt nicht mein Alter vor. Auch „Alte“ können Fehlentscheidungen treffen und Gesetze verletzen, ich weiß!

Mit dem Thema politische Machtausübung haben sich Menschen zu allen Zeiten beschäftigt. Platon und Aristoteles haben dazu geschrieben: z.B. „Politische Herrschaft sei im Unterschied zur Despotie eine Herrschaft von Freien über Freie, die sich im Herrschen und Beherrschtwerden ablösen“. Cicero unterscheidet zwischen potestas im Sinne von Amtsgewalt und auctoritas im Sinne von Ansehen als zwei Formen der Macht. Augustinus geht davon aus, dass Menschen eigentlich nicht über Menschen herrschen können, sondern nur über das Vernunftlose. Thomas von Aquin schränkt die Machtausübung auf vernünftige Formen der Herrschaft über Freie ein, die zum Guten hinführen. Kant entpersonalisiert den Machtbegriff, denkt ihn unabhängig von persönlicher Herrschaft und setzt die Staatsmacht des Obrigkeitsstaates, dem man Gehorsam schuldet, mit Gewalt gleich, ohne deren rechtliche Legitimation als zwingend mitzudenken. Gewalt ist eine Macht, die dem Widerstand anderer Mächte übergeordnet ist. Für Marx und Engels stellt die Verwandlung von persönlichen Machtverhältnissen in sachliche Machtverhältnisse das Eigentümliche moderner Gesellschaften dar, welches als transzendentale Macht des Geldes und als Herrschaft des Kapitals über die eigentlich alles begründende Arbeit zum Ausdruck kommt. Für Friedrich Nietzsches ist der Wille zur Macht eine Formel zur Bezeichnung des unersättlichen Verlangens nach Ausübung der Macht, eines schöpferischen Triebs, der elementares Motiv alles Lebendigen ist und jenseits jeder moralischen Wertung. Max Weber: „Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht.“ Nach Hannah Arendt entspricht Macht „der menschlichen Fähigkeit, nicht nur zu handeln oder etwas zu tun, sondern sich mit anderen zusammenzuschließen und im Einvernehmen mit ihnen zu handeln“.

Macht ist die Fähigkeit von Personen oder Gruppen zur Steuerung des Denkens und Handelns von Anderen. Dies können staatliche Institutionen sein wie z. B. Regierung oder Militär, die als Ordnungs- oder Schutzmacht auftreten. Zum anderen verfügen auch privatrechtliche Institutionen wie beispielsweise Unternehmen über unterschiedliche Macht – denken wir nur z.B. an Facebook etc.)

Wer über „Macht“ (Beherrschung anderer) verfügt, sollte sie sorgsam einsetzen – so wünsche ich mir halt!

Zum Streben nach Macht

2 Gedanken zu “Zum Streben nach Macht

  1. Wenn es um das Verständnis von Macht geht, greife ich gerne zu Elias Canetti.
    Gerade auch aus aktuellen Anlässen, z.B. den sogenannten „Coronademos“, lese ich „Masse und Macht“ wieder von neuem.

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